Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 636



96 I 636

98. Urteil vom 8. Dezember 1970 i.S. Voggensperger und Mitbeteiligte
gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft Regeste

    Staatsrechtliche Beschwerde. Konkordate.  Initiativrecht.

    Art. 86 OG: Bestehen ernstliche Zweifel an der Zulässigkeit eines
kantonalen Rechtsmittels, so braucht dieses nicht ergriffen zu werden
(Erw. 1).

    Art. 88 OG: Legitimation zur Beschwerde wegen Verletzung von
Konkordaten (Erw. 2).

    Konkordate: Auslegung von Konkordaten. Abschluss eines interkantonalen
Vertrages durch konkludente Handlungen, insbesondere durch gleichzeitigen
Erlass inhaltlich übereinstimmender Verfassungsvorschriften in zwei
Kantonen? Frage verneint für die in den Verfassungen der Kantone
Basel-Stadt und Basel-Landschaft enthaltenen Bestimmungen über das
Verfahren zur Herbeiführung der Wiedervereinigung dieser beiden
Halbkantone, weshalb der Kanton Basel-Landschaft die in seiner
Verfassung enthaltene Bestimmung vor Abschluss des darin vorgesehenen
Verfahrensaufheben kann und eine hierauf gerichtete Initiative zulässig
ist (Erw. 4).

    Initiativrecht: Tragweite des Grundsatzes der Einheit der Materie
(Erw. 7). Zulässigkeit einer Initiative auf Aufnahme eines Programmsatzes
in die Kantonsverfassung (Erw. 8).

Sachverhalt

    A.- Durch Beschluss vom 26. August 1833 hatte die Eidg.  Tagsatzung der
Trennung des Kantons Basel in zwei besondere Gemeinwesen (Halbkantone)
unter dem Vorbehalt freiwilliger Wiedervereinigung zugestimmt. Gestützt
auf diesen Vorbehalt wurden 100 Jahre später in den beiden Halbkantonen
Basel-Stadt und Basel-Landschaft gleichlautende Initiativen auf
Wiedervereinigung eingereicht. Entgegen der Auffassung des Regierungsrates
von Basel-Landschaft erklärte das Bundesgericht die Initiative mit
Urteil vom 21. Juni 1935 (BGE 61 I 166 ff.) als zulässig, weil sie nicht
direkt die Wiedervereinigung vorschlage, sondern lediglich die in der
Kantonsverfassung zur Zeit noch fehlende Grundlage schaffen wolle, um
einen späteren Entscheid über die Wiedervereinigung herbeizuführen (Erw. 6
und 7). In den hierauf gleichzeitig durchgeführten Volksabstimmungen vom
23. Februar 1936 beschlossen die Stimmberechtigten beider Halbkantone,
auf die Initiativbegehren einzutreten. Im Anschluss hieran wurde
in beiden Halbkantonen je eine gleichlautende Verfassungsbestimmung
ausgearbeitet, in Basel-Stadt durch den Grossen Rat ein § 58 KVBS,
in Basel-Landschaft durch einen besonderen Verfassungsrat ein § 57bis
KVBL. Diese Verfassungsbestimmungen entsprachen im wesentlichen dem Inhalt
des in BGE 61 I 167/68 wiedergegebenen Textes der Initiativbegehren und
sahen vor, dass binnen drei Monaten nach Erteilung der eidgenössischen
Gewährleistung ein aus je 75 Mitgliedern der beiden Halbkantone bestehender
Verfassungsrat zur Ausarbeitung einer Verfassung für den neuen Kanton Basel
zu wählen sei (Ziff. 1) und dass die von diesem Verfassungsrat beschlossene
Verfassung erst in Kraft trete, nachdem sie durch die Mehrzahl der
Stimmenden beider Kantone in gesonderter, aber gleichzeitiger Abstimmung
angenommen worden sei und die eidgenössische Gewährleistung erhalten habe
(Ziff. 6). Ferner bestimmten § 57bis KVBL und § 58 KVBS in Ziff. 7:

    "Wird die beschlossene Verfassung in einem Kanton oder in beiden
verworfen, so hat die Regierung in Verbindung mit der Regierung von
Basel-Stadt (bzw. Basel-Landschaft) binnen sechs Monaten Neuwahlen
für einen zweiten Verfassungsrat anzuordnen, der eine zweite
Verfassung auszuarbeiten hat. Für die Wahl und die Arbeit dieses
zweiten Verfassungsrates und für die Abstimmung über die zweite
Verfassungsvorlage gelten alle einschlägigen Bestimmungen dieses
vorliegenden Verfassungsartikels.

    Wird die zweite Verfassungsvorlage in einem Kanton oder beiden
verworfen, so fällt der vorliegende Verfassungsartikel dahin".

    Die neuen Verfassungsbestimmungen wurden in beiden Halbkantonen in
Volksabstimmungen vom 2. Oktober 1938 angenommen, doch verweigerte ihnen
die Bundesversammlung die Gewährleistung (AS 1948 S. 219).

    B.- Im Juni 1957 wurde im Kanton Basel-Landschaft eine Initiative
eingereicht mit dem Begehren um Ergänzung der KV durch eine Bestimmung,
wonach der Zusammenschluss der zwei Halbkantone so rasch als möglich zu
vollziehen sei. Nachdem diese Initiative in der Volksabstimmung vom 1. Juni
1958 angenommen worden war, ersuchten der Landrat von Basel-Landschaft
und der Grosse Rat von Basel-Stadt auf dem Wege der Standesinitiative
die eidgenössischen Räte um Wiedererwägung ihres Beschlusses von 1948
(BBl 1959 II 1355 ff.). Die Räte entsprachen diesem Begehren und
erteilten den am 2. Oktober 1938 angenommenen Verfassungsbestimmungen
durch Bundesbeschluss vom 22. Juni 1960 die Gewährleistung (BBl 1960 II
221). Inzwischen hatte ein Verfassungsrat von Basel-Landschaft einen neuen
§ 57 KVBL ausgearbeitet, der in der Volksabstimmung vom 25. September 1960
angenommen wurde, die Gewährleistung des Bundes erhielt (BBl 1961 I 633)
und bestimmt:

    "Die Behörden smd gehalten, im Rahmen und mit den Mitteln der
Rechtsordnung die Wiedervereinigung von Basel-Landschaft und Basel-Stadt
zum einen Kanton Basel ohne Verzug herbeizuführen".

    Am 25. September 1960 wurde ferner ein gemeinsamer Verfassungsrat
der beiden Halbkantone bestellt. Dieser arbeitete eine Verfassung des
Kantons Basel, Hauptgrundzüge der Gesetzgebung sowie zwei weitere
Erlasse aus und beschloss am 28 Juni 1968, diese Vorlagen in den
beiden Halbkantonen gleichzeitig zur Abstimmung zu bringen. Eine gegen
diesen Vollziehungsbeschluss erhobene staatsrechtliche Beschwerde
hiess das Bundesgericht mit Urteil vom 18. Dezember 1968 (BGE 94 I 525
ff.) teilweise gut, indem es den Beschluss insoweit aufhob, als er das
Inkrafttreten der Verfassung nicht von der Annahme der Hauptgrundzüge
abhängig machte. Hierauf fand am 5./7. Dezember 1969 in beiden Halbkantonen
die Volksabstimmung über die vier Vorlagen statt. Im Kanton Basel-Stadt
wurden sie angenommen, die Verfassung mit 43'786 Ja gegen 22'024 Nein,
im Kanton Basel-Landschaft dagegen wurden sie abgelehnt, die Verfassung
mit 48'133 Nein gegen 33'222 Ja.

    C.- Angesichts dieses Abstimmungsergebnisses im Kanton Basel-Landschaft
reichten Landrat Boss und 37 Mitunterzeichner dem Landrat am 15. Dezember
1969 eine Motion ein, die der Landrat am 15. Januar 1970 erheblich erklärte
und die den Regierungsrat einlud, dem Landrat eine Vorlage zu unterbreiten,
wonach die §§ 57 und 57bis KVBL aufzuheben und durch eine Verpflichtung
zur regionalen Zusammenarbeit zu ersetzen seien. Ferner reichte ein
"Überparteiliches Komitee für die Zusammenarbeit der Kantone" beim
Regierungsrat am 26. Februar 1970 ein von über 23'000 Stimmberechtigten
unterzeichnetes Initiativbegehren ein mit folgendem Wortlaut:

    "Nachdem die Wiedervereinigungsverfassung vom Baselbietervolk eindeutig
abgelehnt worden ist, sind die Unterzeichneten der Auffassung, die Wahl
eines zweiten Verfassungsrates lasse sich nicht verantworten.

    Hingegen setzen sie sich mit Überzeugung dafür ein, dass
die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kantonen Basel-Stadt und
Basel-Landschaft weitergeführt und ausgebaut wird.

    Um dies zu erreichen, sind die §§ 57 und 57bis der Staatsverfassung
aufzuheben. Gleichzeitig sind die Behörden durch eine Bestimmung
zu verpflichten, die regionalen Probleme in Zusammenarbeit mit den
Nachbarkantonen zu lösen.

    Die unterzeichneten Stimmberechtigten stellen deshalb das
Volksbegehren:

    Die §§ 57 und 57bis der Staatsverfassung seien aufzuheben und
durch eine Bestimmung zu ersetzen, wonach die Behörden gehalten sind,
in allen Fragen von regionaler Tragweite mit Basel-Stadt und den andern
Nachbarkantonen zusammenzuarbeiten".

    Der Regierungsrat berichtete dem Landrat am 10. März 1970 über die
Einreichung dieser Initiative und beantragte ihm, die mit ihr inhaltlich
übereinstimmende Motion Boss als erledigt abzuschreiben. Mit Beschluss
vom 17. März 1970 erklärte sodann der Regierungsrat die Initiative als
zustandegekommen und setzte die Volksabstimmung darüber auf den 24. Mai
1970 fest. Im kantonalen Amtsblatt vom 19. März 1970 erschien eine
Bekanntmachung des Regierungsrates, die den Gegenstand und den Zeitpunkt
der Abstimmung angab.

    Am 19. März 1970 beriet der Landrat über den Bericht des
Regierungsrates vom 10. März 1970. Dabei wies er einen Antrag,
die Initiative an eine landrätliche Kommission zur Vorbereitung der
Volksabstimmung zu weisen, ab und beschloss, die Motion Boss als erledigt
abzuschreiben.

    D.- Am 16. April 1970 reichten 63 Stimmberechtigte des Kantons
Basel-Landschaft und 10 Stimmberechtigte des Kantons Basel-Stadt beim
Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde ein mit dem Antrag, der
Regierungsratsbeschluss vom 17. März 1970, von dem der Landrat in der
Sitzung vom 19. März 1970 in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen habe,
sei aufzuheben. Sie stützen die Beschwerde auf Art. 84 lit. a und b sowie
Art. 85 lit. a OG und erheben folgende Rügen:

    a) Durch den Erlass der §§ 57bis KVBL und 58 KVBS sei eine
einheitliche Verfahrensnorm zur Herbeiführung einer Entscheidung über
die Wiedervereinigung geschaffen worden, die erst nach Verwerfung
einer zweiten Verfassungsvorlage dahinfalle. Diese konkordatsmässige
oder konkordatsähnliche Abmachung binde die beiden Kantone, könne nicht
einseitig aufgehoben werden und werde daher durch die auf Aufhebung von §
57bis KVBL gerichtete Initiative und damit auch durch die Anordnung der
Volksabstimmung über sie verletzt.

    b) Die Initiative verletze auch die politischen Rechte der Stimmbürger
beider Kantone, da diese aufgrund der §§ 57bis KVBL und 58 KVBS ein
Recht auf Wahl eines zweiten Verfassungsrates hätten. Ferner verstosse
die Initiative gegen § 57 KVBL.

    c) Die Initiative verstosse auch gegen den Grundsatz der Einheit der
Materie, da die drei damit gestellten Begehren (Aufhebung des § 57 KVBL,
Aufhebung des § 57bis KVBL und Erlass eines sog. Partnerschaftsartikels)
offensichtlich innerlich verschieden seien, so dass eine einheitliche
Abstimmung über sie zu einer Verfälschung des Volkswillens führe.

    d) Die Initiative dürfte schliesslich auch deshalb unzulässig sein,
weil sie keine konkreten Massnahmen, sondern nur Postulate verlange.

