Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 IV 57



97 IV 57

16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. April 1971
i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen Brenner. Regeste

    Art. 64 Abs. 3 der eidgenössischen Fleischschauverordnung.

    1. Diese Bestimmung begrenzt die als Hilfsstoff für die Zubereitung
von Fleischkäse verwendbare Menge Magermilchpulver (Erw. 3).

    Art. 154 Ziff. 2 StGB. Inverkehrbringen gefälschter Waren.

    2. Unter diese Bestimmung fällt das Feilhalten eines Fleischgemisches,
das nach Konsistenz und äusserer Form Fleischkäse entspricht und unter
dieser Bezeichnung angeboten wird, in Wirklichkeit aber mehr Hilfsstoffe
enthält, als die eidgenössische Fleischschauverordnung für die Zubereitung
einer solchen Fleischware gestattet (Erw. 7).

    Art. 20 StGB. Rechtsirrtum.

    3. Ist eine Rechtsnorm derart mangelhaft, dass ein Rechtsunkundiger
das darin enthaltene Gebot oder Verbot nicht erkennen kann, so hat der
Beschuldigte, sofern ihm das Unrechtsbewusstsein fehlt, Anspruch auf
Strafbefreiung wegen Rechtsirrtums (Erw. 8).

Sachverhalt

    A.- Am 17. März 1970 wurde in der Metzgerei des Brenner in
Frauenfeld vom Lebensmittelinspektor des Kantons Thurgau eine Probe
Fleischkäse erhoben. Ihre chemische Untersuchung ergab einen Gehalt an
Magermilchpulver von 5%. Am 20. März 1970 verlangte das Eidgenössische
Veterinäramt durch Vermittlung der Gesundheitskommission Frauenfeld
die Bestrafung Brenners wegen vorsätzlicher Warenfälschung, weil der
Milchpulvergehalt des Fleischkäses um mindestens 2% die gemäss Art. 64
Abs. 3 der Eidgenössischen Fleischschauverordnung vom 11. Oktober 1957
(EFV) zugelassene Menge überstiegen habe und damit eine verbotene Erhöhung
der Bindekraft bezweckt worden sei.

    B.- Am 31. Juli 1970 verurteilte das Bezirksgericht Frauenfeld Brenner
wegen fahrlässigen Inverkehrbringens gefälschter Waren (Art. 154 Ziff. 2
StGB) zu einer bedingt vorzeitig löschberen Busse von Fr. 200.--. Es legte
dem Gebüssten zur Last, dem Fleischkäse zuviel Magermilchpulver beigemischt
zu haben, um damit umso mehr "Schüttung" (= Wasser oder Eis) hinzufügen
zu können, was den Erwartungen der Konsumenten widersprochen habe. Dass
Art. 64 Abs. 3 EFV die zulässige Milchpulvermenge nicht festlege, sei ohne
Belang. Jedenfalls verbiete Absatz 4 des genannten Artikels Bindemittel.

    Am 25. Januar 1971 sprach die Rekurskommission des Obergerichtes des
Kantons Thurgau Brenner nach Gutheissung seiner Berufung und Abweisung
einer Berufung der Schweizerischen Bundesanwaltschaft von Schuld und
Strafe frei.

    C.- Die Schweizerische Bundesanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrag, das Urteil der Rekurskommission sei aufzuheben und
die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie Brenner wegen
Widerhandlung gegen Art. 64 Abs. 3 und 4 EFV in Verbindung mit Art. 41
des Lebensmittelgesetzes (LMG) und wegen fahrlässigen Inverkehrbringens
gefälschter Waren (Art. 154 Ziff. 2 StGB) angemessen bestrafe.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- .....

Erwägung 2

    2.- .....

