Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 II 332



99 II 332

46. Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Dezember 1973 i.S. Spar- und
Leihkasse des Amtsbezirkes Büren gegen Basellandschaftliche Hypothekenbank.
Regeste

    Checkrecht.

    1.  Art. 1128 OR. Rückgriff des Checkinhabers gegen einen
Indossanten. Einrede des Indossanten, der Inhaber habe den Auftrag, sich
vor Einlösung der Checks nach der Deckung zu erkundigen und die Auskunft
an ihn weiterzuleiten, nicht pflichtgemäss ausgeführt. Beweis. Pflichten
des Beauftragten (Erw. 1-3).

    2.  Art. 1042 Abs. 6 undl143 Ziff. 10 OR. Benachrichtigung bei
Unterbleiben der Zahlung (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Die Spar- und Leihkasse des Amtsbezirkes Büren (SLB) übernahm
von ihrem in Frankfurt a./M. niedergelassenen Kunden Ryan vom September
1970 an wiederholt auf ausländische, besonders deutsche Banken gezogene
Checks zum Inkasso und indossierte sie an die Zweigniederlassung Basel
der Basellandschaftlichen Hypothekenbank (BLH). Diese liess ihr die
Checkbeträge im Banken-Clearing gutschreiben, und die SLB schrieb sie
ihrerseits Ryan gut oder führte für ihn Zahlungen aus.

    Am 26. Oktober 1970 erhielt die SLB von Ryan drei Checks, die Sperber
am 24. Oktober in der Höhe von zusammen DM 250 000.-- auf die Zweigstelle
Kaiserstrasse der Commerzbank AG in Frankfurt a./M. gezogen hatte, sowie
einen vom gleichen Aussteller auf die Frankfurter Volksbank gezogenen Check
von DM 85 000.--. Die SLB übergab diese Papiere an die Adresse der BLH
als Eilsendung der Post. In dem als Rimesse bezeichneten Begleitschreiben
ersuchte sie die Adressatin, das Inkasso zu besorgen und den Gegenwert nach
Eingang zu vergüten. Sie fügte bei: "Wir bitten Sie, betreffend Deckung
dieser Checks per Telex bei den zuständigen Banken anzufragen und uns
die Antwort telephonisch weiterzuleiten." Die Sendung traf um 13.40 Uhr
des 26. Oktober 1970 bei der BLH ein. Die SLB hatte der Adressatin den
Auftrag, sich bei den bezogenen Banken über die Deckung zu erkundigen,
schon vorher auch telephonisch erteilt, wobei allerdings nicht bewiesen
ist, dass sie schon damals Erkundigung "per Telex" verlangte.

    Die BLH führte den Auftrag durch ihren Prokuristen Klüppelberg
noch am gleichen Tage aus, wobei er die durch Fernschreiber nicht
erreichbare Zweigstelle Kaiserstrasse der Commerzbank telephonisch
ansprach. Klüppelberg erhielt von der Angestellten Simon der angerufenen
Stelle die Zusage, es sei ein zur Honorierung der Checks genügendes
Guthaben des Ausstellers vorhanden und die Checks könnten - unter
banküblichem Vorbehalt - auf den Weg gebracht werden. Seine Frage, ob
man in Frankfurt unter dem banküblichen Vorbehalt das gleiche verstehe
wie in der Schweiz, nämlich Vorbehalt der Echtheit der Checkformulare
und der Unterschrift, soll von Fräulein Simon weder bejaht noch verneint
worden sein.

    Klüppelberg will die erhaltene Auskunft erst am 27. Oktober
telephonisch an die SLB weitergegeben und dabei auch erwähnt haben, dass
sie unter banküblichem Vorbehalt erfolgt sei. Gleichzeitig kam er mit der
SLB überein, über die Checkguthaben sofort abzurechnen. Die BLH liess ihr
hierauf am 27. Oktober über Banken-Clearing für die vier Checkguthaben
von DM 335 000.-- Fr. 398 717.-- gutschreiben.

    Die SLB ihrerseits schrieb dem Konto Ryan für die vier Checks
am 27. Oktober Fr. 397 645.-- gut. Sie hatte indessen im Hinblick
auf die erwartete Einlösung dieser Checks auf Anweisung Ryans schon
am 26. Oktober Fr. 250 000.-- anderen Banken überwiesen. Am Abend des
26. Oktober erreichte der Passivsaldo des Kontos Ryan Fr. 696 088.80. Am
Abend des 27. Oktober wies das Konto dagegen einen Aktivsaldo von Fr. 60
458.70 und am 29. Oktober, nach weiteren Gutschriften und Belastungen,
einen solchen von Fr. 81 595.85 auf.

    Die auf die Zweigstelle Kaiserstrasse der Commerzbank in Frankfurt
gezogenen drei Checks wurden am 29. Oktober durch die Deutsche Bank AG zur
Zahlung vorgelegt, von der Bezogenen aber nicht eingelöst, weil sie "vom
Aussteller gesperrt" worden seien. Die Filiale Lörrach der Checkinhaberin
meldete der BLH um 16.30 Uhr des gleichen Tages telephonisch, dass
diese Checks unbezahlt geblieben seien. Klüppelberg will diese Nachricht
unmittelbar nachher an die SLB weitergegeben haben. Die SLB will dagegen
erstmals am 11. November telephonisch von der Nichteinlösung der Checks
erfahren haben. Die BLH wandte sich am 12. November an die SLB und
belastete diese am 13. November für die Rückchecks samt Provision mit
Fr. 297 997.70.

    In einem Schreiben vom 19. November an die SLB beharrte die Commerzbank
darauf, dass sie die Sperre der Checks durch den Aussteller auf jeden Fall
habe beachten müssen. Am 17. Dezember 1970 schrieb sie dagegen der BLH,
nach ihrer Zusage vom 26. Oktober habe sie feststellen müssen, dass Sperber
ihr aus nichteingelösten Checks einen Betrag schuldete, der das Guthaben
auf seinem Konto der Zweigstelle Kaiserstrasse überstieg. Auch habe sie
erfahren, dass mehrere Personen, zu denen auch Sperber und Ryan gehörten,
aufeinander nicht gedeckte Checks gezogen hätten, um sich zum Nachteil von
Banken zu bereichern. Um dieser internationalen Checkreiterei ein Ende
zu bereiten, habe sie das Konto des Sperbers wegen der ihr zustehenden
Forderung gesperrt, aber nicht verhindern können, dass ihr und auch
anderen Banken Schaden entstanden sei.

    B.- Die BLH leitete gegen die SLB für Fr. 297 997.70 nebst Zins
Wechselbetreibung ein. Der Appellationshof des Kantons Bern bewilligte am
22. April 1971 für Fr. 221 815.05 nebst Zins den Rechtsvorschlag, indem
er die Rückgriffsforderung der BLH aus den drei Checks auf Fr. 297 626.20
bezifferte, aber als glaubhaft erachtete, dass die Betriebene gegen die
Gläubigerin eine Schadenersatzforderung von Fr. 221 443.55 habe.

    In der Folge bezahlte die SLB den Teilbetrag, für den sie im Verfahren
um Bewilligung des Rechtsvorschlages unterlegen war.

    Die BLH anderseits klagte gegen sie auf Zahlung der Fr. 221 815.05
nebst Zins, für die der Rechtsvorschlag bewilligt worden war.

    Die Beklagte erklärte für Fr. 33 220.-- den Abstand, da sie am 5. März
1971 von Sperber Fr. 50 000.-- hatte einbringen können und das Konto Ryan
deshalb am 13. September 1971 noch einen Aktivsaldo von Fr. 33 220.--
aufwies.

    Soweit die Klage weiter ging, wies der Gerichtspräsident von Büren
sie am 24. Mai 1972 ab.

    Auf Appellation der Klägerin, die an den Klagebegehren festhielt,
hiess der Appellationshof des Kantons Bern am 12. März 1973 die Klage im
Betrage von Fr. 188 373.55 nebst 6% Zins seit 30. Oktober 1970 gut.

    C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt, die Klage
abzuweisen, eventuell soweit sie Fr. 69 806.10 übersteigt. Die Klägerin
beantragt, die Berufung abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beklagte als Indossantin der drei nicht eingelösten Checks
bestreitet weder die Voraussetzungen des checkrechtlichen Rückgriffsrechts
der Klägerin (Art. 1128 f. OR) noch dessen dem angefochtenen Urteil
zugrunde gelegten Umfang. Sie streitet in der Berufung nur um den Bestand
und die Höhe ihrer zur Verrechnung gestellten Schadenersatzforderung aus
ihrem der Klägerin erteilten Auftrag.

    Anderseits ficht die Klägerin das vorinstanzliche Urteil nicht an; sie
beanstandet nicht, dass der Appellationshof die Klage nur im Betrage der
eingeklagten Hauptforderung von Fr. 221 593.55 abzüglich die anerkannten
Fr. 33 220.-- gutgeheissen, dagegen zu dem noch streitig gewesenen Teil
von Fr. 221.50 der Provisionsforderung nicht Stellung genommen hat.

    Das Bundesgericht hat daher auf die checkrechtliche Rückgriffsforderung
nicht weiter einzugehen.

Erwägung 2

    2.- Mit dem Inkassoauftrag, den die Beklagte der Klägerin am
26. Oktober erteilte, verband sie den Auftrag, "betreffend Deckung dieser
Checks per Telex bei den zuständigen Banken anzufragen und uns die Antwort
telephonisch weiterzuleiten". Die Beklagte macht nicht geltend, die
Klägerin habe sich unsorgfältig erkundigt. Sie wirft ihr aber Unsorgfalt
bei der telephonischen Meldung der erhaltenen Auskunft vor. Im kantonalen
Verfahren sah sie den Fehler im angeblichen Verschweigen der Tatsache,
dass die Commerzbank die Auskunft, Deckung sei vorhanden und die Checks
könnten auf den Weg gebracht werden, nur "unter banküblichem Vorbehalt"
erteilt hatte. In der Berufung trägt sie dagegen vor, die Klägerin
habe verschwiegen, dass die Commerzbank das Vorhandensein der Deckung
erst nach dem dritten Anruf bestätigt, die verlangte Sperre des Kontos
des Ausstellers nicht zugesagt und die Frage, ob man in Deutschland
unter dem banküblichen Vorbehalt dasselbe verstehe wie in der Schweiz,
nicht befriedigend beantwortet habe. Ferner wirft sie der Klägerin vor,
diese hätte sie darauf aufmerksam machen müssen, dass sie Risiken laufe,
wenn sie schon vor der Einlösung der Checks Verfügungen treffe.

    a) Der Check enthält die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme
zu zahlen (Art. 1100 Ziff. 2 OR; Art. 1 deutsches Checkgesetz), also die
Ermächtigung des Ausstellers an den Bezogenen, diese Summe auf Rechnung
des Ausstellers an den Inhaber des Checks zu leisten. Irgendwelche
Rechte gegenüber dem Bezogenen verschafft er dem Inhaber nicht.
Ein Forderungsrecht des Inhabers gegenüber dem Bezogenen entsteht nie,
denn Art. 1104 OR und Art. 4 deutsches Checkgesetz schliessen die Annahme
des Checks aus (Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes vom 23. Februar
1951 in Neue Juristische Wochenschrift 1951 S. 599 Spalte rechts und
HEFERMEHL daselbst S. 598 Spalte rechts). Wenn der Bezogene den Check nicht
einlöst, kann der Inhaber nur den in Art. 1128 OR und Art. 40 deutsches
Checkgesetz umschriebenen Rückgriff gegen die Indossanten, den Aussteller
und die anderen Checkverpflichteten ausüben. Der Inhaber kann daher vom
Bezogenen auch nie verlangen, dass er das Guthaben des Ausstellers sperre,
damit der Check im Zeitpunkt der Vorweisung eingelöst werden könne. Schon
aus diesem Grunde kam ein Auftrag der Beklagten an die Klägerin, die
Commerzbank zur Sperre des Guthabens Sperbers zu verhalten, nicht in Frage.

    Die Beklagte hat denn auch der Klägerin eine solche Weisung
nicht erteilt. Nach der Auffassung der Vorinstanz lautete der vorerst
telephonisch und dann schriftlich erteilte Auftrag dahin, "die Deckung
der in Frage stehenden Checks bei den bezogenen Banken abzuklären und die
Antwort an die Beklagte telephonisch weiterzuleiten". Diese Feststellung
widerspricht der auf der Rimesse vom 23. Oktober enthaltenen Formulierung
des Auftrages nicht. Die Beklagte hat somit von der Klägerin nur verlangt,
die Commerzbank nach dem Vorhandensein der Deckung zu fragen. Sie hat
nie behauptet, die Klägerin hätte der Commerzbank zumuten sollen, keine
Auszahlungen auf Rechnung Sperbers mehr vorzunehmen und dessen Guthaben
auch nicht mit Forderungen der Bank zu verrechnen, so dass im Zeitpunkt
der Vorweisung der Checks die Deckung noch vorhanden sein werde. Selbst in
der Berufung behauptet sie das nicht. Sie macht nur geltend, Klüppelberg
habe im Verfahren über die Bewilligung des Rechtsvorschlages ausgesagt,
er habe die Commerzbank darauf aufmerksam gemacht, dass das Guthaben zu
sperren sei, da die Beklagte darüber verfügen wolle, und diese Aussage
entspreche auch den Angaben der Klägerin in ihrem Schreiben an die
Commerzbank vom 18. November 1970. Der Appellationshof hält indessen
die Aussagen Klüppelbergs für nicht zuverlässig, und auch die Angaben
im zitierten Schreiben erbringen nicht Beweis, weil Klüppelberg und
die Klägerin zu dieser Zeit bestrebt waren, die Verantwortung für den
Schaden (untauglicherweise) der Commerzbank zuzuschreiben. Übrigens
kommt nichts darauf an, was Klüppelberg von dieser Bank verlangt haben
will. Entscheidend ist, welchen Inhalt der Auftrag der Beklagten hatte
und rechtlich haben konnte.

    Ist somit davon auszugehen, dass die Klägerin nicht beauftragt war,
von der Commerzbank eine Sperre des Deckungsguthabens zu verlangen,
so war sie auch nicht gehalten, der Beklagten zu melden, die Bezogene
habe die Sperre nicht zugesagt. Die Beklagte hätte selber wissen sollen,
dass die Checks weder sie noch die Klägerin berechtigten, eine solche
Zusage zu erwarten. Die Klägerin hatte sie darüber nicht zu belehren,
denn der Auftrag lautete nicht auf Erteilung von Rechtsauskünften.

    b) Der Appellationshof erachtet die Aussage Klüppelbergs, er habe
der Beklagten den von der Commerzbank gemachten "banküblichen Vorbehalt"
mitgeteilt, als nicht zuverlässig. Er hält aber auch die Behauptung der
Beklagten, der Bestand der Deckung sei ihr vorbehaltlos gemeldet worden,
nicht für bewiesen. Wie die Beklagte anerkennt, ist das Bundesgericht an
diese Beweiswürdigung gebunden.

    Die Auffassung des Appellationshofes, die Beklagte habe zu beweisen,
dass die Klägerin ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzt und den
erwähnten Vorbehalt nicht weitergemeldet habe, wird von der Beklagten
nicht beanstandet, muss aber als Frage des eidgenössischen Rechts von
Amtes wegen überprüft werden.

    Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das
Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr
Rechte ableitet (Art. 8 ZGB). Dem Gläubiger obliegt daher der Beweis
des Inhaltes der Verpflichtung, dem Schuldner dagegen der Beweis,
dass er sie erfüllt habe (BGE 76 II 299, 79 II 279; VON TUHR/SIEGWART
§ 60 I; OSER/SCHÖNENBERGER Art. 88 N. 1; BECKER Vorbem. zu Art. 68 -
96 N. 15; KUMMER Art. 8 N. 161). Wenn die Klägerin verpflichtet war,
der Beklagten den "banküblichen Vorbehalt" zu melden, hatte daher die
Klägerin den Beweis zu erbringen, dass sie es getan habe. Es traf nicht
die Beklagte die Last des Beweises, dass der Vorbehalt in der Mitteilung
der Klägerin fehlte. Die Beklagte befindet sich nicht in gleicher Lage wie
z.B. der Käufer, der zunächst die Kaufsache als Erfüllung angenommen hat,
nachträglich aber Mängel entdeckt haben will und diese, wie KUMMER Art.
8 N. 275 und 277 ausführt, daher beweisen muss. Die Unsicherheit darüber,
ob die Klägerin den "banküblichen Vorbehalt" weitergemeldet habe, wirkt
sich somit zu ihrem Nachteil aus; es muss davon ausgegangen werden,
diese Meldung sei unterblieben.

    c) Deshalb fragt sich, ob die Klägerin verpflichtet war, der Beklagten
den erwähnten Vorbehalt zu melden und sie darauf aufmerksam zu machen,
dass sein Sinn unsicher bleibe.

    Diese Frage ist zu verneinen. Welchen Sinn der "bankübliche Vorbehalt"
auch immer gehabt haben mag, verstand er sich unter Banken und damit auch
im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten von selbst. Es
war selbstverständlich, dass die Commerzbank die Checks nicht einlösen
würde, wenn sie sich als gefälscht erweisen sollten. Es war aber auch
selbstverständlich, dass sie anderweitige Verfügungen über das Guthaben
Sperbers, namentlich dessen Verrechnung mit eigenen Forderungen, nicht
vorzubehalten brauchte, um sie vornehmen zu dürfen. Das ergab sich
aus der Natur des Checks, der dem Inhaber gegen den Bezogenen weder ein
Forderungsrecht noch ein Recht auf "Sperrung" des Guthabens des Ausstellers
verleiht. Die Beklagte als Bank, die Checks zu übernehmen pflegte und
sie sogar bevorschusste, musste das selber wissen. Die Klägerin hatte sie
darüber umso weniger zu belehren, als sie nicht beauftragt war, auf eine
Sperre des Guthabens Sperbers zugunsten der Checkinhaberin hinzuwirken,
sondern nur abzuklären hatte, ob die Checks gedeckt seien. Der erhaltene
Auftrag verpflichtete die Klägerin auch nicht, die Beklagte auf Gefahren
aufmerksam zu machen, die sie laufe, wenn sie Ryan vor der Einlösung der
Checks befriedige. Übrigens führt die Beklagte selber aus, sie sei sich
der Risiken des Checkverkehrs mit dem Ausland voll bewusst gewesen. Auch
der Inkassoauftrag, den die Beklagte der Klägerin erteilte, brachte
die Pflicht nicht mit sich, die Beklagte darüber zu belehren, dass die
Deckungsmeldung die Einlösung der Checks nicht unbedingt gewährleiste.