    Die nähere Begründung dieser Rügen ergibt sich, soweit notwendig,
aus den nachstehenden Erwägungen.

    E.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, auf die
Beschwerde der Stimmberechtigten des Kantons Basel-Stadt nicht einzutreten
und diejenige der Stimmberechtigten des Kantons Basel-Landschaft
abzuweisen. Er spricht den Stimmberechtigten des Kantons Basel-Stadt
die Legitimation zur Beschwerde ab und führt zur Sache aus: Ob der
gleichzeitige Erlass der §§ 57bis KVBL und 58 KVBS als Abschluss eines
Konkordates zu betrachten sei, sei nicht von entscheidender Bedeutung,
da das Konkordat jederzeit ohne Kündigungsfrist kündbar wäre. In
der Abstimmung über die weder formell noch materiell zu beanstandende
Initiative könne keine Verletzung politischer Rechte liegen. Ebensowenig
verstosse die Initiative gegen den Grundsatz der Einheit der Materie.

    Das "Überparteiliche Komitee für die Zusammenarbeit der Kantone"
beantragt, es sei auf die Beschwerde, soweit sie sich auf Art. 85 lit. a
OG stütze, mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht
einzutreten; im übrigen sei sie abzuweisen.

    F.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, dem Gelegenheit
gegeben wurde, sich zur Rüge der Verletzung einer konkordatsmässigen oder
-ähnlichen Abmachung zu äussern, beantragt Gutheissung der Beschwerde
und führt aus: Durch die gemeinsam von den beiden Kantonen erlassenen
Bestimmungen über die Wiedervereinigung sei eine staatsvertragliche Bindung
entstanden, welche ein genau vorgezeichnetes Verfahren festlege und für
welche der völkerrechtliche Grundsatz "pacta sunt servanda" gelte. Das in
diesen Bestimmungen vorgeschriebene Verfahren müsse daher zu Ende geführt
werden und könne nicht einseitig nach Abschluss der ersten, aber vor Beginn
der zweiten Phase abgebrochen werden. Für eine vorzeitige Kündigung des
in seinen Wirkungen zeitlich begrenzten Verhältnisses bleibe kein Raum,
da der Aufhebungsgrund im Begründungsakt selber vorgesehen sei.

    G.- Der Instruktionsrichter hat den Regierungsrat und das
Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft ersucht, sich zu der
vom "Überparteilichen Komitee" aufgeworfenen Frage der Erschöpfung des
kantonalen Instanzenzuges zu äussern. Der Regierungsrat ist der Auffassung,
das Verwaltungsgericht sei zur Beurteilung der Stimmrechtsbeschwerde
nicht zuständig. Der Präsident des Verwaltungsgerichts erklärt, dieses
sei zu gutachtlichen Äusserungen weder berechtigt noch verpflichtet und
überlasse daher die Beantwortung jener Vorfrage dem Bundesgericht.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    I. Eintretensfragen 1. - Die Beschwerdeführer machen in erster Linie
Verletzung eines Konkordates (Art. 84 lit. b OG) geltend. Dafür ist die
Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht erforderlich (Art. 86
Abs. 3 OG). Dagegen ist sie vorgeschrieben für die weiter erhobenen Rügen,
der angefochtene Entscheid verletze das Stimmrecht der Beschwerdeführer,
verstosse gegen Bestimmungen der KVBL und missachte allgemeine, für
Initiativen geltende Grundsätze (Art. 86 Abs. 1 und 2 OG). Es ist daher zu
prüfen, ob der mit der staatsrechtlichen Beschwerde angefochtene Entscheid
des Regierungsrates an eine andere kantonale Instanz hätte weitergezogen
werden können.

    Nach § 6 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 22. Juni 1959 (VRG)
ist das Verwaltungsgericht zuständig zur Beurteilung von Beschwerden
gegen Verfügungen und Entscheide des Regierungsrates, die ihm durch dieses
oder andere Gesetze nicht ausdrücklich entzogen sind. Der Beschluss, mit
dem der Regierungsrat in der Annahme, ein Volksbegehren sei inhaltlich
nicht rechtswidrig, die Volksabstimmung über dieses anordnet, kann als
Entscheid im Sinne des § 6 VRG gelten. Da eine Gesetzesvorschrift,
welche die verwaltungsgerichtliche Beschwerde gegen einen solchen
Entscheid ausschliessen würde, von keiner Seite genannt wird und auch
nicht ersichtlich ist, scheint diese Beschwerde zulässig zu sein, wie das
"Überparteiliche Komitee" in seiner Beschwerdeantwort behauptet. Hiegegen
bestehen indessen Bedenken.

    Der Entscheid darüber, ob eine Initiative auf Revision der Verfassung
materiell rechtmässig sei, steht in der Schweiz im allgemeinen dem
kantonalen Parlament zu (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 425/6). Im
Kanton Basel-Landschaft scheint diese Zuständigkeit allerdings nicht
festzustehen. Als 1934 die Wiedervereinigungsinitiative eingereicht
wurde, hat nicht der Landrat, sondern der Regierungsrat die Anordnung der
Volksabstimmung abgelehnt und das Bundesgericht in BGE 61 I 173 bemerkt,
dass er hiezu "unbestrittenermassen befugt" sei. Nach Einreichung der
Initiative auf Erlass eines neuen § 57 KVBL holte jedoch der Regierungsrat
bei Prof. H. Huber ein Gutachten auch über die Frage der Zuständigkeit zum
Entscheid über die Zulässigkeit der Initiative ein. Der Gutachter kam nach
eingehender Prüfung zum Schluss, dass der Entscheid dem Landrat zustehe;
der Regierungsrat dürfe allenfalls über ein offenbar gültiges Volksbegehren
unmittelbar die Volksabstimmung anordnen, habe aber, wenn er irgendwelche
Zweifel an der Gültigkeit habe, dem Landrat Antrag zu stellen und ihm
den Entscheid zu überlassen. Schliesslich ergibt sich aus dem Protokoll
des Landrates vom 19. März 1970 über die Behandlung der Motion Boss,
dass verschiedene Auffassungen bestanden über die Frage, ob und wann eine
Verfassungsinitiative zunächst dem Landrat vorzulegen sei. Angesichts
dieser noch immer bestehenden Unsicherheit kann nicht wohl angenommen
werden, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des Verwaltungsgerichts im
Jahre 1959 diesem eine Kompetenz einräumen vollte, von der streitig ist, ob
sie dem Landrat oder dem Regierungsrat zukommt. Berücksichtigt man weiter,
dass es in der Schweiz durchaus ungewöhnlich wäre, wenn ein kantonales
Verwaltungsgericht über die Rechtmässigkeit einer Verfassungsinitiative zu
befinden hätte, so ist es zumindest zweifelhaft, ob im vorliegenden Falle
die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig war. Bestehen aber
ernstliche Zweifel an der Zulässigkeit eines kantonalen Rechtsmittels,
so ist dessen Ergreifung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht
erforderlich (BGE 34 I 433, 37 I 387/88, 51 I 11, nicht veröffentlichte
Erwägung 3 des Urteils vom 17. September 1969 i.S. Pedrazzi). Dass die
Beschwerde an den Landrat zulässig gewesen wäre, wird von keiner Seite
behauptet. Von einer solchen Beschwerde hätten die Beschwerdeführer
übrigens auch deshalb keinen Gebrauch machen müssen, weil sie sich als
zwecklos und als leere Formalität erwiesen hätte (vgl. BGE 93 I 21 Erw. 2
b und dort angeführte frühere Urteile), hat der Landrat doch dadurch,
dass er zunächst die Motion Boss erheblich erklärt und dann diese Motion
im Hinblick auf das mit ihr inhaltlich übereinstimmende Volksbegehren
als erledigt abgeschrieben hat, klar zum Ausdruck gebracht, dass er die
Initiative als zulässig betrachte.

Erwägung 2

    2.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird sowohl von Stimmberechtigten
des Kantons Basel-Landschaft als auch von solchen des Kantons Basel-Stadt
erhoben. Es ist zu prüfen, ob beide Gruppen von Beschwerdeführern
und gegebenenfalls inbezug auf welche Rügen sie zur staatsrechtlichen
Beschwerde legitimiert sind.

    a) Die basel-städtischen Beschwerdeführer sind im Kanton
Basel-Landschaft nicht stimmberechtigt und daher nicht legitimiert,
den Entscheid des Regierungsrates von Basel-Landschaft wegen Verletzung
des politischen Stimmrechts oder der in diesem Kanton für Initiativen
geltenden allgemeinen Grundsätze anzufechten. Sie betrachten sich
denn auch in erster Linie zur Rüge legitimiert, der angefochtene
Entscheid verletze ein zwischen den beiden Kantonen abgeschlossenes
Konkordat. Der Regierungsrat bestreitet ihre Legitimation auch in diesem
Punkte mit der Begründung, die Konkordatsverletzung "könnte nur von den
zuständigen Behörden des Kantons Basel-Stadt im Rahmen des in Art. 7
BV vorgezeichneten Verfahrens geltend gemacht werden". Sofern er damit
sagen will, dass Konkordatsverletzungen nur von den Konkordatskantonen
mit staatsrechtlicher Klage gemäss Art. 83 lit. b OG geltend gemacht
werden können, so übersieht er, dass solche Verletzungen nach Art. 84
lit. b OG auch von Privaten mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt
werden können. Will er dagegen einwenden, dass das angebliche Konkordat
nur Rechte und Pflichten der Kantone, nicht aber der Kantonsangehörigen
begründe, so wäre dieser Einwand gegen die Legitimation unbegründet. Das
Bundesgericht hat freilich in einzelnen Urteilen die Legitimation des
Beschwerdeführer mit dieser Begründung verneint (BGE 41 I 321 E. 3 und das
in ZBl 67/1966 abgedruckte Urteil vom 22. Desember 1965 E. 3). In BGE 81
I 358 E. 3 erklärte es dagegen, die Frage der Legitimation erledige sich
hier dadurch, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsverletzung behaupte
und damit Rechte aus dem Konkordat herleite; ob dies zu Recht oder zu
Unrecht geschehe, betreffe die sachliche Begründetheit der Beschwerde,
nicht die prozessrechtliche Frage nach der Legitimation. Das muss auch im
vorliegenden Falle gelten. Die Aufhebung des § 57bis KVBL, auf welche die
streitige Initiative gerichtet ist, hätte zur Folge, dass § 58 KVBS und
damit das sich daraus ergebende Recht der basel-städtischen Stimmbürger,
einen zweiten Verfassungsrat zu wählen, hinfällig würden. Diese erscheinen
daher als legitimiert zur Rüge, dass die Initiative und die Anordnung
der Volksabstimmung über sie ein durch den Erlass der §§ 57bis KVBL und
58 KVBS abgeschlossenes Konkordat verletzten.

    b) Die basel-landschaftlichen Beschwerdeführer sind offensichtlich
legitimiert zur Rüge, der angefochtene Entscheid verletze kantonales
Verfassungsrecht sowie ihr politisches Stimmrecht. Fraglich ist dagegen,
ob sie auch zur Rüge der Konkordatsverletzung legitimiert sind. Nach
einer älteren Rechtsprechung des Bundesgerichts (l, 312; 2, 232; 3, 80;
6, 224; 7, 54) kann die Rüge der Konkordatsverletzung nur erhoben werden,
wo das Konkordat als interkantonaler Vertrag, und nicht, wo es, wie es
gegenüber den Kantonsangehörigen der Fall ist, als internes kantonales
Recht zur Anwendung kommt (FLEINERGIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 901 bei
Anm. 12; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse Nr. 893; MARTI,
Die staatsrechtliche Beschwerde S. 33). Ob an dieser Rechtsprechung,
die von BURCKHARDT kritisiert wurde (ZBJV 65/1929 S. 388), festzuhalten
sei, erscheint fraglich, und erst recht bestehen hiegegen Bedenken in
einem Falle wie dem vorliegenden, werden doch die basel-landschaftlichen
Stimmberechtigten durch die behauptete Konkordatsverletzung ebensosehr,
ja eher stärker betroffen als die basel-städtischen Stimmbürger. Die Frage
der Legitimation der Kantonsangehörigen zur Rüge der Konkordatsverletzung
kann indes, wie in BGE 54 I 147 E. 2 a, offen bleiben, da nach dem Gesagten
jedenfalls die basel-städtischen Stimmberechtigten legitimiert sind,
die Konkordatsverletzung geltend zu machen.

    II. Materielle Beurteilung

Erwägung 3

    3.- Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Behörde, die nach dem
kantonalen Recht berufen ist, die Volksabstimmung über Verfassungs-
oder Gesetzesinitiativen anzuordnen, auch ohne besondere gesetzliche
Grundlage befugt, neben dem Vorliegen der formellen Voraussetzungen für
das Zustandekommen der Initiative auch deren materielle Rechtmässigkeit
zu prüfen und die Vorlegung an das Volk zu verweigern, wenn sich die
Initiative als inhaltlich rechtswidrig erweist (BGE 61 I 335 E. 2, 63
I 172, 80 I 161 E. 3, 88 I 251 E. 1/2, 89 I 374 E. 2; vgl 92 I 359, 94
I 125/26). Ob die Behörde hiezu auch verpflichtet sei (wie GIACOMETTI,
Staatsrecht der Kantone S. 426 annimmt) und ob der Stimmbürger einen
Anspruch darauf habe, dass rechtswidrige Initiativen dem Volke nicht
unterbreitet werden, hatte das Bundesgericht, soweit ersichtlich, bisher
noch nicht zu entscheiden. Eine Prüfung dieser Frage erübrigt sich, da
in den Beschwerdeantworten nicht bestritten wird, dass die vorliegende
Initiative dem Volke nicht vorgelegt werden darf, wenn sie sich als
materiell rechtswidrig erweisen sollte.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, die
Initiative verstosse gegen eine konkordatsmässige oder konkordatsähnliche
Vereinbarung zwischen den beiden Kantonen, die durch die gleichzeitige
Aufnahme inhaltlich übereinstimmender Bestimmungen (§§ 57bis KVBL und 58
KVBS) in ihre Verfassungen abgeschlossen worden sei. Diese interkantonale
Vereinbarung verpflichte die Kantone, das in jenen Bestimmungen vorgesehene
Wiedervereinigungsverfahren bis zum (positiven oder negativen) Ende
durchzuführen und könne nicht von einem von ihnen einseitig durch Aufhebung
der in seiner Verfassung enthaltenen Bestimmung aufgelöst werden. Es
ist daher zunächst zu prüfen, ob eine solche die Kantone gegenseitig
berechtigende und verpflichtende Vereinbarung, d.h. ein Konkordat, zwischen
ihnen abgeschlossen worden ist. Sollte dies der Fall sein, so würde sich
weiter fragen, ob dieses Konkordat mit dem Bundesrecht, insbesondere mit
Art. 6 Abs. 2 lit. c und Art. 7 BV vereinbar sowie, ob und unter welchen
Voraussetzungen es kündbar oder sonst vorzeitig auflösbar ist.

    a) Die §§ 57bis KVBL und 58 KVBS stellen an sich internes kantonales
Recht dar. Als solches sind sie, solange sie nicht aufgehoben werden, für
die Behörden und Angehörigen beider Kantone verbindlich. Ferner war, wie in
BGE 94 I 534 festgestellt wurde, der gestützt auf sie gewählte gemeinsame
Verfassungsrat an diese Bestimmungen und den ihm darin erteilten Auftrag
gebunden. Im vorliegenden Falle geht es nicht mehr um die Verbindlichkeit
der Bestimmungen für solange, als sie Bestandteil der Verfassungen
bilden, sondern darum, ob es der Gesamtheit der Stimmberechtigten,
die § 57bis KVBL erlassen hat, gestattet ist, ihn vor dem in Ziff. 7
vorgesehenen Ende der Geltung aufzuheben. Dies wäre ihr offenbar nur
dann verwehrt, wenn der Kanton Basel-Landschaft, wie die Beschwerde
geltend macht, durch ein Konkordat mit dem Kanton Basel-Stadt auf eine
solche vorzeitige Aufhebung verzichtet hätte. Die Beschwerdeführer und
der Regierungsrat von Basel-Stadt erblicken den Abschluss eines solchen
Konkordates im Parallelakt der beiden Kantone, nämlich darin, dass in beide
Kantonsverfassungen gleichzeitig inhaltlich übereinstimmende Bestimmungen
über das Wiedervereinigungsverfahren aufgenommen wurden.

    b) Der Annahme, in diesem Parallelakt liege der Abschluss eines
Konkordates, würde jedenfalls aus dem Gesichtspunkt der Form und
Zuständigkeit nichts entgegenstehen. Das Bundesrecht schreibt über die
Form interkantonaler Verträge nichts vor. Die Schriftform ist freilich
üblich und wird in Art. 7 Abs. 2 BV, wonach die Kantone solche Verträge
der Bundesbehörde "vorzulegen" haben, vorausgesetzt; sie ist aber nicht
Gültigkeitserfordernis. Hier wäre sie übrigens gegeben, da der Abschluss
des Konkordates nach Auffassung der Beschwerdeführer im gleichzeitigen
Erlass von Verfassungsbestimmungen in den beiden Kantonen liegt. Sodann
sind diese Bestimmungen in einer Volksabstimmung, also vom Volk als dem
obersten, zum Abschluss interkantonaler Verträge zuständigen Staatsorgan
angenommen worden (§§ 11 KVBL und 29 KVBS).

    c) Auf die interkantonalen Verträge sind, soweit nicht nach
Bundesrecht, Gewohnheitsrecht oder Vereinbarung etwas anderes gilt, die
Grundsätze des Völkerrechts anwendbar (vgl. BGE 26 I 450, 54 I 202/3;
FLEINER-GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 162; SCHAUMANN, Verträge zwischen
Gliedstaaten im Bundesstaat, in "Veröffentlichungen der Vereinigung
deutscher Staatsrechtslehrer", Heft 19/1961 S. 120 ff. und dazu das Votum
von HANS HUBER S. 144/45). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die
Auslegung interkantonaler Verträge (BGE 90 I 47/8), sondern auch, wenn
durch Auslegung von Willensäusserungen der massgebenden Staatsorgane zu
ermitteln ist, ob ein Konkordat abgeschlossen worden, zustandegekommen ist.

