Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 IV 155



96 IV 155

40. Auszug aus dem Urteil des Bundesstrafgerichts vom 27. November 1970
i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen Lebedinsky und Mitbeteiligte.
Regeste

    Art. 63, 68 Ziff. 1, 251 Ziff. 1 und 3, 254 Abs. 1, 340 Ziff. 1 Abs. 4
und 5 StGB; Art. 18 Abs. 1 lit. b und c, 19 Abs. 2 BRB vom 28. März 1949
über das Kriegsmaterial.

    1.  Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts. Zusammentreffen von
Strafbestimmungen. Falschbeurkundung. Besonders leichter Fall von
Urkundenfälschung? Unterdrückung von Urkunden zwecks Selbstbegünstigung.
Mittäterschaft (Erw. I).

    2.  Verbotene Ausfuhr von Kriegsmaterial durch ein Rüstungsunternehmen:
Strafrechtliche Verantwortung

    -  des Leiters der Waffen-Verkaufsabteilung (Erw. II/1),

    - von Mitarbeitern, welche bei der Vorbereitung oder Durchführung
der Lieferungen entscheidend mitwirkten (Erw. II/2 und 3),

    - des Firmeninhabers, der Lieferungen bewusst duldete (Erw. II/4).

    3.  Allgemeine und besondere Strafzumessungsgründe (Erw. III).

Sachverhalt

    A.- Die Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon (WO) ist seit ihrer Übernahme
durch Vater Bührle ein Familienunternehmen, das bis Ende 1967 rechtlich
eine Kommanditgesellschaft war und seither eine Aktiengesellschaft
ist. Bührle besitzt 49%, seine Schwester 51% der Aktien. Er war bis 1969
einziges Verwaltungsratsmitglied.

    Die WO umfasst je eine Fabrik- und eine
Entwicklung/Konstruktionsabteilung sowie drei Verkaufsabteilungen. Zu
diesen gehört auch die Waffen-Verkaufsabteilung. Jeder Abteilung steht
ein Direktor vor. Von 1963 bis zu seiner Entlassung Ende Januar 1969
nahm Lebedinsky diesen Rang bei der Waffen-Verkaufsabteilung ein. Die WO
erzielte in den Jahren 1964/1969 einen Gesamtumsatz von Fr. 896'653,000.--,
wovon Fr. 539'992,000.-- auf die Waffen-Verkaufsabteilung entfielen.

    B.- 1.- Nach Art. 41 BV bedarf einer Bewilligung des Bundes, wer
Waffen oder sonstiges Kriegsmaterial herstellen, vertreiben und ausführen
will. Die Bewilligung wird nur Personen und Unternehmungen erteilt,
die vom Standpunkte der Landesinteressen aus die nötige Gewähr bieten
(Abs. 2 und 3). Der Bundesrat ist unter Vorbehalt der Bundesgesetzgebung
ermächtigt, die zum Vollzug nötigen Vorschriften zu erlassen (Abs. 4).

    Gestützt auf diese Verfassungsbestimmung erliess der Bundesrat bereits
in den Jahren 1938 bis 1946 wiederholt Vorschriften über Herstellung,
Beschaffung und Vertrieb, Ein- und Ausfuhr von Kriegsmaterial. Diese
Vorschriften sind durch den Bundesratsbeschluss vom 28. März 1949 über
das Kriegsmaterial (KMB) abgelöst worden, der mit einigen Abänderungen
und Ergänzungen noch heute gilt.

    Der Beschluss von 1949 stellt die Herstellung, die Beschaffung
und den Vertrieb von Kriegsmaterial unter die Aufsicht des
Bundes und verbietet insbesondere, solches Material auszuführen;
vorbehalten bleiben ausdrücklich erteilte Bewilligungen (Art. 1). Wer
beabsichtigt, Kriegsmaterial herzustellen, solches zu beschaffen, um
es zu verkaufen, sonstwie zu vertreiben oder davon Lager anzulegen,
hat eine Grundbewilligung des Eidg. Militärdepartementes einzuholen
(Art. 7 Abs. 1 lit. a und b). Die Bewilligung wird nur gut beleumdeten
und vertrauenswürdigen Personen und Unternehmen erteilt. Erforderlich ist
zudem, dass die Personen oder Unternehmen für eine ordnungsgemässe Führung
der Geschäfte Gewähr bieten und dass die Bewilligung weder den Interessen
der Landesverteidigung oder des öffentlichen Wohls noch zwischenstaatlichen
Vereinbarungen widerspricht (Art. 9 Abs. 4). Wer Kriegsmaterial herstellen
will, bedarf ausserdem einer Fabrikationsbewilligung (Art. 13).

    Die Ausfuhr von Kriegsmaterial ist nur gestattet, wenn sie von der
zuständigen Amtsstelle bewilligt wird. Die Bewilligung setzt voraus, dass
es sich um die Lieferung an eine ausländische Regierung oder an eine von
einer solchen mit einem Fabrikationsauftrag betraute Firma handelt und
dass eine Erklärung dieser Regierung vorliegt, wonach das Material nur
für das eigene Land benötigt und nicht wieder ausgeführt wird (Art. 15
Abs. 2, Fassung gemäss BRB vom 23. Dezember 1960). Zum Beweise dafür,
dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Gesuchsteller vom
Bestimmungsland eine Endverbraucher-Erklärung zu verlangen und sie dem
Ausfuhrgesuch beizulegen. Über das Gesuch entscheidet eine Amtsstelle
des Militärdepartementes, in besonderen Fällen dieses Departement
im Einvernehmen mit dem Politischen Departement. Entscheide über
grundsätzliche Fragen sind dem Bundesrat vorbehalten (Art. 15 Abs. 1,
Fassung gemäss BRB vom 23. Dezember 1960).

    2.- Von diesem Entscheidungsrecht hat der Bundesrat wiederholt Gebrauch
gemacht, indem er die Ausfuhr von Kriegsmaterial nach Ländern, in denen
kriegerische Auseinandersetzungen stattfanden oder zu befürchten waren,
schlechthin verbot oder für solche Länder bestimmtes Material mit einem
Embargo belegte. Bereits am 8. November 1955 beschloss er, dass Israel
und die Arabischen Staaten, zu denen auch Saudi-Arabien, Ägypten und der
Libanon gehören, nicht mehr mit Kriegsmaterial aus der Schweiz beliefert
werden dürfen und jedes neue Fabrikationsgesuch für Waffen nach diesen
Ländern abzulehnen sei. Ähnliche Beschlüsse fasste er insbesondere am
6. Dezember 1963 gegenüber Südafrika, im Februar 1964 gegenüber Indonesien
und Malaysia und am 28. April 1967 gegenüber Nigeria. Der Beschluss über
Indonesien und Malaysia wurde im November 1966 aufgehoben.

    C.- In der Zeit vom 6. Dezember 1963 bis Juni 1968 liessen Lebedinsky,
Gelbert und Meili zusammen mit weitern leitenden Angestellten
der Waffen-Verkaufsabteilung der WO sieben Staaten, welche unter
Embargo-Beschlüsse des Bundesrates fielen, für insgesamt Fr. 88'919,904.--
Kriegsmaterial zukommen. Das sind etwa 16% vom Umsatz, den die Abteilung
in dieser Zeit erzielte. Sie gingen im allgemeinen so vor, dass sie der
zuständigen Amtsstelle ein Ausfuhrgesuch zur Bewilligung von Lieferungen
an ein Land unterbreiteten, das nicht unter einem Embargo stand, und dem
Gesuch eine Endverbraucher-Erklärung dieses Landes beilegten. War die
Bewilligung erteilt, so liessen sie das Kriegsmaterial zum Scheine an
das angegebene Land senden, unterwegs aber durch die Speditionsfirma nach
dem Bestimmungsland umleiten. Die Weisung zur Umleitung gaben Meili oder
Gelbert. Um die verbotenen Lieferungen innerhalb der WO möglichst geheim
zu halten, wurden die Betriebsaufträge zur Herstellung oder Beschaffung
des Materials sowie die Rechnungen für die Buchhaltung ebenfalls auf das
Tarnland ausgestellt.

    Falsche Endverbraucher-Erklärungen beizubringen, war Sache Gelberts,
der viel ins Ausland reiste, Absatzmöglichkeiten zu ermitteln und Kunden
nachzugehen hatte. Die meisten falschen Erklärungen verschaffte er
sich in Frankreich; sie stammten angeblich von Beamten der "Délégation
Ministérielle pour l'Armement" des französischen Armeeministeriums, vom
"Etat-Major particulier" des französischen Verteidigungsministeriums oder
ähnlicher Amtsstellen. Gelbert gab sie an Lebedinsky oder Meili weiter,
die gestützt auf die falschen Erklärungen die Ausfuhrgesuche vorbereiten
liessen. Die Gesuche unterzeichnete in der Regel Meili zusammen mit
Seidemann, vereinzelt auch Lebedinsky, Gelbert oder Rubli zusammen mit je
einem weiteren Angestellten der WO. Mit ihrer Teilnahme an den verbotenen
Lieferungen und deren Umfang verhielt es sich im einzelnen wie folgt:

    1.- Südafrika bestellte in den Jahren 1961/1963 bei der WO 36
Zwillingsgeschütze 35 mm, 119'200 Schuss 35 mm und 415'130 Schuss 30
mm Munition. Davon waren am 6. Dezember 1963, als der Bundesrat das
Embargo gegen Südafrika beschloss, 28 Geschütze und 216'000 Schuss
30 mm Munition noch nicht geliefert; dieses Kriegsmaterial fiel
daher unter die Ausfuhrsperre. Um es gleichwohl ausführen und weiteren
Bestellungen Südafrikas nachkommen zu können, verschaffte Gelbert sich im
Einvernehmen mit Lebedinsky vier falsche Endverbraucher-Erklärungen aus
Frankreich. Mit Hilfe dieser Erklärungen täuschten sie den Bundesbehörden
in 13 inhaltlich ebenfalls falschen Ausfuhrgesuchen vor, das darin
aufgeführte Kriegsmaterial sei für Frankreich bestimmt. Eines der Gesuche
hat Lebedinsky, zehn haben Seidemann und elf Meili mitunterzeichnet.

    Die Bundesbehörden liessen sich täuschen und bewilligten die
Ausfuhr. Auf diese Weise erhielt Südafrika von der WO in der Zeit vom
9. April 1964 bis 28. März 1968 Kriegsmaterial für Fr. 54'243,245.--,
insbesondere 36 Zwillingsgeschütze 35 mm, 325'000 Schuss 35 mm und 380'985
Schuss 30 mm Munition.

    Bührle selbst erfuhr angeblich erst anfangs Juli 1965 durch
Dr. Blättler, den Rechtsberater der Oerlikon-Bührle Holding AG, von
verbotenen Lieferungen nach Südafrika. Er will daraufhin angeordnet haben,
dass dieses Land nicht mehr aus der Schweiz, sondern nur noch aus einer
Fabrik im Ausland beliefert werde.

    Als Ende 1968 gegen Angestellte der WO ein Ermittlungsverfahren
eingeleitet wurde, liess Lebedinsky eine Anzahl Kaufverträge, welche die
WO mit Südafrika geschlossen hatte, sowie schriftliche Bestellungen dieses
Landes vernichten.

    2.- Am 5. und 9. September 1964 lieferten Rubli und Meili Malaysia
10 Geschütze 20 mm. Auf Weisung Lebedinskys benutzten sie dazu eine auf
Indonesien lautende echte Ausfuhrbewilligung, die mehrmals verlängert,
für dieses Land aber nicht verwendet wurde. Zum Scheine liessen sie die
Geschütze nach Indonesien ausführen, unterwegs jedoch umleiten. Eine
weitere unerlaubte Lieferung bereiteten sie so vor, dass sie die
Bundesbehörden am 21. Juni 1965 ersuchten, die Ausfuhr von 28 Geschützen
20 mm nach Thailand zu bewilligen, und dem Gesuch eine angeblich von
der thailändischen Marinepolizei ausgestellte Endverbraucher-Erklärung
beilegten. Das Gesuch wurde bewilligt, die Bewilligung jedoch für die
Ausfuhr von 14 Geschützen nach Malaysia verwendet.

