Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 V 144



97 V 144

36. Urteil vom 15. Juni 1971 i.S. Hochberger gegen Ausgleichskasse
Bernischer Geschäftsinhaber-Verband und Verwaltungsgericht des Kantons
Bern Regeste

    Art. 16 Abs. 3 und 30 ter AHVG.

    Die absolute Verwirkungsnorm, wonach "zuviel bezahlte Beiträge"
nach 5 Jahren nicht mehr rückzahlbar sind, findet keine Anwendung auf
ungeschuldete Zahlungen Nichtversicherter. Von diesen als Beiträge
entrichtete Summen werden jedenfalls nicht vor Ablauf von 10 Jahren
rentenbildend, bleiben aber bis dahin rückzahlbar.

Sachverhalt

    A.- Der 1904 geborene österreichische Staatsangehörige Anton Hochberger
liess sich im Jahre 1961 endgültig in der Schweiz nieder. Bereits
1954 war er, von Kolumbien kommend, zusammen mit seiner 1953 wieder in
das Schweizerbürgerrecht aufgenommenen Ehefrau und der 1935 geborenen
Tochter in unser Land eingereist. Anscheinend hielt sich seither die
Ehefrau fast immer, die Tochter ununterbrochen in der Schweiz auf. Anton
Hochberger selbst begab sich 1956 erneut nach Kolumbien, wo er bis 1961
weilte, um sein Unternehmen sowie sein Haus zu liquidieren. Nach seiner
Rückkehr in die Schweiz meldete er sich am 16. Oktober 1961 in Bern
fremdenpolizeilich an. Am 11. Dezember 1961 wurde Anton Hochberger
von der Ausgleichskasse als Nichterwerbstätiger rückwirkend ab 1956 der
schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung unterstellt. Diese
Verfügung blieb unangefochten. Die Beiträge wurden vom Pflichtigen jeweils
regelmässig bezahlt und seinem individuellen Konto gutgeschrieben.

    B.- Durch Verfügung vom 17. Juni 1969 sprach die Ausgleichskasse dem
inzwischen 65jährig gewordenen Anton Hochberger mit Wirkung ab 1. Mai
1969 eine Ehepaar-Altersrente von monatlich Fr. 196.-- zu. Nachdem
seine Ehefrau am 17. Juni 1969 gestorben war, verfügte die Kasse am
10. Juli 1969, ihm ab 1. Juli 1969 nurmehr eine einfache Altersrente
von Fr. 106.-- im Monat zu gewähren. Bei der Berechnung beider Renten
wurden von der Kasse nur die ab 1. Oktober 1961 entrichteten Beiträge
berücksichtigt. Sie ging dabei von der Annahme aus, der Ansprecher sei
frühestens ab diesem Datum in der Schweiz wohnhaft und der obligatorischen
AHV unterstellt gewesen. Anton Hochberger sei irrtümlich bereits ab 1956
beitragspflichtig erklärt worden. Die von ihm ab 1956 bis Ende September
1961 bezahlten Beiträge seien nicht geschuldet gewesen und deshalb nicht
rentenbildend. Eine Rückvergütung der bezahlten Nichtschuld sei wegen
Eintritts der Verwirkung heute nicht mehr möglich.

    Die von Anton Hochberger gegen die Kassenverfügungen vom 17. Juni
und 10. Juli 1969 gerichtete Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht des
Kantons Bern am 26. November 1969 in dem Sinne teilweise gutgeheissen,
dass die dem Rekurrenten vom 1. Mai bis Ende Juni 1969 zustehende
Ehepaar-Altersrente von Fr. 196.-- monatlich auf Fr. 203.-- erhöht
wurde. Im übrigen wies die Vorinstanz die Beschwerde als unbegründet ab.

    C.- Anton Hochberger hat gegen dieses kantonale Erkenntnis beim Eidg.
Versicherungsgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er
beantragt, dass die für die Zeit von 1. Januar 1956 bis Ende September 1961
bezahlten Beiträge bei der Bemessung der Rente zu berücksichtigen seien und
demgemäss die entsprechende günstigere Skala angewandt werden müsse. Wenn
die Ausgleichskasse beim Erlass der Verfügung vom 11. Dezember 1961 in
der Annahme, der Wohnsitz in der Schweiz habe bereits 1956 bestanden,
die Beitragspflicht schon von diesem Jahre an als gegeben erachtet
habe, so gehe es jedenfalls nicht an, dass sie diese Verfügung, die
übrigens auf Grund einer durchaus vertretbaren Würdigung des damaligen
Sachverhalts ergangen sei, im Jahre 1969 ungültig erkläre. Ein solcher
Widerruf würde Treu und Glauben zuwiderlaufen und wäre um so stossender,
als eine Erstattung der 1956 bis Herbst 1961 bezahlten Beiträge wegen
Verwirkung des Rückforderungsanspruches nicht mehr möglich wäre.

    Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung tragen
auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an, letzteres insoweit,
"was das AHV-Recht betrifft". Grund dieser Einschränkung ist die
Auffassung, dass für die Frage einer allfälligen Rückerstattung der nicht
rentenbildenden Beiträge wegen Fehlens eines Versicherungsverhältnisses
in den Jahren 1956 bis 1961 anstelle der AHV-rechtlichen Verwirkungsfrist
von 5 Jahren (Art. 16 Abs. 3 AHVG) die 10jährige Frist von Art. 67 OR
anzuwenden sei.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Anton Hochberger hat von 1956 bis 1961 unbestrittenermassen in
der Schweiz keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Ausgleichskasse, Vorinstanz
und Bundesamt für Sozialversicherung sind der Meinung, er sei bis Ende
September 1961 auch nie in unserem Lande wohnhaft gewesen. Sollte diese
Annahme zutreffen, so wäre er bis dahin nicht der schweizerischen AHV
unterstellt gewesen.

    Vorausgesetzt, die Unterstellungsbedingung des schweizerischen
Wohnsitzes sei tatsächlich nicht erfüllt gewesen, so stellt sich
die Frage, ob die Ausgleichskasse am 17. Juni 1969 (Festsetzung der
Ehepaar-Altersrente) bzw. am 10. Juli 1969 (Festsetzung der einfachen
Altersrente) befugt war, die Beiträge, die sie vom Rekurrenten durch
Verfügung vom 11. Dezember 1961 für die Zeit von 1956 bis Ende September
1961 gefordert und die dieser auch bezahlt hatte, nicht als rentenbildend
zu anerkennen. Es fragt sich m.a.W., ob die Verwaltung 1969 auf eine acht
Jahre zuvor erlassene rechtskräftige Verfügung, in welcher sie einen
Nichtversicherten rückwirkend für die Zeit von 1956 bis Ende September
1961 der AHV unterstellt und zur Beitragszahlung veranlasst hatte,
zurückkommen konnte mit der Begründung, die entrichteten Beiträge seien
nicht geschuldet gewesen und mithin nicht rentenbildend.

    Zur Beantwortung dieser Frage ist von der - trotz des Marginale
"Verjährung" - als Verwirkungsnorm (EVGE 1955 S. 194) geltenden Bestimmung
des Art. 16 AHVG auszugehen. Gemäss Abs. 3 desselben erlischt "der Anspruch
auf Rückerstattung zuviel bezahlter Beiträge mit Ablauf eines Jahres,
nachdem der Beitragspflichtige von seinen zu hohen Leistungen Kenntnis
erhalten hat, spätestens aber mit Ablauf von fünfJahren seit der Zahlung".

