Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 II 355



97 II 355

49. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1971
i.S. Salzmann gegen Gerber. Regeste

    Art. 413 Abs. 1 OR.

    1.  Wird auf das Erfordernis des Kausalzusammenhanges nicht
vertraglich verzichtet, so ist der Mäklerlohn nur verdient, wenn der
erstrebte Vertragsabschluss infolge der Tätigkeit des Mäklers zustande
kommt (Erw. 3).

    2.  Das gilt auch für den Fall, dass der Auftraggeber den Mäklervertrag
mit Zustimmung des Mäklers vorübergehend ausser Kraft setzt und der
Vertrag mit dem Dritten während dieser Zeit abgeschlossen wird (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Gerber, der in Solothurn ein "Immobilien-Treuhandbüro" betreibt,
verwaltete durch seinen Geschäftsführer Eigenmann ein in Selzach
stehendes Miethaus Salzmanns. Durch schriftlichen "Verkaufs-Auftrag"
vom 22. Dezember 1965 erteilte Salzmann dem Gerber "den Alleinauftrag,
die Liegenschaft... zu verkaufen". Der Beauftragte wurde ermächtigt, sich
die dafür notwendigen Unterlagen zu beschaffen und Inserate in der Höhe von
Fr. 500.-- aufzugeben. Die Dauer des Vertrages wurde unter Vorbehalt der
Erneuerung auf sechs Monate beschränkt und die Vergütung des Beauftragten
auf Fr. 10'000.-- festgesetzt; diese waren auch geschuldet, wenn nach
Auflösung des Vertrages ein Kauf oder Tausch mit einem Interessenten des
Beauftragten zustande kam.

    Einige Tage nach der Erteilung dieses Auftrages, zwischen Weihnachten
und Neujahr, telephonierte Salzmann dem Geschäftsführer Gerbers, er solle
mit den Verkaufsbemühungen zuwarten, da die Schweizerische Volksbank
wahrscheinlich einen Käufer kenne. Eigenmann war einverstanden; er
erklärte, er werde erst auf Bericht Salzmanns hin etwas tun.

    Gegen Ende Dezember 1965 ersuchte Vizedirektor Frischknecht von
der Schweizerischen Volksbank in Solothurn den Eigenmann telephonisch
um die Schlüssel, damit er die Liegenschaft mit einem Kaufinteressenten
besichtigen könne. Eigenmann erklärte, er komme selber mit. Tatsächlich
begab er sich mit Frischknecht und mit dem Kaufinteressenten Zimmermann
nach Selzach, zeigte ihnen die Liegenschaft und besprach mit ihnen die
Angelegenheit im Hotel Astoria in Solothurn weiter. Er übergab Frischknecht
eine Liste der Mieter und der Mietzinseinnahmen. Zimmermann stellte sich
ihm nicht vor und wurde ihm auch durch Frischknecht nicht vorgestellt.

    Am 11. Januar 1966 verkaufte Salzmann dem Zimmermann die Liegenschaft
für Fr. 500'000.--. Der Schweizerischen Volksbank zahlte er für den
geleisteten Dienst Fr. 10'000.--. Er lehnte es dagegen ab, auch Gerber
eine Vergütung zu zahlen. Die Schweizerische Volksbank ihrerseits war
nicht bereit, den erhaltenen Betrag mit Gerber zu teilen.

    B.- Gerber klagte gegen Salzmann auf Zahlung von Fr.  10'000.--
nebst Zins.

    Das Amtsgericht Bucheggberg-Kriegstetten sprach dem Kläger Fr. 5000.--
nebst Zins zu. Das Obergericht des Kantons Solothurn, an das beide Parteien
appellierten, schützte dagegen die Klage mit Urteil vom 8. Januar 1970
nur im Betrage von Fr. 2500.-- nebst Zins.

    C.- Auf Berufung des Beklagten und Anschlussberufung des Klägers hebt
das Bundesgericht dieses Urteil auf und weist die Klage ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

    (Erw. 1 und 2: Ausführungen darüber, dass die Parteien einen
Mäklervertrag gewollt haben und dass Eigenmann ermächtigt war, sich
der vorübergehenden telephonischen Ausserkraftsetzung des Vertrages
zu unterziehen.)

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 413 Abs. 1 OR ist der Mäklerlohn nur verdient, wenn
der erstrebte Vertragsabschluss infolge des Nachweises oder infolge der
Vermittlung des Klägers zustande gekommen ist. Nicht nötig ist, dass die
Bemühungen des Mäklers schon während der Dauer des Mäklervertrages zum
Erfolg geführt haben. Ein erst nach dessen Auflösung eingetretener Erfolg
genügt, wenn er mit den vom Mäkler während der Vertragsdauer entfalteten
Bemühungen ursächlich zusammenhängt (BGE 57 II 192, 76 II 386).

    Auf das Erfordernis des Kausalzusammenhanges kann vertraglich
verzichtet werden. Im Vertrag vom 22. Dezember 1965 wurde jedoch
ein solcher Verzicht nicht ausgesprochen. Das Wort "Alleinauftrag"
beinhaltet ihn nicht, sondern verpflichtete den Beklagten nur,
bezüglich der gleichen Liegenschaft mit Dritten keine Mäklerverträge
abzuschliessen. Es steht in einem vom Kläger aufgestellten vorgedruckten
Text und darf daher im Zweifel nicht zugunsten des Klägers ausgelegt werden
(BGE 48 II 246, 50 II 543, 81 II 159, 82 II 452, 85 II 350, 87 II 95,
242, 92 II 348). Dazu kommt, dass der Vertrag der Parteien im letzten
Satz bestimmt, der nach der Auflösung des Vertrages abgeschlossene Kauf
müsse "mit einem Interessenten des Beauftragten" zustande gekommen sein,
damit der Mäklerlohn fällig werde. Mit diesem Satze haben die Parteien
unmissverständlich am Erfordernis eines Kausalzusammenhanges zwischen der
Mäklertätigkeit des Klägers und dem Verkaufe der Liegenschaft festgehalten.

Erwägung 4

    4.- Wie das Obergericht ausführt, ist unbestritten, dass nicht der
Kläger oder sein Geschäftsführer den Käufer Zimmermann nachgewiesen
haben. Der Kläger leitet den Lohnanspruch daraus ab, dass Eigenmann
anlässlich der Besprechung mit Frischknecht und Zimmermann den Vermittler
gespielt habe. Ob die blosse Vermittlung bei den Verhandlungen mit einem
nicht vom Mäkler nachgewiesenen Kaufinteressenten grundsätzlich und auch im
vorliegenden Falle überhaupt als Mäklertätigkeit aufgefasst werden könnte,
mag offen bleiben. Die Auffassung des Klägers und des Obergerichtes,
die Teilnahme und Mitwirkung Eigenmanns an der erwähnten Besprechung
habe den Lohnanspruch ausgelöst, hält schon deshalb nicht stand, weil
die Besprechung erst nach der Ausserkraftsetzung des Mäklervertrages
stattgefunden hat. Der Kläger und sein Geschäftsführer waren damals
nicht mehr befugt, sich als Mäkler zu betätigen. Weder Frischknecht noch
Zimmermann waren ermächtigt, Eigenmann solche Tätigkeit zu erlauben
und damit den Mäklervertrag, den der Beklagte soeben auf dem Wege der
Vereinbarung ausser Kraft gesetzt hatte, wieder aufleben zu lassen. Eine
dahin gehende Vollmachterteilung des Beklagten an die Schweizerische
Volksbank oder an Frischknecht persönlich ist nicht einmal behauptet
worden. Die Bank und ihr Vizedirektor waren selber Vermittler und hatten
die Hilfe eines weiteren Vermittlers nicht nötig. Die Bevollmächtigung
durch den Beklagten, den Kläger und seinen Geschäftsführer als weitere
Vermittler beizuziehen, hätte dem Willen, den der Beklagte durch die
vorläufige Aufhebung des Mäklervertrages kundgegeben hatte, geradezu
widersprochen. Der Beklagte hatte ja den Wunsch, dass der Kläger seine
Verkaufsbemühungen vorläufig einstelle, gerade damit begründet, dass
vorerst abgeklärt werden solle, ob die Schweizerische Volksbank ihm
einen Käufer verschaffe. Dass Frischknecht mit dem Geschäftsführer
des Klägers Fühlung nahm und sich von ihm die Liegenschaft zeigen und
gewisse Auskünfte über die Mietverhältnisse erteilen liess, erklärt
sich zwangslos daraus, dass Eigenmann Verwalter der Liegenschaft war.
Frischknecht hat denn auch von ihm nur die Schlüssel verlangt, um dem
Kaufinteressenten die Liegenschaft zeigen zu können. Es war Eigenmann,
der sich persönlich aufdrängte, indem er an der Besichtigung teilnehmen
wollte. Er durfte nicht in guten Treuen annehmen, er könne sich auf
diese Weise ungeachtet der vorläufigen Aufhebung des Mäklervertrages als
(zusätzlicher) Vermittler mit Provisionsberechtigung einschalten, und zwar
gegenüber einer Person, die nicht von ihm, sondern von der Schweizerischen
Volksbank als Kaufinteressent ausfindig gemacht worden war.

    Ob Eigenmann durch seine Anwesenheit und seine Aufschlüsse über die
Mietverhältnisse zum Zustandekommen des Kaufes beigetragen hat, spielt
daher keine Rolle. Das Obergericht verkennt den Sinn von BGE 57 II 192
und 76 II 386, wenn es einem psychologischen Zusammenhang zwischen diesem
Verhalten Eigenmanns und dem Kaufe nachforscht. Der Entschluss des Käufers
muss mit einer vor der Aufhebung des Mäklervertrages ergangenen Bemühung
des Mäklers zusammenhangen, damit der Mäklerlohn verdient sei. Durch ein
Verhalten nach der Aufhebung kann der Mäkler die Vergütung nicht verdienen,
wenn nicht der Auftraggeber es verlangt und damit den Mäklervertrag wieder
in Kraft gesetzt hat.

    Dass Eigenmann dem Beklagten im Zusammenhang mit dem beabsichtigten
Verkaufe der Liegenschaft eine Erhöhung der Mietzinse vorgeschlagen
hatte, die den Mietern am 27. Dezember 1965 denn auch angekündigt wurde,
und dass Zimmermann durch diese Erhöhung mitbestimmt worden sein mag, die
Liegenschaft für Fr. 500'000.-- zu kaufen, begründet den Provisionsanspruch
des Klägers ebenfalls nicht. Der erwähnte Vorschlag gehörte nicht zur
Mäklertätigkeit, und zwar selbst dann nicht, wenn er nicht schon vor dem
22. Dezember, sondern erst nach dem Abschluss des Mäklervertrages gemacht
worden sein sollte. Indem Eigenmann den Vorschlag machte, förderte er weder
den Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluss des Kaufes, noch vermittelte
er einen solchen Abschluss. Er beriet den Beklagten nur darüber, was er
vorkehren müsse, damit ein allfälliger Interessent - der erst noch zu
finden und zu bearbeiten war - einen möglichst hohen Kaufpreis zugestehe.

    Die Provisionsforderung des Klägers muss daher abgewiesen werden.