Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 II 25



97 II 25

4. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Februar 1971 i.S. Kanton Aargau
gegen Kanton Zug. Regeste

    Ersitzung einer an einem öffentlichen Gewässer bestehenden
Fischenz. ZGB Art. 655 Ziffer 2, 662 und 781.

    1.  Rechtsnatur der Fischenz und deren Stellung zum kantonalen Recht,
das für Privatrechte an öffentlichen Gewässern eine Konzession vorschreibt
(Erw. 2).

    2.  Ausserordentliche Ersitzung gegenüber einem früher Berechtigten,
insbesondere gegenüber einem vor über 100 Jahren säkularisierten Kloster
(Erw. 3-5).

    3.  Das Auskündungsverfahren gemäss Art. 662 Abs. 3 ZGB kann
unterbleiben, wenn zum vornherein genau feststeht, wer als Berechtigter
in Frage kommt, und dieser im ordentlichen Prozess um das Eigentum selber
Partei ist (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Dem im Jahre 1841 vom Kanton Aargau säkularisierten Kloster Muri
stand seit Jahrhunderten auf der ganzen Breite der Reuss von einem Punkt
1000 m unterhalb der Brücke in Mühlau bis zur Einmündung des Stampfenbachs
(der die Grenze zwischen den Kantonen Aargau und Zürich bildet) ein als
Fischenz bezeichnetes Fischereirecht zu. Da die Reussmitte im Abschnitt
bis zur Einmündung der Lorze die Grenze zwischen den Kantonen Aargau und
Zug bildet, bezog sich diese Fischenz auf einer Länge von ca. 1,5 km auch
auf die zugerische Reusshälfte. Zusammen mit dem übrigen Klostervermögen
eignete sich der Kanton Aargau durch die Säkularisation auch die in Frage
stehende Fischenz an und übte sie seither durch Verpachtung aus.

    B.- Im Zusammenhang mit der Einführung des eidgenössischen Grundbuchs
im Kanton Zug, der eine Bereinigung der dinglichen Rechte vorauszugehen
hat, machte das Grundbuchamt den Kanton Aargau darauf aufmerksam, dass er
das Recht habe, die Fischenz als Dienstbarkeit zu Lasten der Reussparzelle
GB Nr. 1 zur Eintragung anzumelden. Der Kanton Aargau machte von dieser
Möglichkeit Gebrauch. In der Folge bestritt jedoch der Kanton Zug als
Eigentümer der belasteten Reusshälfte den Anspruch des Kantons Aargau
mit der Begründung, der Beschluss des Grossen Rates des Kantons Aargau
vom 13. und 20. Januar 1841 auf Aufhebung des Klosters Muri habe sich
nur auf das Kirchengut auf aargauischem Territorium beziehen können,
nicht auch auf dasjenige im Kanton Zug. Dieser könne deshalb für sein
Hoheitsgebiet dem Kanton Aargau das Recht, Kirchengut einzuziehen,
nicht zubilligen und die Säkularisation nicht als Rechtstitel für das
angemeldete Fischereirecht anerkennen.

    Da eine Einigung zwischen den beiden Kantonen nicht zustande kam,
setzte das Grundbuchamt Zug dem Kanton Aargau mit Schreiben vom 20. Januar
1970 Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der beanspruchten Fischenz an.

    C.- Am 19. Februar 1970 erhob der Kanton Aargau beim Bundesgericht
Klage gegen den Kanton Zug und stellte folgendes Rechtsbegehren:

    "Es sei gerichtlich festzustellen, dass der Kanton Aargau Eigentümer
der Reuss-Fischenz von 1000 m unterhalb der Brücke Mühlau bis zur
Lorzemündung auf der Zugerseite der Reuss (G.B. Parzelle Nr. 1, Hünenberg)
ist, und es sei demgemäss das Grundbuchamt des Kantons Zug anzuweisen,
das Fischenz-Recht des Kantons Aargau als selbständiges und dauerndes
Recht zu Lasten der G.B. Parzelle Nr. 1 im Gemeindebann Hünenberg ins
Grundbuch aufzunehmen.

    Unter Kosten- und Entschädigungsfolge."