Erwägung 2

    2.- a) Nach Ansicht des Bundesamtes für Sozialversicherung werden
durch die Verwirkung des Rückerstattungsanspruches die zuviel bezahlten
Beiträge eines Versicherten nicht rentenbildend. Es macht geltend, nach
einem allgemeinen Grundsatz der Verwaltungspraxis seien nur geschuldete
Beiträge anrechenbar; nicht oder nicht mehr geschuldete Beiträge fielen
somit bei der Rentenberechnung ausser Betracht. Demnach könne die AHV
jederzeit eine Korrektur des individuellen Beitragskontos vornehmen,
wenn sich nachträglich herausstelle, dass der Konteneintrag auch nicht
geschuldete Beiträge umfasst. Zur Begründung verweist das Bundesamt auf
Rz. 318 seiner bis Ende 1970 in Kraft gewesenen Wegleitung über die Renten,
wo namentlich die verjährten, erlassenen oder an eine ausländische
Sozialversicherung überwiesenen Beiträge als nicht rentenbildend
bezeichnet werden. Gemäss lit. d der nämlichen Bestimmung sind zudem
die von einem Versicherten bezahlten, aber nicht geschuldeten Beiträge
(so z.B. die von einem Erwerbstätigen gleichzeitig als Nichterwerbstätiger
oder die von fiktiven Löhnen entrichteten Beiträge) nicht anrechenbar. -
Diese Verwaltungspraxis ist sicher insoweit gesetzesgemäss, als sie sich
auf Beiträge bezieht, die die AHV nicht entgegengenommen hat, bzw. nicht
mehr entgegennehmen kann (vorbehalten bleibt der Fall von Art. 138 Abs. 1
AHVV) oder die sie zurückerstattet hat, bzw. in irgendeiner Form (durch
Rückzahlung oder Überweisung) noch zurückerstatten kann. Anders verhält
es sich jedoch dann, wenn die AHV von einem Versicherten tatsächlich
ungeschuldete Beiträge bezogen hat. Dass in einem solchen Falle nach Ablauf
der fünfjährigen Frist nur der Rückerstattungsanspruch des Versicherten
der Verwirkung unterliege, nicht aber das Recht der Kasse, nachträglich
eine Korrektur des individuellen Beitragskontos vorzunehmen, würde dem
Sinn und Zwecke der Verwirkungsnorm des Art. 16 AHVG widersprechen, laut
welchem "aus Gründen der Rechtssicherheit und aus verwaltungstechnischen
Erwägungen ... nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes in einem bestimmten
Schuldverhältnis zwischen AHV und Beitragspflichtigen Ruhe eintreten"
solle (vgl. Botschaft vom 5. Mai 1953 S. 39 letzter Absatz). Diese Gründe
sowie das Gebot rechtsgleicher Behandlung führen dazu, nach Ablauf der
fünfjährigen Frist des Art. 16 Abs. 3 AHVG nicht nur den Anspruch des
Versicherten auf Rückerstattung der zuviel bezahlten Beiträge, sondern
auch das Recht der AHV, diese nachträglich für nicht rentenbildend zu
erklären, als verwirkt zu erachten; denn es wäre stossend, wenn die AHV
nach Eintritt der Verwirkung zwar dem Versicherten die Unabänderlichkeit
des Versicherungsverhältnisses entgegenhalten, ihrerseits aber dieses
Verhältnis jederzeit modifizieren könnte. Der Umstand, dass die seit
1. Januar 1971 gültige neue Wegleitung über die Renten den in lit. d von
Rz. 318 der alten Wegleitung enthaltenen Passus, wonach die bezahlten,
aber nicht geschuldeten Beiträge nicht angerechnet werden, nicht mehr
enthält, kann möglicherweise darauf hindeuten, auch das Bundesamt für
Sozialversicherung erachte nach Eintritt der fünfjährigen Verwirkungsfrist
die von einem Versicherten bezahlten, aber nicht geschuldeten Beiträge
als rentenbildend (vgl. Rz. 414 der neuen Wegleitung, die der Rz. 318 der
alten entspricht). Vorbehalten bleiben die Fälle, in denen ein Versicherter
durch bewusste Irreführung der AHV dieser zu hohe Beiträge entrichtet,
um rechtswidrig eine höhere als die ihm zustehende Rente zu erlangen:
die zuviel bezahlten Beiträge sind selbstverständlich auch nach Ablauf
der Verwirkungsfrist nicht rentenbildend.

    b) Es stellt sich nun die Frage, ob Art. 16 Abs. 3 AHVG, aus
dem zu schliessen ist, dass gutgläubig zuviel entrichteten Beiträgen
eines Versicherten nach Ablauf der Verwirkungsfrist von fünf Jahren
rentenbildende Kraft zukommt, auch auf Fälle anwendbar ist, in denen,
wie im vorliegenden, jemand der AHV als Nichtversicherter Beiträge
leistet. Wie das Gesamtgericht, dem diese Rechtsfrage unterbreitet wurde,
befunden hat, ist hierbei zu beachten, dass Art. 16 Abs. 3 AHVG als
Verwirkungsnorm eine Ausnahmebestimmung darstellt, die nicht extensiv
interpretiert werden darf. Deren Auslegung hat nach dem Wortlaut zu
erfolgen. Art. 16 Abs. 3 AHVG spricht einzig von Beiträgen, die ein
"Beitragspflichtiger" bezahlt und - bezeichnenderweise - von "zuviel
bezahlten Beiträgen", was ebenfalls das Bestehen einer Beitragspflicht
und mithin die Eigenschaft des Versichertseins voraussetzt. Art. 16 Abs. 3
AHVG ist demnach nicht auf Fälle von Beitragszahlungen Nichtversicherter
anwendbar. Hinsichtlich solcher Sachverhalte liegt somit eine Lücke vor,
die vom Richter auszufüllen ist.

    Es könnte vorab als naheliegend erscheinen, in analoger Anwendung
von Art. 16 Abs. 3 AHVG auch die von einem Nichtversicherten bezahlten
"Beiträge" nach fünf Jahren als rentenbildend zu erachten, was für den
vorliegenden Fall zur Folge hätte, dass das Recht der Ausgleichskasse,
im Jahre 1969 auf ihre 1961 erlassene rechtskräftige Beitragsverfügung
zurückzukommen, zu verneinen wäre. Gewichtige Gründe sprechen indessen
gegen eine solche Lückenfüllung per analogiam. Diese könnte beispielsweise
zur Folge haben, dass einem Nichtversicherten, der der AHV bloss während
eines Jahres Beiträge geleistet hat, schon nach fünfJahren, also bereits
nach einem Neuntel der in der Regel 45 Jahre betragenden Aktivitätsperiode,
ein potentieller Anspruch auf eine Altersrente entstünde, vorausgesetzt,
die Zahlung sei gutgläubig erfolgt. Aussichten dieser Art könnten einen
Nichtversicherten veranlassen, wissentlich nicht geschuldete Beiträge zu
entrichten in der Absicht, sich dadurch auf den Versicherungsfall hin
eine Rente zu verschaffen. Durch gleichermassen bösgläubige Zahlungen
könnte ein nur zeitweise Versicherter - namentlich seit der Einführung
der Rentenberechnung pro rata temporis - versucht sein, Beitragslücken
zu schliessen für Zeiten, in denen er nicht der AHV unterstellt ist. In
solchen Fällen würde selbstverständlich auch nach Ablauf der fünfjährigen
Verwirkungsfrist kein Anspruch auf Rente, bzw. auf eine höhere Rente
entstehen. Indessen ist zu beachten, dass sich vielfach erst anlässlich
des der Rentenfestsetzung vorausgehenden Zusammenrufs der individuellen
Konten herausstellt, dass jemand als Nichtversicherter Beiträge bezahlt
hat. Wie das Bundesamt für Sozialversicherung zutreffend bemerkt, wird
es in diesem Zeitpunkt meist zu spät sein, um zuverlässig abklären zu
können, ob die nicht geschuldeten Beiträge in gutem Glauben oder aber
bösgläubig entrichtet wurden, so dass in praxi fast immer auf gutgläubige
Bezahlung geschlossen und der Rentenanspruch demnach bejaht werden
müsste. Es besteht somit die durchaus reale Gefahr, dass Nichtversicherte
versucht sein könnten, sich durch bösgläubige Beitragszahlungen einen
Anspruch auf Rente zu sichern. Die schwere Nachweisbarkeit des bösen
Glaubens hätte in vielen Fällen zur Folge, dass solchen Personen, würde
man Art. 16 Abs. 3 AHVG analog auf sie anwenden, bereits nach fünf
Jahren ein potentieller Rentenanspruch entstünde. Dies wäre stossend
und widerspräche den Interessen der Gesamtheit der Versicherten. Die
Notwendigkeit, solchen Missbräuchen zu steuern, schliesst es gemeinhin
aus, die von Nichtversicherten geleisteten Beiträge bereits nach
fünf Jahren als rentenbildend zu betrachten. Auf entsprechende
unrichtige Beitragsverfügungen soll deshalb auch nach Ablauf dieser
Frist zurückgekommen werden können. Dies will indessen nicht besagen,
dass eine Verfügung, in der ein Nichtversicherter zur Beitragszahlung
veranlasst wird, von der Ausgleichskasse jederzeit korrigiert werden
kann. Im Interesse der Rechtssicherheit wäre es an sich wünschenswert,
das Recht auf Rücknahme einer solchen Verfügung zu befristen, wobei die
Frist aus Gründen der Rechtsgleichheit sowohl für die Verwaltung als auch
für den Beitragszahlenden zu gelten hätte. Eine direkt auf den vorliegenden
Sachverhalt anwendbare Verwirkungsnorm besteht indessen nicht.

    Das VwG enthält keinerlei Fristen für das Zurückkommen auf eine
Verfügung, wohl aber - in Art. 67 Abs. 2 - eine zehnjährige Frist für das
revisionsweise Zurückkommen auf einen Beschwerdeentscheid (sofern dieser
nicht durch ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst wurde). Dieselbe Frist
gilt gemäss Art. 141 Abs. 2 OG auch für die Revision bundesgerichtlicher
Urteile. Die Praxis des Bundesgerichts sieht - im fiskalischen Bereich
- nebst einer fünfjährigen ebenfalls eine zehnjährige Frist vor (BGE
83 I 220). Im Interesse der Gesamtheit der Versicherten erscheint es in
Anlehnung an die dargelegten Regelungen als gerechtfertigt, der Verwaltung
das Recht zuzugestehen, eine Verfügung, in der sie zu Unrecht einen
Nichtversicherten als beitragspflichtig erklärt hat, jedenfalls auf zehn
Jahre zurück aufzuheben. Ob ein Zurückkommen nach Ablauf von zehn Jahren
und in allen Fällen unzulässig sei, kann dahingestellt bleiben, nachdem
im vorliegenden Falle die rückwirkende Beitragsverfügung vom 11. Dezember
1961 in den Rentenverfügungen vom 17. Juni 1969 bzw. 10. Juli 1969, also
nach acht Jahren, von der Ausgleichskasse als inexistent erachtet und
damit implizite aufgehoben wurde. Somit ergibt sich, dass die Rücknahme
der Verfügung vom Jahre 1961 zulässig war, vorausgesetzt, diese sei
wirklich unrichtig gewesen, was nicht zuträfe, wenn Anton Hochberger, wie
er behauptet, bereits bei seiner ersten Einreise in die Schweiz im Jahre
1954 die Absicht gehabt haben sollte, in unserem Lande zivilrechtlichen
Wohnsitz im Sinne von Art. 23 ZGB zu begründen.

Erwägung 3

    3.- Das Bundesamt für Sozialversicherung weist in seiner Vernehmlassung
darauf hin, wohl habe sich Anton Hochberger bereits vom September 1954 bis
1956 in der Schweiz aufgehalten. Aus seinen Angaben gehe indessen hervor,
dieser Aufenthalt sei mit der Krankheit der Schwiegermutter begründet
gewesen, bei der er in ... mit seiner Familie geweilt habe. Dieser
Umstand rechtfertige die Annahme eines zumindest anfänglich nur als
vorübergehend gedachten Aufenthaltes in der Schweiz. Auch der Umstand,
dass die Liquidation des unbeweglichen Vermögens in Kolumbien erst zu
einem späteren Zeitpunkt vorgenommen wurde, müsse als Indiz dafür gewertet
werden, mit der ersten Einreise in die Schweiz sei eine Absicht dauernden
Verbleibens nicht verbunden gewesen. Dass die fremdenpolizeiliche Anmeldung
sowie die Anmeldung bei der Ausgleichskasse erst im Oktober 1961 erfolgte,
stelle ebenfalls ein Anzeichen dafür dar, diese Absicht habe erst dann und
nicht schon anlässlich der erstmaligen Einreise in die Schweiz bestanden.

    Die in den Akten enthaltenen Angaben sind indessen zu dürftig, um
über die Richtigkeit der Annahme der Ausgleichskasse, der Vorinstanz
und des Bundesamtes, der schweizerische Wohnsitz sei erst im Herbst 1961
begründet worden, zu befinden. Ob allein die Krankheit der Schwiegermutter
den Beschwerdeführer veranlasst habe, vom September 1954 bis 1956 in
der Schweiz zu verweilen, ist eine Vermutung, deren Begründetheit der
Beschwerdeführer in Abrede stellt und die sich bei näherer Abklärung
vielleicht als unzutreffend erweisen könnte. Auch sind die Gründe, die
Anton Hochberger veranlassten, sein unbewegliches Vermögen in Kolumbien
erst später zu liquidieren, nicht bekannt; je nach deren Beschaffenheit
wäre trotz der Rückkehr nach Südamerika eine spätestens 1956 erfolgte
Wohnsitznahme in der Schweiz nicht völlig ausgeschlossen, zumal wenn
es zutrifft, dass die Ehefrau ab 1954 fast ständig und die Tochter
ununterbrochen in unserem Lande weilten. Sodann ist zu beachten,
dass ein zivilrechtlicher Wohnsitz unabhängig von der Anmeldung bei
der Fremdenpolizei oder der AHV begründet werden kann. Unter diesen
Umständen rechtfertigt es sich, die Ausgleichskasse anzuweisen, durch
eingehende Erhebungen über die Aufenthaltsverhältnisse der verschiedenen
Familienangehörigen in den verschiedenen Ländern abzuklären, ob sich
der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen Anton Hochbergers wirklich erst
ab 1961 in der Schweiz befand. Dabei werden insbesondere Abklärungen an
Ort und Stelle in Kolumbien zu veranlassen sein. Sollten diese ergeben,
dass der Beschwerdeführer bereits vor seiner Rückkehr nach Südamerika
im Jahre 1956 einen schweizerischen Wohnsitz begründet und in der Folge
beibehalten hatte, so erwiese sich die Verfügung vom 11. Dezember 1961
nicht als unrichtig und die gestützt auf sie entrichteten Beiträge wären
bei der Rentenberechnung mitzuberücksichtigen, was eine Berichtigung der
Rentenverfügungen vom 17. Juni und 10. Juli 1969 notwendig machen würde.

Erwägung 4

    4.- a) Falls die ergänzenden Abklärungen ergeben sollten, Anton
Hochberger sei tatsächlich erst ab Oktober 1961 in der Schweiz wohnhaft,
die Beitragsverfügung vom 11. Dezember 1961 somit unrichtig und deren
Rücknahme durch die Ausgleichskasse deshalb zulässig gewesen, so stellt
sich die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Rückerstattung
der für die Zeit von 1956 bis Ende September 1961 zu Unrecht bezahlten
Beiträge zusteht. Ein Antrag auf Rückerstattung derselben ist in der
Rekursschrift zwar nicht gestellt worden. Aus den verschiedenen Eingaben
des Beschwerdeführers geht jedoch unmissverständlich hervor, dass er
jedenfalls eventualiter die Rückzahlung der Beiträge begehrt.

    Eine die Rückerstattung verweigernde Verfügung liegt nicht
vor. Die anscheinend hiefür zuständige Ausgleichskasse des Kantons
Bern hat sich im erstinstanzlichen Verfahren gegen die Anerkennung
eines Rückzahlungsanspruches ausgesprochen, da dieser gemäss Art. 16
Abs. 3 AHVG verjährt sei. Trotz der Empfehlung im kantonalen Urteil,
ihren Standpunkt in dieser Frage zu überprüfen, hat die Ausgleichskasse
- nach den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers - an ihrer
Auffassung festgehalten. Diese vom Bundesamt unter dem Gesichtspunkte
des AHV-Rechts gebilligte Stellungnahme der Ausgleichskasse während
des Prozesses kann einer abweisenden Verfügung gleichgestellt werden,
so dass sich der Richter - aus Gründen der Verfahrensökonomie - mit der
Rückerstattungsfrage befassen kann.

    Wie in Ziff. 2b) der vorstehenden Erwägungen dargetan wurde,
findet Art. 16 Abs. 3 AHVG, wonach der Anspruch des Beitragspflichtigen
auf Rückerstattung zuviel bezahlter Beiträge spätestens mit Ablauf
von fünf Jahren seit der Zahlung erlischt, auf Nichtversicherte keine
Anwendung. Art. 16 Abs. 3 AHVG als lex specialis weist somit hinsichtlich
dieser Personenkategorie eine Lücke auf, die vom Richter zu füllen ist,
nach Ansicht des Bundesamtes für Sozialversicherung möglicherweise
durch Rückgriff auf die allgemeine Regel des Obligationenrechts,
wonach derjenige, der eine Nichtschuld bezahlt, diese vom bereicherten
Zahlungsempfänger zurückfordern kann, und zwar (absolut) innert einer
Frist von zehn Jahren seit Entstehung des Bereicherungsanspruches (Art.
62 ff., insbesondere Art. 67 OR). Die analoge Anwendung privatrechtlicher
Vorschriften auf öffentlichrechtliche Verhältnisse kann indessen nur
dann erfolgen, wenn das öffentliche Recht über das in Frage stehende
Rechtsinstitut selbst keine Bestimmung enthält, die im Verhältnis
zum Privatrecht als lex specialis zu erachten ist (vgl. z.B. IMBODEN,
Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 121, insbesondere Nr. 122
Ziff. I und II). Wird ein Rechtsinstitut vom öffentlichen Recht geregelt,
so müssen grundsätzlich allfällige Gesetzeslücken primär im Rahmen dieser
Regelung gefüllt werden, sekundär - falls dies zu stossenden Ergebnissen
führen sollte - durch analoge Anwendung der in verwandten Gebieten
des öffentlichen Rechtes hinsichtlich der Rückerstattung getroffenen
Lösungen. Erst in dritter Linie, bei Fehlen solcher Lösungen, wäre
aufanaloge Regelungen des Privatrechts zurückzugreifen.

    b) Nach dem Gesagten wäre die in Art. 16 Abs. 3 AHVG aufgestellte
absolute Verwirkungsfrist von fünf Jahren, innert welcher den Versicherten
zuviel bezahlte Beiträge zurückerstattet werden, grundsätzlich analog
anzuwenden, wenn Nichtversicherten Beiträge zurückvergütet werden
müssen. Dies hätte indessen zur Folge, dass, während die Verwaltung bei
Nichtversicherten jedenfalls bis auf zehn Jahre zurück eine unrichtige
Beitragsverfügung zurücknehmen und die gestützt darauf ungeschuldet
bezahlten Beiträge als nicht rentenbildend erklären könnte, dem Betroffenen
bereits nach fünf Jahren kein Rückerstattungsanspruch mehr zustünde. Gerade
das träfe bei Anton Hochberger zu, denn als die Ausgleichskasse im Jahre
1969 auf die rückwirkende Beitragsverfügung von 1961 zurückkam - was sie,
sofern diese tatsächlich unrichtig sein sollte, nach acht Jahren noch tun
durfte -, waren seit der Bezahlung der entsprechenden Beiträge schon mehr
als fünf Jahre verflossen. Diese stossende Rechtsfolge macht offenbar,
dass Art. 16 Abs. 3 AHVG auch nicht per analogiam auf Nichtversicherte
angewendet werden darf. - Es ist somit zu prüfen, ob gegebenenfalls
die Verwirkungs-oder Verjährungsfristen, die verwandte Gebiete des
öffentlichen Rechts für die Rückerstattung zu Unrecht bezahlter Gelder
vorsehen, analog auf den Anspruch Nichtversicherter auf Rückforderung
ungeschuldet entrichteter AHV-Beiträge anwendbar sei. Im Bereiche
fiskalischer Abgaben hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung die
(absolute) Verjährung des Rückforderungsanspruches bei gewissen Steuern
auf zehn, bei andern auf fünf Jahre festgesetzt (vgl. BGE 83 I 220). Die
längere zehnjährige Frist erscheint hier als angemessen. Sie lässt sich
um so zwangsloser analog auf das Rückforderungsrecht Nichtversicherter
anwenden, als sie derjenigen des Zivilrechts (Art. 67 OR) entspricht und
sich zudem mit der Minimalfrist von zehn Jahren für das Zurückkommen auf
unrichtige Beitragsverfügungen von der Art der vorliegenden decken würde,
sofern die Rechtsprechung diese Frist einmal verbindlich erklären sollte.

    Da feststeht, dass seit der Zahlung der am 11. Dezember 1961
nachgeforderten Beiträge noch nicht zehn Jahre verflossen sind, hat die
Ausgleichskasse diese dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten, sofern die
vorzunehmende nähere Abklärung der Wohnsitzverhältnisse ergeben sollte,
Anton Hochberger halte sich erst seit Herbst 1961 mit der Absicht dauernden
Verbleibens in der Schweiz auf.

    Die Frage, ob die Lücke, die Art. 16 Abs. 3 AHVG hinsichtlich der
Nichtversicherten aufweist, auch in bezug auf die nichterwerbstätigen
Witwen und Ehefrauen besteht, kann im vorliegenden Falle offen bleiben.

Entscheid:

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. In teilweiser
Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die Sache zur näheren
Abklärung der Wohnsitzfrage im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse
zurückgewiesen.

    II.  Je nach dem Ergebnis der Abklärung wird die Kasse die für 1956
bis Ende September 1961 entrichteten Beiträge entweder als rentenbildend
zu berücksichtigen oder dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten haben.