    Dass die Beklagte in der "Rimesse" vom 26. Oktober Vergütung des
Gegenwertes "nach Eingang" verlangt hatte, ändert nichts. Abgesehen
davon, dass die Beklagte diese Weisung fallen liess, indem sie sich am
27. Oktober mit der sofortigen Abrechnung und Überweisung des Betrages
einverstanden erklärte, bedeutete die Wendung "nach Eingang" nur, dass die
Klägerin der Beklagten die Checkbeträge erst gutzuschreiben brauche, wenn
die bezogenen Banken die Checks wirklich eingelöst haben würden. Daraus
konnte unmöglich abgeleitet werden, die Beklagte betrachte das Inkasso
schon mit der Deckungsmeldung als vollständig gesichert. Eher war daraus
zu schliessen, sie sei sich bewusst, dass erst die tatsächliche Einlösung
der Checks den Erfolg des Inkassoauftrages gewährleiste.

    Dass Klüppelberg den "banküblichen Vorbehalt" tatsächlich an
die Beklagte weitergegeben haben will, führt nicht zu einem anderen
Schluss. Nachdem der Klägerin vorgehalten wird, die Weitergabe dieses
Vorbehaltes sei nicht bewiesen, muss auch bei der Beurteilung der Frage,
ob er hätte weitergegeben werden sollen, unterstellt werden, die Klägerin
habe ihn, weil überflüssig, verschwiegen.

    d) Die Klägerin verletzte ihre Pflichten als Beauftragte auch nicht
dadurch, dass sie der Beklagten verschwiegen haben soll, sie habe die
telephonische Deckungsbestätigung der Commerzbank erst nach dem dritten
Anruf erhalten. Eine Feststellung der kantonalen Instanzen, wonach
die Klägerin die Commerzbank dreimal angerufen habe, fehlt. Gewiss hat
Klüppelberg in diesem Sinne ausgesagt. Die kantonalen Urteile erwähnen
seine Aussage, sagen jedoch nicht, ob sie Glauben verdiene. Unabgeklärt
bleibt auch, warum angeblich drei Anrufe nötig waren. Aus den Aussagen
Klüppelbergs zu schliessen, musste Fräulein Simon von der Commerzbank
zuerst ihren Vorgesetzten befragen, der nicht sogleich zur Stelle
war. Es fehlt jeder Anhaltspunkt, dass der behauptete dreimalige Anruf
nötig gewesen sei, weil die Commerzbank sich überlegt hätte, ob sie die
tatsächlich vorhandene Deckung bestätigen oder das Guthaben Sperbers mit
eigenen Forderungen verrechnen wolle. Nach verbindlicher Feststellung
des Appellationshofes stellte die Commerzbank erst nach der Bestätigung
der Deckung fest, dass ihr eine das Guthaben übersteigende Forderung
zustand. Die Beklagte bestreitet das nicht. Zudem zahlte sie zugunsten
Ryans schon am 26. Oktober Fr. 250 000.-- aus, ohne die Deckungsmeldung
abzuwarten. Hätte sie dem Umstande, dass diese so lange nicht eintraf,
Bedeutung beigemessen, so wäre sie nicht so vorgegangen, sondern hätte
sie mit der Auszahlung zugewartet und sich bei der Klägerin nach den
Gründen der Verzögerung erkundigt. Das tat sie nicht einmal, als die
telephonische Deckungsmeldung der Klägerin eintraf. Es widerspricht Treu
und Glauben, dass die Beklagte nun der Klägerin aus der Nichterwähnung
des angeblich dreimaligen Anrufens nach Frankfurt einen Vorwurf macht,
nachdem sie selber die Beauftragte damals über die Gründe der Verzögerung
der Auskunft nicht befragte.

Erwägung 3

    3.- Da die Deckungsmeldung der Klägerin nicht mangelhaft war, kommt auf
die Behauptung der Beklagten nichts an, sie hätte die Zahlungen vom 27.
Oktober und vom 29. Oktober nicht vorgenommen, wenn Klüppelberg sie am
Morgen des 27. Oktobers aufgeklärt hätte, sie dürfe nicht sicher mit der
Einlösung der Checks rechnen. Soweit dieses Anbringen die Vergütungen
vom 29. Oktober betrifft, ist es zudem neu und daher nicht zu hören. Im
kantonalen Verfahren hat die Beklagte diese Zahlungen nur als Folge davon
hingestellt, dass ihr die Klägerin die Nichteinlösung der Checks statt
schon an diesem Tage erst am 11. November gemeldet habe.

