Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IA 571



99 IA 571 70. Urteil vom 31. Oktober 1973 i.S. Jenny gegen
Steuer-Rekurskommission des Kantons Glarus Regeste

    Art. 4 BV; kantonales Steuerrecht.

    Haushaltungsabzug für Alleinstehende; willkürliche Abweichung vom
Gesetzeswortlaut.

Sachverhalt

    A.- Der in Schwanden (Kanton Glarus) wohnhafte, ledige Rudolf Jenny gab
in seiner Steuererklärung für die Staats- und Gemeindesteuern 1971/1972 an,
dass er einen eigenen Haushalt führe, und machte hiefür vom steuerbaren
Einkommen einen Sozialabzug von Fr. 2000.-- geltend. Nachdem dieser
Abzug von der Veranlagungsbehörde abgelehnt und eine Einsprache hiegegen
abgewiesen worden war, wandte sich Jenny an die Steuer-Rekurskommission des
Kantons Glarus. Diese stellte indessen fest, dass der in Art. 28 Abs. 1
Ziff. 2 des glarnerischen Steuergesetzes vom 10. Mai 1970 vorgesehene
Haushaltungsabzug von Alleinstehenden mit eigener Wohnung nicht beansprucht
werden könne, und wies den Rekurs am 27. Februar 1973 ab.

    B.- Rudolf Jenny führt hiegegen staatsrechtliche Beschwerde wegen
Verletzung von Art. 4 BV mit dem Antrag, es sei der angefochtene Entscheid
der Steuer-Rekurskommission aufzuheben und es sei dem Beschwerdeführer
der verlangte Haushaltungsabzug von Fr. 2000.-- zu gewähren.>

    C.- Die Steuer-Rekurskommission und die kantonale Steuerverwaltung
beantragen Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                        Das Bundesgericht
zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Prozessuales.)

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer wirft den glarnerischen Steuerbehörden vor,
Art. 28 des kantonalen Steuergesetzes vom 10. Mai 1970 (StG) willkürlich
ausgelegt und angewendet zu haben. Art. 28 Abs. 1 StG lautet wie folgt:

    "Vom Reineinkommen werden für die Steuerberechnung abgezogen:

    1. Für den Steuerpflichtigen Fr. 3000.--

    2. Für den Haushalt des Steuerpflichtigen Fr. 2000.--

    3. Für jedes nicht selbständig besteuerte Kind und für jedes
volljährige Kind, das eine Schule besucht, sich in einer Berufslehre
befindet oder erwerbsunfähig ist Fr. 1000.--

    4. Für jede andere unterstützungsbedürftige Person, mit Ausnahme der
Ehefrau, für deren Unterhalt der Steuerpflichtige zur Hauptsache oder in
erheblichem Masse aufkommt bis Fr. 700.--"

    Gestützt auf den Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Ziff. 2 verlangt der
Beschwerdeführer, dass von seinem Reineinkommen für die Steuerberechnung
ein Abzug von Fr. 2000.-- zuzulassen sei. Die kantonalen Steuerbehörden
lehnen dies ab und vertreten die Auffassung, dass der streitige Abzug
den Charakter eines Familienabzuges habe, der nur gewährt werden könne,
wenn der Steuerpflichtige mit seinem Einkommen für den gemeinsamen Haushalt
von zwei oder mehreren Personen aufkommen müsse; ledigen Steuerpflichtigen
stehe der Haushaltungsabzug nicht zu.

    a) Die Steuer-Rekurskommission begründet diesen Standpunkt im
wesentlichen wie folgt: Das moderne Steuerrecht sei vom Grundgedanken
einer steuerlichen Berücksichtigung der Familienlasten beherrscht. Der
Pflichtige könne für bestimmte Personen, deren Lebensunterhalt er
bestreite, vom steuerbaren Einkommen einen gewissen Abzug machen. In den
einzelnen Gesetzgebungen sei der Kreis der Personen, für deren Unterhalt
ein Abzug gewährt werde, nicht gleich weit gezogen. Immer gehörten dazu
die Kinder unter 18 Jahren; was die Ehefrau anbelange, so werde für sie
entweder der gleiche Abzug wie für die Kinder oder aber ein besonderer
Haushaltungsabzug zugelassen. Die Gewährung eines solchen Abzuges auch
an alleinstehende Personen mit eigenem Haushalt habe nie zur Diskussion
gestanden, da dies der Natur dieses Sozialabzuges widerspräche.