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Falle steht zur Entscheidung, ob Art. 64 Abs. 3 EFV
die als Hilfsstoff für die Zubereitung von Fleischkäse verwendbare Menge
Magermilchpulver begrenze oder ob dieses dem Fleisch in beliebigen Mengen
beigemischt werden dürfe. Die Vorinstanz ist der Meinung, die genannte
Verordnung enthalte keine Beschränkung der höchstzulässigen Beigabe von
Milch oder Milchpulver in Fleischkäse, während die Beschwerdeführerin
den gegenteiligen Standpunkt vertritt.

    a) Da das angefochtene Urteil und die Beschwerde Ausführungen zur
Frage enthalten, in welchem Masse Frischmilch nach Art. 64 Abs. 3 EFV
als Hilfsstoff verwendet werden dürfe, ist vorerst darauf hinzuweisen,
dass die Zugabe natürlicher Milch in der genannten Bestimmung überhaupt
nicht geregelt wird. Aus dieser folgt durch Umkehrschluss, dass auch
die Verwendung von Frischmilch bei der Zubereitung von Fleischwaren
gestattet ist (FRITSCHI/RIEDI, Kommentar zur EFV, N. 20 zu Art. 64 EFV);
geordnet aber wird durch die genannte Vorschrift einzig die Zugabe von
Magermilchpulver. Diese scheinbare Lücke findet ihre natürliche Erklärung
in der Tatsache, dass zu einer Festlegung der höchstzulässigen Menge
Frischmilch als Hilfsstoff kein Anlass bestanden hat. Wie die Vorinstanz
zutreffend ausführt, sind der Beimischung von Frischmilch zu Fleischkäse
tatsächliche Grenzen gesetzt. Fleischkäse ist ein gewürztes Brätgemisch
aus verschiedenen Fleischsorten und Gewürzen, das in Blechformen abgefüllt
und gebacken wird (FRITSCHI/RIEDI, aaO, N. 16 zu Art. 5 EFV). Im Handel
ist es als eine konsistente Fleischware bekannt, die sich in Scheiben
schneiden lässt und einen typischen, durch Gewürze und Salz vermittelten
Geschmack aufweist. Da namentlich die Konsistenz mit steigendem Zusatz von
Frischmilch abnimmt, muss die tatsächliche Grenze für eine Beimischung
dieses Hilfsstoffes dort liegen, wo das Fleischgemisch seine Festigkeit
noch besitzt. Wo es jedoch infolge übermässigen Zusatzes von Frischmilch
zu einem Brei wird, verdient es die Bezeichnung Fleischkäse nicht mehr
und wird es im Handel auch nicht mehr als solcher angeboten werden
können. Tatsächlich ist die durch Beimischung von zuviel Frischmilch
bewirkte Veränderung im Aussehen des Erzeugnisses derart offensichtlich,
dass - wie die Vorinstanz annimmt - dieses unverwendbar und praktisch
unverkäuflich wird. Damit aber entfällt für den Käufer die Gefahr einer
Täuschung, da für diesen augenfällig wird, dass es sich bei der breiigen
Masse nicht um Fleischkäse handelt. Die durch eine übermässige Zugabe von
Frischmilch bewirkte äussere Veränderung des für Fleischkäse bezeichnenden
Aussehens schafft demnach einen natürlichen Schutz des Publikums und zwingt
gleichzeitig auch den Hersteller, nur soviel Frischmilch als Hilfsstoff zu
verwenden, als das Fleischgemisch aufnehmen kann, ohne seine Konsistenz
zu verlieren. Da Frischmilch bei der Zubereitung von Fleischkäse nicht
verwendet werden muss, sondern wie Magermilchpulver als Hilfsstoff nur
gebraucht werden kann (vgl. Art. 64 Abs. 3 EFV), steht es somit dem
Hersteller einer solchen Fleischware frei, die Menge der Milchzugabe zu
bestimmen, zumal es für die Gesundheit des Menschen keine Gefahr bedeutet,
ob mehr oder weniger Frischmilch mit dem Fleischgemisch verarbeitet wird.