    Zur Begründung machte der Kläger geltend, selbst wenn der Übergang
der Fischenz auf ihn zufolge der Säkularisation des Klosters Muri nicht
rechtsgültig gewesen sein sollte, habe er das seit über 128 Jahren
unangefochten ausgeübte Recht durch Ersitzung erworben.

    Der Kanton Zug beantragt Abweisung der Klage.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Der vorliegende Prozess wurde durch die Einführung des
eidgenössischen Grundbuches im Kanton Zug ausgelöst. Der Anlage des
Grundbuches hat die gemeindeweise Bereinigung der dinglichen Rechte
vorauszugehen. § 24 der Verordnung des Regierungsrates des Kantons Zug
über die Bereinigung der dinglichen Rechte und die Anlage des Grundbuches
vom 29. Juni 1940 bestimmt, falls im Bereinigungsverfahren zwischen den
Beteiligten keine gütliche Einigung über Bestand, Inhalt, Umfang und Rang
eines Rechts erzielt werden könne, sei - nach einem Einigungsversuch des
Grundbuchverwalters - die rechtliche Erledigung herbeizuführen. Gestützt
auf diese Bestimmungen wurde dem Kanton Aargau Frist angesetzt, die von
ihm gegenüber dem Kanton Zug als Eigentümer der zugerischen Reusshälfte
beanspruchte, von diesem jedoch bestrittene Fischenz gerichtlich geltend
zu machen. Innert der angesetzten Frist hat der Kanton Aargau die Klage
beim Bundesgericht anhängig gemacht.

    b) Gegenstand des Rechtsstreites ist die Frage, ob dem Kanton Aargau
an der dem Kanton Zug gehörenden rechten Hälfte der Reuss im Abschnitt,
der von einem Punkt 1000 m unterhalb der Reussbrücke in Mühlau bis
zur Lorzeeinmündung reicht, eine Fischenz zustehe und ob diese als
selbständiges und dauerndes Recht in das Grundbuch aufzunehmen sei. Der
Kanton Zug bestreitet nicht, dass dem im Jahre 1841 vom Kanton Aargau
säkularisierten Kloster Muri ein solches Recht zustand (über die Fischenz
des Klosters Muri an der Reuss vgl. P. LEUTHARD, Die Fischereirechte im
Freiamt und in Mellingen, Diss. Zürich 1928 S. 33 ff). Er macht jedoch
geltend, der Kanton Aargau habe dieses Recht durch die entschädigungslose
Verstaatlichung des Klostervermögens, wie sie mit der Säkularisation
erfolgt sei, nicht rechtsgültig erwerben können. Die Fischenz sei in
der Folge untergegangen, weil das Kloster Muri sie nicht mehr ausgeübt
habe; eventuell sei sie aufgrund der vom 9. Januar 1969 datierten
Abtretungserklärung des Abtes des Klosters Muri-Gries in Bozen, das als
Rechtsnachfolger des säkularisierten Klosters Muri zu betrachten sei,
auf den Kanton Zug übergegangen. Im vorliegenden Prozess ist daher sowohl
über den Bestand des Fischereirechts als auch darüber zu entscheiden,
ob dieses Recht dem Kanton Aargau oder dem Kanton Zug als Eigentümer des
belasteten Grundstücks selber zusteht.

    c) Bei der streitigen Fischenz handelt es sich, wie noch näher
auszuführen sein wird, um ein wohlerworbenes Privatrecht. Der Rechtsstreit
stellt sich damit als eine zivilrechtliche Streitigkeit zwischen zwei
Kantonen dar, die nach Art. 41 lit. a OG vom Bundesgericht als einziger
Instanz zu beurteilen ist...

Erwägung 2

    2.- a) Unter einer Fischenz (auch Fischez, Fischereigerechtigkeit,
Fischereigerechtsame oder emfach Fischereirecht genannt) ist das meist
unter einer früheren Rechtsordnung entstandene, ausschliessliche,
zeitlich und inhaltlich unbeschränkte Recht zu verstehen, sich die
Fische in einem örtlich begrenzten Teil eines Gewässers unentgeltlich
anzueignen (MEIER-HAYOZ, 3. Aufl., N. 53 zu Art. 655 ZGB, und R. BÜHLER,
Die Fischereiberechtigung im Kanton Zürich, Diss. Zürich 1969, S. 120 mit
zahlreichen Literaturhinweisen). Die Fischenz wird heute mehrheitlich als
ein dingliches Privatrecht aufgefasst, das gemäss Art. 655 Abs. 2 Ziff. 2
ZGB als selbständiges und dauerndes Recht in das Grundbuch aufgenommen
werden kann, sofern sie nicht an ein herrschendes Grundstück oder an
eine bestimmte Person gebunden ist (vgl. die bereits genannten Autoren
und das dort zitierte Schrifttum sowie ferner MAX GMÜR, Rechtsame und
Gerechtigkeiten, Festgabe für Philipp Lotmar, S. 11 ff, insbes. S. 26 f,
und THEO GUHL, Die Verselbständigung der dinglichen Rechte im schweiz. ZGB,
Berner Festgabe für Eugen Huber, S. 90 ff). Auch das Bundesgericht hat
in seiner Rechtsprechung die privatrechtliche Natur der aus der Zeit vor
Einführung des staatlichen Fischereiregals stammenden Fischereirechte
anerkannt (vgl. BGE 35 II 520 ff. und 46 II 300 f mit Hinweisen).

    b) Bei der streitigen Fischenz handelt es sich nun aber um eine solche
an einem öffentlichen Gewässer, denn die Reuss ist nach § 86 Abs. 1 des
Einführungsgesetzes des Kantons Zug zum ZGB eine öffentliche Sache. Gemäss
Art. 664 Abs. 1 ZGB stehen die öffentlichen Sachen unter der Hoheit des
Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden. Die Rechtsverhältnisse an
diesen Sachen sind daher grundsätzlich nach kantonalem Recht zu beurteilen
(BGE 89 II 294 E. 2). Ob private Rechte an öffentlichen Sachen überhaupt
bestehen können, richtet sich somit nach dem massgebenden kantonalen
Recht, ebenso die Frage, ob und in welchem Umfang die öffentlichen
Sachen den Regeln des Privatrechts unterstellt sind (MEIER-HAYOZ N. 82
zu Art. 664 ZGB).

    Das zugerische Recht lässt wohlerworbene Privatrechte an
öffentlichen Gewässern ausdrücklich zu. Schon § 1 der ursprünglichen
Vollziehungsbestimmungen des Kantons Zug zum Bundesgesetz betreffend die
Fischerei vom 28. Oktober 1891 lautete folgendermassen:

    "Das Recht der Fischerei in den öffentlichen Gewässern steht -
wohlerworbene Privatrechte vorbehalten - dem Staate zu."

    (Vgl. dazu auch die Freiburger Dissertationen von A.  Iten, Die
ehemaligen Fischerei-Rechte der Stadt Zug im Zugersee, 1920, S. 113 ff,
und E. Zumbach, Die Fischereirechte des Aegerisees, 1922, S. 72 ff).

    Das heute geltende Gesetz über die Fischerei im Kanton Zug vom 25. Mai
1961 bestimmt in § 1 Abs. 1:

    "Dieses Gesetz gilt, soweit nicht wohlerworbene Privatrechte
entgegenstehen, für die Fischerei in den öffentlichen oder in den dem
Kanton gehörenden Gewässern."

    Und § 4 Abs. 1 des gleichen Gesetzes lautet:

    "Die Fischerei in den öffentlichen Gewässern ist mit Ausnahme der
Privatfischenzen Staatsregal."

    In § 8 ist sodann vorgesehen, dass Privatfischenzen in öffentlichen
Gewässern durch den Kanton mit Zustimmung des Kantonsrates enteignet
werden können.

