Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 IV 129



97 IV 129

27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Juni 1971
i.S. Schweri gegen Statthalteramt des Bezirkes Zürich. Regeste

    Detailverkauf von Flaschenbier; Verhältnis von Art. 383 und 385 LMV.

    Bezeichnung der Herkunft des Biers auf der Flasche und/oder durch
Anschlag? Angabe der Brauerei oder des Verkäufers?

Sachverhalt

    A.- Die Firma Import und Grosshandels AG "Denner" (im folgenden
Denner AG genannt) führte am 4. und 10. Juni 1969 von der Adambräu in
Innsbruck hergestelltes Flaschenbier in die Schweiz ein und verkaufte
von diesem in ihren Selbstbedienungsläden in Zürich unter der Anschrift
"Denner-Bier". Da sie weder auf den Flaschen bzw. Büchsen noch durch in
den Geschäften angebrachte Anschläge auf die Brauerei hinwies, liess
ihr der Lebensmittelinspektor der Stadt Zürich am 27. Juni 1969 eine
Beanstandungsanzeige zugehen. Hiegegen erhob die Denner AG am 9. Juli 1969
Einsprache, indem sie die Verpflichtung zum Anbringen eines Anschlags
im Sinne von Art. 385 der Verordnung über den Verkehr mit Lebensmitteln
und Gebrauchsgegenständen vom 26. Mai 1936 (LMV) bestritt. Da sie in der
Folge die verlangten Plakate nicht anbrachte, erstattete der Vorstand
des Gesundheits- und Wirtschaftsamtes der Stadt Zürich am 12. November
1969 gegen Karl Schweri, Präsident des Verwaltungsrates der Denner AG,
Strafanzeige wegen Übertretung von Art. 385 LMV.

    B.- Mit Strafverfügung vom 18. Februar 1970 verfällte der Statthalter
des Bezirkes Zürich Schweri wegen Übertretung von Art. 15 und 385 LMV
in Verbindung mit Art. 54 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr
mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1908 (LMG)
in eine Busse von Fr. 500.--.

    Schweri verlangte gerichtliche Beurteilung. Der Einzelrichter in
Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich sprach den Einsprecher von der
Anschuldigung der Widerhandlung gegen Art. 15 LMV frei, verurteilte ihn
jedoch wegen Überttretung von Art. 385 LMV zu einer Busse von Fr. 300.--.

    Auf Berufung Schweris fand das Obergericht des Kantons Zürich diesen
der Widerhandlung gegen Art. 385 LMV in Verbindung mit Art. 41 LMG schuldig
und verfällte ihn in eine bedingt vorzeitig löschbare Busse von Fr. 300.--.

    C.- Schweri führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des
Obergerichtes sei aufzuheben und es sei die Sache zu seiner Freisprechung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- In der Sache selbst steht zur Entscheidung, ob die Denner AG gemäss
Art. 385 LMV verpflichtet gewesen sei, die Herkunft des von ihr unter der
Anschrift "Denner-Bier" in Verkauf gebrachten Flaschenbiers durch einen
Anschlag mit der Firma der Brauerei gut sichtbar zu kennzeichnen oder
nicht. Die Vorinstanz hält dafür, dass Art. 385 LMV ein solches Gebot
enthalte, während der Beschwerdeführer der Auffassung ist, es genüge,
wenn die Herkunft des Flaschenbiers auf der Flasche selber durch die
Angabe der Firma des Verkäufers gekennzeichnet sei; allenfalls könnte
zusätzlich bloss ein Plakatanschlag mit dieser Firma verlangt werden.

    a) Gemäss Art. 54 Abs. 1 und 2 LMG erlässt der Bundesrat die nötigen
Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und zur Verhütung von Täuschung
im Verkehr mit den Waren und Gegenständen, welche den Bestimmungen
dieses Gesetzes unterliegen. Er wird namentlich verordnen, dass die
Lebensmittel sowohl im Gross- als im Kleinverkehr so bezeichnet werden,
dass eine Täuschung über ihre Herkunft nicht möglich ist. In Ausführung
dieser Bestimmungen hat der Bundesrat in Art. 383 LMV vorgeschrieben,
dass auf Fässern, die zum Verkauf bestimmtes Bier enthalten, die Firma der
Brauerei in deutlicher Schrift angebracht sein müsse (Absatz 1) und dass
die Herkunft von Flaschenbier mindestens durch einen Kopfaufdruck mit der
Firma der betreffenden Brauerei oder des Verkäufers oder des unmittelbar
vorhergehenden Firmainhabers zu kennzeichnen sei (Absatz 2). Zusätzlich
wurde in Art. 385 LMV verordnet, dass dort, wo Bier ausgeschenkt oder in
Flaschen abgegeben wird, dessen Herkunft durch einen Anschlag (Plakat)
mit der Firma der betreffenden Brauerei an leicht sichtbarer Stelle
gekennzeichnet sein müsse (Satz 1), dass diese Bestimmung auch für den
Verkauf von Flaschenbier in Spezereihandlungen usw. gelte (Satz 2), dass
in Wirtschaften der Anschlag in der Nähe der Ausschankstelle anzubringen
sei (Satz 3) und dass die Herkunftsbezeichnung auf dem Anschlag mit der
Aufschrift auf den Fässern oder mit dem Kopfaufdruck auf den Flaschen
übereinstimmen müsse (Satz 4).