    b) Was weiter die Beimischung von Magermilchpulver anbelangt, so
schreibt die Verordnung weder in Gewicht noch in Prozentzahlen vor,
in welcher Menge jene Substanz bei der Zubereitung von Fleischkäse
verwendet werden darf. Indessen wird bestimmt, dass Magermilchpulver als
Hilfsstoff nur gestattet ist, sofern es frische Voll- oder Magermilch
"ersetzt". Als Ersatz von Frischmilch aber kann eine Lösung von
Magermilchpulver - nach der richtigen Auffassung der Vorinstanz, die
auch von der Beschwerdeführerin geteilt wird - nur angesehen werden,
wenn die Menge des Pulvers zur Schüttung im gleichen Verhältnis steht,
wie die festen Substanzen zum Wasser in der Frischmilch. Nach dem im
kantonalen Verfahren eingeholten Bericht der Schweizerischen Fachschule
für das Metzgereigewerbe in Spiez vom 14. Mai 1970 enthält Frischmilch 9%
feste Teile und 91% Wasser, und nach dem Fachbuch für das Metzgereigewerbe
des Verbandes Schweizer Metzgermeister (Ausgabe 1960, II S. 126) wird
bezüglich der Zusammensetzung von Milchpulver und Schüttung in der Regel
mit einem Verhältnis von 1:10 gerechnet. Soweit also Milchpulver und
Schüttung in einem solchen Mengenverhältnis zueinander stehen, bilden sie
einen nach Art. 64 Abs. 3 EFV gültigen Ersatz für Frischmilch. Als solcher
aber kann die Lösung bei der Zubereitung von Fleischkäse in beliebiger
Menge beigefügt werden; denn wird zuviel Milchpulverlösung verwendet,
so dass die Fleischware ihre Konsistenz verliert, tritt wie im Falle der
übermässigen Beimischung von Frischmilch jene offenkundige Veränderung der
äusseren Beschaffenheit des Erzeugnisses zu einem Brei ein, die auch hier
als tatsächliche Grenze für die Beimischung des Hilfsstoffes wirkt und
den Käufer in zureichendem Masse gegen Täuschung schützt. Deshalb ist der
Vorinstanz beizupflichten, soweit sie annimmt, die Verordnung beschränke
auch die höchstzulässige Zugabe einer der Frischmilch entsprechenden
Milchpulverlösung nicht.

