Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IA 60



99 Ia 60

9. Auszug aus dem Urteil vom 7. Februar 1973 i.S. Einwohnergemeinde Laufen
gegen Wlodarczak und Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Regeste

    Gemeindeautonomie, Treu und Glauben; Wasser- und
Kanalisationsanschluss; Gewässerschutz.

    Die Vorschrift in Art. 55 Abs. 1 des neuen bernischen Baugesetzes
vom 7. Juni 1970 über das anwendbare Recht kann ohne Willkür auch für
den Übergang vom alten Gesetz über die Bauvorschriften vom 26. Januar
1958 zum neuen Recht für massgebend erklärt werden (Erw. 2).

    Soweit das übergeordnete kantonale oder eidgenössische Recht keine
zwingenden Vorschriften enthält, sind die bernischen Gemeinden zur
autonomen Rcchtsetzung auf dem Gebiet des Baurechts befugt (Erw. 3).

    Diese Autonomie ist verletzt, wenn eine kantonale Behörde willkürlich
annimmt, eine gestützt auf das autonome kommunale Recht getroffene
Verfügung der Gemeinde, wonach einem Bauwilligen der Anschluss an die
Wasserversorgung und an die Gemeindekanalisation verweigert wird, verstosse
gegen den bundesrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben (Erw. 4 und 5).

    Die Gemeindeautonomie wird jedoch nicht verletzt, wenn im konkreten
Fall ohne Willkür davon ausgegangen werden darf, dass das kantonale
Gesetzesrecht eine Verweigerung der erwähnten Anschlüsse nicht zulässt
(Erw. 6).

    Vorbehalt des BG über den Gewässerschutz vom 8. Oktober 1971 (Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Dr. med. J. M. Wlodarczak ist Eigentümer der Parzelle GB Nr. 560 in
Laufen, die in der Landwirtschaftszone liegt. Am 28. Dezember 1970 stellte
er das Gesuch, es sei ihm die Baubewilligung für ein Einfamilienhaus zu
erteilen. Gleichzeitig ersuchte er um die Bewilligung, das zu errichtende
Gebäude an die Wasserversorung der Gemeinde und an die Kanalisation
anzuschliessen. Das Grundstück könnte durch bereits bestehende private
Kanalisations- und Wasserleitungen erschlossen werden. Die Eigentümer
dieser Leitungen haben sich mit dem Anschluss des geplanten Neubaus
einverstanden erklärt.

    Der Einwohnergemeinderat von Laufen erhob gegen das Baugesuch
Einsprache mit der Begründung, das Bauvorhaben liege ausserhalb
des Perimeters des generellen Kanalisationsprojekts (GKP) und das
Leitungskaliber der Gemeindekanalisation sei ungenügend, weshalb der
Anschluss an die Gemeindekanalisation nicht bewilligt werden könne
(Art. 60 Abs. 3 und 5 des Baureglements der Einwohnergemeinde Laufen vom
9. Februar 1968; BR). Das habe nach Art. 60 Abs. 4 BR zur Folge, dass
auch der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung abgelehnt werden
müsse. Mit Schreiben vom 2. März 1971 an das Regierungsstatthalteramt
Laufen führte der Einwohnergemeinderat weiter aus, das Baugesuch sei
zwei Tage vor dem Inkrafttreten des neuen kantonalen Baugesetzes vom
7. Juni 1970 (BG; in Kraft seit 1. Januar 1971) eingereicht worden und
habe noch vervollständigt werden müssen, so dass die Veröffentlichung
erst am 15. Januar 1971, also nach Inkrafttreten des neuen Baugesetzes
habe erfolgen können. Es sei daher in Anwendung des neuen Gesetzes zu
beurteilen und könne nicht zugesprochen werden, weil Art. 23 BG eine
Baubewilligung unter den gegebenen Umständen ausschliesse.

    Mit Beschluss vom 6. April 1971 lehnte der Einwohnergemeinderat von
Laufen die Gesuche um Anschluss an die kommunale Wasserversorgung und an
die Kanalisation ab. In der Folge wurde das Baubewilligungsverfahren bis
zum rechtskräftigen Entscheid über die Anschlussfragen eingestellt.

    B.- Was den Kanalisationsanschluss anbelangt, so erhob
Dr. Wlodarczak gegen den erwähnten Beschluss des Einwohnergemeinderats
Gemeindebeschwerde. Mit Entscheid vom 15. Juni 1971 hiess der
Regierungsstatthalter von Laufen die Beschwerde gut und bewilligte dem
Beschwerdeführer den Anschluss an die Gemeindekanalisation. Dagegen
führte die Einwohnergemeinde ihrerseits Beschwerde beim Regierungsrat
des Kantons Bern. Dieser wies den Rekurs am 11. November 1971 ab und
bestätigte den angefochtenen Entscheid des Regierungsstatthalters. Mit
Beschwerde von 27. Dezember 1971 beantragte die Einwohnergemeinde Laufen
dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, den Entscheid des Regierungsrats
vom 11. November 1971 aufzuheben und das erwähnte Gesuch um Anschluss an
die öffentliche Kanalisation abzuweisen.

    C.- Was den vom Einwohnergemeinderat verweigerten Anschluss an
die Wasserversorgung betrifft, so gelangte Dr. Wlodarczak mit Klage
vom 22. Juli 1971 an das Verwaltungsgericht. Er stellte das Begehren,
es sei der erwähnte Beschluss des Einwohnergemeinderats vom 6. April
1971 aufzuheben und es sei ihm der Anschluss an die Wasserversorgung
zu gestatten. Zur Begründung machte er im wesentlichen geltend,
die Gemeinde habe unter ähnlichen Umständen drei Wasseranschlüsse im
gleichen Gebiet zugelassen. Im Falle des Anschlusses eines weiteren
Einfamilienhauses bestehe keine Gefahr, dass die Wasserversorgung für
das ausgeschiedene Baugebiet nicht mehr genügend leistungsfähig bleibe,
zumal weitere Anschlüsse ausserhalb der Bauzone mit Rücksicht auf die
am 1. Januar 1971 in Kraft getretenen Vorschriften des neuen Baugesetzes
kaum mehr zu erwarten seien. Bei dieser Sach- und Rechtslage stelle die
Ablehnung des Wasseranschlusses für ein einziges Einfamilienhaus eine
Rechtsverweigerung dar.

    Die Einwohnergemeinde Laufen beantragte, die Klage abzuweisen. Sie
machte insbesondere geltend, dass die zum Vergleich herangezogenen drei
Anschlussbewilligungen in den Jahren 1960 bis 1962 unter wesentlich
anderen Bedingungen erteilt worden seien, denn inzwischen sei durch einen
Zonenplan das Baugebiet ausgeschieden worden. Die Wasserversorgung der
Gemeinde sei schwierig; wegen der Lage des fraglichen Bauplatzes sei weder
die Trink- noch die Löschwasserversorgung sichergestellt. Art. 18 Abs. 1
des kommunalen Wasserreglements (in der Fassung vom 18. Dezember 1969)
in Verbindung mit Art. 60 Abs. 4 BR verbiete zudem den Anschluss an die
Wasserversorgung, solange die vorschriftsgemässe Ableitung des Abwassers
in die öffentliche Kanalisation nicht gewährleistet sei.

    D.- Am 8. Mai 1972 entschied das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern über die erwähnte Klage und über die Beschwerde gegen den
regierungsrätlichen Entscheid vom 11. November 1971 in einem einzigen
Urteil. Es hiess die Klage gut und verurteilte die Gemeinde Laufen,
dem Kläger den Anschluss an das Wasserversorgungsnetz zu gewähren. Die
Beschwerde der Gemeinde wies es dagegen ab und bestätigte damit die
Bewilligung des Kanalisationsanschlusses.

