Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IV 279



99 IV 279

63. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. November 1973
i.S. Sklenak gegen Staatsanwaltschaft Baselland. Regeste

    Art. 90 Ziff. 2 SVG. Grobe Verletzung von Verkehrsregeln, begangen
dadurch, dass der Überholende mit ungenügendem Abstand vom Überholten
nach rechts einbog und anschliessend sein Fahrzeug abbremste.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Fahrzeugführer, der überholt, hat nach Art. 34 Abs. 3 und 35
Abs. 3 SVG auf die zu überholenden Strassenbenützer besonders Rücksicht
zu nehmen und darf nach Art. 10 Abs. 2 VRV erst wieder nach rechts
einbiegen, wenn für den Überholten keine Gefahr mehr besteht. Dass der
Beschwerdeführer, wenn von dem vom Obergericht festgestellten Sachverhalt
ausgegangen wird, durch die Art seines Wiedereinbiegens die genannten
Verkehrsregeln verletzt hat, wird in der Beschwerde zu Recht nicht
geltend gemacht. Dagegen bestreitet er, dass sein Verhalten unter die
Strafbestimmung des Art. 90 Ziffer 2 SVG falle.

    a) Diese Bestimmung ist anzuwenden, wenn der Täter durch eine grobe
Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit
anderer Strassenbenützer hervorruft. Im vorliegenden Fall ist offenkundig,
dass der ungenügende Abstand von 5-7 m, mit dem der Beschwerdeführer
vor dem Volvo nach rechts einbog, den Führer dieses Fahrzeuges in
eine ernstliche Gefahr versetzt hat, die dadurch noch erhöht wurde,
dass der Beschwerdeführer unmittelbar darauf seine Geschwindigkeit
stark verminderte. Der Führer des Volvo konnte denn auch die drohende
Auffahrkollision nur durch brüskes Bremsen und durch Ausweichen auf die
linke Fahrspur verhindern.

    b) Der grobe Verstoss gegen Verkehrsregeln setzt ein rücksichtsloses
oder sonst schwerwiegend regelwidriges Verhalten, d.h. ein schweres
Verschulden, mindestens grobe Fahrlässigkeit voraus (BGE 92 IV 145 f.). Der
Beschwerdeführer anerkennt, dass ihm die jedem Automobilisten geläufige
Regel, wonach mit dem Wiedereinbiegen solange zugewartet werden soll,
bis der Überholende den Überholten im Rückspiegel erblicken kann, bekannt
war. Als erfahrener Fahrzeugführer konnte er auch ohne weiteres wissen,
dass auf Autobahnen, wo nicht mit Gegenverkehr gerechnet werden muss,
die Einhaltung eines genügenden Sicherheitsabstandes nicht nur jederzeit
möglich, sondern mit Rücksicht auf die grösseren Fahrgeschwindigkeiten
auch dringend geboten ist. Der eingehaltene Abstand von nur 5-7 m, der
sich von einem angemessenen augenfällig unterscheidet, kann denn auch
vernünftigerweise nicht bloss auf einer Fehlschätzung der Entfernung
vom Volvo beruhen. Vielmehr musste der Beschwerdeführer, wie auch die
Vorinstanz annahm, unter den gegebenen Umständen notwendig erkennen,
dass er schon durch das Einschwenken mit einem völlig ungenügenden
Abstand von 5-7 m und erst recht durch das unmittelbar anschliessende
Abbremsen den Überholten erheblich gefährdete. Der Vorwurf, dass er sich
rücksichtslos über Verkehrsregeln hinweggesetzt hat, ohne sich um die
Sicherheit anderer Strassenbenützer zu kümmern, ist daher begründet.
Dem Verhalten des Beschwerdeführers liegt eine grobe Verletzung der
Sorgfaltspflicht zugrunde, die nach Art. 90 Ziff. 2 SVG zu ahnden war.