    c) Dagegen kann der Rekurskommission nicht beigestimmt werden,
wenn sie es nach Art. 64 Abs. 3 EFV auch für zulässig erachtet, bei der
Zubereitung von Fleischkäse eine Milchpulverlösung zu verwenden, deren
Schüttung das "Normalmass" nicht überschreitet, deren Milchpulveranteil
jedoch höher ist, als dem der Frischmilch gemässen Mengenverhältnis von
1:10 entspräche. Ihre Auffassung, wonach die genannte Vorschrift lediglich
darauf abziele, den Konsumenten vor dem Kauf eines zu wässerigen und
damit nicht vollwertigen Fleischkäses zu schützen, findet im Wortlaut
der Verordnung keine Stütze und verkennt überdies, dass der Käufer auch
dadurch getäuscht werden kann, dass ihm ein Fleischkäse angeboten wird,
der nicht zuviel Wasser, aber zuviel Magermilchpulver enthält; wenn
Art. 64 Abs. 3 EFV die Verwendung von Magermilchpulver nur gestattet,
sofern es Frischmilch ersetzt, so heisst das nichts anderes, als dass
Fleischkäse, der mit Magermilchpulver zubereitet wird, auch von diesem
Hilfsstoff nur soviel enthalten soll, als jene Menge Frischmilch an
festen Substanzen enthält, mit welcher ein noch konsistentes Brät
hergestellt werden kann. Da nach den Untersuchungsberichten des Eidg.
Veterinäramtes vom 20. März und 3. Dezember 1970 eine Schüttung von 30%
des Erzeugnisses an der Grenze dessen liegt, was ein Fleischgemisch
aufnehmen kann, ohne die dem Fleischkäse eigene Konsistenz zu verlieren,
darf entsprechend des der Frischmilch gemässen Mengenverhältnisses von
fester Substanz zu Flüssigkeit (1: 10) eine als Fleischkäse angebotene
Fleischware höchstens 3% reines Magermilchpulver aufweisen. Ein Brät,
dessen Milchpulvergehalt dieses Mass übersteigt, enthält im Umfang des
zu hohen Pulveranteils auf das Gesamtgewicht bezogen zuwenig Fleisch und
stellt deshalb keinen vollwertigen Fleischkäse dar. Das ist indessen dem
Käufer nicht gleichgültig; denn wer Fleischkäse ersteht, wünscht eine
Fleischware und nicht ein Milchprodukt (vgl. BGE 94 IV 109 Erw. 4). Die
Vorinstanz hat diesen Umstand übersehen, und es ist ihr auch entgangen,
dass die Gefahr einer Täuschung bei Zugabe einer zu konzentrierten
Milchpulverlösung grösser ist als im Falle der Beimischung zu wässeriger
Pulvermilch. Der von der Vorinstanz veranlasste Versuch der Zubereitung
von Fleischkäse mit einer Magermilchpulverlösung, deren Pulveranteil
beinahe verdoppelt wurde, während die Schüttung das "Normalmass" nicht
überschritt, hat erwiesen, dass auf diese Weise ein Brät hergestellt
werden kann, das einem normalen Fleischkäse gleichwertig erscheint und
lediglich einen süsslicheren Geschmack aufweist. Der natürliche Schutz des
Konsumenten, der bei einer übermässigen Zugabe von Frischmilch oder einer
ihr entsprechenden Ersatzlösung aus Milchpulver darin liegt, dass sie das
Aussehen des Erzeugnisses derart verändert, dass es kein Fleischkäse mehr
ist, sondern zu einer breiigen Masse wird, entfällt also bei der Zugabe
einer Milchpulverlösung mit übersetztem Milchpulvergehalt, aber "normaler"
Schüttungsmenge. In diesem Falle drängt sich eine Unterstellung eines
solchen Sachverhaltes unter Art. 64 Abs. 3 EFV geradezu auf, zumal wenn man
berücksichtigt, dass das mit zu konzentrierter Pulvermilch hergestellte
Erzeugnis nicht nur weniger Fleisch enthält als sein Aussehen erwarten
lässt, sondern dass es überdies - wie die Vorinstanz selber einräumt -
einen süsslicheren Geschmack aufweist als normaler Fleischkäse und deshalb
auch in seinem Genusswert herabgesetzt wird. Die Herstellung eines Bräts
mit zu konzentrierter Milchpulverlösung stellt deshalb objektiv eine
Übertretung des Art. 64 Abs. 3 EFV dar.

Erwägung 4

    4.- Im vorliegenden Fall stellt die Vorinstanz verbindlich fest, dass
die Untersuchung der bei Brenner erhobenen Probe an Fleichkäse nur einen
übersetzten Milchpulvergehalt, dagegen keinen übermässig hohen Wassergehalt
ergeben habe; nachgewiesen sei bloss, dass Brenner ca. 5% Milchpulver,
dagegen nur etwa das "Normalmass" an Wasser beigefügt habe. Von diesem
Sachverhalt geht auch die Beschwerdeführerin aus.