    Nach der Völkerrechtslehre wie auch nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung hat sich die Auslegung bei Staatsverträgen möglichst
an den Wortlaut zu halten und kommt eine über diesen hinausgehende,
ausdehnende Auslegung einer Bestimmung nur in Frage, wenn aus dem
Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte derselben mit Sicherheit
aufeine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten
zu schliessen ist (GUGGENHEIM, Lehrbuch des Völkerrechts S. 124 ff.;
derselbe, Traité de droit international public 2. Aufl. 1967 S. 250
ff.; VERDROSS, Völkerrecht, 5. Aufl. 1964 S. 172/74; BERNHARDT, Die
Auslegung völkerrechtlicher Verträge 1963 S. 58 ff.; BGE 44 I 78, 77
I 48, 90 I 47/48, 94 I 673 E. 4). Allgemein gilt für die Auslegung die
Vertrauenstheorie (BGE 94 I 673 E. 4).

    Nach der in der Völkerrechtslehre vorherrschenden Auffassung ist der
Abschluss völkerrechtlicher Verträge an keine besondere Form gebunden;
sie können auch mündlich, ja sogar stillschweigend, durch konkludente
Handlungen zustandekommen (ANZILOTTI, Lehrbuch des Völkerrechts
3. Aufl. S. 260 und 280; VERDROSS aaO S. 158; GUGGENHEIM, Lehrbuch S. 60
und Traité S. 138; BERBER, Lehrbuch des Völkerrechts Bd. 1 S. 412/3;
FAVRE, Cours de droit des gens S. 304/5). Nähere Ausführungen über den
Vertragsschluss durch konkludente Handlungen sind freilich, offenbar
weil er in der Praxis äusserst selten vorkommt, ausser bei ANZILOTTI
aaO S. 53 ff. nicht zu finden. Immerhin kann nicht zweifelhaft sein,
dass der Vertragsschluss durch konkludente Handlungen wie namentlich durch
innerstaatliche Akte voraussetzt, dass aus diesen der Wille, sich gegenüber
einem andern Staate rechtlich zu binden, klar hervorgeht (in diesem Sinne
ANZILOTTI aaO S. 54/5 und BERBER aaO S. 413). Das trifft gelegentlich zu,
wenn es in zwei Staaten aufgrund vorheriger Verhandlungen zu parallelen,
inhaltlich übereinstimmenden Akten kommt. Als Beispiele hiefür werden die
von der Schweiz und Deutschland erteilten Konzessionen für das Kraftwerk
Rheinau erwähnt (GUGGENHEIM, Traité S. 139). Ferner ist die Realunion,
die von 1918 bis 1940 zwischen Dänemark und Island bestand, nicht durch
einen formellen Staatsvertrag zustandegekommen, sondern durch zwei in
beiden Staaten erlassene parallele Gesetze, die, wie ANZILOTTI aaO S. 145
ausführt, in Wirklichkeit die Wirkung und gleichzeitig der Ausdruck des
zwischen den beiden Ländern getroffenen Abkommens sind.

    d) Die gleichzeitige Aufnahme der inhaltlich übereinstimmenden
Bestimmungen über das Wiedervereinigungsverfahren in die KVBL und KVBS
stellt ebenfalls einen Parallelakt dar. Als ein Konkordat mit dem von den
Beschwerdeführern behaupteten Inhalt könnte dieser Parallelakt indessen
nach dem soeben Gesagten nur gelten, wenn der Wille, sich damit gegenüber
dem andern Kanton rechtlich zu binden, aus dem Wortlaut der Bestimmungen
hervorginge oder wenn mit hinreichender Sicherheit anzunehmen wäre, dass
ein dahingehender Wille bei den Stimmberechtigten, die die Bestimmungen
in der Volksabstimmung angenommen haben, bestand. Eine unzweideutige
Willensäusserung erscheint auch deshalb erforderlich, weil der Verzicht,
eine Bestimmung der KV während einer bestimmten Zeit zu revidieren,
eine Ausnahme von dem in Art. 6 Abs. 2 lit. c BV enthaltenen Grundsatz
jederzeitiger Revidierbarkeit der Kantonsverfassung bedeuten würde.

    aa) Die Annahme einer rechtlichen Bindung zwischen den beiden
Kantonen kann nicht schon deshalb von vorneherein verneint werden,
weil sie für die Herbeiführung der Wiedervereinigung nicht den
ebenfalls in Betracht fallenden Weg des formellen Vertrags gewählt,
d.h. das Wiedervereinigungsverfahren nicht in einem Konkordat geregelt
haben, sondern in inhaltlich übereinstimmenden Bestimmungen der beiden
Kantonsverfassungen.

    Denn das ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die
Wiedervereinigungsbestrebungen nicht von den kantonalen Behörden,
sondern von den Stimmberechtigten ausgingen und diesen nur der Weg der
Verfassungsinitiative offen stand; eine auf Abschluss eines Staatsvertrages
gerichtete Initiative ist dem schweizerischen Staatsrecht unbekannt
(BGE 73 I 109; GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 485).

    bb) Der Wortlaut der parallelen Verfassungsbestimmungen der beiden
Kantone enthält nichts, was auf eine gegenseitige Verpflichtung der
Kantone, eine rechtliche Bindung im Sinne eines Verzichts auf die
Revision oder Aufhebung dieser Bestimmungen schliessen liesse. Wohl
heisst es in jeder, dass der Verfassungsrat "in Verbindung" mit
dem andern Kanton gewählt werde (Ziff. 1), dass er aufgrund einer
"Verständigung" beider Kantonsregierungen einzuberufen sei (Ziff. 3)
und dass jede Regierung "im Einvernehmen" mit der andern die Arbeit des
Verfassungsrates zu fördern habe (Ziff. 4). Diese Vorschriften ergeben
sich aus der Natur des für die Herbeiführung der Wiedervereinigung
gewählten Verfahrens der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes durch
einen gemeinsamen Verfassungsrat. Insofern ist die Bestimmung jeder KV
von derjenigen der andern abhängig. Das ändert jedoch nichts daran, dass
die Bestimmungen internes kantonales Recht enthalten und lediglich die
Behörden und Angehörigen des betreffenden Kantons und den gemeinsamen
Verfassungsrat verpflichten. Von einer Verpflichtung des einen Kantons
gegenüber dem andern ist nirgends auch nur andeutungsweise die Rede,
geschweige denn klar und deutlich. Insbesondere kann Ziff. 7, wonach die
Verfassungsbestimmungen nach Verwerfung des zweiten Verfassungsentwurfes
dahinfallen, nicht dahin verstanden werden, dass damit eine vorherige
Revision oder Aufhebung derselben ausgeschlossen werden sollte.