Erwägung 4

    4.- Die Beklagte hält daran fest, sie hätte die Zahlungen vom
29. Oktober von zusammen Fr. 118 567.45 nicht vorgenommen oder jedenfalls
rechtzeitig widerrufen, wenn ihr die Klägerin von der Nichteinlösung
der Checks durch die Commerzbank schon an diesem Tage Kenntnis gegeben
hätte. Darauf stützt sich ihr Eventualbegehren um Abweisung der Klage,
soweit sie Fr. 69 806.10 (188 373.55 - 118 567.--) übersteigt. Die Beklagte
wirft dem Appellationshof vor, er habe dieses Begehren nicht beurteilt,
weil er übersehen habe, dass die Fr. 118 567.45 erst ausbezahlt worden
seien, nachdem die Commerzbank die Einlösung der Checks schon verweigert
hatte.

    a) Die beiden Zahlungen vom 29. Oktober ergeben sich aus dem Auszug
der Beklagten über das Konto Ryan, auf den im übrigen auch die kantonalen
Instanzen abstellen. Dass der Appellationshof sie nirgends erwähnt, geht
offensichtlich darauf zurück, dass er sich der Auffassung der ersten
Instanz anschliesst, wonach die vermögensmindernden Auszahlungen schon
am 26. und 27. Oktober erfolgt seien und die behauptete Verspätung
der Notifikation gemäss Art. 1042 OR keinen neuen, bei rechtzeitiger
Benachrichtigung vermeidbaren Schaden verursacht habe. Von einem Übersehen
der Zahlungen vom 29. Oktober kann daher nicht die Rede sein.

    b) Materiell hält jedoch die erwähnte Begründung nicht stand. Sie war
sinnvoll für den erstinstanzlichen Richter, der die Schadenersatzansprüche
der Beklagten in vollem Umfange mit der Begründung schützte, die
Auszahlungen zulasten des Kontos Ryan vom 26. und 27. Oktober hingen
ursächlich zusammen mit der vorbehaltlosen und daher pflichtwidrigen
Deckungsmeldung vom 26. Oktober. Von diesem Standpunkt aus war nicht zu
untersuchen, ob die Beklagte auch durch die Auszahlungen vom 29. Oktober
geschädigt worden sei. Der Appellationshof dagegen verneint eine
Verantwortlichkeit der Klägerin für die Deckungsmeldung. Er hätte daher
prüfen sollen, ob die Klägerin wegen pflichtwidriger Verzögerung der
Meldung, die Commerzbank habe am 29. Oktober die Checks nicht eingelöst,
dafür einstehen müsse, dass die Beklagte die Auszahlungen von diesem Tage
vornahm und nicht widerrief und deshalb zu Schaden kommt.

    c) Gemäss Art. 1143 Ziff. 10 in Verbindung mit Art. 1042 OR hat der
Inhaber des nicht bezahlten Checks nach der Protesterhebung vier Werktage
zur Verfügung, um seinen unmittelbaren Vormann zu benachrichtigen.
Der Indossant seinerseits hat nach Empfang der Nachricht seinem
unmittelbaren Vormann binnen zweier Werktage davon Kenntnis zu geben. Wer
die rechtzeitige Benachrichtigung versäumt, verliert den Rückgriff nicht,
haftet aber für den etwa durch seine Nachlässigkeit entstandenen Schaden
bis zur Höhe der Checksumme (Art. 1042 Abs. 6 OR).

    Die drei in Frage stehenden Checks nennen keine bestimmte Person als
Zahlungsempfänger. Sie gelten somit als auf den Inhaber gestellt, umso
mehr als der für die Einsetzung eines Zahlungsempfängers offen gelassenen
Stelle die Worte "oder Überbringer" folgen (Art. 1105 Abs. 2 OR). Die
Klägerin hat die Checks nicht indossiert. Sie nimmt den Rückgriff in ihrer
Eigenschaft als Inhaberin. Um der Schadenersatzpflicht gemäss Art. 1042
Abs. 6 zu entgehen, hatte sie deshalb vier Werktage Zeit, um die Beklagte
von der Nichteinlösung der Checks in Kenntnis zu setzen. Mit dem Vorwurf,
die Benachrichtigung hätte schon am 29. Oktober stattfinden sollen,
lässt sich daher eine Schadenersatzpflicht gemäss Art. 1042 Abs. 6 nicht
begründen. Vor dem 3. November 1970 (der 1. November war ein Sonntag)
hatte die Beklagte nicht Anspruch auf die Nachricht. Dass sie aber am
3. November die Zahlungen vom 29. Oktober noch hätte widerrufen können,
behauptet sie nicht.

    Sie macht auch nicht geltend, dass und inwiefern sie sie am 31. Oktober
noch hätte rückgängig machen können. Es wäre ihr daher selbst dann nicht
geholfen, wenn die Benachrichtigungsfrist nur zwei Werktage betragen hätte.

    Der Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens der Klägerin lässt sich
auch nicht etwa mit dem Inkassoauftrag begründen, den die Beklagte
ihr erteilt hat. Gegenstand des Auftrages war die Einziehung von
Checkbeträgen. Mangels gegenteiliger Weisungen der Beklagten durfte die
Klägerin daher davon ausgehen, hinsichtlich der Benachrichtigungspflicht
gälten die checkrechtlichen Bestimmungen. Die Beklagte hat nicht
behauptet, sie habe bei der Erteilung des Auftrages verlangt, die
allfällige Nichtbezahlung der Checks sei ihr unverzüglich, d.h. noch am
gleichen Tage zu melden. Das ergab sich auch nicht aus der "Rimesse"
vom 26. Oktober, noch verstand es sich von selbst. Dass die Beklagte
eine telephonische Deckungsmeldung wünschte, bedeutet nicht, es müsse
ihr auch die Nichtbezahlung der Checks möglichst rasch und telephonisch
gemeldet werden. Die Deckungsmeldung sollte ihr den Entschluss zu den
von Ryan gewünschten vorzeitigen Auszahlungen erleichtern. Die Klägerin
durfte am 29. Oktober davon ausgehen, diese Auszahlungen seien bereits
erfolgt. Tatsächlich hatten sie schon am 26. Oktober stattgefunden. Am
29. Oktober konnten sie nicht mehr verhindert oder rückgängig gemacht
werden. Unter diesem Gesichtspunkt drängte sich daher eine sofortige
Benachrichtigung der Beklagten nicht auf.

    Dass die Beklagte andere Gründe haben könnte, von der Nichteinlösung
der Checks sofort Kenntnis zu erhalten, brauchte die Klägerin ebenfalls
nicht anzunehmen. Den Stand des Kontos Ryan bei der Beklagten kannte sie
nicht und musste sie nicht kennen. Dass Ryan und Sperber "Checkreiterei"
getrieben haben sollen, erfuhr sie erst durch das Schreiben der Commerzbank
vom 17. Dezember. Ihr Auftrag beschränkte sich auf das Inkasso von
Checks, und das Verhältnis Ryans zur Beklagten ging sie nichts an;
es verpflichtete sie nicht zu grösserer Sorgfalt als die Art. 1143 und
1042 OR. Die Beklagte leitet aus dem Inkassoauftrag denn auch nichts ab,
sondern beruft sich nur auf diese Bestimmungen.

    Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin der Beklagten schon
am 29. Oktober mitteilte, die Checks seien nicht eingelöst worden, oder
erst am 11. November, wie die Beklagte behauptet.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes
des Kantons Bern vom 12. März 1973 bestätigt.