    Nach § 86 Abs. 2 des zugerischen Einführungsgesetzes zum ZGB
vom 17. August 1911 bedürfen "besondere Privatberechtigungen an den
öffentlichen Sachen" allerdings der "ausdrücklichen staatlichen oder
gemeindlichen Konzession". Damit soll aber wohl bloss gesagt werden,
dass Privatrechte an öffentlichen Sachen neu nur noch mit Bewilligung
des Staates oder der Gemeinde begründet werden können (was implizite auch
eine Ersitzung vom Gemeinwesen ohne dessen Zustimmung bzw. nachträgliche
Genehmigung ausschliesst). Hingegen kann diese Bestimmung nicht den Sinn
haben, dass bereits bestehende, wohlerworbene Privatrechte untergehen,
falls um eine Konzession dafür nicht nachgesucht oder eine solche nicht
erteilt wird. Eine andere Auffassung wäre mit der Eigentumsgarantie kaum
vereinbar. Die Konzession könnte nämlich für Fischenzen, die den Charakter
wohlerworbener Rechte haben, ohne Verletzung der Eigentumsgarantie
gar nicht verweigert werden. Aufgrund des zugerischen Rechts ist somit
davon auszugehen, dass von alters her bestehende private Fischenzen an
öffentlichen Gewässern unabhängig davon anerkannt werden, ob hiefür eine
Konzession erteilt worden ist oder nicht.

    Lässt das Recht des Kantons Zug aber wohlerworbene Privatrechte
an öffentlichen Gewässern zu, so ist auf diese Rechte grundsätzlich
das Bundesprivatrecht anwendbar (MEIER-HAYOZ N. 82 ff, insbes. N. 83
zu Art. 664 ZGB; ITEN S. 113; ZUMBACH S. 74 ff; BÜHLER S. 123; BGE
88 II 502/03). Die Anwendung der Regeln des ZGB auf Rechte, die aus
einer früheren Rechtsordnung stammen, kann zwar, wie in BGE 88 II 503
hervorgehoben wird, zu gewissen Schwierigkeiten führen. Diese sind
jedoch im Falle der Fischenzen nicht unüberwindlich. Eine Fischenz
wie die streitige kann als übertragbares und vererbliches dingliches
Nutzungsrecht aufgefasst werden, das der Kategorie der irregulären
Personaldienstbarkeiten im Sinne von Art. 781 ZGB zuzuordnen ist und als
selbständiges und dauerndes Recht in das Grundbuch aufgenommen werden kann
(ITEN S. 115 f, ZUMBACH S. 75 ff, BÜHLER S. 124). Diese Betrachtungsweise
wird der liegenschaftenähnlichen Behandlung der Fischenzen im alten
zugerischen Recht am ehesten gerecht (vgl. dazu ZUMBACH S. 72 ff) und
entspricht übrigens auch der im Kanton Zug geübten grundbuchamtlichen
Praxis (derselbe S. 79 Anm. 17).

Erwägung 3

    3.- a) Der Kanton Aargau beruft sich in erster Linie darauf, die
streitige Fischenz, die früher unbestrittenermassen dem Kloster Muri
zustand, durch ununterbrochenen und unangefochtenen Besitz während der
seit der Säkularisation verstrichenen Zeitspanne ersessen zu haben. Es
ist daher vorerst zu prüfen, ob sich der mit der Klage erhobene Anspruch
nach den Grundsätzen über die Ersitzung als begründet erweist. Ist dies
der Fall, so braucht nicht untersucht zu werden, ob der Kanton Aargau
die Fischenz bereits durch die Verstaatlichung des Klostervermögens
rechtsgültig erworben hat.

    Gemäss Art. 19 Abs. 1 der Anwendungs- und Einführungsbestimmungen
zum ZGB richtet sich die Ersitzung vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an
nach dem neuen Recht. Der Kanton Aargau macht nun allerdings geltend,
die streitige Fischenz schon unter der Herrschaft des früheren Rechts
ersessen zu haben. Wie es sich damit verhält, kann offenbleiben, falls
sich ergibt, dass die Ersitzung jedenfalls seit Inkrafttreten des ZGB
eingetreten ist. Das setzt aber voraus, dass die Fischenz nicht schon
vorher zufolge Nichtausübung durch das Kloster Muri untergegangen ist,
wie der Kanton Zug geltend macht, der annimmt, das Kloster habe auf dieses
Recht stillschweigend verzichtet.

    b) Es ist unbestritten, dass das Kloster Muri die Ausübung des
Fischereirechts durch den Kanton Aargau von der Säkularisation des
Klostervermögens an geduldet hat, ohne sich je dagegen zur Wehr
zu setzen. Nur so ist es übrigens erklärlich, dass der Kanton Zug
als Eigentümer der rechten Reusshälfte erst im Zusammenhang mit der
Grundbuchbereinigung inne wurde, dass der Kanton Aargau das fragliche Recht
seit mehr als 100 Jahren anstelle des Klosters Muri ausgeübt hat. Wenn
aus dem passiven Verhalten des Klosters Muri rechtlich überhaupt etwas
abgeleitet werden könnte, so noch eher eine stillschweigende Anerkennung
des Übergangs des Fischereirechts an den Kanton Aargau als ein Verzicht
des Klosters auf die Fischenz gegenüber dem Kanton Zug. Denn wer es ohne
weiteres geschehen lässt, dass ein anderer sein auf fremdem Staatsgebiet
gelegenes Recht an sich zieht, gibt dieses Recht höchstens zugunsten
dieses andern auf und nicht zugunsten des Belasteten. Kann der Auffassung
des Kantons Zug, die Fischenz sei durch stillschweigenden Verzicht des
Klosters Muri untergegangen, bereits aus diesem Grunde nicht gefolgt
werden, so muss nicht näher geprüft werden, ob ein wohlerworbenes Recht
durch Nichtausübung überhaupt untergehen kann.

Erwägung 4

    4.- Aufgrund des Zivilgesetzbuches ist somit zu prüfen, ob der Kanton
Aargau die von ihm beanspruchte Fischenz in der Zeit seit dem Inkrafttreten
dieses Gesetzes ersessen hat. Der Anwendung der Bestimmungen des ZGB über
die Ersitzung steht § 86 Abs. 2 des zugerischen EG zum ZGB nicht entgegen,
wie der Kanton Zug fälschlicherweise annimmt. Wie schon vorn, Ziffer 2
lit. b, ausgeführt wurde, kann der Weiterbestand eines wohlerworbenen
Privatrechts nicht von der in dieser Vorschrift vorgesehenen Konzession
abhängen. Sowenig aber die Nichterteilung der Konzession zum Untergang
eines solchen Rechts führen kann, sowenig vermag sie dessen Ersitzung
im Verhältnis zu einem früheren Inhaber (wohl aber zum Eigentümer der
öffentlichen Sache selber) zu hindern. Ob eine Ersitzung eingetreten ist,
beurteilt sich vielmehr ausschliesslich nach Bundesrecht.

    Insoweit jedoch der Kanton Zug mit seinem Hinweis auf § 86 Abs. 2
EG/ZGB geltend machen will, die Ersitzung eines privaten Rechts an einem
öffentlichen Gewässer sei gar nicht möglich, geht er von einer falschen
Voraussetzung aus. Es trifft an sich zwar zu, dass nach überwiegender
Auffassung die Ersitzung dinglicher Rechte an öffentlichen Sachen nicht
möglich ist (MEIER-HAYOZ N. 145 zu Art. 664 ZGB; HAAB N. 6 und 19 zu
Art. 661 - 663 ZGB; ITEN S. 118; BGE 52 II 120/21. Anderer Meinung
LIVER, N. 121 ff. zu Art. 731 ZGB). Es mag auch richtig sein, dass das
zugerische Recht im besondern die Ersitzung solcher Rechte an öffentlichen
Sachen nicht zulässt. Hier geht es jedoch um die Frage, ob ein
unbestrittenermassen seit alters an einer öffentlichen Sache bestehendes
Privatrecht durch Ersitzung auf einen neuen Inhaber übergehen konnte. Bei
selbständigen und dauernden Rechten wie der streitigen Fischenz ist, wie
schon mehrfach angetönt wurde, zwischen der Entstehung des Rechts durch
Ersitzung gegenüber dem Eigentümer der belasteten Sache und der Ersitzung
des bereits bestehenden Rechts im Verhältnis zum bisherigen Inhaber zu
unterscheiden (MEIER-HAYOZ N. 9 zu Art. 661 und Haab N. 7 zu Art. 661 -
663 ZGB). Es wäre in keiner Weise gerechtfertigt, den Übergang eines an
einer öffentlichen Sache bestehenden selbständigen und dauernden Rechts auf
einen neuen Inhaber zufolge Ersitzung mit Rücksicht darauf auszuschliessen,
dass dieses Recht eine öffentliche Sache belastet. Denn die Gründe, die
einer Ersitzung von Rechten an öffentlichen Sachen entgegenstehen, treffen
auf das Verhältnis zweier Ansprecher untereinander nicht zu (in diesem
Sinne ausdrücklich RUDOLF GMÜR, Die Abgrenzung des Fischereiregals von
den privaten Fischenzen im Kanton Bern, Diss. Bern 1949, S. 103 Anm. 2).