    Malaysia erhielt so im September 1964 und August 1965 insgesamt
24 Geschütze 20 mm im Werte von Fr. 619'203.--. Die schriftlichen
Lieferaufträge Malaysias liess Lebedinsky Ende 1968 vernichten.

    3.- Mit Hilfe von neun unwahren Endverbraucher-Erklärungen aus
Frankreich und drei solchen Bescheinigungen aus Iran täuschte Lebedinsky
mit seinen Untergebenen den Bundesbehörden in 24 Ausfuhrgesuchen vor, es
gehe um Bestellungen aus diesen Ländern, während es sich in Wirklichkeit
um geplante Lieferungen nach Israel, in drei Gesuchen teils auch um
Kriegsmaterial für Südafrika handelte. Bei fünf weiteren Gesuchen, die
ohne Endverbraucher-Erklärungen eingereicht wurden und Zeitzünder sowie
Radareinrichtungen betrafen, ging es entgegen den Angaben ebenfalls
um Lieferungen nach Israel. Die falschen Erklärungen besorgte alle
Gelbert. Von den Ausfuhrgesuchen, die mit zwei Ausnahmen alle bewilligt
wurden, haben Meili 24, Seidemann 23 und Lebedinsky eines mitunterzeichnet.

    Von Ende Februar 1966 bis Ende September 1968 erhielt Israel
durch unerlaubte Lieferungen der WO Kriegsmaterial im Werte von
Fr. 17'504,537.--, nämlich 381'098 Schuss 30 mm Munition, 100'000 Zünder,
50 Trommelmagazine, 4'050 Raketen 8 cm, 2'000 Zeitzünder, 370'000
Zünderzündkapseln sowie verschiedene Radarbestandteile.

    4.- Durch Vertrag vom 16. Juni 1967 verpflichteten sich Lebedinsky
und Meili namens der WO, Nigeria 48 Geschütze 20 mm und 100'000 Schuss
20 mm Munition zu liefern. Einen weitern Vertrag mit diesem Land über
die Lieferung von 48 Geschützen und 50'000 Schuss Munition schlossen sie
am 5. Februar 1968. Um den Embargo-Beschluss des Bundesrates umgehen zu
können, liess Gelbert sich am 3. Juli 1967 angeblich von einem Vertreter
der Imperial Ethiopian Air Force die Endverbraucher-Erklärung ausstellen,
dass die Lieferung der WO von 100 Geschützen 20 mm und 200'000 Schuss
20 mm Munition für Äthiopien bestimmt sei und nicht wieder ausgeführt
werde. Die Erklärung wurde drei Ausfuhrgesuchen beigelegt, die angeblich
Lieferungen nach Äthiopien betrafen. Zwei weitere Gesuche wurden ohne
Endverbraucher-Erklärung, jedoch mit der Verpflichtung eingereicht, das
Kriegsmaterial gegebenenfalls in die Schweiz zurückzunehmen. Meili hat
alle, Gelbert und Seidemann haben je zwei Gesuche mitunterzeichnet. Die
Bundesbehörden bewilligten die Gesuche, widerriefen am am 21. August 1968
aber eine Bewilligung; die übrigen wurden von der WO, wie vorgesehen,
zu Lieferungen nach Nigeria missbraucht.

    Nigeria erhielt so in der Zeit vom 19. Juli 1967 bis 26. März 1968
insgesamt 96 Geschütze 20 mm und 100'000 Schuss 20 mm Munition im Werte
von Fr. 5'447,436.--.

    Den Kaufvertrag vom 16. Juni 1967 liess Meili Ende 1968 auf Weisung
Lebedinskys beseitigen, denjenigen vom 5. Februar 1968 teilweise abändern,
um ein rechtmässiges Geschäft vorzutäuschen.

    5.- Zwei falsche Endverbraucher-Erklärungen, welche bereits im Falle
Israel verwendet wurden, benutzten Gelbert und Meili im Einvernehmen
mit Lebedinsky auch, um die Bundesbehörden in zwei Ausfuhrgesuchen
über geplante Raketenlieferungen nach Saudi-Arabien zu täuschen. Die
Gesuche, die Meili und Seidemann mitunterzeichneten, wurden bewilligt,
das Kriegsmaterial daraufhin zum Scheine teils nach Iran, teils nach
Frankreich ausgeführt und von dort nach Saudi-Arabien weitergeleitet;
dieses Land erhielt so 4000 Raketen 8 cm im Werte von Fr. 4'450,000.--.

    6.- Am 10. Februar 1968 schlossen Lebedinsky und Meili namens der WO
mit Kamil, einem Vertreter Ägyptens, einen Kaufvertrag über 228 Geschütze
20 mm und 77'250 Schuss 20 mm Munition. Um die Bundesbehörden über das
Bestimmungsland zu täuschen, verschaffte Gelbert sich in Addis-Abeba
eine Endverbraucher-Erklärung, die zwei von Meili mitunterzeichneten
Ausfuhrgesuchen für angebliche Lieferungen des Kriegsmaterials nach
Äthiopien beigelegt wurde. Die Bundesbehörden liessen sich irreführen
und erteilten die verlangten Bewilligungen. Das Material wurde daraufhin
zum Scheine nach Äthiopien geliefert, im Ausland aber nach Ägypten
umgeleitet. Es handelte sich um 220 Geschütze 20 mm und 51'420 Schuss
20 mm Munition. Acht weitere Geschütze, die für Nigeria bestimmt
waren und sich bereits in Marseille befanden, wurden ebenfalls nach
Ägypten geliefert. Dieses Land erhielt so Kriegsmaterial im Werte von
Fr. 6'505,320.--.

    Der Kaufpreis wurde 1968 von der ägyptischen Botschaft in in Bern
in vier Teilzahlungen beglichen. Dreimal holte Meili das Geld in Bern
ab und händigte es Abplanalp aus. Einmal war er begleitet von Seidemann,
der zusammen mit einem weitern Angestellten der WO die vierte Teilzahlung
holen ging.

    Als die Bundesbehörden am 30. Juli 1968 über die (vorgetäuschte)
Kriegsmateriallieferung nach Äthiopien Auskunft verlangten, flog Gelbert im
Einvernehmen mit Lebedinsky nach Addis-Abeba und liess sich dort von einem
angeblichen Ato Abete Haile Mariam schriftlich bestätigen, die äthiopische
Luftwaffe habe von der WO 320 Geschütze 20 mm und 277'250 Schuss 20 mm
Munition gekauft. Eine Kopie dieser angeblich bereits am 15. Juli 1967
ausgestellten Bestätigung stellten sie hierauf den Bundesbehörden zu. Den
mit Ägypten abgeschlossenen Kaufvertrag liess Meili Ende 1968 auf Weisung
Lebedinskys vernichten.

    7.- Gelbert und Meili kamen anfangs 1968 überein, dem Libanon auf
eine Bestellung hin Munition zu liefern. Lebedinsky billigte das geplante
Geschäft. Mit Hilfe einer Endverbraucher-Erklärung, die sich Gelbert von
einem angeblichen Beamten des belgischen Generalstabes ausstellen liess,
täuschten sie den Bundesbehörden in einem Ausfuhrgesuch vom 28. März
1968 vor, die darin aufgeführte Munition sei für Belgien bestimmt. Die
Bundesbehörden vertrauten auf die Angaben und bewilligten die Ausfuhr. Die
Munition wurde daraufhin zum Scheine nach Belgien ausgeführt, nachdem
sie die Schweiz verlassen hatte, aber nach dem Libanon umgeleitet. Es
handelte sich um 4100 Schuss 20 mm Munition im Werte von Fr. 150'162.--.

    Die schriftliche Bestellung Libanons liess Meili Ende 1968 auf Weisung
Lebedinskys vernichten.

Auszug aus den Erwägungen:

                    Das Bundesstrafgericht hat erwogen:

Erwägung 1

    I.1.- Widerhandlungen gegen den Kriegsmaterialbeschluss unterstehen der
Bundesgerichtsbarkeit (Art. 22 Abs. 1 KMB). Die Gerichtsbarkeit des Bundes
besteht auch hinsichtlich der dem Angeklagten Abplanalp zur Last gelegten
Begünstigung. Die Anklage sieht dieses Vergehen insbesondere darin, dass
Abplanalp 1968 Belege beseitigt haben soll, um die verbotenen Lieferungen
von Kriegsmaterial nach Saudi-Arabien und Ägypten zu verschleiern und die
Beteiligten einer allfälligen Strafverfolgung zu entziehen. Die behauptete
Begünstigung richtete sich gegen eine Verfolgung durch die Bundesbehörden
und damit gegen die Bundesrechtspflege im Sinne von Art. 340 Ziff. 1
Abs. 5 StGB.

    Nicht der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen dagegen die den
Angeklagten vorgeworfenen Urkundendelikte. Es geht weder bei den von
Angeklagten verfälschten oder beseitigten Schriftstücken (Kaufverträge,
Bestellungen, Belege) noch bei den von ihnen zur Täuschung gebrauchten
(falschen) Endverbraucher-Erklärungen um Urkunden des Bundes im Sinne von
Art. 340 Ziff. 1 Abs. 4 StGB; denn als Bundesurkunde gilt ein Schriftstück
nur, wenn es von einer Behörde oder einem Beamten des Bundes, sei es in
Ausübung staatlicher Hoheit, sei es in Erfüllung öffentlicher Aufgaben
oder gewerblicher Verrichtungen, ausgestellt wird (vgl. BGE 39 I 245,
58 I 64, 69 IV 65 Erw. 2, 71 IV 153 Erw. 2).

    Durch Beschluss vom 29. Januar 1969 hat der Bundesrat indes gemäss Art.
344 Ziff. 1 Abs. 1 StGB die Verfolgung und Beurteilung in der Hand der
Bundesbehörden vereinigt, die Gerichtsbarkeit also auch hinsichtlich der
Urkundendelikte dem Bundesgericht übertragen. Das Bundesstrafgericht ist
daher für die Beurteilung aller Straftaten, die Gegenstand der Anklage
sind, zuständig.

Erwägung 2

    I.2.- Wer vorsätzlich in einem auf Grund des Kriegsmaterialbeschlusses
eingereichten Gesuch unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
die für die Bewilligungserteilung wesentlich sind, oder ein von einem
Dritten verfasstes Gesuch dieser Art verwendet, wird mit Gefängnis
oder Busse bestraft (Art. 18 Abs. 1 lit. b KMB). Die gleichen Strafen
droht der Beschluss demjenigen an, der Kriegsmaterial, für das er eine
Ausfuhrbewilligung gemäss Art. 14 oder 15 besitzt, im In- oder Ausland
nach einem andern als dem in der Bewilligung genannten Empfänger oder
Empfangsort umleitet oder umleiten lässt (Art. 18 Abs. 1 lit. c KMB).

    Die Verteidigung macht geltend, diese beiden Straftatbestände
könnten nicht unabhängig voneinander erfüllt werden. Das Umleiten des
Kriegsmaterials an ein anderes als das in der Bewilligung genannte Land sei
die zwingende Folge des inhaltlich falschen Ausfuhrgesuches und ein solches
Gesuch die notwendige Voraussetzung für das Umleiten. Das Verhalten des
Täters, der mit unwahren Angaben eine Ausfuhrbewilligung erwirke und das
Kriegsmaterial nachher umleite, werde daher schon von Art. 18 Abs. 1 lit. b
erfasst. Der Bundesanwalt vertritt dagegen die Auffassung, eine Bestrafung
nach lit. b gelte eine Handlung gemäss lit. c nicht ab, und umgekehrt.

    Die Verteidigung übersieht, dass weder das Umleiten noch das
Umleitenlassen zum Tatbestand von lit. b gehört. Schon daraus erhellt, dass
diese Bestimmung das Verhalten des Täters, der im Bewilligungsverfahren
entgegen seinen Absichten vorgibt, das Kriegsmaterial an das im Gesuch
angegebene Land zu liefern, es dann aber nach einem andern umleitet,
nicht nach allen Seiten erfasst, von einer unechten Gesetzeskonkurrenz
im Verhältnis zu lit. c folglich nicht die Rede sein kann. Dass dem
Umleiten hier (mit einer Ausnahme) stets ein Ausfuhrgesuch mit falschen
Angaben vorausgegangen ist, hilft darüber nicht hinweg. Der Täter kann
den Tatbestand von lit. b erfüllen, ohne sich zugleich nach lit. c
zu vergehen. Das trifft z.B. zu, wenn er selber weder umleitet noch
umleiten lässt, sondern sich mit dem Erschleichen der Ausfuhrbewilligung
begnügt. Ebensowenig lässt sich sagen, ein strafbares Umleiten setze
notwendigerweise ein Ausfuhrgesuch mit falschen Angaben voraus. Wenn der
Täter mit einem wahrheitsgemässen Gesuch eine Ausfuhrbewilligung erwirkt,
sich dann aber entschliesst, das Kriegsmaterial nicht, wie er zunächst
vorhatte, dem im Gesuch angeführten, sondern einem andern Land zu liefern,
so macht er sich nur wegen Umleitens strafbar. So verhielt es sich z.B. bei
der ersten Lieferung nach Malaysia (s. hiervor C/2).

    Die Beispiele zeigen, dass lit. b und c sich auf verschiedene
Vorgänge beziehen und Tatbestände enthalten, die unabhängig voneinander
erfüllt werden können. Wer beide erfüllt, macht aber sowohl unter dem
Gesichtspunkt des Erfolges als auch unter dem der Schuld mehr als jemand,
der nur entweder die eine oder die andere Straftat verübt; er ist daher
nach beiden Bestimmungen strafbar (vgl. BGE 77 IV 92 Erw. 2).

Erwägung 3

    I.3.- Die Verteidigung macht ferner geltend, Art. 18 Abs. 1 lit. b
KMB erfasse nicht nur unrichtige und unvollständige Angaben, sondern
auch Urkundenfälschungen, insbesondere den Gebrauch von falschen
Endverbraucher-Erklärungen. Solche Erklärungen seien ausserhalb des
Bewilligungsverfahrens rechtlich bedeutungslos; man habe sie hier
jedenfalls nur benutzt, um die unwahren Angaben in den Ausfuhrgesuchen zu
stützen. Auf diesen Tatbestand treffe aber gerade Art. 18 Abs. 1 lit. b
KMB zu. Art. 251 StGB sei entgegen der Auffassung des Bundesanwalts
nicht anwendbar.

    Die Verteidigung will damit sagen, die Bestimmung des Spezialgesetzes
gehe derjenigen des Strafgesetzbuches vor; sie beruft sich denn auch auf
Spezialität. Solche wäre indes nur anzunehmen, wenn der Tatbestand des KMB
denjenigen der Urkundenfälschung in allen Teilen in sich schlösse. Das
trifft offensichtlich nicht zu. Art. 18 Abs. 1 lit. b KMB erwähnt weder
die Merkmale der Urkundenfälschung noch den Gebrauch falscher Urkunden zur
Täuschung der Behörden. Nach dieser Bestimmung macht sich vielmehr schon
strafbar, wer in einem Gesuch unrichtige oder unvollständige Angaben
macht, die für die Erteilung der Bewilligung wesentlich sind. Nicht
nötig ist, dass der Täter die Angaben mit falschen Urkunden tarne. Da
nicht in allen Fällen Endverbraucher-Erklärungen verlangt werden,
kann er schon mit einem inhaltlich falschen Gesuch eine Bewilligung
erwirken. Art. 14 Abs. 3 KMB (Fassung gemäss BRB vom 27. Dezember 1967)
sieht vor, dass Ausfuhrbewilligungen "in der Regel" nur erteilt werden,
wenn die dort angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Wortlaut der
Bestimmung lässt also Ausnahmen zu, insbesondere in dem Sinne, dass die
Bewilligungsbehörde auf eine Endverbraucher-Erklärung verzichtet. Solche
Ausnahmen sind auch hier gemacht worden. Im Falle Nigeria erwirkten die
Angeklagten zwei, im Falle Israel sogar fünf Ausfuhrbewilligungen, ohne
die inhaltlich unwahren Gesuche mit falschen Endverbraucher-Erklärungen
zu stützen (s. hiervor C/3 und 4).

    Ebensowenig ist der Gebrauch einer falschen Urkunde im Sinne
von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB wertmässig, dem Verschulden und
dem Unrecht nach (BGE 91 IV 213), im Tatbestand des Art. 18 Abs. 1
lit. b KMB enthalten, weshalb auch von Konsumtion nicht die Rede sein
kann. Das ergibt sich schon daraus, dass diese Bestimmung bloss Gefängnis
oder Busse, jene dagegen Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis
androht. Wer unwahre Angaben im Bewilligungsverfahren mit falschen
Urkunden deckt, der vergeht sich denn auch schwerer als derjenige, der
sich mit unrichtigen oder unvollständigen Angaben im Gesuch begnügt. Sein
strafbares Verhalten ist nur dann allseits erfasst und seine Schuld im
vollen Umfange abgegolten, wenn neben Art. 18 Abs. 1 lit. b KMB auch
Art. 251 StGB Anwendung findet. Mit dem Unrecht der Täuschung verhält
es sich nicht anders. Mag mit falschen Angaben im Gesuche und einer
entsprechenden Endverbraucher-Erklärung auch das gleiche bezweckt werden,
macht es doch einen Unterschied, ob der Täter es bei schriftlichen Lügen
bewenden lässt oder sie mit einer falschen Urkunde belegt. Der im Gebrauch
der falschen Endverbraucher-Erklärung liegende Unrechtsgehalt wäre aber
nicht miterfasst und geahndet, wenn der Täter diesfalls einzig nach
Art. 18 Abs. 1 lit. b KMB bestraft würde.