    cc) Ebensowenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass bei den
Stimmberechtigten, welche die parallelen Verfassungsbestimmungen
angenommen haben, ein dahingehender Wille bestanden hätte. Dass vor der
Abstimmung oder nachher, bis zur Erteilung der Gewährleistung des Bundes,
je die Auffassung vertreten worden wäre, die §§ 57bis KVBL und 58 KVBS
könnten nach ihrer Annahme durch das Volk oder nach ihrem Inkrafttreten
bis zu ihrem in Ziff. 7 vorgesehenen Dahinfallen nicht mehr aufgehoben
werden, wird von den Beschwerdeführern nicht dargetan und ist auch nicht
ersichtlich. Soweit Äusserungen hierüber vorliegen, lauten sie - offenbar
im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 lit. c BV - ausnahmslos dahin, dass diese
Bestimmungen jederzeit revidierbar seien. So haben die Beschwerdeführer,
die 1934 das Bundesgericht angerufen haben, ausdrücklich erklärt,
dass durch Annahme des § 57bis KVBL keine dauernde, unwiderrufliche
Bindung des Volkes von Baselland gegenüber Baselstadt geschaffen werde,
sondern eine solche erst mit der Annahme der Verfassung für den geeinten
Kanton eintrete. Dementsprechend hat das Bundesgericht in BGE 61 I 178
festgehalten, der vorgeschlagene Verfassungsartikel könne, "wie jede
andere Verfassungsbestimmung, jederzeit aufgehoben oder revidiert werden,
solange die KV überhaupt besteht". Auch im Gewährleistungsverfahren vor den
eidgenössischen Räten wurde es als selbstverständlich erachtet, dass die §§
57bis KVBL und 58 KVBS dem Erfordernis des Art. 6 Abs. 2 lit. c BV genügen
und jederzeit revidierbar seien (Votum Schoch, Sten-Bull StR 1947 S. 418,
Votum Huber, StenBull NR 1948 S. 24, Voten Chamorel und Stadlin, StenBull
NR 1960 S. 340 und 344). Schliesslich hat auch Prof. MAX HUBER, der -
offenbar als erster - die Auffassung vertreten hatte, ein Parallelakt wie
die Abstimmung über die Initiativen sei "wenn auch nicht der Form, so doch
der Substanz nach" ein interkantonaler Vertrag, die beiden transitorischen
Verfassungsartikel der KVBL und KVBS als "jederzeit noch revidierbar"
bezeichnet (Rechtsakten zur Basler Wiedervereinigung S. 11 und 156;
vgl. auch S. 27/8). Liegen demnach zahlreiche Äusserungen vor, welche
die Revidierbarkeit bejahen, während gegenteilige Stimmen völlig fehlen,
so erscheint es als ausgeschlossen, dass die Stimmberechtigten im Jahre
1938 der Auffassung waren, sie hätten nicht nur über internes kantonales
Recht, sondern über einen interkantonalen Vertrag, d.h. ein Konkordat
abzustimmen und verzichteten durch Annahme der Verfassungsbestimmungen
in Abweichung von Art. 6 Abs. 2 lit. c BV auf die Möglichkeit, sie
jederzeit zu revidieren oder aufzuheben. Jedenfalls aber kann nicht von
einer dahingehenden unzweideutigen Willensäusserung der Gesamtheit der
Stimmberechtigten gesprochen werden, wie sie nach dem Gesagten erforderlich
wäre für die Annahme eines Konkordats mit dem von den Beschwerdeführern
behaupteten Inhalt.

Erwägung 5

    5.- Ist eine konkordatsmässige oder -ähnliche Abmachung, die durch
die mit der vorliegenden Initiative angestrebte Aufhebung des § 57bis
KVBL verletzt würde, nicht dargetan, so braucht nicht geprüft zu werden,
ob eine solche Abmachung mit Art. 6 Abs. 2 lit. c und Art. 7 BV vereinbar
und unter welchen Voraussetzungen sie kündbar wäre. Bemerkt sei lediglich,
dass Art. 6 Abs. 2 lit. c BV wohl nur die Aufstellung sogenannter autonomer
Schranken der Revision kantonaler Verfassungen verbietet, nicht dagegen
eine vertragliche Bindung wie die von den Beschwerdeführern behauptete,
zumal wenn diese Bindung nur für die Dauer eines bestimmten Verfahrens
gilt und mit dessen Abschluss dahinfällt.

Erwägung 6

    6.- Ist es dem Kanton Basel-Landschaft nicht aufgrund eines
Konkordates verwehrt, § 57bis KVBL aufzuheben, so verstösst die Initiative
offensichtlich weder gegen diese Bestimmung noch gegen § 57 KVBL.
Ebensowenig verletzt sie deshalb das Stimmrecht der basellandschaftlichen
Beschwerdeführer, weil im Falle der Annahme der Inititative ihr Recht auf
Wahl eines zweiten Verfassungsrates dahinfällt. Das politische Stimmrecht
schützt nicht vor einer Änderung seiner Umschreibung und Ausgestaltung in
der Kantonsverfassung, sofern damit nicht Bundesrecht verletzt wird. Eine
solche Verletzung wird aber in der Beschwerde mit Recht nicht gerügt.