    Die Steuer-Rekurskommission beruft sich sodann auf die
Entstehungsgeschichte des glarnerischen Steuergesetzes. Das frühere
Gesetz vom 6. Mai 1934, das letztmals 1962 revidiert wurde und bis
zum 31. Dezember 1970 in Kraft war, sah in § 34 drei verschiedene
Sozialabzüge vor, welche unmittelbar von der nach dem gesetzlichen Tarif
geschuldeten Erwerbssteuer in Abzug gebracht werden konnten; zugelassen
war zunächst ein Abzug für "Einzelpersonen ", sodann ein solcher für "
Haushaltungen " und schliesslich ein Abzug für "jedes unmündige Kind und
für jede andere erwerbsunfähige Person, für welche der Steuerpflichtige
in vollem Umfange sorgt". - Zuhanden der Landsgemeinde 1970 legte der
Landrat den Entwurf für ein neues Steuergesetz vor, welches dasjenige
von 1934 ersetzen sollte. Art. 28 Abs. 1 des Entwurfes unterschied sich
von dem in der Folge in Kraft getretenen Gesetzestext insoweit, als
er in Ziff. 2 einen Abzug von Fr. 1000.-- (statt Fr. 2000.--) "für den
Haushalt des in ungetrennter Ehe lebenden Steuerpflichtigen" vorsah und,
was hier nicht weiter von Bedeutung ist, in Ziff. 1 den Abzug für den
Steuerpflichtigen auf Fr. 2000.-- (statt Fr. 3000.--) festsetzte; Ziff. 3
und 4 des Entwurfes lauteten wie der nunmehr geltende Gesetzestext. Im
Erläuternden Bericht zuhanden der Landsgemeinde 1970, der im wesentlichen
dem entsprechenden Bericht des Regierungsrates an den Landrat entsprach,
legte der Landrat zunächst dar, dass die Berechnung der Sozialabzüge im
Gesetzesentwurf neu geregelt worden sei; nach Erörterung des in Art. 28
Abs. 1 Ziff. 1 vorgesehenen Abzuges führte er aus:

    "Abs. 1 Ziff. 2 übernimmt ebenfalls den bisherigen Haushaltabzug, so
dass für Verheiratete (Ehepaare) wie bisher eine Freigrenze von Fr. 3000.--
besteht" (S. 56 des Erläuternden Berichtes).

    An der Landsgemeinde vom 10. Mai 1970 wurden zu diesem Punkte zwei
Abänderungsanträge gestellt. Das Protokoll der Landsgemeinde gibt den
ersten dieser beiden Anträge wie folgt wieder:

    "Kaspar Schwitter-Glaus, Oberurnen, stellt zu Art. 28 Abs. 1 Ziff. 2
folgenden Abänderungsantrag: für den Haushalt des Steuerpflichtigen
Fr. 1000.--. Die Worte ëin ungetrennter Ehe lebendenÜ sollen, weil
ungerecht, gestrichen werden.">

    Ein weiterer Votant, Ernst Schuler-Züger, schlug ebenfalls diese
gekürzte Fassung vor und beantragte ausserdem, die Abzüge gemäss
Ziff. 1 und 2 auf Fr. 3000.-- bzw. Fr. 2000.--zu erhöhen. Regierungsrat
Dr. Fridolin Hauser erklärte sich mit der von Kaspar Schwitter beantragten
Änderung einverstanden, lehnte hingegen die von Ernst Schuler zusätzlich
verlangte Erhöhung der Sozialabzüge ab. Beide Anträge wurden in der Folge
von der Landsgemeinde angenommen, womit Art. 28 Abs. 1 den vorstehend
wiedergegebenen Wortlaut erhielt.

