Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 V 77



96 V 77

19. Auszug aus dem Urteil vom 15. Juli 1970 i.S. Marcel Huber gegen
Ausgleichskasse des Kantons Bern und Verwaltungsgericht des Kantons
Bern Regeste

    Art. 21 IVG und 14 IVV.

    Die Invalidenversicherung kann keine Beiträge an die Kosten erhöhten
Kleiderverschleisses gewähren, den die Verwendung von Hilfsmitteln
verursacht hat.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Laut Art. 21 Abs. 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom
Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren
er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in seinem
Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder zum Zwecke der
funktionellen Angewöhnung bedarf. Gemäss Abs. 2 der genannten Bestimmung
hat der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung,
für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge
kostspieliger Geräte bedarf, im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden
Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche
Hilfsmittel.

    Die hier vorgesehenen Listen finden sich in Art. 14 IVV. Dessen
Abs. 1, welcher sich auf Art. 21 Abs. 1 IVG bezieht, sieht in lit. b
als Hilfsmittel vor: "Stütz- und Führungsapparate, wie Bein- und
Armapparate, orthopädische Korsetts, Kopfhalter, Schienen, Schalen und
Bandagen für orthopädische Korrekturen, orthopädisches Schuhwerk und
Schuheinlagen." Abs. 2 nennt als Hilfsmittel im Sinne von Art. 21 Abs. 2
IVG u.a.: "Fuss-, Bein-, Hand- und Armprothesen mit Zubehör" (lit. a) und
"orthopädisches Schuhwerk bei schwerer Fussdeformität oder erheblicher
Beinverkürzung" (lit. c).

    Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer orthopädisches Schuhwerk
im Sinne der genannten Bestimmungen nicht benötigt. Vorausgesetzt, dass
wegen des Tragenmüssens einer Heidelbergerschiene überhaupt ein erhöhter
Verschleiss entsteht, könnte sich nur fragen, ob Schuhe als "unerlässliches
Zubehör" abgegeben werden könnten, entsprechend der gemäss Art. 14 Abs. 2
lit. a IVV in Rz. 85 des Kreisschreibens über die Abgabe von Hilfsmitteln
in der Invalidenversicherung getroffenen Regelung. Dort werden als solches
Zubehör Prothesenstrümpfe und Armprothesenüberzüge erwähnt. Es handelt
sich also um Zusatzstücke und deren Ersatz, nicht aber um den Ersatz von
üblichen Kleidungsstücken infolge vorzeitiger Abnützung.

    Das Bundesamt für Sozialversicherung weist in seiner Vernehmlassung
denn auch darauf hin, dass die Invalidenversicherung keine Beiträge
an die Kosten für erhöhten Kleiderverschleiss gewähre, welcher durch
die Verwendung von Hilfsmitteln (wie künstliche Glieder, Stütz-
und Führungsapparate) verursacht wird. Dieser Praxis ist zuzustimmen
und damit auch die in EVGE 1962 S. 132 Erw. 4 offengelassene Frage,
"ob in der Invalidenversicherung Raum für eine Entschädigung besteht,
wenn nicht speziell auf die Prothese zugeschnittene Kleider durch
das Tragen des künstlichen Gliedes besonders stark abgenutzt werden",
zu beantworten. In der Tat sieht das IVG, welches eine abschliessende
Ordnung der Versicherungsleistungen enthält, solche Beiträge nicht
vor. Deren Aussetzung mag zwar als wünschbar erscheinen. Eine echte
Gesetzeslücke besteht aber nicht. Es ist daher auch nicht Sache des im
Einzelfall befindenden Richters, hier in das geschlossene Leistungsgefüge
der Invalidenversicherung einzugreifen.