Erwägung 5

    5.- a) Die Ersitzung der streitigen Fischenz im Verhältnis zum
Kloster Muri als früherem Inhaber richtet sich nach den Bestimmungen
des ZGB über die Ersitzung von Grundstücken und nicht nach jenen über
die Ersitzung von Dienstbarkeiten, da es sich um ein selbständiges und
dauerndes Recht handelt, das rechtlich wie ein Grundstück zu behandeln ist
(MEIER-HAYOZ N. 9 zu Art. 661 und N. 10 zu Art. 662 ZGB). Und zwar kommt
nur eine ausserordentliche Ersitzung im Sinne von Art. 662 ZGB in Frage,
weil die betreffende Fischenz noch nicht in das Grundbuch aufgenommen
ist. Eine solche Ersitzung setzt aber voraus, dass überhaupt eine Pflicht
zur Aufnahme in das Grundbuch besteht (MEIER-HAYOZ N. 4 zu Art. 662
ZGB). Das trifft hier zu: Bei der streitigen Fischenz handelt es sich
um ein privates Recht an einer öffentlichen Sache, das mit Rücksicht auf
seinen selbständigen und dauernden Charakter rechtlich wie ein privates
Grundstück behandelt wird. Em solches Recht muss gemäss Art. 943 Abs. 1
Ziffer 2 ZGB ins Grundbuch aufgenommen werden (was wiederum bedingt,
dass zuvor die damit belastete öffentliche Sache selber Aufnahme ins
Grundbuch findet, weil dingliche Rechte daran zur Eintragung gelangen
- vgl. Art. 944 Abs. 1 ZGB -; dafür ist jedoch im Kanton Zug wegen der
gemäss § 155 EG/ZGB bestehenden allgemeinen Aufnahmepflicht für öffentliche
Grundstücke bereits gesorgt).

    b) Die ausserordentliche Ersitzung von Grundstücken setzt ferner
gemäss Art. 662 ZGB voraus, dass der Ersitzungsprätendent das Grundstück
ununterbrochen und unangefochten während dreissig Jahren als sein
Eigentum besessen hat. Die Ersitzungsfrist beginnt dabei unabhängig vom
Zeitpunkt der Einführung des Grundbuches mit dem Inkrafttreten des ZGB,
also am 1. Januar 1912, zu laufen (Art. 19 SchlT/ZGB; MEIER-HAYOZ N. 16
zu Art. 662 ZGB; BGE 52 II 21 E. 4 und 56 II 182 E. 3). Diese Frist ist im
vorliegenden Fall am 1. Januar 1942 abgelaufen, also lange bevor der Kanton
Zug im Zusammenhang mit der Einführung des eidgenössischen Grundbuches vom
Anspruch des Kantons Aargau auf die streitige Fischenz Kenntnis erhielt. Es
kann nicht bestritten werden, dass der Kanton Aargau die Fischenz während
dieser dreissig Jahre als sein Eigentum besessen hat und insoweit die
Voraussetzungen für die Ersitzung erfüllte. Der gute Glaube ist - im
Gegensatz zur ordentlichen Ersitzung - nicht erforderlich, und auf den
Erwerbsgrund kommt ebenfalls nichts an (MEIER-HAYOZ N. 18 zu Art. 662).

    Zur Ersitzung tauglich ist der Besitz nach der Lehre aber dann nicht,
wenn er durch Gewalt erworben wurde (MEIER-HAYOZ N. 14 zu Art. 662 und
N. 18 zu Art. 661 ZGB mit Hinweisen). Nun verstiess zwar die (weitgehend
entschädigungslose) Säkularisation des Klosters Muri und damit die
Inbesitznahme der umstrittenen Fischereirechte durch den Kanton Aargau im
Jahre 1841 offensichtlich gegen Art. 12 des Bundesvertrages von 1815,
der den Fortbestand der Klöster und die Sicherheit ihres Eigentums
garantierte (vgl. dazu HIS, Geschichte des neueren Schweizerischen
Staatsrechts, Basel 1929, Band II S. 117 f und 632 ff; BÖLSTERLI, Die
rechtliche Stellung der Klöster in der Schweiz, 1913, S. 25 ff, 32 ff,
51-59; HEUBERGER, Die aargauischen Pfrundgüter, Diss. Zürich 1908, S. 44
ff; BURCKHARDT, Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 3. A.,
S. 484); doch wurde das Vorgehen des Kantons Aargau von der Tagsatzung
schliesslich indirekt gebilligt, indem diese, nachdem sie sich mehrmals
damit befasst und erfolglos versucht hatte, den Kanton Aargau zur
Rückgängigmachung seines Schrittes zu veranlassen, am 31. August 1843
mit knapper Mehrheit beschloss, die ganze Klosterfrage endgültig aus
Abschied und Traktanden fallen zu lassen. Eine Art stillschweigender
Anerkennung erfuhr die Säkularisation dann auch durch die Gründung des
Bundesstaates und die Bundesverfassung von 1848, in die keine dem Art. 12
des Bundesvertrages entsprechende Bestimmung aufgenommen wurde, so dass
es fortan den Kantonen freistand, Klöster aufzuheben und das Klostergut
zu säkularisieren (BURCKHARDT, aaO, S. 437, 484 und 487; vgl. dazu auch
BGE IX, 1883, S. 341 Erw. 5, wo das Bundesgericht die Rechtmässigkeit
eines vom solothurnischen Volke genehmigten Dekrets vom 18.9.1874 über die
Säkularisierung eines Klosters anerkannte indem es feststellte, über das
Schicksal des Vermögens sei "in staatsrechtlich gültiger Weise" verfügt
worden). Nachdem also die Aufhebung des Klosters Muri von der Tagsatzung
und später von der Verfassung des neu gegründeten Bundesstaates praktisch
sanktioniert wurde, kann heute der Richter dem Kanton Aargau nicht
die Ersitzungsfähigkeit an der Fischenz absprechen mit der Begründung,
er habe diese gewaltsam erworben. Der Kanton Zug macht denn auch - bei
aller Bestreitung der Rechtmässigkeit der Säkularisation - selber zu Recht
nicht geltend, der Kläger habe den Besitz seinerzeit gewaltsam erlangt.

    Hingegen bestreitet der Beklagte, dass der Besitz unangefochten
gewesen sei, und führt an, das Kloster Muri habe gegen die Säkularisation
seines Vermögens protestiert und das ihm zugefügte Unrecht auch später
nie anerkannt. Darin kann jedoch keine Anfechtung im Sinne von Art. 662
ZGB erblickt werden, denn hiezu hätte es der Klageerhebung bedurft
(MEIER-HAYOZ N. 23 zu Art. 661 in Verbindung mit N. 17 zu Art. 662 ZGB;
HAAB N. 10 zu Art. 661-663 ZGB). Eine solche ist unbestrittenermassen nie
erfolgt. Entgegen der Auffassung des Kantons Zug kann es im übrigen für
die Bestimmung des Begriffs der Unangefochtenheit des Besitzes nicht auf
das zugerische Recht ankommen, gegen dessen ordre public eine Ersitzung
an säkularisiertem Gut verstossen soll. Die Voraussetzungen der Ersitzung
sind vielmehr ausschliesslich aufgrund des ZGB zu beurteilen. Nach diesem
hat der Kanton Aargau die streitige Fischenz während mehr als dreissig
Jahren ununterbrochen und unangefochten als sein Eigentum besessen.

Erwägung 6

    6.- Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für
die ausserordentliche Ersitzung der streitigen Fischenz durch den Kanton
Aargau erfüllt sind und dieser somit das Eigentum an der rechtlich wie ein
Grundstück zu behandelnden Fischenz jedenfalls auf diesem Wege erworben
hat. Gemäss Art. 662 Abs. 3 ZGB darf die Eintragung des Ersitzenden als
Eigentümer im Grundbuch jedoch nur auf richterliche Anordnung erfolgen,
nachdem binnen einer durch amtliche Auskündung angesetzten Frist kein
Einspruch erhoben oder der erfolgte Einspruch abgewiesen worden ist
(vgl. über dieses Auskündungsverfahren MEIER-HAYOZ N. 19 und 20 zu Art. 662
ZGB sowie HAAB N. 22 zu Art. 661-663 ZGB). Eine solche Auskündung ist
hier nicht erfolgt. Es fragt sich daher, ob der Kanton Aargau trotzdem
als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden kann.

    LIVER weist im Zusammenhang mit seiner Besprechung von BGE 82 II
388 in ZBJV 94 (1958) S. 28 mit Recht darauf hin, dass es Fälle gibt,
in denen das Auskündungsverfahren und die damit verbundene richterliche
Eintragungsanordnung völlig überflüssig sind (eine Auffassung, die von
MEIER-HAYOZ geteilt wird, vgl. N. 21 zu Art. 662 ZGB). Der Zweck der
Auskündung besteht, wie LIVER zutreffend bemerkt, einzig und allein
darin, den Berechtigten Gelegenheit zu geben, gegen das Begehren des
Ersitzungsprätendenten um Eintragung Einspruch zu erheben und gerichtlich
feststellen zu lassen, dass die Voraussetzungen der Ersitzung nicht gegeben
sind. Wo jedoch zum vornherein genau festeht, wer als Berechtigter in
Frage kommt, und der Betreffende im ordentlichen Prozess um das Eigentum
selber Partei ist, wäre es völlig sinnlos, auf der Durchführung eines
speziellen Auskündungsverfahrens bestehen zu wollen. Das ist hier der
Fall. Zwar ist das einzig als Berechtigter in Frage kommende Kloster
Muri-Gries selber nicht am Prozess beteiligt. An seiner Stelle ist jedoch
der Kanton Zug getreten, der sich auf eine Abtretung der Fischenz durch
den Abt dieses Klosters stützt und im vorliegenden Prozess als Beklagter
auftritt. Ob das Kloster Muri-Gries in Bozen zivilrechtlich wirklich
als Rechtsnachfolger des säkularisierten Klosters Muri betrachtet werden
kann, mag offenbleiben. Verneinendenfalls wäre nämlich davon auszugehen,
dass das durch die Säkularisation aufgehobene Kloster Muri entweder
untergegangen ist, ohne einen Rechtsnachfolger zu hinterlassen, oder dass
als Rechtsnachfolger der Kanton Aargau zu gelten hat, der im gegenwärtigen
Prozess ebenfalls Parteistellung einnimmt.

    Erweist sich somit ein Auskündungsverfahren als überflüssig, ist der
Kanton Aargau, da sämtliche Voraussetzungen der Ersitzung erfüllt sind, in
Gutheissung der Klage als Eigentümer der Fischenz im Grundbuch einzutragen.
Die Voraussetzungen zur Aufnahme des Rechts als Grundstück sind gemäss
Art. 7 Abs. 2 der Grundbuchverordnung gegeben. Unter diesen Umständen
muss nicht näher geprüft werden, ob der Kanton Aargau die Fischenz
allenfalls bereits im Zusammenhang mit der Säkularisation des Klosters
Muri rechtsgültig erworben hat, was der Kanton Zug bestreitet.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    In Gutheissung der Klage wird festgestellt, dass dem Kanton
Aargau an der unter der Hoheit des Kantons Zug stehenden Reusshälfte
(Grundbuchparzelle Nr. 1, Hünenberg) im Abschnitt, der von einem Punkt
1000 m unterhalb der Reussbrücke in Mühlau bis zur Lorzemündung reicht,
eine Fischenz zusteht. Diese ist als Dienstbarkeit zulasten der Parzelle
Nr. 1, Hünenberg, im Grundbuch einzutragen und sodann im Sinne von Art. 655
Abs. 2 Ziff. 2 ZGB als Grundstück ins Grundbuch aufzunehmen.