Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 III 16



97 III 16

5. Entscheid vom 14. Januar 1971 i.S. Räber. Regeste

    Unpfändbare Rente und Lohnpfändung (Art. 92 und 93 SchKG).

    Das Erwerbseinkommen eines Schuldners, der eine unpfändbare Rente
bezieht, ist so weit pfändbar, als es den durch die Rente nicht gedeckten
Teil des Notbedarfs übersteigt. Das gilt auch für den Bezüger einer
unpfändbaren Militärversicherungsrente.

Sachverhalt

    In der vom Steueramt der Stadt Luzern gegen Hans Räber angehobenen
Betreibung Nr. 5728 pfändete das Betreibungsamt Uster vom Lohn des
Schuldners Fr. 100.-- im Monat. Das Amt legte der Pfändung folgende
Berechnung zugrunde:

    Bruttolohn  Fr. 1'130.--

    Rente der Militärversicherung  "   315.--
      Fr. 1'445.--

    Lohnabzüge und Notbedarf  " 1'345.--

    pfändbarer Lohn Fr. 100.--

    Der Schuldner hält die Lohnpfändung im Hinblick auf Art. 47 Abs. 1
des Bundesgesetzes über die Militärversicherung vom 20. September 1949
für unzulässig. Seine dagegen erhobene Beschwerde wurde jedoch von beiden
kantonalen Aufsichtsbehörden abgewiesen.

    Im vorliegenden Rekurs wiederholt der Schuldner seinen Einwand und
verlangt Aufhebung der Pfändung.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Nach Art. 47 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Militärversicherung
sind deren Renten unpfändbar. Das ergibt sich auch aus Art. 92
Ziffer 8 und 10 SchKG. Der Rekurrent schliesst nun daraus, dass
solche Versicherungsleistungen betreibungsrechtlich in allen Belangen
unbeachtet bleiben müssten und dass es nicht angehe, zur Bestimmung seines
pfändbaren Lohnes nach Art. 93 SchKG die Rente der Militärversicherung
zum Erwerbseinkommen hinzuzurechnen. Diese Auffassung ist jedoch unrichtig.

    Wie das Bundesgericht schon wiederholt entschieden hat, ist
das Erwerbseinkommen eines Schuldners, der eine unpfändbare Rente
bezieht, so weit pfändbar, als es den durch die Rente nicht gedeckten
Teil des Notbedarfs übersteigt (BGE 65 III 131 hinsichtlich einer
SUVA-Rente; 77 III 154: AHV- und IV-Rente; 78 III 114: Leistungen von
Familienausgleichskassen; 88 III 54: SUVA-Rente; unveröffentlichter
Entscheid i.S. Flückiger vom 25. November 1969: IV-Rente; vgl. auch
JAEGER/DAENIKER, Praxis, N 8 zu Art. 93 SchKG). Mit andern Worten: Es ist
bei der Bemessung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigen, dass der
Schuldner einen Teil seines Lebensunterhalts aus der unpfändbaren Rente
bestreiten kann (was auch der Zweck der Rente ist; vgl. hiezu Art. 47
Abs. 3 des Militärversicherungsgesetzes), so dass er zur Deckung des
verbleibenden Teils des Notbedarfs unter Umständen nicht mehr den ganzen
Arbeitsverdienst benötigt. Was ihm auf diese Weise vom Lohn - nicht von der
Rente - übrig bleibt und nicht zur Bestreitung der minimalen Lebenskosten
dient, ist gemäss Art. 93 SchKG pfändbar.

    Von dieser Rechtsprechung abzugehen besteht im vorliegenden Falle kein
Anlass. Warum für die Leistungen der Militärversicherung etwas anderes
gelten sollte als für die Renten der übrigen Sozialversicherungen (AHV, IV,
SUVA usw.), ist nicht einzusehen. Der Rekurrent vermag seine dahingehende
Meinung denn auch nicht zu begründen.

Entscheid:

    Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewissen.