Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IA 389



99 Ia 389

44. Auszug aus dem Urteil vom 10. Oktober 1973 i.S. Bienz gegen Kanton
Basel-Stadt. Regeste

    Taxihalterbewilligung; Voraussetzungen.

    1.  Die Kompetenz zum Erlass gewerbepolizeilicher Vorschriften über
das Taxiwesen steht grundsätzlich den Kantonen zu (Erw. 2).

    2.  Auch die Führung eines Taxibetriebes ohne besondere Beanspruchung
öffentlichen Bodens darf der Bewilligungspflicht unterstellt werden
(Erw. 3 a).

    3.  Zulässigkeit einer gesetzlichen Tarifordnung (Erw. 3 b).

    4.  Die Vorschrift, wonach der Taxihalter über ausreichende
Abstellmöglichkeiten auf privatem Grund verfügen muss, verstösst nicht
gegen das Gebot der Rechtsgleichheit (Erw. 3 e).

Sachverhalt

    A.- Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt beschloss am 30. Juni 1972
ein "Gesetz betreffend den Betrieb von Taxis und Gesellschaftswagen im
Kanton Basel-Stadt" (im folgenden: Taxi-Gesetz). Durch Referendum wurde
die Volksabstimmung verlangt. Mit 37 898 Ja gegen 36 023 Nein haben die
Stimmberechtigten das Gesetz in der Volksabstimmung vom 1. bis 3. Dezember
1972 angenommen.

    B.- Das Taxi-Gesetz des Kantons Basel-Stadt unterstellt
die Taxi-Betriebe der Bewilligungspflicht (§ 3) und der
Aufsicht des Polizeidepartementes. Es wird unterschieden zwischen
Taxihalterbewilligungen A für den Betrieb von Taxis mit Inanspruchnahme
öffentlicher Standplätze und Taxihalterbewilligungen B für den Betrieb
von Taxis ohne Inanspruch nahme öffentlicher Standplätze.

    In § 5 werden die allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen umschrieben:

    "§ 5. Taxihalterbewilligungen werden erteilt, sofern ein Bewerber

    1.  das Schweizerbürgerrecht oder die Niederlassung in der Schweiz
besitzt;

    2.  handlungsfähig ist und einen guten Leumund besitzt;

    3.  hauptberuflich im Autotransportgewerbe tätig ist;

    4.  den Geschäftssitz oder eine Zweigniederlassung im Kanton
BaselStadt hat;

    5.  über technisch einwandfreie und vorschriftsgemäss ausgerüstete
Fahrzeuge verfügt;

    6.  Gewähr bietet, die einschlägigen Vorschriften, insbesondere die
in § 9 genannte Tarifordnung einzuhalten;

    7.  ausreichende Abstellmöglichkeiten auf privatem Boden nachweist;

    8.  als A-Taxihalter selbständig oder auf Grund eines
gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses Gewähr für einen 24-stündigen
Bestell- und Fahrdienst während des ganzen Jahres bietet.

    ..."

    C.- Der Taxihalter Erich Bienz richtete an den Bundesrat und an das
Bundesgericht eine Eingabe, die als Beschwerde gemäss SVG Art. 3 und als
staatsrechtliche Beschwerde be zeichnet ist.

    Er stellt folgende Rechtsbegehren:

    "a)  Der Bundesrat wird ersucht, die Gesetzgebungskompetenz des
Kantons hinsichtlich des Gesetzes über den Betrieb von Taxis und
Gesellschaftswagen im Kanton Basel-Stadt abzuklären und den Kanton
anzuweisen, diese Bestimmungen wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

    b)  Dieser Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen...

    c)  Es sei festzustellen, dass dieses Gesetz gegen Art. 4, 31,
37bis und 45 der Bundesverfassung sowie gegen Art. 3 und 106 Abs. 3
SVG verstösst.

    d)  Dem Kanton Basel-Stadt sei eine Rüge wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte der Bürger und wegen Kompetenzanmassung zu
erteilen."

    D.- Das Bundesgericht teilte am 16. Januar 1973 dem Bundesrat mit,
dass es die Eingabe gesamthaft als staatsrechtliche Beschwerde zu behandeln
gedenke, da darin die Verletzung von Verfassungsvorschriften (Art. 4, 31,
37bis und 45 BV) und durch die Berufung auf Art. 3 und 106 SVG sinngemäss
die Missachtung bundesrechtlicher Zuständigkeitsvorschriften im Sinne von
Art. 2 UeB. BV gerügt werde. Dieses Schreiben wurde vom Eidg. Justiz-
und Polizeidepartement in zustimmendem Sinne beantwortet unter Übermittlung
der vom Beschwerdeführer dem Bundesrat eingereichten Akten.

    E.- Namens des Regierungsrates erstattete das Polizeidepartement
des Kantons Basel-Stadt eine Vernehmlassung. Es beantragt die Abweisung
der Beschwerde.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, u.a. aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (Prozessuales).

Erwägung 2

    2.- Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer
in erster Linie beantragt, das Taxi-Gesetz sei aufzuheben, weil dem Kanton
die Kompetenz zum Erlass eines solchen Gesetzes nicht zukomme. Er glaubt,
eine ausschliessliche, auch die Regelung des Taxigewerbes umfassende
Zuständigkeit des Bundes für alle den Strassenverkehr betreffenden
Vorschriften aus Art. 37bis BV und Art. 3 und 106 SVG ableiten zu können.

    a) Art. 37bis BV gibt dem Bund das Recht, Vorschriften über Automobile
und Fahrräder aufzustellen. Diese Bestimmung bezweckte seinerzeit in
erster Linie die Vereinheitlichung der verkehrspolizeilichen Regeln
(BURCKHARDT, Kommentar zur BV, 3. Aufl. S. 318/319). Auch Vorschriften
über die Versicherungspflicht, die technischen Anforderungen in bezug auf
die Ausstattung der Fahrzeuge sowie die Arbeitszeit im gewerbsmässigen
Automobilverkehr lassen sich auf diese Kompetenznorm stützen. Hingegen
bekam der Bund damit nicht die Befugnis zum Erlass gewerbepolizeilicher
Vorschriften über das Autotransportgewerbe (BURCKHARDT, aaO S. 319). Das
Fehlen bundesrechtlicher Bestimmungen über Taxi-Unternehmungen entspricht
dieser verfassungsmässigen Kompetenzverteilung und stellt keinesfalls
ein - gewerbepolizeiliche Anordnungen der Kantone verbietendes -
qualifiziertes Schweigen des Bundesgesetzgebers dar. Es ist auch Sache
der Kantone und allenfalls der Gemeinden, die gewerbliche Benützung
(gesteigerter Gemeingebrauch) von Strassen und Plätzen durch wartende
Taxis zu ordnen. Art. 37bis BV tangiert diese Befugnisse nicht.

    b) Auch aus Art. 3 und Art. 106 SVG lässt sich nicht ableiten,
vorgehendes Bundesrecht stehe einer kantonalen oder kommunalen Ordnung
des Taxigewerbes entgegen. In Art. 3 Abs. 1 SVG wird die kantonale
Strassenhoheit ausdrücklich vorbehalten. Art. 106 SVG bezieht sich auf
die Ausführung dieses Gesetzes. Dass die Kantone weder in Art. 3 noch
in Art. 106 SVG zur Regelung des Taxigewerbes ermächtigt werden, ist
selbstverständlich; denn Art. 37bis BV gibt dem Bund keine Kompetenz zu
gewerbepolizeilichen Vorschriften; diese Zuständigkeit ist den Kantonen
verblieben; sie kann und braucht ihnen deshalb im SVG nicht delegiert
zu werden.

Erwägung 3

    3.- Steht den Kantonen (bzw. Gemeinden) grundsätzlich die Kompetenz
zu, Vorschriften über das Taxigewerbe zu erlassen, so bleibt zu prüfen,
ob die im Basler Taxi-Gesetz getroffene Ordnung inhaltlich gegen
Verfassungsbestimmungen verstösst.

    Soweit sich in dieser Beziehung der Beschwerdeschrift konkrete
Rügen entnehmen lassen, sind sie im folgenden zu prüfen: a) Der
Beschwerdeführer behauptet, es verstosse gegen Art. 31 BV, wenn für
sogenannte B-Taxis, die keine öffentlichen Taxi-Standplätze benützen
dürfen, eine Bewilligungspflicht bestehe.

    Hinter dieser Rüge steht die unzutreffende Überlegung, die
Bewilligungspflicht lasse sich nur aus dem gesteigerten Gemeingebrauch
(Benützung von öffentlichen Standplätzen) ableiten. Vorweg sei
festgestellt, dass auch den B-Taxis nach der heute im Kanton Basel-Stadt
geltenden Ordnung eine Form gesteigerten Gemeingebrauchs erlaubt ist,
indem sie ihre Fahrzeuge ausserhalb einer bestimmten Kernzone auf den
(nicht für Taxis reservierten) öffentlichen Parkflächen zur Kundenwerbung
aufstellen dürfen (Verordnung des Regierungsrats vom 9. April 1973, §
1). Schon diese in der B-Bewilligung enthaltene Erlaubnis gesteigerten
Gemeingebrauchs vermag an sich die Bewilligungspflicht zu rechtfertigen
(97 I 655; 81 I 18/19 mit weiteren Hinweisen). Aber auch ein Taxibetrieb
ohne jede besondere Beanspruchung des öffentlichen Bodens darf der
Bewilligungspflicht unterstellt werden. Der Taxi-Service einer Stadt
steht in seiner Funktion und seiner Bedeutung einem öffentlichen Dienst
sehr nahe. Der Kunde, vor allem der auswärtige Besucher oder derjenige,
der sich notfallmässig in ein Spital oder zu einem Arzt führen lässt,
ist auf einen zuverlässigen, prompten, das Entgelt korrekt berechnenden
Vertragspartner angewiesen, da er in der Regel keine Prüfungs- oder
Wahlmöglichkeit hat. Diese besondere Situation des Taxikunden könnte
(seitens der Taxihalter) zu Missbräuchen verleiten. Unabhängig davon,
ob öffentlicher Grund zu gewerblichen Zwecken benützt wird, drängt sich
daher eine gewerbepolizeiliche Kontrolle des Taxigewerbes auf (vgl. BGE
79 I 339/40). Die Bewilligungspflicht ist ein angemessenes Mittel, um
eine wirksame gewerbepolizeiliche Aufsicht durchführen zu können. Sie
verstösst nicht gegen Art. 31 BV, sondern ist eine im öffentlichen
Interesse notwendige Massnahme (vgl. zur Bewilligungspflicht BURCKHARDT,
Kommentar zur BV, 3. Aufl. S. 244 f).

    b) § 2 des Taxi-Gesetzes sieht eine Tarifordnung vor.  Gemäss §
9 werden in der Tarifordnung die zulässigen Höchstfahrpreise und die
Maxima der Taxen für Wartezeit und besondere Dienstleistungen festgesetzt.
Der Beschwerdeführer sieht in einer allgemeinverbindlichen Tarifordnung
einen Verstoss gegen die Handels- und Gewerbefreiheit.

    Die besondere Stellung des Taxigewerbes und die damit verbundene
Gefahr von Überforderungen macht eine behördliche Kontrolle der
Taxberechnung notwendig und rechtfertigt die verbindliche Festlegung von
Maximalansätzen (BGE 79 I 340). Ohne eine solche Ordnung wäre eine wirksame
Überwachung der Berechnung der Taxen kaum denkbar. Die im Taxigesetz
enthaltene Ermächtigung zur Schaffung einer Tarifordnung ist daher
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (über die verfassungsrechtliche
Zulässigkeit von Preisvorschriften BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. II Nr. 438;
MARTI, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 136).

    c) ...

    d) ...

    e) Gegen die Vorschrift, dass ausreichende Abstellmöglichkeiten auf
privatem Grund vorhanden sein müssen (§ 5 Abs. 1 Ziff. 7), erhebt der
Beschwerdeführer sinngemäss den Einwand, da andere Fahrzeugbesitzer keine
Abstellfläche nachzuweisen hätten, verletze es die Rechtsgleichheit,
die Taxi-Bewilligung vom Vorhandensein privater Abstellmöglichkeiten
abhängig zu machen.

    Wie sich aus der Vernehmlassung des Polizeidepartementes klar ergibt,
sind mit den "Abstellplätzen" nicht Standplätze für die Kundenwerbung
gemeint, sondern Parkierungsmöglichkeiten für die nicht im Betrieb
befindlichen Fahrzeuge, wobei auch Abstellflächen ausserhalb des Kantons
in Frage kommen. Es verstösst nicht gegen die Rechtsgleichheit, vom
Taxihalter, der meistens eine Mehrzahl von Autos gewerbsmässig einsetzt und
für seine gewerbliche Tätigkeit öffentlichen Grund und Boden beansprucht,
zu verlangen, dass er in einem vernünftigen Ausmass private Abstellflächen
beschafft, damit wenigstens die ausser Betrieb befindlichen Taxi-Fahrzeuge
die knappen Parkierungsmöglichkeiten auf Strassen und Plätzen nicht
beanspruchen müssen. Zwischen dem Taxihalter und andern Fahrzeughaltern
bestehen gerade in bezug auf Ausmass und Intensität der Beanspruchung
von Strassen und Plätzen rechtlich relevante Unterschiede, so dass eine
spezielle Verpflichtung zum Nachweis ausreichender Abstellmöglichkeiten
nicht gegen Art. 4 BV verstösst. Sollten gestützt auf § 5 Abs. 1 Ziff. 7
im Einzelfall unangemessene, gewerbepolitisch motivierte Anforderungen
gestellt werden, so steht dem Betroffenen die staatsrechtliche Beschwerde
offen.