Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 V 95



99 V 95

31. Auszug aus dem Urteil vom 28. Mai 1973 i.S. Häusermann gegen
Ausgleichskasse des schweizerischen Gewerbes und Obergericht des Kantons
Aargau Regeste

    Um einen Taggeldanspruch während der Eingliederung zu begründen,
muss die Arbeitsunfähigkeit von mindestens 50% (Art. 22 Abs. 1 IVG) zwar
nicht eine Folge der Eingliederung sein, wohl aber vom Gesundheitsschaden
herrühren.

    Voraussetzungen des Taggeldanspruchs während der Eingliederung
(Art. 22 Abs. 1 IVG).

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- ...

Erwägung 2

    2.-... Nach Art. 22 Abs. 1 IVG hat der Versicherte während der
Eingliederung Anspruch auf ein Taggeld, "wenn er an wenigstens drei
aufeinanderfolgenden Tagen wegen der Eingliederung verhindert ist,
einer Arbeit nachzugehen, oder zu mindestens 50 Prozent arbeitsunfähig
ist". Die mindestens hälftige Arbeitsunfähigkeit in diesem zweiten
Fall muss - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht durch die
Eingliederungsmassnahmen verursacht sein, sondern sie ist eine Folge des
Gesundheitszustandes (EVGE 1963 S. 285).

    Ferner ist zu beachten, dass Taggelder eine akzessorische
Leistung zu bestimmten Eingliederungsmassnahmen sind und somit -
von Wartezeiten abgesehen - grundsätzlich bloss ausgerichtet werden
können, wenn und solange Eingliederungsmassnahmen zur Durchführung
gelangen. Nur wenn am Schluss einer Eingliederungsperiode entweder die
Wiedererlangung rentenausschliessender Erwerbsfähigkeit oder eine neue
Eingliederungsperiode von erheblicher Dauer bevorsteht, rechtfertigt es
sich, das Taggeld vorläufig weiter zu gewähren und von der Zusprechung
einer Rente abzusehen. In allen andern Fällen erlöscht der Taggeldanspruch
mit der Entstehung des Rentenanspruchs (EVGE 1966 S. 41).

    Diesen soeben dargelegten Grundsatz der Akzessorietät der Taggelder
hat die Invalidenversicherungs-Kommission nicht berücksichtigt, indem sie
nach Beendigung des Arbeitsversuchs in der Firma M. Ende Oktober 1971 vom
behandelnden Arzt periodisch Bescheinigungen über die Arbeitsunfähigkeit
des Beschwerdeführers eingeholt hat und gestützt auf diese Atteste
weiterhin Taggeld ausrichten liess, ohne sich darum zu kümmern, ob
überhaupt noch Eingliederungsmassnahmen durchgeführt würden.

Erwägung 3

    3.- Der von der Invalidenversicherungs-Kommission
angeordnete Arbeitsversuch in der Firma M. war am 31. Oktober 1971
beendet. Weitere Eingliederungsmassnahmen wurden nachher nicht mehr
durchgeführt. Der Taggeldanspruch war daher ebenfalls nur bis Ende
Oktober 1971 gegeben. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass die
Invalidenversicherungs-Kommission anfangs 1972 der Regionalstelle
einen neuen Auftrag zur Abklärung der Eingliederungsmöglichkeiten
erteilt hat. Dem Beschwerdeführer wurde dies mitgeteilt, und in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beruft er sich denn auch darauf. Doch vermag
er daraus keinen Taggeldanspruch abzuleiten. Art. 18 Abs. 1 IVV, welcher
den Anspruch auf Taggeld während Wartezeiten regelt, sieht eine solche
Leistung vor für den mindestens hälftig arbeitsunfähigen Versicherten, der
auf die Durchführung "der angeordneten Eingliederungsmassnahmen wartet".
Dieser Sachverhalt liegt hier nicht vor, denn mit dem Auftrag zur Abklärung
allfälliger Eingliederungsmöglichkeiten ist die Eingliederungsmassnahme
selber noch nicht im Sinn des Art. 18 Abs. 1 IVV "angeordnet". Schliesslich
sei auch noch auf Art. 19 IVV verwiesen, wonach der Versicherte für
die Zeit, während der er auf die Vermittlung geeigneter Arbeit wartet,
grundsätzlich keinen Anspruch auf Taggeld hat...