    Auf Grund der vorstehenden Erwägungen kann somit keinem Zweifel
unterliegen, dass Brenner Art. 64 Abs. 3 EFV objektiv übertreten hat. Wie
bereits ausgeführt, ist nach dieser Bestimmung Magermilchpulver als
Hilfsstoff zur Zubereitung von Fleischkäse nur insoweit zulässig, als es
aufgelöst in der 10-fachen Menge Wasser dem Fleisch beigemischt wird. 5%
Magermilchpulver hätten somit 50% Wasser beigegeben werden müssen, damit
die Zusammensetzung der Pulvermilch der natürlichen Milch annähernd
entsprochen hätte. Ein derart hoher Zusatz von Milchpulverlösung zum
Fleisch (ca. 55% Milchpulverlösung - ca. 45% Fleisch und Gewürze) hätte
jedoch nach dem Bericht des Eidg. Veterinäramtes einen halbflüssigen
Brei ergeben, der deshalb nicht als Fleischkäse hätte angeboten werden
können. Dass Brenner diese Folge vermieden hat, indem er den 5% Milchpulver
nicht 50%, sondern - wie die Vorinstanz sich ausdrückt - bloss das
"Normalmass" Wasser beigemischt hat, ändert nichts an der Tatsache,
dass das Brät mehr Milchpulver enthielt, als jene Menge Frischmilch
an festen Substanzen enthalten hätte, das eine Herstellung der als
Fleischkäse bekannten konsistenten und schneidfähigen Fleischware
noch ermöglichte (nämlich höchstens 3%). Der über diesen Anteil
hinausgehende Milchpulverzusatz (ca. 2%) war somit eine nach Ar. 64
Abs. 3 EFV unzulässige Beigabe eines Hilfsstoffes. In diesem Umfang
bestand denn auch die Gefahr einer Täuschung des Publikums, indem die
äusserlich dem Fleischkäse entsprechende Fleischware weniger Fleisch bzw.
mehr Milchpulver enthielt, als der Käufer nach dem Angebot erwarten durfte
und musste.

Erwägung 5

    5.- Subjektiv kann die Übertretung des Art. 64 Abs. 3 EFV nicht
nur vorsätzlich, sondern gemäss Art. 117 EFV in Verbindung mit Art. 41
Abs. 1 und 2 LMG auch fahrlässig begangen werden. Die Beschwerdeführerin
wirft Brenner nur Fahrlässigkeit vor, denn sie hat ihren im kantonalen
Verfahren gestellten Antrag auf Bestrafung Brenners nach Art. 153 StGB,
der nur als Vorsatzdelikt ausgestaltet ist und sich im vorliegenden Fall
auf den gleichen Sachverhalt bezogen hätte, im Verfahren auf eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde nicht wieder aufgenommen. Die Vorinstanz hat sich
ihrerseits zur Frage des Vorsatzes überhaupt nicht geäussert, nachdem
sie schon die Erfüllung des objektiven Tatbestandes verneint hatte. Die
Rekurskommission wird deshalb prüfen müssen, ob die subjektiven Merkmale
im Sinne des Antrages der Beschwerdeführerin gegeben seien.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführerin sieht in der übermässigen Beigabe von
Magermilchpulver nicht nur eine Übertretung von Absatz 3, sondern auch von
Absatz 4 des Art. 64 EFV. Danach sind fremde oder zu Täuschungen oder zur
Verminderung des Nähr- und Genusswertes Anlass gebende Beimischungen und
Zusätze ... verboten, soweit diese Verordnung nicht Ausnahmen vorsieht.
Absatz 3 enthält eine solche Ausnahme von der Regel; er gestattet zur
Zubereitung von Fleischkäse die Verwendung von Magermilchpulver, insofern
damit Frischmilch ersetzt wird. Stellt diese Bestimmung gegenüber Absatz
4 eine Sondervorschrift dar, deren letzter Nebensatz ihrerseits implicite
ein Verbot übermässiger Beimischung von Magermilchpulver enthält, so wird
eine Übertretung dieses Verbotes in vollem Umfang von der Sondernorm
erfasst, und es muss eine zusätzliche Anwendung von Art. 64 Abs. 4 EFV
entfallen. Insoweit ist daher die Beschwerde unbegründet.

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführerin verlangt weiter die Bestrafung
Brenners wegen fahrlässigen Inverkehrbringens gefälschter Waren
nach Art. 154 Ziff. 2 StGB. Die Vorinstanz hat eine Verurteilung
auf Grund dieser Bestimmung mit der Begründung abgelehnt, dass keine
lebensmittelpolizeiliche Vorschrift die höchstzulässige Milchpulvermenge
in Fleischkäse normiere und deshalb eine Überdosierung weder eine
Wertverminderung noch eine Veränderung der natürlichen Beschaffenheit der
Fleischware im strafrechtlichen Sinne bilde, zumal Fleischkäse nicht ein
Naturprodukt, sondern eine künstliche Verbindung aus mehreren natürlichen
Substanzen sei.

    Dass die Auffassung der Vorinstanz unzutreffend ist, wurde
bereits dargetan. Ein Zusatz von 5% Milchpulver, wie er von Brenner
bei der Zubereitung von Fleischkäse beigemischt wurde, übersteigt jenes
höchstzulässige Mass um 2%. Da in diesem Umfang jedoch das von Brenner
angebotene Brät, das wegen der Zugabe zu konzentrierter Pulvermilch
wohl die Konsistenz und das Aussehen von Fleischkäse hatte, tatsächlich
aber weniger Fleisch enthielt, als der Käufer erwarten durfte, macht die
Beschwerdeführerin mit Recht geltend, das vom Angeklagten feilgehaltene
Erzeugnis sei in seiner natürlichen Beschaffenheit verändert und
infolgedessen im Sinne von Art. 154 StGB verfälscht gewesen. Dieser Annahme
steht nicht entgegen, dass Fleischkäse kein Naturprodukt ist. Tauglicher
Gegenstand einer Verfälschung kann auch eine künstlich, aus mehreren
natürlichen Stoffen hergestellte Ware sein. Der Schutz vor Täuschung im
Warenverkehr verlangt, dass auch solche Erzeugnisse in ihrer inneren
Zusammensetzung dem entsprechen, was der Käufer nach ihrem Aussehen,
ihrer Bezeichnung oder ihrer Aufmachung erwarten darf (vgl. BGE 81 IV
100, 162). Der Kassationshof hat denn auch sog. "Klöpfer", die gleich
dem Fleischkäse aus Fleisch und den von der Eidg. Fleischschauverordnung
zugelassenen Hilfsstoffen hergestellt werden, als Ware im Sinne des
Art. 153 StGB anerkannt (BGE 94 IV 109). Ein Brät, das nach Konsistenz
und äusserer Form Fleischkäse entspricht und unter dieser Bezeichnung
angeboten wird, tatsächlich aber mehr Hilfsstoff enthält, als die Eidg.
Fleischschauverordnung für die Zubereitung einer solchen Fleischware
gestattet, stellt deshalb eine in ihrer natürlichen Beschaffenheit
veränderte, also eine verfälschte Ware dar (vgl. BGE 78 IV 93 Erw. 1). Das
ist sie auch dann, wenn sie ebenso gut und ebenso viel wert ist wie das
unverfälschte Erzeugnis und durch ihre Verfälschung weder eine Gefahr für
das menschliche Wohlbefinden geschaffen noch ein Käufer geschädigt oder
der Hersteller zusätzlich bereichert würde; die Täuschung durch unerlaubte
Veränderung genügt (BGE 94 IV 110 Erw. 5, 81 IV 162). Wer wie Brenner eine
solche Ware feilhält, erfüllt objektiv den Tatbestand des Art. 154 StGB.

Erwägung 8

    8.- Eventualiter hat die Rekurskommission des Obergerichts
festgestellt, eine Bestrafung Brenners wäre deswegen nicht gerechtfertigt,
weil die gesetzliche Regelung mangelhaft sei. Nicht einmal die Direktion
der Schweizerischen Fachschule für das Metzgereigewerbe in Spiez sei bisher
über die Auslegung des Art. 64 Abs. 3 EFV durch das Eidg. Veterinäramt in
dem Sinne unterrichtet gewesen, dass damit die Zugabe von Magermilchpulver
im Verhältnis zur gesamten Substanz des Bräts an eine gesetzliche Grenze
gebunden sei. Entsprechend unbestimmt seien auch die Empfehlungen der
Fachschule an die Metzger gewesen. Angesichts dieser Umstände habe Brenner
der Auffassung sein dürfen, die Bemessung des Magermilchpulverzusatzes
sei weder gesetzlich noch fachtechnisch derart genau umschrieben, dass
hiebei ähnliche Sorgfalt geboten wäre wie bei der Verwendung anderer,
nur beschränkt erlaubter Zutaten. Es wäre deshalb wegen entschuldbaren
Rechtsirrtums von einer Bestrafung Umgang zu nehmen.

    Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, dass man von einem
Metzgermeister erwarten dürfe, er kenne die behördlichen Vorschriften
und halte sich daran. Dieser Auffassung ist insoweit zuzustimmen, als
Rechtsunkenntnis grundsätzlich nicht entschuldigt (BGE 93 IV 124 Erw. 4,
91 IV 152 Erw. 2). Voraussetzung ist indessen, dass die Rechtsnorm genügend
klar ist, so dass auch ein Rechtsunkundiger das darin enthaltene Gebot
oder Verbot erkennen kann. Wo eine gesetzliche Regelung derart mangelhaft
ist, dass sie dieser Klarheit entbehrt, ist die Möglichkeit nicht von
der Hand zu weisen, dass dem Täter, der sie hätte befolgen müssen, das
Unrechtsbewusstsein gefehlt hat und dass ihn deshalb kein Verschulden
trifft. Ist das der Fall, muss ihm Rechtsirrtum im Sinne von Art. 20 StGB
zugute gehalten werden.

    Was die Vorschrift des Art. 64 Abs. 3 EFV anbelangt, so ist
der Vorinstanz beizupflichten, dass das darin enthaltene Verbot,
Fleischkäse mehr Magermilchpulver beizumischen, als jene Menge
Frischmilch an festen Substanzen enthält (9%), deren Beigabe zu Fleisch
die Zubereitung eines noch konsistenten Bräts erlaubt, nicht ohne weiteres
zu erkennen ist. Zieht man überdies in Betracht, dass die Leitung der
Schweizerischen Fachschule für das Metzgereigewerbe in Spiez gemäss
ihrem Schreiben vom 25. August 1970 hierüber selber nicht im klaren war
und dass anderseits kantonale Gerichte und Anklagebehörden bezüglich
der Frage, ob die Eidg. Fleischschauverordnung die als Hilfsstoff
verwendbare Menge Magermilchpulver nach oben hin begrenze oder nicht,
völlig entgegengesetzte Auffassungen vertreten, dann dürfte es auch
angemessen sein, einem Rechtsunkundigen den guten Glauben zuzubilligen,
wenn er der Meinung war, es komme nicht wesentlich darauf an, ob die
Milchpulverlösung mehr oder weniger konzentriert sei. Zwar reicht ein
gleicher Rechtsirrtum der Vorinstanz nicht immer aus, um den Täter zu
entschuldigen (vgl. BGE 92 IV 74, 81 IV 196 Erw. 3, 79 IV 137 Erw. 3;
SCHWANDER, Das Schweizerische StGB, 2. Aufl., Nr. 203 a). Doch kann
er namentlich dort, wo jene die Sache gewissenhaft geprüft hat, ein
Indiz für die "zureichenden Gründe" des Täters sein, zumal dann, wenn
auch die Gefährdung des geschützten Rechtsgutes nicht offenkundig war
(vgl. BGE 78 IV 180). Die Rekurskommission wird deshalb auch im Falle eines
Schuldspruchs von einer Bestrafung Brenners absehen können (Art. 20 StGB).

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise dahin gutgeheissen, dass das
Urteil der Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau vom 25.
Januar 1971 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der
Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird. Im übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen.