Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IB 197



99 Ib 197

23. Urteil vom 13. Juli 1973 i.S. Krapf gegen Regierungsrat des Kantons
Zürich. Regeste

    Saisonaufenthaltsbewilligung; Widerruf, Nichterneuerung.

    1.  Nichteintreten auf das Begehren eines österreichischen
Saisonaufenthalters, ihm für eine neue Saison den Aufenthalt wieder zu
bewilligen (Erw. 1).

    2.  Keine Legitimation zur Anfechtung des Widerrufs einer inzwischen
abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung, wenn kein Anspruch auf Erteilung
einer neuen Bewilligung besteht (Erw. 2).

Sachverhalt

                          Sachverhalt:

    A.- Der österreichische Staatsangehörige Mathias Krapf reist seit
dem Jahre 1960 jedes Jahr als Saisonarbeiter in die Schweiz ein.
Am 19. August 1963 büsste ihn die Bezirksanwaltschaft Zürich wegen
Fahrens in angetrunkenem Zustand mit Fr. 200.--. Daraufhin drohte ihm
die Polizeidirektion des Kantons Zürich am 9. Oktober 1963 den Entzug der
Aufenthaltsbewilligung und die Wegweisung an. Am 1. März 1972 verurteilte
ihn das Bezirksgericht Zürich wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand,
Verletzung von Verkehrsregeln und pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall
zu 42 Tagen Gefängnis und einer Busse von Fr. 300.--. Es verweigerte
ihm den bedingten Strafvollzug wie auch die vorzeitige Löschung der
Busse im Strafregister. Die Polizeidirektion des Kantons Zürich hatte ihm
bereits zuvor den Führerausweis für acht Monate entzogen. Am 10. Juli 1972
widerrief sie die ihm für die Saison 1972 erteilte Aufenthaltsbewilligung
und setzte ihm für seine Ausreise Frist bis zum 15. September 1972.

    Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat einen gegen diese Verfügung
gerichteten Rekurs Krapfs am 10. Januar 1973 abgewiesen.

    B.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Krapf,
den Rekursentscheid des Regierungsrates aufzuheben und ihm auch für das
Jahr 1973 die Arbeitsbewilligung als Saisonarbeiter im Kanton Zürich
zu erteilen, respektive den Fall an den Regierungsrat zurückzuweisen,
"um dementsprechend zu verfügen".

    C.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich und das Eidg.  Justiz-
und Polizeidepartement beantragen, die Beschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer beantragt die Erteilung einer
Saisonaufenthaltsbewilligung für 1973, sei es direkt durch das
Bundesgericht, sei es auf Weisung des Bundesgerichts durch die kantonalen
Behörden. Dieses Begehren geht jedoch über den Rahmen des angefochtenen
Entscheides hinaus, stand die Erteilung einer Bewilligung für 1973 doch
im Verfahren vor der Vorinstanz gar nicht zur Diskussion. Schon deshalb
kann auf die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde in diesem Punkte
nicht eingetreten werden (BGE 91 I 378 Erw. 2).

    Überdies schliesst Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiete der Fremdenpolizei aus
gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das
Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Nach feststehender Rechtsprechung hat
der Ausländer grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung oder Erneuerung
einer Aufenthaltsbewilligung, liegt der Entscheid darüber doch nach Art. 4
ANAG im freien Ermessen der Verwaltung (BGE 97 I 533 mit Hinweisen). Die
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann somit grundsätzlich nicht
Gegenstand einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde bilden.

    Zwar statuieren einzelne Staatsverträge sowie der Beschluss
des Rates der Europäischen Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Beschäftigung von
Angehörigen der Mitgliedstaaten vom 30. Oktober 1953/5. März 1954/27.
Januar und 7. Dezember 1956 (wiedergegeben im Kreisschreiben Nr. 839
der Eidg. Fremdenpolizei vom 30. Juni 1958) gewisse Ausnahmen von
diesem Grundsatz. Auf den vorliegenden Fall ist aber keine dieser
Sondervorschriften anwendbar. Zwischen der Schweiz und Österreich
besteht kein dem Italienerabkommen vom 10. August 1964 entsprechender
Staatsvertrag, der auch österreichischen Arbeitskräften unter bestimmten
Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung oder Erneuerung der
Aufenthaltsbewilligung einräumen würde. Österreich ist allerdings wie die
Schweiz Mitglied der OECD und hat dem zitierten Ratsbeschluss zugestimmt,
dessen Ziff. 5 lautet:

    "Die Behörden eines jeden Mitgliedstaates gewähren den Arbeitnehmern,
die seit mindestens fünf Jahren in ihrem Lande ordnungsgemäss
beschäftigt sind, die Arbeitserlaubnis, die erforderlich ist, um ihnen
die Fortsetzung ihrer Arbeitnehmertätigkeit zu ermöglichen, und zwar
entweder im gleichen Beruf oder, soweit in diesem Beruf eine besonders
ernsthafte Arbeitslosigkeit herrscht, für einen anderen Beruf. Von dieser
Verpflichtung kann nur aus zwingenden Gründen des staatlichen Interesses
Abstand genommen werden."

    Diese Bestimmung ist nach Wortlaut und Sinn aber nur auf Angehörige
von OECD-Mitgliedstaaten anwendbar, die sich schon mindestens fünfJahre
lang ununterbrochen in der Schweiz aufhalten. Saisonaufenthalter wie der
Beschwerdeführer, erfüllen diese Voraussetzung nicht (vgl. Kreisschreiben
Nr. 15/60 der Eidg. Fremdenpolizei vom 14. Juni 1960 Ziff. 1).

Erwägung 2

    2.- Das Begehren des Beschwerdeführers, den angefochtenen
Entscheid aufzuheben, richtet sich sinngemäss gegen den Widerruf
der Saisonaufenthaltsbewilligung für 1972. Grundsätzlich kann
der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz über den Widerruf
einer Aufenthaltsbewilligung mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht angefochten werden (BGE 98 I/b 88 mit Hinweis). Die hier
in Frage stehende Saisonaufenthaltsbewilligung für 1972 ist nun aber
unbestrittenermassen bereits im vergangenen Jahre, also sogar schon vor
Fällung des angefochtenen Entscheides, durch Zeitablauf erloschen (Art. 9
Abs. 1 lit. a ANAG). Es fragt sich deshalb, ob der Beschwerdeführer noch
ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides
besitzt (Art. 103 lit. a OG).

    Ein solches Interesse ist nicht ersichtlich. Für das Schicksal
eines allfälligen Gesuchs des Beschwerdeführers um Erteilung einer
neuen Aufenthaltsbewilligung ist ohne wesentliche Bedeutung, ob
die angefochtene Verfügung bestehen bleibt oder vom Bundesgericht
aufgehoben wird. Selbst wenn nämlich das Bundesgericht den Widerruf der
Saisonaufenthaltsbewilligung für 1972 für unbegründet halten würde,
stände es der Verwaltung frei, aus denselben Gründen, aus denen sie
seinerzeit den Widerruf ausgesprochen hat, die Erteilung einer neuen
Bewilligung zu verweigern, verfügt sie doch beim Entscheid über die
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an einen Ausländer, der, wie
der Beschwerdeführer, keinen Anspruch auf die Erteilung hat, über einen
grösseren Ermessensspielraum als beim Entscheid über den Widerruf (vgl.
unveröffentlichtes Urteil vom 17. November 1972 i.S. Mostafavi). Auf
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann somit mangels Legitimation des
Beschwerdeführers auch insoweit nicht eingetreten werden, als mit ihr
die Aufhebung des angefochtenen Entscheides verlangt wird.