Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 V 140



96 V 140

41. Auszug aus dem Urteil vom 13. Oktober 1970 i.S. Hillmann gegen
Schweizerische Ausgleichskasse und Rekurskommission der Schweizerischen
Ausgleichskasse Regeste

    Art. 29 Abs. 4 OG und Art. 32 des Abkommens zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über
Soziale Sicherheit.

    Art. 32 des Staatsvertrages geht als Sondernorm der allgemeinen
Bestimmung von Art. 29 Abs. 4 OG vor. Demnach haben deutsche
Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland, welche an einem Prozess
vor dem Eidg. Versicherungsgericht beteiligt sind, in der Regel kein
Zustellungsdomizil in der Schweiz zu verzeigen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Nach Art. 32 Abs. 1 des vorerwähnten Staatsvertrages können die
Behörden, Gerichte und Träger der Vertragsparteien bei Anwendung des
Abkommens, vorbehältlich des Art. 35 Abs. 2, unmittelbar miteinander und
mit den beteiligten Personen und ihren Vertretern in ihren Amtssprachen
verkehren. Demgegenüber bestimmt Art. 29 Abs. 4 OG, welcher seit dem
1. Oktober 1969 auch auf das Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht
Anwendung findet, dass Parteien, die im Ausland wohnen, in der Schweiz
ein Zustellungsdomizil zu verzeigen haben. Zu prüfen ist, welche dieser
Bestimmungen zur Anwendung gelangt. Mit Schreiben vom 9. September
1970 hat das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine entsprechende
Anfrage des Eidg. Versicherungsgerichts und unter Hinweis auf ein
Schreiben des deutschen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung
vom 17. August 1970, mitgeteilt, die deutschen Verwaltungs- und
Gerichtsbehörden seien der Auffassung, die erwähnte Bestimmung ermögliche
die unmittelbare Zustellung gerichtlicher Akte an eine Prozesspartei
im anderen Vertragsstaat, beispielsweise als eingeschriebene Sendung
mit Rückschein. In Übereinstimmung mit dieser Ansicht ist auch das
Eidg. Versicherungsgericht der Meinung, dass Art. 32 des Staatsvertrages
nicht nur die Sprachenfrage regelt, sondern auch die Möglichkeit des
"unmittelbaren" Verkehrs statuiert. Diese staatsvertragliche Bestimmung
geht demnach als lex specialis der allgemeinen Norm des Art. 29 Abs.
4 OG vor.