    b) Von diesen Verordnungsvorschriften ausgehend vertritt das
Obergericht den Standpunkt, dass die Herkunftsbezeichnung im Sinne
des Art. 385 LMV nicht identisch sei mit derjenigen des Art. 383 LMV,
ansonst in Satz 4 der ersteren Bestimmung auf die letztere verwiesen
worden wäre, was nicht zutreffe. Satz 4 könne deshalb nur im Rahmen
des Art. 385 gewürdigt werden, mit der Folge, dass die dort erwähnte
Herkunftsbezeichnung diejenige von Satz 1 und 2 sei, nämlich die Angabe der
Brauerei. Derselbe Schluss ergebe sich auch aus der systematischen Stellung
der Art. 383 und 385 LMV. Die erstere Vorschrift betreffe die Fabrikation
und den Handel unter Grossisten, die zweite beziehe sich eindeutig auf
den Detailhandel, welche Unterteilung auch Art. 54 Abs. 2 LMG entspreche,
wo zwischen Gross- und Kleinverkehr unterschieden werde. Der Käufer im
Detailhandel solle denn auch wissen, aus welcher Brauerei das Bier stamme.

    c) Was das Verhältnis der beiden Verordnungsvorschriften zueinander
anbelangt, so ergibt sich aus ihrem Inhalt das eine mit Sicherheit,
dass Art. 383 LMV die Herkunftsbezeichnung auf den Behältnissen regelt,
welche zum Verkauf bestimmtes Bier enthalten, während Art. 385
LMV jedenfalls die Herkunftsbezeichnung durch Plakatanschlag in
Wirtschaften, Spezereihandlungen und dergleichen ordnet, in welchen
Bier ausgeschenkt oder in Flaschen abgegeben wird. Dabei ist auch
klar, dass die letztere Bestimmung nur auf den Kleinverkehr mit Bier
Bezug hat. Dagegen leuchtet nicht ohne weiteres ein, warum Art. 383 LMV
ausschliesslich den Grossverkehr betreffen sollte. Der Sache nach stünde
jedenfalls einer gleichzeitigen Anwendung von Art. 383 und 385 LMV auf
den Kleinhandel mit Bier nichts entgegen, ist doch im Kleinverkehr
mit Flaschenbier die Herkunftsbezeichnung auf dem Plakatanschlag
und mindestens auf dem Kopfaufdruck der Flaschen selber anzubringen
(s. übrigens Satz 4 des Art. 385). Zudem bietet auch der Wortlaut
des Art. 383 LMV keinen Anhalt dafür, dass diese Bestimmung bloss für
den Brauer und den Grossisten Geltung hätte, nicht aber ebenso für den
Kleinhändler oder den Wirt. Art. 383 Abs. 1 LMV bestimmt ganz allgemein,
dass auf Fässern, welche zum Verkauf bestimmtes Bier enthalten, die Firma
der Brauerei anzugeben ist, unbekümmert darum, ob ein Fass beim Brauer,
dem Grossisten, dem Detaillisten oder beim Wirt gelagert ist und dort auf
seinen Verkauf wartet. In gleichem Sinne ist auch Absatz 2 als allgemeine
Mindestvorschrift für die Herkunftsbezeichnung bei Flaschenbier gefasst,
ohne Ausschluss des Kleinhandels. Inwiefern die Systematik der Verordnung
zu einem andern Schluss zwingen sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr
entspricht es einer durchaus natürlichen Folge, zunächst allgemein die
Herkunftsbezeichnung für alle Behältnisse vorzuschreiben, in welchen
Bier in den Verkehr gelangt, und sodann zusätzliche Erfordernisse
für Sonderfälle zu regeln. Der Umstand, dass solches in Art. 385 LMV
für den Detailhandel mit Bier geschehen ist, rechtfertigt deswegen
nicht den Schluss, Art. 383 LMV gelte bloss für die Fabrikation und
den Grosshandel. Anders wäre es nur, wenn Art. 385 LMV bezüglich der
Herkunftsbezeichnung auf Anschlag und Behältnis eine gesamthafte und
abschliessende Regelung für den Kleinhandel mit Bier träfe, und damit
Art. 383 LMV vollständig ersetzen würde.

    Diesbezüglich ist der Vorinstanz zuzugestehen, dass der Wortlaut
des Art. 385 LMV zu einer solchen Annahme Anlass geben kann, wird doch
in Satz 1 vorgeschrieben, dass die Herkunft des Flaschenbiers durch
einen Anschlag mit der Firma der Brauerei gut sichtbar zu kennzeichnen
sei, während in Satz 4 die Übereinstimmung dieses Anschlags mit dem
Kopfabdruck auf der Flasche gefordert wird. Daraus könnte man ableiten,
dass Art. 385 LMV die Herkunftsbezeichnung für Flaschenbier, das im
Kleinverkehr abgegeben wird, sowohl bezüglich der Angaben auf dem
Kopfaufdruck wie hinsichtlich des Plakatanschlages regle und dass die
in Satz 4 gemeinte Herkunftsbezeichnung auf den Flaschen diejenige des
Satzes 1 und nicht die des Art. 383 Abs. 2 LMV sei. Diese Auslegung
hätte auch den Vorteil für sich, dass Art. 385 LMV allein betrachtet als
ein widerspruchloses Ganzes erschiene. Dem stünde jedoch der nicht zu
übersehende Nachteil gegenüber, dass eine solche einzig an den Wortlaut
des Art. 385 LMV anschliessende Interpretation zu dem unbefriedigenden
Ergebnis führen müsste, dass zwar der Brauer oder der Grossist das von ihm
benutzte Flaschenmaterial gemäss Art. 383 Abs. 2 LMV mit einem Kopfaufdruck
versehen darf, welcher die Firma des Verkäufers oder dessen unmittelbaren
Vorgängers nennt, dass dagegen der Detaillist den allenfalls seinen eigenen
Namen tragenden Kopfaufdruck auf allen Flaschen gegen einen solchen mit
der Firma der Brauerei austauschen müsste, um dessen Übereinstimmung mit
dem Plakatanschlag, der nach dem Wortlaut des Art. 385 Satz 1 LMV die
Brauerei nennen muss, herbeizuführen. Auf den konkreten Fall angewandt
wäre somit die Brauerei, welche das "Denner-Bier" herstellt, befugt, im
Kopfaufdruck der Flaschen die Firma Denner AG zu gebrauchen, während dieses
Unternehmen seinerseits es nicht tun dürfte. Diese wenig sinnvolle und dem
Gewerbe auch kaum zumutbare Folge könnte zwar dadurch vermieden werden,
dass das Flaschenbier von Anfang an mit der Firma der Brauerei bezeichnet
würde. Da jedoch Flaschenbier gerade für den Verkauf im Kleinhandel oder
in Wirtschaften bestimmt ist, würde Art. 383 Abs. 2 LMV, der ja nur für
solches Bier gilt, praktisch aufgehoben, soweit er die Firma des Verkäufers
oder dessen Rechtsvorgängers als Herkunftsbezeichnung zulässt. Dass der
Gesetzgeber insoweit mit Art. 383 Abs. 2 LMV eine unnütze Vorschrift
habe erlassen wollen, ist indessen nicht anzunehmen. Was es aber auch für
einen Sinn haben sollte, als Herkunftsbezeichnung des für den Kleinhandel
bestimmten Flaschenbiers zunächst die Firma des Verkäufers zuzulassen, um
diese sodann zu verbieten, sobald das Bier in den Kleinverkehr gelangt,
ist unerfindlich, zumal das Schutzbedürfnis des Konsumenten ein solches
Vorgehen gar nicht erheischt. Dass beim Bierausschank aus Fässern die
nach der Verordnung einzig zulässige Anschrift der Brauerei auf dem
Fass (Art. 383 Abs. 1 LMV) bei der Ausschankstelle auf einem Anschlag
zu wiederholen ist (Art. 385 Satz 3 LMV), entspricht dem einleuchtenden
Interesse, den Konsumenten, der zumeist die Herkunftsbezeichnung auf dem
Fass nicht sieht, davor zu schützen, dass ihm ein Bier anderer Herkunft
als das bestellte ausgeschenkt werde. Wo dagegen Bier vom Brauer oder
vom Grossisten in Flaschen abgefüllt wurde, die im Kopfaufdruck den
Verkäufer nennen, ist nicht einzusehen, warum der Hinweis auf diesen
nicht auch im Kleinhandel mit Bier genügen sollte. Die abweichende
Auffassung der Vorinstanz findet ihre Erklärung darin, dass sie in der
Herkunftsbezeichnung eine Qualitätsbezeichnung sieht, was sie jedoch nicht
ist (s. DÜRR, Kommentar zum LMG usw. S. 60). Die LMV macht zwischen der
Bezeichnung betreffend die Herkunft und derjenigen betreffend die Qualität
einen klaren Unterschied (s. Art. 336 Abs. 1, 352 Abs. 2). Die erstere
soll den Käufer nicht dagegen schützen, dass ihm ein Bier anderer als
der erwarteten Qualität verkauft werde, sondern dass er Bier anderer
Herkunft erhalte, als er nach seiner Bestellung oder Wahl erwarten
darf. Übrigens vermöchte auch der Hinweis auf eine bestimmte Brauerei
nicht notwendig eine stets gleichbleibende Qualität des Produktes zu
gewährleisten, indem z.B. Änderungen im Herstellungsverfahren, in der
Beigabe von Zutaten usw. dessen geschmackliche Eigenschaften beeinflussen
können. Wäre die Herkunftsbezeichnung als Qualitätsbezeichnung zu
verstehen, so hätte es schliesslich nahegelegen, auch in Art. 383
Abs. 2 LMV als Herkunftsbezeichnung nur die Firma der Brauerei
zuzulassen. Denn diese Bestimmung gilt auch für den Grosshandel -
nach der Meinung der Vorinstanz sogar ausschliesslich für den Handel
unter Grossisten und für die Fabrikation -, also für den eigentlichen
Fachhandel, der aber erfahrungsgemäss der Qualität der Ware entscheidende
Bedeutung beimisst. Der Umstand, dass der Gesetzgeber auch die Firma
des Verkäufers und sogar diejenige seines unmittelbaren Vorgängers als
Flaschenaufdruck zugelassen hat, bestätigt somit die Feststellung, dass
die Herkunftsbezeichnung keine Qualitätsbezeichnung ist.

    Erscheint demnach die ausschliesslich auf den Wortlaut des Art. 385
LMV gestellte und insoweit grammatikalisch zwar vertretbare, aber
in ihren praktischen Folgen unbefriedigende Auslegung der Vorinstanz
nach dem Gesagten auch durch den Zweckgedanken der in Frage stehenden
Verordnungsvorschriften nicht geboten, so muss sie einer sinnvolleren,
dem Schutz des Konsumenten einerseits und den praktischen Bedürfnissen
des Handels anderseits Rechnung tragenden Lösung weichen, soweit eine
solche den Art. 383 und 385 LMV zu entnehmen ist.

    d) Wie bereits dargetan, verlangt Satz 1 des Art. 385 LMV einen
Plakatanschlag mit der Firma der Brauerei, und Satz 4 gebietet
die Übereinstimmung der Herkunftsbezeichnung auf dem Plakat mit dem
Kopfaufdruck auf den Flaschen. Würdigt man, wie das die Vorinstanz getan
hat, diese letztere Vorschrift ausschliesslich im Rahmen des Art. 385
LMV und versteht man demzufolge die dort erwähnte Herkunftsbezeichnung
im Sinne des Satzes 1, so wird dadurch Art. 383 Abs. 2 LMV, soweit
er die Firma des Verkäufers oder dessen unmittelbaren Vorgängers als
Herkunftsangabe zulässt, in seiner Anwendung praktisch aufgehoben, wofür
aber kein sachlicher Grund vorliegt. Versteht man jedoch den in Satz 4
des Art. 385 LMV enthaltenen Hinweis auf den Kopfaufdruck auf den Flaschen
als Herkunftsbezeichnung im Sinne des Art. 383 Abs. 2 LMV, so wird dadurch
nicht nur der Existenz dieser Vorschrift eine vernünftige Bedeutung gegeben
und können jene für den Kleinverkehr mit Bier nachteiligen Folgen vermieden
werden, sondern es wird dadurch auch dem im Interesse der Rechtssicherheit
liegenden allgemeinen Grundsatz nachgelebt, wonach ein in verschiedenen
Bestimmungen des gleichen Erlasses verwendeter Begriff in der Regel auch
mit dem gleichen Sinngehalt zu verstehen ist. Eine Gleichsetzung der
Herkunftsbezeichnung des Art. 383 Abs. 2 LMV mit derjenigen des Art. 385
Satz 4 LMV drängt sich in dieser Sicht auch deswegen auf, weil Art. 15
Abs. 3 der Allgemeinen Bestimmungen der LMV, welcher das Inverkehrbringen
von Lebensmitteln unter einer zur Irreführung über die Herkunft geeigneten
Bezeichnung (wie durch Verwendung fremder Originalflaschen) verbietet,
in den Begriff der Herkunftsbezeichnung ausdrücklich nicht nur die
Marke oder Firma eines andern Herstellers, sondern auch diejenige eines
andern Verkäufers einbezieht. Da nach dem Gesagten (oben Erw. 3 c) eine
solche Auslegung von Satz 4 des Art. 385 LMV überdies dem Schutz des
Konsumenten genügt, verdient sie den Vorzug vor der dieser Bestimmung im
angefochtenen Urteil gegebenen Interpretation, zumal auch den Materialien
zur LMV nichts zu entnehmen ist, was auf ein bewusstes Abrücken von
dem sonst verwendeten Herkunftsbegriff in Art. 385 Satz 4 LMV hinwiese
[s. die Materialien des Bundesarchivs sowie die Texte der LMV 1914 und
1926, aus denen sich ergibt, dass zunächst nur eine Plakatpflicht für
den Bierausschank aus Fässern bestand (Art. 219, 223 LMV 1914), welche
sodann in der LMV 1926 auf den Kleinhandel mit Flaschenbier ausgedehnt
wurde (Art. 283, 286 LMV 1926, denen die Art. 283, 285 LMV 1936 wörtlich
entsprechen)]. Dass sich dabei allerdings ein Widerspruch zum Wortlaut von
Satz 1 des Art. 385 LMV ergibt, indem dieser einen Plakatanschlag mit der
Firma der Brauerei verlangt, während Satz 4 eine Übereinstimmung dieses
Anschlags mit der Herkunftsbezeichnung auf dem Kopfaufdruck der Flasche
fordert, der aber nach dem Gesagten auch in der Firma des Verkäufers
bestehen kann, ist freilich nicht zu übersehen. Da jedoch einerseits die
Pflicht der Lebensmittelgeschäfte zur Anbringung eines "Bier-Plakats"
in Art. 385 Satz 2 LMV zweifelsfrei festgelegt ist und sich auch aus der
Entwicklungsgeschichte der genannten Bestimmung klar ergibt (s. die obigen
Verweisungen auf die LMV 1914 und 1926), so dass darüber entgegen der
Meinung des Beschwerdeführers keinesfalls hinweggegangen werden kann,
und da anderseits das Gebot der Übereinstimmung von Plakatanschlag und
Kopfaufdruck auf der Flasche offensichtlich zum Schutz des Konsumenten
gegen Täuschung besteht, kann die genannte Ungereimtheit zwischen Satz
1 und Satz 4 des Art. 385 LMV nur in dem Sinne behoben werden, dass die
erstere Bestimmung über ihren Wortlaut hinaus durch die Zulassung der Firma
des Verkäufers als Herkunftsbezeichnung auf dem Plakatanschlag ergänzt
wird. Diese Lösung, die allein eine sinnvolle und praktikable Anwendung
beider in Frage stehenden Verordnungsvorschriften (Art. 383 und 385 LMV)
gewährleistet, verträgt sich auch mit dem Grundsatz des Art. 1 StGB,
indem sie sich zugunsten des Beschwerdeführers auswirkt.

    e) Im vorliegenden Fall wurde dieser nämlich bestraft, weil
er kein Plakat mit der Firma der Brauerei angebracht hatte, von
welcher das "Denner-Bier" hergestellt wird. Da zu einem solchen
Anschlag der Beschwerdeführer nach den obigen Erwägungen nicht
verpflichtet werden konnte, weil die Flaschen selber mit der Firma des
Verkäufers als Herkunftsbezeichnung versehen waren, und deshalb nur
ein Anschlag mit dieser Angabe hätte verlangt werden können, ist das
Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Diese wird den Beschwerdeführer von einer Übertretung
des Art. 385 LMV im Sinne des ihm zur Last gelegten Sachverhaltes
freizusprechen haben.