    E.- Die Einwohnergemeinde Laufen führt staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung der Gemeindeautonomie und beantragt, den angefochtenen
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 8. Mai 1972 aufzuheben.
Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den
nachfolgenden Erwägungen.

    F.- Das Verwaltungsgericht und der Beschwerdegegner Dr.  Wlodarczak
beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden
könne.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin rügt, das Verwaltungsgericht habe
willkürlich angenommen, die Gesuche des Beschwerdegegners seien
nach den Vorschriften des alten Gesetzes über die Bauvorschriften vom
26. Januar 1958 (BVG) zu beurteilen. Sie beanstandet demnach eine angeblich
willkürliche Auslegung des kantonalen Rechts, im besonderen eine solche von
Art. 55 Abs. 1 BG, wonach Baugesuche nach dem zur Zeit ihrer Einreichnung
geltenden Recht zu beurteilen sind. Von einer Autonomieverletzung
könnte in diesem Zusammenhang indessen nur dann gesprochen werden,
wenn der Beschwerdeführerin bei der Anwendung diese Vorschrift eine
relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit zugestanden hätte (vgl. BGE 96
I 725). Dies trifft jedoch nicht zu, denn es fehlt jeder Anhaltspunkt
dafür, dass bei der Auslegung der massgebenden Übergangsbestimmung in
Art. 55 Abs. 1 BG im Sinne der soeben erwähnten Rechtsprechung Raum
für eine autonome Rechtsanwendung seitens der Gemeinde bliebe. Von einer
Autonomieverletzung kann somit in diesem Zusammenhang von vorneherein nicht
die Rede sein. Insoweit erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet.

    Eine willkürliche Anwendung von Art. 55 Abs. 1 BG seitens des
Verwaltungsgerichts läge zudem offensichtlich nicht vor; denn es ist nicht
einzusehen, weshalb diese Vorschrift nicht auch auf die Verhältnisse beim
Übergang vom alten Gesetz über die Bauvorschriften vom 26. Januar 1958
(BVG) zum neuen Baugesetz anwendbar sein soll (vgl. dazu auch A. ZAUGG,
Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern, N 6 zu Art. 55 BG). Auch die
Annahme des Verwaltungsgerichts, im konkreten Fall sei die Einreichung
des eigentlichen Baugesuchs im Dezember 1970 massgebend, obwohl
einzelne ergänzende Angaben erst nach dem 1. Januar 1971, d.h. nach dem
Inkrafttreten des neuen Baugesetzes gemacht worden seien, ist vertretbar
und verstösst daher nicht gegen Art. 4 BV.

Erwägung 3

    3.- Das als Rahmengesetz ausgestaltete Bauvorschriftengesetz aus dem
Jahre 1958 bezweckte laut Ingress, "den Gemeinden die planmässige Nutzung
des Baulandes, die Wahrung des Gemeinwohls in der Baugestaltung, den Schutz
von Orts- und Landschaftsbildern vor wesentlichen Beeinträchtigungen zu
ermöglichen und die Erhaltung des Kulturlandes zu erleichtern". Art. 1
BVG berechtigte die Gemeinden denn auch ausdrücklich, im Rahmen dieses
Gesetzes Bauvorschriften zu erlassen, welche sich nach Massgabe von
Art. 5 Ziff. 10 BVG insbesondere auch auf die Regelung von Kanalisations-
und Wasseranschlüssen beziehen konnten. Da ihnen dabei eine erhebliche
Entscheidungsfreiheit zustand, waren die bernischen Gemeinden somit unter
der Herrschaft des Bauvorschriftengesetzes zur autonomen Rechtsetzung
auf dem Gebiet des Baurechts befugt, soweit das übergeordnete kantonale
oder eidgenössische Recht keine zwingenden Vorschriften enthielt. Daran
hat sich auch mit dem Inkrafttreten des neuen Baugesetzes grundsätzlich
nichts geändert (vgl. Art. 13 BG).

    Die Beschwerdeführerin hat von ihrer autonomen Rechtsetzungsbefugnis
Gebrauch gemacht und am 9. Februar 1968 ein Baureglement (BR) erlassen,
das am 20. Dezember 1968 vom Regierungsrat genehmigt wurde. Dieses
Reglement enthält unter anderem folgende Vorschriften:

    Art. 58 Abs. 2: "In der Landwirtschaftszone werden
nichtlandwirtschaftliche Bauten nur bewilligt, wenn Staat und Gemeinde
durch Bau und Unterhalt der für die Erschliessung nötigen Strassen,
Kanalisations- und Werkleitungen nicht belastet werden."

    Art. 60 Abs. 3-5:

    "Der Anschluss an eine öffentliche Kanalisations- oder Wasserleitung
kann abgelehnt werden, wenn die Leitungen nicht für den Anschluss des
ganzen für die Überbauung vorgesehenen Gebietes angelegt und dimensioniert
worden sind.

    Der Anschluss eines Gebäudes an die öffentliche Wasserversorgung
ist jedoch unzulässig, solange die vorschriftsgemässe Ableitung des
Abwassers in die öffentliche Kanalisation nicht gewährleistet ist. Für
nichtlandwirtschaftliche Bauten ausserhalb des Einzugsgebietes des
generellen Kanalisationsprojektes wird der Anschluss an eine öffentliche
Kanalisation oder andere Werkleitungen in der Regel nicht bewilligt."

    Die autonomen Befugnisse der Beschwerdeführerin wären demnach verletzt,
wenn das Verwaltungsgericht diese Bestimmungen im angefochtenen Entscheid
willkürlich angewendet oder in willkürlicher Weise angenommen hätte,
die gestützt auf diese Vorschriften erfolgte Verweigerung der fraglichen
Anschlussbewilligungen seitens der Beschwerdeführerin stehe im Widerspruch
zu übergeordneten und daher die Gemeindeautonomie beschränkenden Normen
des kantonalen oder eidgenössischen Rechts (vgl. BGE 95 I 38 Erw. 3).

Erwägung 4

    4.- Eine Autonomieverletzung durch willkürliche Anwendung des
Gemeinderechts entfällt zum vorneherein, denn auch das Verwaltungsgericht
anerkennt sinngemäss, dass die Beschwerdeführerin den geforderten Anschluss
an das kommunale Kanalisations- und Wasserleitungsnetz gestützt auf Art. 60
Abs. 5 BR verweigern durfte. Es nimmt jedoch an, dass die entsprechenden
Bewilligungen mit Rücksicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben erteilt
werden müssten, dass also der Autonomiebereich der Beschwerdeführerin im
vorliegenden Fall durch ein dem Gemeinderecht übergeordnetes Prinzip des
ungeschriebenen Bundesrechts beschränkt werde.

    Die Befugnis der bernischen Gemeinden zur autonomen Rechtsetzung auf
dem Gebiet des Baurechts ergibt sich nicht aus der Verfassung, sondern
- wie in Erw. 3 ausgeführt - aus dem kantonalen Gesetzesrecht. Dies
hat zur Folge, dass das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid in
jeder Hinsicht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür
überprüfen kann (vgl. BGE 97 I 512/13 und 522 mit Verweisungen). Dass das
Verwaltungsgericht einen ungeschriebenen Grundsatz des Bundesrechts (Treu
und Glauben) angewendet hat, ändert daran nichts. So hat das Bundesgericht
in einem neueren Urteil ausdrücklich festgestellt, es prüfe auch die
Verhältnismässigkeit eines angefochtenen kantonalen Hoheitsakts nur
auf Willkür hin, wenn die Missachtung dieses Grundsatzes im Rahmen einer
Autonomiebeschwerde gerügt werde und die autonomen Befugnisse der Gemeinde
bloss auf kantonalem Gesetzesrecht beruhten (BGE 96 I 383). Das gleiche
gilt auch in bezug auf das Prinzip von Treu und Glauben. Der Umfang der
bundesgerichtlichen Kognition hängt davon ab, ob eine entsprechende Rüge
im Zusammenhang mit einer angeblichen Verletzung eines verfassungsmässigen
Rechts erhoben wird, das seinerseits eine freie Prüfung des angefochtenen
Hoheitsakts erheischt (vgl. BGE 96 I 383/4; A. GRISEL, Droit public non
écrit, in: Der Staat als Aufgabe, Gedenkschrift für Max Imboden, 1972, S.
152). Soweit sie - wie im vorliegenden Fall - bloss auf kantonalem Recht
der Gesetzesstufe beruht, trifft dies für die Gemeindeautonomie nicht
zu. Die im Urteil 98 Ia 432 Erw. 3 vor lit. a enthaltene Bemerkung,
das Bundesgericht prüfe regelmässig frei, ob der Grundsatz von Treu
und Glauben verletzt sei, geht demnach zu weit und ist im Sinne der
vorstehenden Ausführungen zu verdeutlichen.

Erwägung 5

    5.- Im angefochtenen Entscheid führt das Verwaltungsgericht aus,
der Beschwerdegegner habe im Herbst 1970 beim Erwerb des Grundstücks in
guten Treuen damit rechnen dürfen, dass ihm die Gemeinde die Bewilligung
für den Kanalisations- und Wasseranschluss erteile. Es verweist auf den
Umstand, dass die Gemeinde den Bau einer privaten Leitung im fraglichen
Gebiet zugelassen und den Erbauern zugesichert habe, dass ein weiteres
Haus daran angeschlossen werden dürfe.

    Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber mit Recht geltend, dass
der Beschwerdegegner das fragliche Grundstück nicht bereits im Herbst
1970, sondern erst im Jahre 1972 erworben habe. In der Tat räumt
der Beschwerdegegner in seiner Beschwerdeantwort vom 6. September
1972 selbst ein, er habe erst am 25. Juli 1972 einen entsprechenden
Kaufvertrag abgeschlossen. Nach den Akten fehlt sodann jeder Hinweis
dafür, dass die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner irgendwelche
Zusicherungen hinsichtlich der verlangten Anschlüsse abgegeben hätte. Aus
dem Brief, den der Beschwerdegegner vor Einreichung seines Baugesuchs am
10. Dezember 1970 an den Einwohnergemeinderat richtete, geht vielmehr
hervor, dass er durchaus mit dem Widerstand der Beschwerdeführerin
rechnete. Er stützte sein Baugesuch nicht auf irgendwelche behördliche
Zusicherungen, sondern auf die Auskunft eines Juristen, wonach für die
Verweigerung der Baubewilligung keine gesetzliche Grundlage vorhanden
sei. In welchem Zeitpunkt er von der seinerzeit mit den Erbauern der
privaten Kanalisationsleitung getroffenen Vereinbarung Kenntnis erhielt,
lässt sich den Akten nicht entnehmen. Wie sich aus dem erwähnten Schreiben
ergibt, war dem Beschwerdegegner jedenfalls schon im Juli 1970 bekannt,
dass die Gemeindebehörden keine weiteren Bewilligungen für Bauten im Gebiet
"Schwarzbaum" erteilen wollten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich
der Beschwerdegegner gutgläubig auf Zusicherungen verlassen haben könnte,
welche die Beschwerdeführerin angeblich Dritten gegenüber abgegeben
haben soll, sind nicht vorhanden. Nicht erwiesen ist insbesondere, dass
er gestützt darauf in guten Treuen Verfügungen getroffen hat, welche sich
nunmehr als nachteilig auswirken und nicht mehr rückgängig zu machen sind
(vgl. dazu U. GUENG, Zur Verbindlichkeit verwaltungsbehördlicher Auskünfte
und Zusagen, Zbl. 71/1970, S. 497 ff), zumal er den Erwerb des Grundstücks
offenbar gerade deshalb aufschob, weil ihm die rechtliche Möglichkeit,
sein Bauvorhaben zu verwirklichen, nicht gesichert schien. Bei der
Unterzeichnung des Kaufvertrags vom 25. Juli 1972 konnte er somit nicht
mehr gutgläubig sein. Unter diesen Umständen erweist sich die Annahme des
Verwaltungsgerichts, die Verweigerung der Anschlussbewilligung verstosse
gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, als unhaltbar.

Erwägung 6

    6.- Daraus folgt indessen nicht notwendigerweise, dass die
Autonomiebeschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid
aufzuheben ist. Zu untersuchen bleibt vielmehr, ob die Verweigerung der
Anschlussbewilligungen gegen übergeordnetes kantonales Gesetzesrecht
verstösst, d.h. ob der Anwendung von Art. 60 Abs. 5 BR insbesondere
Vorschriften des Wassernutzungsgesetzes und des Bauvorschriftengesetzes
entgegenstehen. Auch insoweit vermag das Bundesgericht den angefochtenen
Entscheid indessen bloss unter dem beschränkten Gesichtswinkel der
Willkür zu prüfen (vgl. oben Erw. 4 und BGE 97 I 512/3 und 522 mit
Verweisungen). Kann jedoch mit haltbaren Gründen angenommen werden, das
Vorgehen der Beschwerdeführerin stehe im Widerspruch zu Bestimmungen des
Wassernutzungs- oder Bauvorschriftengesetzes, so ist dem angefochtenen
Entscheid diese substituierte und mit der Gemeindeautonomie vereinbare
Begründung zugrunde zu legen, zumal das Verwaltungsgericht diese
Fragen selbst aufgeworfen, aber mit Rücksicht auf die Bejahung eines
Verstosses gegen Treu und Glauben weitgehend offen gelassen hat (vgl. zur
Substituierung von Motiven durch das Bundesgericht BGE 98 I a 351 Erw. 3
mit Verweisungen).

    a) Nach Art. 116 Abs. 1 WNG sind die Eigentümer einer öffentlichen
Wasserversorgung verpflichtet, "nach Massgabe der verfügbaren
Wassermenge Wasser an Dritte abzugeben". Diese Vorschrift kann
dahin ausgelegt werden, dass die Gemeinde als Eigentümerin einer
öffentlichen Wasserversorgung jeden Anschluss zu bewilligen hat, wenn
nicht nachgewiesen ist, dass weitere Anschlüsse die Wasserversorgung
der bisherigen Benützer gefährden. Aus Art. 116 Abs. 1 WNG lässt sich
demnach ableiten, dass es den Gemeinden nach dem Stand des bernischen
Rechts vor dem 1. Januar 1971 (Datum des Inkrafttretens des neuen
Baugesetzes) verwehrt war, den Anschluss an ihre Wasserversorgung
aus planerischen Gründen auf das Baugebiet zu beschränken und von der
Möglichkeit eines Kanalisationsanschlusses abhängig zu machen, wie dies
die Beschwerdeführerin in Art. 60 Abs. 4 und 5 BR vorgesehen hat. Diese
Auslegung, von welcher auch das Verwaltungsgericht auszugehen scheint,
erschwert zwar die vernünftige Planung eines Wasserversorgungsnetzes und
steht im Widerspruch zu den Erfordernissen einer zeitgemässen Ortsplanung.
Sie entspricht jedoch dem Wortlaut und kann trotz dieser rechtspolitischen
Bedenken nicht als geradezu unhaltbar bezeichnet werden. Da aufgrund
der technischen Angaben der Beschwerdeführerin zudem ohne Willkür
davon ausgegangen werden darf, dass der Anschluss des geplanten
Einfamilienhauses die Wasserlieferungen an die übrigen Benützer nicht
gefährden würde, verstiess das Verwaltungsgericht im Ergebnis nicht gegen
die Gemeindeautonomie, wenn es die Beschwerdeführerin zur Bewilligung des
Wasseranschlusses verpflichtet, denn dieses Vorgehen lässt sich auf eine
vor Art. 4 BV haltbare Auslegung des kantonalen Gesetzesrechts (Art. 116
Abs. 1 WNG) stützen, das dem kommunalen Recht (Art. 60 Abs. 4 und 5 BR)
vorgeht.

    b) Ähnlich verhält es sich mit dem Kanalisationsanschluss. Art. 6
Abs. 4 des hier massgebenden Bauvorschriftengesetzes aus dem Jahre 1958
bestimmte folgendes:

    "Die Gemeinden können vorschreiben, dass auf dem der Land-,
Forst- und Rebwirtschaft vorbehaltenen Gebiet (Landwirtschaftszone)
nichtlandwirtschaftliche Bauten nur bewilligt werden, wenn Staat und
Gemeinden durch Bau und Unterhalt der für die Erschliessung nötigen
Strassen, Kanalisations- und Werkleitungen nicht belastet werden. Ausnahmen
von den Vorschriften über die Landwirtschaftszonen können sinngemäss nach
Art. 15 bewilligt werden."

    Aus dieser Vorschrift lässt sich ohne Willkür der Umkehrschluss
ziehen, nichtlandwirtschaftliche Bauten müssten in der Landwirtschaftszone
bewilligt werden, sofern die Erschliessung vollständig auf Kosten des
Bauherrn erfolge. Auch diese Auslegung hat planerisch unerwünschte Folgen;
sie ist indessen vertretbar und nach dem Wortlaut sogar naheliegend, denn
nichts deutet darauf hin, dass der kantonale Gesetzgeber die Gemeinden
ermächtigen wollte, Bau- und Kanalisationsanschlussbewilligungen auch
dann zu verweigern, wenn ihnen aus der Erschliessung des Grundstücks
keine Lasten erwachsen. Auch die Auseinandersetzung um die entsprechenden
Vorschriften des neuen Baugesetzes (Art. 23 ff; vgl. A. ZAUGG, aaO, N. 1
ff. zu Art. 24 BG), die eine eingehende Regelung der Ausnahmebewilligungen
für das sog. übrige Gemeindegebiet enthalten, spricht gegen die Auffassung,
schon das bisherige Recht habe den Gemeinden eine über Art. 6 Abs. 4
BVG hinausgehende planerische Beschränkung der Bautätigkeit in der
Landwirtschaftszone gestattet. Da der Beschwerdeführerin im vorliegenden
Fall keine zusätzlichen Erschliessungskosten erwachsen und da der
verlangte Anschluss an die bestehende private Kanalisationsleitung
technisch ohne weiteres möglich scheint, kann ohne Willkür angenommen
werden, Art. 6 Abs. 4 BVG stehe der gestützt auf das kommunale Recht
verfügten Verweigerung der Anschlussbewilligung entgegen. Mit dieser
substituierten Begründung hält der angefochtene Entscheid im Ergebnis vor
der Gemeindeautonomie stand. Daran vermögen auch die an sich zutreffenden
planerischen Überlegungen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern.

Erwägung 7

    7.- Dass die Bewilligung des umstrittenen Wasser- und
Kanalisationsanschlusses nach Massgabe des zur Zeit der Einreichung des
Baugesuches geltenden kantonalen Rechts nicht gegen die Autonomie der
Beschwerdeführerin verstiess, bedeutet indessen nicht, dass dem Bauvorhaben
des Beschwerdegegners keine rechtlichen Hindernisse mehr entgegenstehen.

    Die Baupolizeibehörde wird insbesondere prüfen müssen, ob auf das noch
nicht beurteilte Baugesuch die Vorschrift von Art. 20 des am 1. Juli 1972
in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Gewässerschutz vom 8. Oktober
1971 (AS 1972, S. 956) anzuwenden ist.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.