Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 I 341



96 I 341

55. Urteil vom 23. September 1970 i.S. Stiftung Krankenhaus Thusis gegen
den Kleinen Rat des Kantons Graubünden Regeste

    Subventionierung der Krankenanstalten im Kanton Graubünden.  Willkür.

    Kantonale Ordnung, wonach der Kanton den anerkannten Krankenanstalten
Baubeiträge ausrichtet sowie als Betriebsbeitrag 90% ihres Betriebsdefizits
übernimmt. Darf der Kleine Rat, der die Beiträge jährlich festzusetzen
hat, nicht nur das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen
der Beitragspflicht des Kantons, sondern auch die Angemessenheit
einzelner Ausgaben der Spitäler (z.B. der Arzthonorare) prüfen und
den Betriebsbeitrag im Falle der Unangemessenheit kürzen? Umfang des
dem Kleinen Rat eingeräumten Aufsichtsrechts über die subventionierten
Krankenanstalten.

Sachverhalt

    A.- Nach Art. 1 des bündnerischen Gesetzes vom 25.  Oktober 1964 über
die Förderung der Krankenpflege (FKG) richtet der Kanton an den Bau und
den Betrieb der anerkannten Spitäler Beiträge aus, deren Höhe im Rahmen
der vom Grossen Rat bereitgestellten Kredite jährlich vom Kleinen Rat
festgesetzt wird. Über die Betriebsbeiträge bestimmt Art. 8 FKG:

    "Der Kanton übernimmt als Betriebsbeitrag das Defizit des engeren
Betriebsergebnisses (Differenz zwischen Betriebsertrag und Betriebsaufwand)
der anerkannten Regionalspitäler zu 90 Prozent und des Kantons- und
Regionalspitals voll."

    Das FKG überträgt dem Kleinen Rat in Art. 15 die Aufsicht über die
Spitäler und ermächtigt ihn in Art. 16, Vorschriften über die Betriebs-
und Rechnungsführung, die Rechnungsablage und die Taxgestaltung der
Spitäler zu erlassen. Ferner hat nach Art. 28 der Grosse Rat eine
Vollziehungsverordnung (VV) zum FKG zu erlassen.

    Diese VV wurde am 29. Mai 1964 erlassen und enthält in den Art. 1-6
Bestimmungen über die Baubeiträge und in den Art. 7-14 solche über die
Betriebsbeiträge. Nach Art. 9 Abs. 3 VV gehören zum engern Betriebsaufwand
im Sinne des Art. 8 FKG u.a. auch die "Personalkosten", ferner die
"Einrichtungskosten", soweit diese nicht gemäss Art. 3 lit. d VV zu den
Baukosten zu zählen sind.

    B.- Das Krankenhaus Thusis wird von einer Stiftung betrieben. Dieser
wurde am 7. Januar 1970 eröffnet, dass der Kleine Rat am 15. Dezember
1969 den Betriebsbeitrag für das Jahr 1967 auf Fr. 530'523.-- (= 90% von
Fr. 589'459.80) festgesetzt habe; dabei sei das durch die Buchhaltung
ausgewiesene "engere Betriebsergebnis" pro 1967 durch Ausscheidung
von drei Rechnungsposten um insgesamt Fr. 23'406.15 gekürzt worden
aus folgenden Gründen: Nach ständiger Praxis werde die Einrichtung und
Möblierung von Personalwohnungen auch dann als Einheit betrachtet, wenn
sie etappenweise bezogen würden. Aus dem engeren Betriebsergebnis seien
daher die Fr. 11'648.15 betragenden Ausgaben für die Möblierung von
fünf Personalwohnungen "im Feld" auszuscheiden. Diese Wohnungen seien im
Sommer und Herbst 1967 bezogen worden und bildeten eine Einheit. Aufgrund
seiner Aufsichtsgewalt habe der Kleine Rat sodann die Rechnungsführung
der Spitäler auf ihre Wirtschaftlichkeit zu überwachen und nicht
gerechtfertigten Ausgaben, wozu auch unangemessene Arzthonorare gehörten,
die Subventionsberechtigung abzusprechen. Aus diesem Gesichtspunkt sei
auf den Privatzuschlägen des chirurgischen Chefarztes ein Abzug von 20%
= Fr. 6'758.-- zu machen. Ferner könne die auf 1. Januar 1967 erfolgte
Erhöhung des Fixums des nebenamtlichen Internisten um Fr. 12'000.-- nur
zur Hälfte, d.h. bis zum Betrag von Fr. 6'000.-- anerkannt werden; die
weitergehende Erhöhung sei im Hinblick auf die wirtschaftliche Führung
des Spitals als unangemessen zu betrachten.

    C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt die Stiftung
Krankenhaus Thusis den Antrag, der Beschluss des Kleinen Rates des Kantons
Graubünden vom 15. Dezember 1969 sei insoweit aufzuheben, als aus dem
engeren Betriebsergebnis für 1967 Ausscheidungen vorgenommen werden. Die
Beschwerdeführerin wirft dem Kleinen Rat Verletzung des Art. 4 BV (Willkür)
vor und macht insbesondere geltend, der Kleine Rat sei an die vom Spital
vorgelegte Betriebsrechnung gebunden und dürfe nur eingreifen, wenn die
Betriebsführung ganz offensichtlich jeder Wirtschaftlichkeit entbehre; es
sei mit Sinn und Zweck des FKG nicht vereinbar, dass der Kleine Rat sein
Ermessen an die Stelle des Ermessens der Betriebsleitung setze, soweit und
solange diese pflichtgemäss handle. Die weitere Begründung der Beschwerde
ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen.

    D.- Der Kleine Rat des Kantons Graubünden beantragt Abweisung der
Beschwerde. Er habe das Recht und die Pflicht, über die Zweckmässigkeit
der einzelnen Ausgaben der Spitäler zu wachen, und es liege in seinem
Ermessen, die Berechtigung und damit die Anerkennung einzelner Ausgaben
oder deren Höhe zu verneinen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführerin hat, wie nicht bestritten ist,
einen Rechtsanspruch auf Ausrichtung des in Art. 8 FKG vorgesehenen
Betriebsbeitrages des Kantons. Sie ist daher legitimiert, gegen den
Entscheid, mit dem der Kleine Rat diesen Beitrag für 1967 festgesetzt hat,
wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte staatsrechtliche Beschwerde
zu führen. Dass ihr gegenüber dem Entscheid des Kleinen Rates noch ein
kantonales Rechtsmittel offen stünde, wird in der Beschwerdeantwort -
offenbar zu Recht - nicht behauptet.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 1 Abs. 2 FKG hat der Kleine Rat die Höhe der Beiträge,
die der Kanton nach dem FKG an den Bau und den Betrieb der Spitäler
auszurichten hat, jährlich im Rahmen der vom Grossen Rat bereitgestellten
Kredite festzusetzen. Hieraus ergibt sich zunächst, dass der Kleine
Rat nicht mehr Geld verteilen darf, als der Grosse Rat zur Verfügung
stellt. Sodann ist der Kleine Rat berechtigt und verpflichtet, das
Vorliegen der Voraussetzungen zu prüfen, von denen das Gesetz und die vom
Grossen Rat erlassene VV die Ausrichtung der Beiträge abhängig macht. Bei
dieser Prüfung sowie bei der Festsetzung der Beiträge kann er auch sein
Ermessen betätigen, jedoch nur, sofern und soweit ihm das Gesetz und die
VV ein solches einräumen oder es doch nicht ausschliessen. Die Auslegung
der massgebenden Bestimmungen des Gesetzes und der VV durch den Kleinen
Rat kann das Bundesgericht nicht frei, sondern nur unter dem beschränkten
Gesichtswinkel der Willkür überprüfen. Es kann nur einschreiten, wenn der
angefochtene Entscheid auf einer Auslegung beruht, die mit dem klaren
Wortlaut und Sinn der Bestimmungen unvereinbar, mit keinen sachlichen
Überlegungen vertretbar ist.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin hat im Jahre 1967 im Neubau "im Feld" fünf
Wohnungen für ihr Personal gemietet und für deren Möblierung insgesamt
Fr. 11'648.15 ausgegeben. Der Kleine Rat hat diesen Betrag aus dem
"engeren Betriebsergebnis" ausgeschieden in der Annahme, es handle sich
dabei um Einrichtungskosten im Sinne von Art. 3 lit. d und nicht von
Art. 9 Abs. 3 VV.

    Die Beschwerdeführerin bestreitet die Gesetzmässigkeit dieser
Bestimmungen nicht, wonach Einrichtungskosten von über Fr. 6'000.--
nicht dem engeren Betriebsaufwand, sondern den Baukosten zugewiesen
sind. Sie macht auch nicht geltend, die streitigen Ausgaben seien keine
"Einrichtungskosten" im Sinne jener Bestimmungen. Dagegen fallen sie nach
ihrer Auffassung deshalb nicht unter Art. 3 lit. d VV, weil die Wohnungen
nicht gleichzeitig fertiggestellt und bezogen worden sind und dies die
Zusammenrechnung der Einrichtungskosten, die für keine Wohnung mehr
als Fr. 6'000.-- betrugen, ausschliesse. Was die Beschwerde in diesem
Zusammenhang vorbringt, genügt jedoch nicht, um die Betrachtungsweise
des Kleinen Rates als willkürlich erscheinen zu lassen. Weder das
Gesetz noch die VV lassen erkennen, ob und unter welchen Voraussetzungen
mehrere gleichartige Ausgaben gesamthaft oder aber getrennt zu behandeln
sind. Es ist daher zum mindesten nicht willkürlich, wenn der Kleine
Rat angenommen hat, dass die Einrichtung von Personalwohnungen, welche
alle wegen Einbezugs bisheriger Personalzimmer in den Krankenhausbetrieb
benötigt wurden, eine Einheit bilde und dass ihre Kosten daher als Ganzes
unter Art. 3 lit. d VV fallen ohne Rücksicht darauf, dass die Wohnungen
nicht gleichzeitig, sondern im Verlaufe eines Vierteljahres nacheinander
eingerichtet und bezogen worden sind.

Erwägung 4

    4.- Bei den zwei weiteren Posten von Fr. 6'758.-- und 6'000.--, die der
Kleine Rat aus dem "engeren Betriebsergebnis" ausgeschieden hat, handelt
es sich um den von ihm als "unangemessen" betrachteten Teil der Honorare,
welche die Beschwerdeführerin im Jahre 1967 an zwei Ärzte ausgerichtet
hat. Der Kleine Rat beansprucht, wie er im angefochtenen Entscheid
erklärt und in der Beschwerdeantwort näher dargelegt hat, aufgrund seiner
Aufsichtsgewalt (Art. 15-17 FKG) das Recht, die Ausgaben der Spitäler und
damit auch die von ihnen ausgerichteten Arzthonorare aufihre Angemessenheit
zu prüfen. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, eine solche
Prüfung lasse sich mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbaren
und sei willkürlich.

    a) Nach Art. 3 ff. FKG steht dem Kleinen Rat bei der Bewilligung
und Bemessung der Baubeiträge in verschiedener Richtung ein Spielraum
des Ermessens zu. Ein Beitrag wird danach nur für "spitaltechnisch und
baulich einwandfreie Projekte" und nur unter der Bedingung, dass die
Gemeinde oder Dritte "einen angemessenen Beitrag" leisten, gewährt;
ferner ist der Beitrag "nach dem Bedürfnis und der wirtschaftlichen
Lage des Spitals oder seiner Träger" zu bemessen, wobei der Kleine Rat
ihn auf "30 bis 60%" festsetzen und ihn überdies für gewisse Ausgaben um
"höchstens 20%" erhöhen "kann". Demgegenüber ist in den Bestimmungen über
den Betriebsbeitrag von einem solchen Ermessensspielraum nirgends die
Rede. Art. 8 FKG setzt diesen Beitrag auf 90% des "Defizits des engeren
Betriebsergebnisses" fest und lässt damit nur die Frage nach diesem
Begriff offen, der dann in Art. 9 VV näher umschrieben ist. Weder im Gesetz
noch in der VV ist ein Anhaltspunkt dafür zu finden, dass der Kleine Rat
Ausgaben, die wie die Personalkosten nach Art. 9 Abs. 3 VV zum engeren
Betriebsaufwand gehören, auf ihre Angemessenheit prüfen und, soweit er
sie als unangemessen erachtet, bei der Bemessung des Betriebsbeitrages
unberücksichtigt lassen dürfte. Dabei konnte das Problem dem Grossen Rate
nicht entgangen sein. Es ist allgemein bekannt, dass sich das Gemeinwesen
mit der Übernahme der Pflicht, das Defizit eines Unternehmens zu decken,
der Gefahr des Missbrauchs aussetzt, wird doch derjenige, der auf Kosten
des Gemeinwesens wirtschaften kann, dies regelmässig weniger haushälterisch
tun, als wenn er selbst für Deckung sorgen müsste (vgl. SCHINDLER, Die
Bundessubventionen als Rechtsproblem, Diss. Zürich 1951, S. 212/13). Wenn
der Grosse Rat trotz dieser in die Augen springenden Wünschbarkeit,
ja Notwendigkeit einer Kontrolle der Angemessenheit der Einnahmen und
Ausgaben der subventionierten Spitäler eine solche Kontrolle weder im
Gesetz noch in der VV vorgesehen hat, so muss angenommen werden, dass er
bewusst auf sie verzichtet hat und dem Kleinen Rate bei der Festsetzung
der Betriebsbeiträge die Beurteilungsfreiheit nicht einräumen wollte, die
er ihm bei der Bewilligung und Bemessung der Baubeiträge zugestanden hat.

    b) Der Kleine Rat glaubt, die Befugnis zur Prüfung der Ausgaben der
Spitäler auf ihre Angemessenheit aus den in Art. 15-17 FKG enthaltenen
Bestimmungen über die Aufsicht über die Spitäler ableiten zu können.

    aa) Nach Art. 15 FKG stehen die vom Kanton unterstützten und im
Kanton befindlichen Spitäler unter der Aufsicht des Kleinen Rates. Diese
Aufsichtsgewalt ist allgemeiner Natur und ohne Zusammenhang mit der
Beitragsordnung. Es fehlt jedes Anzeichen dafür, dass der Kleine Rat
aufgrund seines Aufsichtsrechts befugt wäre, die Beiträge an Spitäler,
deren Betrieb aus irgendwelchen Gründen zu beanstanden ist, zu kürzen. Dass
der Kleine Rat der Beschwerdeführerin für 1967 Weisungen über die Bemessung
der Arzthonorare erteilt hätte und diese Weisungen nicht beachtet worden
wären, hat er nicht behauptet, so dass dahingestellt bleiben kann,
ob er aufgrund des Art. 15 solche Weisungen hätte erlassen und welche
Folgen er an ihre Nichtbeachtung hätte knüpfen können. Mangels einer
solchen Weisung kann eine Aufsichtsbehörde Vergangenes lediglich zum
Anlass einer Ermahnung oder eines Tadels machen, aber keine strafweise
Kürzung von Betriebsbeiträgen damit verbinden, sofern diese Möglichkeit
nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

    bb) Nach Art. 16 FKG kann der Kleine Rat "Vorschriften über
die Betriebs- und Rechnungsführung, die Rechnungsablage und die
Taxgestaltung der Spitäler erlassen". Ob er aufgrund dieser Bestimmung
nicht nur generell-abstrakte Vorschriften aufstellen, sondern auch
Einzelverfügungen treffen kann, ist nicht zu prüfen, da er solche
Verfügungen nicht erlassen hat. Von der Rechtsetzungsdelegation dagegen
hat der Kleine Rat (entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin)
Gebrauch gemacht, indem er am 30. Dezember 1964 Ausführungsbestimmungen
zum FKG erliess (Gesetzessammlung 1965/67 S. 9 ff.). Diese enthalten vor
allem technische Vorschriften über die Betriebs- und Rechnungsführung,
aber auch Bestimmungen materieller Natur (z.B. Art. 5 und 6). Der hier in
Betracht fallende Art. 4 Abs. 2, wonach "bei den Ausgaben die Grundsätze
der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten" sind, ist indes viel
zu allgemein gehalten und vermag die Überprüfung der Ausgaben auf ihre
Angemessenheit und die Kürzung der Betriebsbeiträge auch deshalb nicht
zu rechtfertigen, weil ihm nicht zu entnehmen ist, welche Folgen sich
ergeben, wenn die Führung eines Betriebs dieses Gebot nach Auffassung
der Aufsichtsbehörde nicht erfüllt.

    cc) Art. 17 FKG auferlegt den Spitälern in Abs. 1 neben verschiedenen
hier nicht in Betracht fallenden besondern Pflichten (lit. b-f) auch
die allgemeine Pflicht, für "dauernden wirtschaftlichen Betrieb auf
gemeinnütziger Grundlage im Dienste der allgemeinen Krankenpflege zu
sorgen" (lit. a). Ferner bestimmt er in Abs. 3, dass bei Pflichtverletzung
die Beiträge vom Kleinen Rat gesperrt werden können.

    Von einer "Pflichtverletzung" kann, was die in lit. a gebotene
"Wirtschaftlichkeit" des Betriebs betrifft, indes nicht schon gesprochen
werden, wenn eine Spitalleitung bestimmte Massnahmen trifft, z.B. Gehälter
festsetzt, welche der Kleine Rat als nicht mehr angemessen erachtet. Eine
Pflichtverletzung kann nur liegen in der Missachtung klarer gesetzlicher
Vorschriften wie der in Art. 17 lit. b-f enthaltenen, einer rechtsgültigen
Verfügung der Aufsichtsbehörde oder eines allgemein anerkannten Grundsatzes
oder in einer eindeutigen Ermessensüberschreitung. Da im vorliegenden
Falle eine Widerhandlung gegen eine klare gesetzliche Vorschrift
ebensowenig gegeben ist wie gegen eine Verfügung der Aufsichtsbehörde,
könnte nur eine Verletzung eines allgemein anerkannten Grundsatzes oder
eine eindeutige Ermessensüberschreitung in Frage kommen. Davon könnte aber
nur dann gesprochen werden, wenn die streitigen Arzthonorare völlig aus
dem Rahmen fielen und sich schlechterdings nicht begründen liessen. Das
trifft jedoch nicht zu. Die Verwaltungskommission der Beschwerdeführerin
hat möglicherweise bei der Festsetzung dieser Honorare den besonderen
Verhältnissen im Kanton Graubünden und in andern Regionalspitälern nicht
genügend Rechnung getragen. Es kann ihr daher vielleicht Unangemessenheit
vorgeworfen werden, wie es im angefochtenen Entscheid geschieht, jedoch
keinesfalls eine Pflichtverletzung im Sinne des Art. 17 Abs. 3 FKG. Zudem
sieht diese Bestimmung als Folge der Pflichtverletzung keine Kürzung der
Beiträge vor, sondern ermächtigt den Kleinen Rat nur, sie zu sperren,
d.h. bis zur Erfüllung der Pflicht zurückzubehalten.

    c) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass weder das Gesetz noch die
VV Anhaltspunkte dafür enthalten, dass der Kleine Rat einzelne Posten
der Betriebsrechnung der Spitäler auf ihre Angemessenheit prüfen und
sie im Falle der Unangemessenheit für die Bemessung des gesetzlichen
Betriebsbeitrags kürzen darf. Im Gegenteil ergibt sich aus dem
Zusammenhang, insbesondere aus der abweichenden Ordnung für die Bewilligung
der Baubeiträge, dass ihm eine entsprechende Entscheidungsfreiheit inbezug
auf die Betriebsbeiträge nicht eingeräumt werden wollte. Über diese
Regelung darf sich die Praxis umso weniger hinwegsetzen, als der Kleine
Rat aufgrund seines Aufsichtsrechts die Möglichkeit hat, durch allgemeine
Anordnungen (Ausführungsbestimmungen) wie durch konkrete Weisungen dem
Missbrauch der Beitragspflicht des Staates zu steuern. Diese Möglichkeiten
sind vom Kleinen Rat ganz offensichtlich bisher nicht ausgeschöpft
worden. Sollten sie nicht ausreichen, so wäre es Sache des Gesetzgebers,
dem Kleinen Rate wirksamere Mittel zur Verfügung zu stellen. Ob der Grosse
Rat aufgrund des Art. 28 FKG befugt wäre, in der von ihm erlassenen
VV dem Kleinen Rate die Prüfung der einzelnen Ausgabeposten auf ihre
Angemessenheit und gegebenenfalls die Kürzung des für die Berechnung des
Betriebsbeitrags massgebenden "Defizits des engeren Betriebsergebnisses"
zu gestatten, ist hier nicht zu prüfen. Wesentlich ist, dass die VV,
wie sie vorliegt, dem Kleinen Rat diese Befugnis ebenso wenig wie das
Gesetz einräumt. Diese Entscheidung des Gesetzgebers hat der Kleine Rat
hinzunehmen. Er darfnicht ein Ermessen in Anspruch nehmen, das ihm der
Gesetzgeber zwar hätte einräumen können und nach der Sachlage wohl auch
hätte einräumen sollen, das er ihm aber ganz offensichtlich nicht hat
einräumen wollen. Wenn er gleichwohl für sich in Anspruch nahm, was er
nach den Gesetzesmaterialien nicht einmal verlangt hat, so ist dies mit
Sinn und Zweck des Gesetzes unvereinbar und stellt Willkür dar.

    Sein Standpunkt lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass
angesichts der ständig steigenden Spitalkosten ein dringendes Bedürfnis
nach einer Beschränkung der Subventionierung auf notwendige und angemessene
Ausgaben bestehe. Die Frage der Notwendigkeit und Dringlichkeit einer
bestimmten Regelung stellt sich dem Gesetzgeber und nicht der das Gesetz
anwendenden und vollziehenden Behörde. Es war zweifellos dem Verfasser der
Entwürfe zum FKG und zur VV sowie dem Grossen Rate bekannt, dass staatliche
Beiträge, deren Höhe letztlich vom Ermessen des Beitragsempfängers abhängt,
nach einer Kontrolle dieses Ermessens rufen, ansonst der vernünftige
Einsatz der öffentlichen Gelder wie auch die Gleichbehandlung der Empfänger
in Frage gestellt sind (SCHINDLER aaO S. 212/13). Das Gebot, entsprechende
Vorschriften aufzustellen, richtet sich aber an den Gesetzgeber und nicht
an die gesetzesvollziehende Behörde.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Beschluss des
Kleinen Rates des Kantons Graubünden vom 15. Dezember 1969 im Sinne der
Erwägungen aufgehoben.