    Die Steuer-Rekurskommission weist darauf hin, dass Kaspar Schwitter
seinen Abänderungsantrag an der Landsgemeinde damit begründet habe, dass
der Haushaltungsabzug auch Verwitweten mit Kindern sowie katholischen
Pfarrherren, die für eine Hausangestellte aufkommen müssten, zustehen
sollte, da auch diese Steuerpflichtigen mit ihrem Einkommen den Unterhalt
von mehr als einer Person zu bestreiten hätten. Durch den zustimmenden
Beschluss der Landsgemeinde sei Art. 28 Abs. 1 Ziff. 2 bloss insoweit
abgeändert worden, als der Haushaltungsabzug, in Erweiterung der bisherigen
Praxis nach altem StG, welche den Abzug nur Verheirateten gewährt habe,
nunmehr zusätzlich auch in den genannten beiden Sonderfällen beansprucht
werden könne; hingegen sei es nicht Wille der Landsgemeinde gewesen,
allgemein allen Ledigen, die allein einen Haushalt führten, den
Haushaltungsabzug zu gewähren.

    b) Der Beschwerdeführer hält diese Argumentation für willkürlich. Er
macht u.a. geltend, dass die im Erläuternden Bericht des Landrates
enthaltenen Ausführungen über den Haushaltungsabzug unerheblich seien,
nachdem die Landsgemeinde den vom Landrat vorgeschlagenen Gesetzestext
eindeutig abgelehnt habe; es gehe aus diesem Grunde auch nicht an, sich
bei der Auslegung des neuen Steuergesetzes auf die unter dem alten StG
geübte Praxis zu berufen, welche der Landrat erfolglos ins neue Gesetz
überzuführen versucht habe. Anderseits sei es unzulässig, aus der vom
Antragsteller Schwitter vorgetragenen mündlichen Begründung abzuleiten,
dass die Landsgemeinde die Möglichkeit eines Haushaltungsabzuges nur auf
Verwitwete mit Kindern und Pfarrherren mit Hausangestellten habe ausdehnen
wollen. Der fragliche Abzug sei vielmehr einzig und allein davon abhängig
gemacht worden, ob der Steuerpflichtige einen eigenen Haushalt führe
oder nicht. Die Auffassung der Steuerbehörde sei übrigens auch deshalb
willkürlich, weil kein Unterschied bestehe, ob ein katholischer Pfarrer
seine Haushälterin entschädige oder ein Junggeselle für seine Putzfrau
aufkomme.

Erwägung 3

    3.- Der Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 StG ist an sich klar. Danach ist
zunächst ein Abzug zulässig für jeden Steuerpflichtigen (Ziff. 1) sowie ein
weiterer Abzug für den Haushalt des Steuerpflichtigen (Ziff. 2). Dieser
zweite Abzug ist nach dem Wortlaut an keine andere Bedingung geknüpft,
als dass der Steuerpflichtige einen eigenen Haushalt führen muss.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes kann die rechtsanwendende
Behörde ohne Verletzung von Art. 4 BV vom klaren Gesetzeswortlaut nur
dann abweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den
wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus
der Entstehungsgeschichte, aus Grund und Zweck der Vorschrift und aus
dem Zusammenhang mit andern Gesetzesbestimmungen ergeben (BGE 99 Ia 169;
95 I 326 E. 3, 509).

    a) Die Entstehungsgeschichte des Art. 28 Abs. 1 StG bietet keine
Stütze für ein Abweichen vom Wortlaut. Auf Text und Auslegung des alten
Steuergesetzes von 1934 kann nicht zurückgegriffen werden. Einmal regelt
das neue Steuergesetz von 1970, welches dasjenige von 1934 ersetzte, die
Sozialabzüge auf einer völlig neuen Grundlage (S. 56 des Erläuternden
Berichtes). Sodann war die einschlägige Vorschrift des Steuergesetzes
von 1934 auch wesentlich anders formuliert; sie sah Abzüge vor für
"Einzelpersonen" einerseits und "Haushaltungen" anderseits, und nach dieser
Formulierung konnte kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass die beiden
Abzüge nur alternativ zulässig waren und der Abzug für "Haushaltungen"
alleinstehenden Steuerpflichtigen nicht gewährt werden konnte. Der
Gesetzesentwurf von 1970 regelte die Sozialabzüge nach einem anderen
System: Er gewährte zunächst jedem Steuerpflichtigen einen allgemeinen
Abzug und sah zusätzlich einen weiteren Abzug vor für den "Haushalt des
in ungetrennter Ehe lebenden Steuerpflichtigen". Durch die Annahme
der Abänderungsanträge Schwitter und Schuler wurde der Gesetzestext
gekürzt und allgemein ein Abzug "für den Haushalt des Steuerpflichtigen"
zugelassen. Welche Bedeutung die Antragsteller selber dieser Änderung
beimassen, ist nicht entscheidend. Die vom Votanten Schwitter gemachten
mündlichen Ausführungen, auf die sich die Steuer-Rekurskommission
beruft, sind übrigens im amtlichen Protokoll der Landsgemeinde gar nicht
enthalten. Der Regierungsrat führt in einem Bericht vom 26. Februar
1973, in dem er zu einem auf die Landsgemeinde 1973 hin gestellten
Abänderungsbegehren betreffend Art. 28 StG Stellung nahm, hiezu aus,
dass der Antrag Schwitter an der Landsgemeinde 1970 "im wesentlichen"
unter Hinweis auf die besondere Lage katholischer Priester und Verwitweter
mit Kindern begründet worden sei; er räumt damit offenbar ein, dass der
Antragsteller nicht ausschliesslich diese beiden Fälle vor Augen gehabt
hatte. Jedenfalls bilden die mündlichen Äusserungen an der Landsgemeinde
1970 keine ausreichende Grundlage, um das Gesetz abweichend vom Wortlaut
auszulegen. Was wiederum die an der Gesetzesvorbereitung beteiligten
Beamten und Behörden dachten und sagten, ist für die Gesetzesauslegung
nicht massgeblich, wenn es nicht im Gesetzestext selber Ausdruck gefunden
hat (BGE 98 Ia 184, 593; 95 I 511 mit Hinweisen). Dem Wortlaut kommt um so
mehr Gewicht zu, wenn das Gesetz an einer Landsgemeinde beschlossen worden
ist, in der die einzelnen Voten nur kurz zusammengefasst protokolliert
werden und die Diskussion weniger geordnet verläuft als in einem Parlament.

    Ohne wesentliche Bedeutung ist schliesslich der von der
Steuer-Rekurskommission angerufene Umstand, dass an der Landsgemeinde
vom 6. Mai 1973 der Antrag eines Bürgers, wonach in Ergänzung von Art. 28
Abs. 1 StG den über 70 Jahre alten Alleinstehenden mit eigenem Haushalt
und einem Reineinkommen unter Fr. 15 000.-- ein Haushaltungsabzug von
Fr. 1000.-- gewährt werden sollte, verworfen worden ist. Wohl haben
die glarnerischen Stimmbürger an dieser Landsgemeinde, die übrigens
erst nach Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde stattfand, die
beantragte Privilegierung älterer Leute abgelehnt, doch lässt sich daraus
nicht ohne weiteres ableiten, dass sie damit die in der Stellungnahme
von Regierungsrat und Landrat vertretene einschränkende Auslegung von
Art. 28 Abs. 1 Ziff. 2 StG bekräftigen wollten. Der fragliche Antrag von
1973 hätte logischerweise auch dann abgelehnt werden müssen, wenn die
vom Beschwerdeführer vertretene Auslegung dem Willen des Gesetzgebers
entspräche, da er in diesem Falle überflüssig gewesen wäre. Von einer
verbindlichen authentischen Interpretation der streitigen Vorschrift
kann jedenfalls nicht die Rede sein, und aus der Ablehnung des späteren
Antrages ergibt sich auch nicht indirekt ein schlüssiger Hinweis auf den
wirklichen Willen des Gesetzgebers, der es erlauben würde, das an der
Landsgemeinde 1970 beschlossene Gesetz entgegen seinem Wortlaut auszulegen.

    b) Zu prüfen bleibt der Einwand der Steuer-Rekurskommission, wonach
der Haushaltungsabzug nach Sinn und Zweck alleinstehenden Personen
nicht zustehen könne, sondern vielmehr bestimmt sei, diejenigen
Steuerpflichtigen zu privilegieren, die für den Unterhalt anderer
Personen aufzukommen hätten. Die Steuer-Rekurskommission beruft sich
hiebei auf die in den modernen Steuergesetzen geltenden Regelungen,
in denen der Haushaltungsabzug allgemein als Familienabzug ausgestaltet
sei. Dieser Einwand hält einer Überprüfung nicht stand. Eine Durchsicht
der kantonalen Steuergesetze ergibt, dass in einer beträchtlichen
Anzahl von Kantonen ein Haushaltungsabzug auch von solchen Pflichtigen
beansprucht werden kann, die für keine weiteren Personen aufkommen
müssen, so in den Kantonen Bern (Art. 39 Abs. 2 Ziff. 2 StG), Luzern (§
25 Ziff. 3 StG), Uri (Art. 26 Abs. 1 lit. b StG), Schwyz (§ 24 Abs. 1
lit. b StG), Nidwalden (Art. 18 Abs. 1 Ziff. 2 StG), Zug (§ 23 Abs. 1
Ziff. 2 StG), Solothurn (§ 43 Abs. 1 lit. b StG), Basel-Landschaft (§
27 Abs. 1 StG), Appenzell A. Rh. (Art. 32 Abs. 2 Ziff. 1 StG), Aargau
(§ 31 Abs. 1 lit. a StG), Thurgau (§ 33 Abs. 1 lit. d StG). In
diesen Kantonen wird ein Haushaltungsabzug auch Alleinstehenden
gewährt, sei es allgemein oder in bestimmten Fällen (namentlich bei
Fortführung des früheren ehelichen Haushaltes durch Verwitwete oder
Geschiedene ohne Kinder). Das Vorhandensein von Familienlasten ist somit
entgegen der Auffassung der Steuer-Rekurskommission keineswegs in allen
Steuergesetzen eine unabdingbare Voraussetzung für die Gewährung eines
Haushaltungsabzuges. Rund die Hälfte der kantonalen Steuergesetze gewährt
schon für das blosse Führen eines Haushaltes, sei es allgemein oder unter
bestimmten Voraussetzungen, einen besonderen Abzug.

    Das Problem, ob und wieweit den mit der Führung eines Haushaltes
verbundenen Mehrauslagen Rechnung getragen werden soll, stellt sich
übrigens in gleicher Weise auch bei der Festsetzung von Beamtengehältern
und gewissen Sozialleistungen. Was das Bundesrecht anbelangt, so
sieht zum Beispiel die Beamtenordnung 1 in Art. 41 Abs. 3 vor, dass
der Ortszuschlag für Verheiratete auch Verwitweten und Geschiedenen
zusteht, wenn sie einen eigenen Haushalt führen; die Voraussetzung des
eigenen Haushaltes gilt dabei als erfüllt, "wenn der Beamte eigenen
Herd und eigenes Licht führt". Entsprechende Bestimmungen finden sich
auch in den Beamtenordnungen 2 und 3 (Art. 36 Abs. 3 bzw. 53 Abs. 3)
sowie in der Angestelltenordnung (Art. 49 Abs. 4). Im Bereiche der
Sozialversicherung bestimmt z.B. Art. 4 Abs. 1 der Erwerbsersatzordnung,
dass eine Haushaltungsentschädigung auch solchen ledigen, verwitweten
und geschiedenen Militärdienstpflichtigen zusteht, die "wegen ihrer
beruflichen oder amtlichen Stellung gehalten sind, einen eigenen Haushalt
zu führen"; wie das eidgenössische Versicherungsgericht festgestellt
hat, liegt dieser Vorschrift nicht der Gedanke des Familienschutzes
zugrunde, weshalb der Anspruch auf diese Haushaltungsentschädigung keine
Familienlasten voraussetzt (EVGE 1953 S. 259; vgl. auch EVGE 1961 S. 371
ff. und 1965 S. 299 ff.). Die gleiche Regelung gilt für die Taggelder in
der Invalidenversicherung (Art. 23 IVG). Schliesslich gewährt auch Art. 3
Abs. 3 FLG verwitweten landwirtschaftlichen Arbeitnehmern ohne Kinder,
welche den bisherigen Haushalt weiterführen, während einer bestimmten
Zeit Anspruch auf eine Haushaltungszulage. In all diesen Fällen wird durch
die gewährten Zulagen lediglich den mit einem Haushalt verbundenen Kosten
Rechnung getragen, ohne dass der Bezüger noch für den Unterhalt weiterer
Personen aufzukommen hätte. - Eine gleichartige Regelung enthielt übrigens
das Gesetz über die Behörden und Beamten des Kantons Glarus vom 5. Mai
1946, letztmals revidiert am 4. Mai 1969, welches in Art. 39 Abs. 3 eine
"Familienzulage" auch für "Alleinstehende mit eigenem Haushalt" vorsah,
und es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer aufgrund dieses Gesetzes
als Lediger mit eigenem Haushalt bis Ende März 1972 die erwähnte Zulage
bezogen hatte. Dass diese Regelung inzwischen aufgehoben worden ist und
Familienzulagen nunmehr bloss noch an Verheiratete sowie an Alleinstehende
mit Unterstützungspflichten ausgerichtet werden, ändert nichts daran,
dass die Berücksichtigung der Haushaltskosten Alleinstehender auch dem
glarnerischen Recht nicht völlig fremd war.

    Es versteht sich somit keineswegs von selbst, dass ein Steuerabzug für
die Haushaltung nur von Steuerpflichtigen beansprucht werden kann, die
Familienlasten zu tragen haben oder für den Unterhalt von Drittpersonen
aufkommen. Von einer solchen Voraussetzung darf dieser Sozialabzug nur
abhängig gemacht werden, wenn das Gesetz dies vorsieht, und ebenso, wie
eine Steuer nicht ohne positive Gesetzesvorschrift erhoben werden kann,
bedürfen auch die Bedingungen, an welche die Steuerbehörde die Anwendung
einer Steuerbefreiungsvorschrift knüpft, einer klaren Grundlage (BGE 95
I 326 E. 2).

    c) Die Steuerverwaltung des Kantons Glarus macht in ihrer
Vernehmlassung geltend, dass die Gewährung des Haushaltungsabzuges an
Ledige mit eigenem Haushalt zu Ungerechtigkeiten führen würde. So wäre
zum Beispiel eine ledige Angestellte, die sich eine 11/2-Zimmerwohnung
halte und die Mahlzeiten dort selber zubereite, durch die Gewährung des
Haushaltungsabzuges besser gestellt als ein lediger Mann, der Verpflegung
und Unterkunft in einer Pension oder in einem Restaurant beziehe und
trotz seiner weit grösseren Auslagen für den Lebensunterhalt mangels
eines eigenen Haushaltes keinen Abzug beanspruchen könnte.

    Sofern die Steuerverwaltung damit geltend machen will, dass Art. 28
Abs. 1 Ziff. 1 StG bei wörtlicher Auslegung gegen das verfassungsmässige
Gebot der Rechtsgleichheit verstosse und eine uneingeschränkte Gewährung
des Haushaltungsabzuges an jeden Alleinstehenden mit eigenem Haushalt auch
aus diesem Grunde nicht möglich sei, ist ihr nicht beizupflichten. Der
kantonale Gesetzgeber besitzt bei der Gestaltung der steuerlichen
Sozialabzüge einen weiten Spielraum; das Bundesgericht greift wegen
Verletzung von Art. 4 BV erst dann ein, wenn eine gesetzliche Regelung
sinn- und zwecklos ist, wenn sie Unterscheidungen trifft, für die
sich kein vernünftiger Grund anführen lässt, oder Unterscheidungen
unterlässt, die sich zwingend aufdrängen (BGE 99 Ia 119; 97 I 782, 801;
94 I 654 E. 5). Auch wenn der erwähnte Einwand der Steuerverwaltung einer
gewissen Berechtigung nicht entbehrt, lässt sich doch nicht sagen, dass
die Gewährung eines Sozialabzuges an jeden Steuerpflichtigen mit eigenem
Haushalt sinn- und zwecklos sei und zu geradezu unhaltbaren Konsequenzen
führen würde. Die von der Steuerbehörde befürwortete Auslegung, wonach
ein Haushaltsabzug - ausser den Verheirateten - nur Verwitweten mit
Kindern und katholischen Priestern mit Hausangestellten, nicht aber
andern Alleinstehenden zukommen soll, hätte wohl ebenfalls störende
Ungleichheiten zur Folge. Im Normalfall, auf den der Gesetzgeber abstellen
durfte, hat der Steuerpflichtige, der einen eigenen Haushalt führt,
dadurch wesentlich höhere Lebenshaltungskosten als jener Pflichtige,
der Kost und Logis zum Beispiel bei seinen Eltern erhält oder statt
einer Wohnung nur ein Zimmer gemietet hat. Eine gesetzliche Regelung,
die dem durch Gewährung eines steuerlichen Sozialabzuges Rechnung trägt,
verstösst nicht gegen Art. 4 BV. Zwar trifft zu, dass die erwähnten
eidgenössischen und kantonalen Erlasse Vergünstigungen für die Führung
eines Haushaltes mehrheitlich nur Verheirateten sowie Geschiedenen und
Verwitweten gewähren, welche allein den früheren ehelichen Haushalt
weiterführen, und dass nur verhältnismässig wenige Gesetze diese
Vergünstigungen uneingeschränkt jedem Haushaltführenden, d.h. auch
Ledigen mit eigener Wohnung, einräumen. Auf welchen Gründen diese
unterschiedliche Behandlung von Geschiedenen und Verwitweten einerseits
und Ledigen anderseits beruht, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls
drängt sich eine solche Unterscheidung unter dem Gesichtswinkel der
Rechtsgleichheit nicht zwingend auf. An der vorliegenden Regelung
mag vielleicht stören, dass (kinderlose) Verheiratete keinen höheren
Sozialabzug beanspruchen können als Alleinstehende mit eigenem Haushalt,
obwohl eine solche Unterscheidung dort, wo der Haushaltungsabzug nicht nur
Verheirateten gewährt wird, vielfach üblich ist. Dies ist die Folge der
an der Landsgemeinde 1970 vorgenommenen Korrektur des Gesetzesentwurfes,
welcher in Art. 28 Abs. 1 Ziff. 2 den Haushaltungsabzug in Wirklichkeit als
Verheiratetenabzug ausgestaltet hatte, durch die Streichung der Worte "in
ungetrennter Ehe lebenden" bekam Ziff. 2 einen wesentlich anderen Inhalt,
der jedoch sachlich nicht unhaltbar ist und auch nicht nachgewiesenermassen
dem Willen des Gesetzgebers widerspricht. Auch wenn eine differenziertere
Regelung vielleicht zweckmässiger wäre, besteht kein hinreichender Grund,
um vom klaren Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 Ziff. 2 StG abzuweichen. Die
staatsrechtliche Beschwerde ist daher gutzuheissen.

Erwägung 4

    4.- Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten
dem unterliegenden Kanton aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 2 OG). Da der
Beschwerdeführer durch keinen Anwalt vertreten ist, kann seinem Begehren
um Zusprechung einer Parteientschädigung gemäss ständiger Praxis nicht
entsprochen werden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, gutgeheissen und
der angefochtene Entscheid der Steuer-Rekurskommission vom 27. Februar
1973 aufgehoben.