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführer bezeichnen die Initiative weiter deshalb als
unzulässig, weil sie drei innerlich verschiedene Begehren vereinige und
damit den (für Initiativen auf Partialrevision geltenden) Grundsatz der
Einheit der Materie verletze. Während dieser Grundsatz im Bund (Art. 121
Abs. 3 BV) und in einzelnen Kantonen in der Verfassung oder in Gesetzen
verankert ist, fehlt im Kanton Basel-Landschaft eine ausdrückliche
Vorschrift. Der Grundsatz gilt jedoch, wie der Regierungsrat mit Recht
nicht bestreitet, auch in diesem Kanton. Er folgt, wie das Bundesgericht
im nicht veröffentlichten Urteil vom 9. Oktober 1957 i.S. Heimann
c. Kantonsrat von Obwalden (Erw. 5) ausgeführt hat, aus der Natur der
Sache und dem Wesen der Partialrevision. Er gewährleistet namentlich
dem Stimmberechtigten die unverfälschte Kundgabe seines Willens bei der
Unterzeichnung einer Initiative und bei der Abstimmung darüber. Hat nämlich
die Initiative zwei Materien zum Gegenstand, so kann der Stimmberechtigte,
der inbezug auf die eine die vorgeschlagene Änderung wünscht, inbezug
auf die andere dagegen nicht, diesen Willen nicht zum Ausdruck bringen,
sondern hat nur die Möglichkeit, beide Änderungen zu befürworten oder
beide abzulehnen (vgl. hiezu BGE 81 I 197 E. 5 und 90 I 73 E. 2 b;
GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 423/4). Immerhin dürfen an die
Einheit der Materie, zumal wo der Grundsatz wie im Kanton Basel-Landschaft
nicht ausdrücklich aufgestellt ist und überdies die Verfassungsinitiative
nur die Bedeutung einer allgemeinen Anregung hat (vgl. BGE 61 I 177
E. 8), keine überspannten Anforderungen gestellt werden, durch welche
die Ausübung des Initiativrechts übermässig erschwert wird. Es genügt,
wenn zwischen den verschiedenen Vorschlägen im Falle von Neuerungen vor
allem im Hinblick auf ihren Zweck, bei Änderungen auch im Hinblick auf die
bisherige Regelung ein Zusammenhang besteht, der die Zusammenfassung in
einer Initiative und zu einer Abstimmungsfrage als sachlich gerechtfertigt
erscheinen lässt (zit. Urteil i.S. Heimann).

    Die vorliegende Initiative enthält, wie die Beschwerde zutreffend
feststellt, drei Begehren; sie verlangt Aufhebung sowohl des § 57 als
auch des § 57bis KVBL und Ersetzung dieser §§ durch eine Bestimmung,
wonach die Behörden gehalten sind, in allen Fragen von regionaler
Tragweite mit dem Kanton Basel-Stadt und den andern Nachbarkantonen
zusammenzuarbeiten. Zwischen diesen drei Begehren besteht indes
schon deshalb ein hinreichender sachlicher Zusammenhang, weil nach
dem Wunsch der Initianten die zu erlassende Bestimmung die beiden
aufzuhebenden ersetzen soll, d.h. weil an Stelle der bisherigen Ordnung
(unverzügliche Herbeiführung der Wiedervereinigung von Basel-Stadt und
-Landschaft, und zwar in einem bestimmten Verfahren) eine neue Ordnung
(Zusammenarbeit mit dem Kanton Basel-Stadt und den andern Nachbarkantonen
in gewissen Fragen) treten soll und diese neue Ordnung die Aufhebung der
bisherigen voraussetzt. Richtig ist freilich, dass diejenigen Stimmbürger,
die entweder sowohl die Wiedervereinigung als auch die vorgeschlagene
Zusammenarbeit ablehnen oder welche die unverzügliche Herbeiführung der
Wiedervereinigung (§ 57), aber nicht auf dem bisher vorgesehenen Weg (§
57bis) wünschen, diesen Willen weder durch Annahme noch durch Ablehnung der
Initiative zum Ausdruck bringen können. Damit wird jedoch der Grundsatz
der Einheit der Materie nicht verletzt. Aus diesem Grundsatz lässt
sich nicht ableiten, dass bei der Abstimmung über eine durch Initiative
vorgeschlagene Verfassungsänderung den Stimmberechtigten Gelegenheit zu
geben sei, neben der vorgeschlagenen Verfassungsänderung auch die bisher
geltende Ordnung ganz oder teilweise zu verwerfen.

Erwägung 8

    8.- Die Beschwerdeführer behaupten schliesslich, die
Initiative "dürfte" auch deshalb unzulässig sein, weil sie "keine
konkreten Massnahmen, nur Postulate verlangt"; sie enthalte keinen
"eindeutigen Auftrag" an den Landrat, sondern höchstens eine "allgemeine
Richtlinie". Die Rüge ist unbegründet. Der Wortlaut der in der Form der
allgemeinen Anregung eingereichten Initiative bringt mit hinreichender
Deutlichkeit zum Ausdruck, was die Initianten wollen. Wird sie vom Volke
angenommen, so wird es Aufgabe des Landrates (oder Verfassungsrates) sein,
eine diesem Willen entsprechende Verfassungsbestimmung auszuarbeiten, die
wiederum der Volksabstimmung unterliegt. Dass das, was die Beschwerdeführer
als Inhalt der neuen Verfassungsbestimmung anstreben, ein Postulat
an die Behörden, nicht ein Rechtssatz ist, lässt die Initiative nicht
als unzulässig erscheinen, enthalten doch alle Kantonsverfassungen von
jeher sogenannte "Programmsätze" mehr oder weniger bestimmten Inhalts
(vgl. die Übersicht bei GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone § 4 Ziff. 7
S. 53 ff.). Einen ebenso programmatischen Inhalt wie die Initiative
weist übrigens der im Jahre 1960 erlassene § 57 KVBL auf, dem die
Bundesversammlung ohne Bedenken die Gewährleistung erteilt hat. Die
Berufung der Beschwerdeführer auf das Urteil des Bundesgerichts vom
13. September 1950 über die basel-städtische "Sparinitiative" (auszugsweise
abgedruckt in ZBl 51/1951 S. 22 ff.) geht fehl. Dort handelte es sich um
eine als allgemeine Anregung formulierte Gesetzesinitiative, die konkrete
Massnahmen zur Verminderung der Staatsausgaben verlangte, den Inhalt
dieser Massnahmen jedoch nicht deutlich genug umschrieb. Hier dagegen
wird vom Landrat die Ausarbeitung eines Programmartikels der KV verlangt,
über dessen Inhalt nach der Initiative kein Zweifel bestehen kann.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.