    Dass es in dieser Bestimmung um Täuschungshandlungen gegenüber
einer Behörde geht, ist kein Grund, den Täter zu privilegieren. Wer den
Staat hintergeht, ist entgegen einer weit verbreiteten Auffassung nicht
weniger strafwürdig als derjenige, der die Urkundenfälschung gegenüber
einer Privatperson verübt. Die ausschliessliche Anwendung der mildern
Spezialbestimmung ist insbesondere nicht schon deswegen am Platze, weil
der Täter dem Getäuschten im ersten Fall in einem öffentlichrechtlichen
Verhältnis untergeordnet, im zweiten jedoch gleichgeordnet gegenübersteht
(vgl. NOLL, ZStR 1959 S. 48). Wo eine Behörde, wie hier, zur Erfüllung
ihrer Aufgaben darauf angewiesen ist, dass Gesuchsteller wahrheitsgemäss
Angaben machen und echte Endverbraucher-Erklärungen beibringen, wiegen
die Ausnützung täuschungsbegünstigender Umstände und die Ausbeutung von
Vertrauen (vgl. Art. 9 Abs. 4 KMB) jedenfalls nicht weniger schwer als
Täuschungshandlungen gegenüber einem Privaten. Die Strafbestimmungen
des KMB enthalten denn auch nicht den geringsten Anhalt dafür, dass
der Beschluss die strafbaren Handlungen im Bewilligungsverfahren wegen
der Stellung des Täters abschliessend regle und auch die verwandten
Tatbestände des StGB erfasse. Nach Art. 21 bis Abs. 2 KMB werden die
besondern Bestimmungen des StGB vielmehr ausdrücklich vorbehalten.

    Wer im Bewilligungsverfahren unwahre Angaben macht und sie mit
einer falschen Endverbraucher-Erklärung tarnt, ist daher sowohl nach
Art. 18 Abs. 1 lit. b KMB als auch nach Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB
strafbar. Die Lösung entspricht der Rechtsprechung des Kassationshofes, der
Idealkonkurrenz annimmt, wenn sich der besondere Tatbestand mit demjenigen
des StGB nicht deckt, für die gleichzeitige Anwendung beider Bestimmungen
Raum bleibt und der Kumulation nicht eine besondere Kollisionsnorm des
Spezialgesetzes entgegensteht (BGE 77 IV 46; 80 IV 39; 81 IV 118, 162,
247; 83 IV 139; 86 IV 92; 88 IV 137).

Erwägung 4

    I.4.- Gelbert weigerte sich im Untersuchungsverfahren, über die
Personen, die ihm die (falschen) Endverbraucher-Erklärungen besorgten,
Auskunft zu geben. In der Hauptverhandlung erklärte er, dass das mit
Briefkopf versehene Papier sowie die Stempel und Unterschriften auf den
Schriftstücken echt, die darin enthaltenen Erklärungen dagegen erfunden
seien.

    Eine strafbare Falschbeurkundung liegt nur vor, wenn die Urkunde gerade
dazu bestimmt ist, die erlogene Tatsache aufzunehmen und festzustellen
(BGE 72 IV 72). Das trifft auf die von Gelbert eingebrachten Erklärungen
zu. Die Endverbraucher-Erklärung ist die Bescheinigung einer ausländischen
Regierungsstelle, dass sie das in der Schweiz bestellte Kriegsmaterial
nur für das eigene Land benötige und nicht wieder ausführe. Die Erklärung
ist eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung im Sinne des Art. 110 Ziff. 5
StGB, weil sie in der Regel vorliegen muss, damit die Ausfuhr bewilligt
werden darf (Art. 14 Abs. 3 KMB, Fassung gemäss BRB vom 27. Dezember
1967). Indem die von Gelbert angegangenen Personen im Namen von Regierungs-
oder hohen Verwaltungsstellen wider besseres Wissen solche Bescheinigungen
ausstellten, haben sie daher rechtlich erhebliche Tatsachen unrichtig
beurkundet. Lebedinsky und Gelbert anerkannten in der Hauptverhandlung
denn auch ausdrücklich, dass es sich um inhaltlich falsche Urkunden,
d.h. um Falschbeurkundungen handelte.

    Urkundenfälschung und Gebrauch einer falschen Urkunde sind mit
der gleichen Strafe bedroht, jedoch selbständige Tatbestände (Art. 251
Ziff. 1 StGB). Erfüllt der Täter beide, so darf er entweder nur wegen
Fälschung oder bloss wegen Gebrauchs des Falsifikates bestraft werden
(BGE 95 IV 73 Erw. b und c). Bei dieser Rechtslage kann im vorliegenden
Fall dahingestellt bleiben, wie es sich mit den im Ausland veranlassten
Falschbeurkundungen verhält, ob insbesondere das Gesetz am Begehungsorte
für den Täter milder wäre (Art. 6 StGB). Der Bundesanwalt hat denn
auch nur den Gebrauch der Falsifikate im Inland unter Anklage gestellt;
dafür aber haben die Täter nach schweizerischem Recht einzustehen (Art. 7
Abs. 1 StGB).

Erwägung 5

    I.5.- Die Verteidiger von Lebedinsky und Meili sind der Auffassung,
die nachträgliche Verfälschung eines Kaufvertrages im Falle Nigeria durch
die Angeklagten sei ein besonders leichter Fall im Sinne von Art. 251
Ziff. 3 StGB. Dasselbe sei von der falschen Bestätigung zu sagen,
welche Gelbert sich auf Weisung Lebedinskys in Addis-Abeba beschaffte,
um den Bundesbehörden eine verbotene Waffenlieferung nach Ägypten zu
verheimlichen.

    Ob ein besonders leichter Fall im Sinne von Art. 251 Ziff. 3 StGB
gegeben sei, hängt von den gesamten Umständen ab, die bei der Abwägung
des Verschuldens zu berücksichtigen sind (vgl. BGE 95 IV 26 Erw. c). Im
vorliegenden Fall lassen die Umstände das Verschulden der Beteiligten
nicht als geringfügig erscheinen. Welche Bedeutung die Angeklagten
z.B. der falschen Bestätigung beimassen, erhellt daraus, dass Gelbert
einzig zu deren Beschaffung nach Addis-Abeba reiste. Mögen die Angeklagten
die zu beurteilenden Fälschungen auch vorwiegend in der Absicht verübt
haben, verbotene Lieferungen von Kriegsmaterial zu vertuschen, so zeigt
ihr Vorgehen doch, dass sie auch hier nicht davor zurückschreckten,
Drittstaaten zur Irreführung schweizerischer Behörden zu missbrauchen. Zu
einer andern Beurteilung besteht umsoweniger Anlass, als das Gesetz bei
der Abgrenzung der privilegierten von den einfachen Fällen einen strengen
Massstab angelegt wissen will und der Richter Art. 251 Ziff. 3 StGB nicht
leichthin anwenden soll (BGE 71 IV 216 Erw. 2).

Erwägung 6

    I.6.- Die Verteidigung wendet ferner ein, die Angeklagten Lebedinsky
und Meili seien berechtigt gewesen, belastende Beweisstücke über verbotene
Lieferungen vernichten zu lassen.

    Der Einwand geht fehl. Es ist unbestritten und liegt zudem auf der
Hand, dass es den Angeklagten bei der Beseitigung von Unterlagen wie bei
den nachträglichen Fälschungen darum gegangen ist, sich der Strafverfolgung
zu entziehen. Selbstbegünstigung ist freilich in der Regel nicht strafbar
(BGE 72 IV 164, 73 IV 239). Wenn die Selbstbegünstigung in einer andern
strafbaren Handlung besteht, entgeht der Täter der Strafe jedoch nicht (BGE
75 IV 179, 76 IV 106). Ein solcher Fall liegt hier vor. Wer wie die WO zur
Führung von Geschäftsbüchern verpflichtet ist, hat nicht nur diese, sondern
auch Geschäftskorrespondenzen während zehn Jahren aufzubewahren (Art. 962
OR). Die Pflicht der WO zur Aufbewahrung von Belegen und Korrespondenzen
ergab sich zudem aus Art. 16 Abs. 4 KMB. Indem Lebedinsky und Meili Ende
1968 insbesondere Kaufverträge und Bestellungen, die sich auf verbotene
Kriegsmateriallieferungen bezogen, vernichteten oder vernichten liessen,
um der Strafverfolgung zu entgehen, setzten sie sich über diese Pflicht
hinweg; sie unterdrückten Urkunden, über die sie nicht verfügen durften,
und wollten sich durch die unerlaubte Handlung einen unrechtmässigen
Vorteil im Sinne von Art. 254 Abs. 1 StGB verschaffen.

Erwägung 7

    I.7.- Die Vorbereitung und Durchführung der verbotenen Lieferungen
waren nie Sache eines einzigen Angeklagten, sondern stets die Arbeit
mehrerer, die nach den ihnen auch bei erlaubten Geschäften zukommenden
Rollen oder Aufgaben bewusst und gewollt zusammenwirkten, um die
Ausfuhr des Kriegsmaterials nach dem unter Embargo stehenden Lande
zu ermöglichen. Das ist, wie der Bundesanwalt mit Recht bemerkt,
Mittäterschaft. Soweit die Angeklagten zu den verbotenen Lieferungen
in Kenntnis der wahren Sachlage beigetragen haben, sei es, dass sie
als Vorgesetzte die Straftaten veranlasst oder sie nicht nach ihren
Möglichkeiten verhindert, sei es, dass sie als Untergebene die Straftaten
ausgeführt haben, sind sie daher als Mittäter zur Verantwortung zu ziehen.

Erwägung 1

    II.1.- Der Angeklagte Lebedinsky hat über die ihm zur Last gelegten
Straftaten in der Untersuchung ein glaubwürdiges Geständnis abgelegt und
dieses in der Hauptverhandlung ausdrücklich aufrechterhalten. Er hat vor
Gericht insbesondere erklärt, dass er in allen Fällen, die Gegenstand
der Anklage sind, von den verbotenen Geschäften Kenntnis gehabt, sie als
Vorgesetzter gebilligt habe und dafür die Verantwortung übernehme. An
der Vorbereitung einiger Geschäfte hat er selber aktiv mitgewirkt,
indem er z.B. ein inhaltlich falsches Ausfuhrgesuch mitunterzeichnete,
in Ägypten mit General Riad über Waffenlieferungen verhandelte und nicht
nur mit diesem Lande, sondern auch mit Nigeria namens der WO Kaufverträge
über Kriegsmaterial abschloss. Als Direktor der Waffen-Verkaufsabteilung
hat er aber auch für die übrigen Fälle einzustehen. Er war der Initiant
der wiederholten und fortgesetzten Widerhandlungen gegen den KMB und der
damit verbundenen Urkundenfälschungen. Das zeigt sich darin, dass er auch
in Fällen, in denen er nach aussen nicht handelnd in Erscheinung trat,
eine massgebende Rolle spielte. Als der Bundesrat gegenüber Südafrika
ein Embargo verhängte, entschloss er sich, dieses Land mit Hilfe falscher
Endverbraucher-Erklärungen weiterhin von der Schweiz aus zu beliefern. Er
war es auch, der Gelbert veranlasste, solche Erklärungen für Lieferungen
nach Südafrika und andern unter Embargo stehenden Ländern zu besorgen.

    Die Bedeutung seiner Rolle erhellt insbesondere auch aus seinem
Verhalten im Sommer und Herbst 1968, als die Bundesbehörden Verdacht
schöpften und die Angeklagten mit einer Untersuchung rechneten. Anfangs
August beauftragte er Gelbert, nach Addis-Abeba zu fliegen, um die
falsche Bestätigung eines gewissen Mariam beizubringen, mit der die
Leitung der WO sich gegenüber den misstrauisch gewordenen Bundesbehörden
rechtfertigen wollte. Als die Untersuchung bevorstand oder bereits im
Gange war, erteilte Lebedinsky die Weisung, belastende Aktenstücke, wie
Verträge und Bestellungen, zu vernichten. Ferner liess er einen mit Nigeria
geschlossenen Kaufvertrag über die Lieferung von Flab-Kanonen durch Meili
so abändern, dass die Meinung entstand, die Urkunde beziehe sich auf ein
erlaubtes Geschäft. Er hat sich dadurch der Urkundenfälschung im Sinne
von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB sowie der Urkundenunterdrückung
(Art. 254 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht.

    Lebedinsky hat sich nach seinen eigenen Aussagen bewusst über die
Embargo-Beschlüsse des Bundesrates hinweggesetzt. Er war entschlossen,
gleichwohl zu liefern, will sich aber nicht ein für allemal, sondern
von Land zu Land für die Umgehung der Beschlüsse entschieden haben. Er
begründete sein Verhalten vor allem damit, dass er der WO Kunden erhalten
wollte, weil es angesichts der grossen Konkurrenz im internationalen
Waffenhandel schwierig sei, verlorene Kunden zurückzugewinnen; dazu
sei das Interesse der Firma an einer steten Fabrikation gekommen, was
für die Programmierung und Entwicklung neuer Waffen wichtig sei. Durch
die Umgehung der Beschlüsse hat Lebedinsky sich der wiederholten und
fortgesetzten Widerhandlung gegen Art. 18 Abs. 1 lit. b und c KMB schuldig
gemacht. Soweit dazu falsche Endverbraucher-Erklärungen verwendet
worden sind, ist er ausserdem wegen wiederholter und fortgesetzter
Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB zu verurteilen.

Erwägung 2

    II.2.- Der Angeklagte Gelbert hat an den verbotenen Lieferungen
nach Südafrika, Israel, Nigeria, Saudi-Arabien, Ägypten und dem
Libanon mitgewirkt. Auf Veranlassung Lebedinskys besorgte er die
falschen Endverbraucher-Erklärungen, welche teils einmal, teils
wiederholt zur Täuschung der Bundesbehörden verwendet wurden. Eine
dieser Erklärungen erhielt er angeblich von belgischen, zwei von
äthiopischen, drei von iranischen und elf von französischen Regierungs-
oder Verwaltungsstellen. Auf die Fragen, welche Personen ihm zu den
falschen Urkunden verhalfen und wieviel er ihnen dafür bezahlte,
wollte Gelbert weder in der Untersuchung noch in der Hauptverhandlung
antworten. Er räumte in anderm Zusammenhang lediglich ein, dass man ihn
auf Verbindungen aufmerksam gemacht habe, er im Ausland "so hoch wie
möglich", mit Generalstäben, Ministern und Königen verkehrt habe und
dass die Anbahnung und Vermittlung von Geschäften im internationalen
Waffenhandel viel Geld koste. Dies lässt auf hohe Belohnungen schliessen.

    Gelbert übergab die falschen Endverbraucher-Erklärungen Lebedinsky
oder Meili, will sich dann aber nicht mehr um sie bekümmert haben. Er
wusste jedoch, dass damit den Bundesbehörden erlaubte Lieferungen
vorgetäuscht und Embargo-Beschlüsse des Bundesrates umgangen wurden. Wegen
der Rolle, die er dabei spielte, wollte er seine Stelle bei der WO
denn auch mehrmals aufgeben, brachte den Mut zur Kündigung aber nicht
auf. Seine Mitwirkung beschränkte sich übrigens nicht darauf, erfundene
Erklärungen einzubringen. Im Falle Israel hat er wiederholt Bestellungen
entgegengenommen und selber bearbeitet. Im Falle Nigeria hat er zwei
falsche Ausfuhrgesuche mitunterzeichnet und die falsche Bestätigung
des Mariam eingeholt. Bei zahlreichen Lieferungen sorgte er zudem
durch Weisungen an die Speditionsfirma dafür, dass das Kriegsmaterial
nach dem Bestimmungsland umgeleitet wurde. Auch hat er Lebedinsky
auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, Saudi-Arabien mit Raketen zu
beliefern. Wenn er bei einigen Lieferungen nach Israel angenommen haben
will, es handle sich nicht um Kriegsmaterial, so verdient er angesichts
seines Einsatzes und seines an der Hauptverhandlung selbst bekundeten
besondern Interesses für dieses Land keinen Glauben. Er hat mit der
Möglichkeit, dass die Lieferungen Kriegsmaterial enthielten, jedenfalls
gerechnet und sie in Kauf genommen, folglich zumindest mit Eventualvorsatz
gehandelt.

    Gelbert ist daher der wiederholten und fortgesetzten Urkundenfälschung
im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB sowie der wiederholten und
fortgesetzten Widerhandlung gegen Art. 18 Abs. 1 lit. b und c KMB schuldig
zu sprechen.

Erwägung 3

    II.3.- Der Angeklagte Meili hat in allen Fällen, die Gegenstand
der Anklage sind, in der einen oder andern Weise aktiv mitgewirkt. Er
kannte den Waffenhandel aus langjährigen Erfahrungen und gehörte denn
auch von Anfang an zu den Eingeweihten. Er wusste insbesondere, dass
Embargo-Beschlüsse des Bundesrates umgangen werden sollten und die zur
Täuschung der Bundesbehörden benutzten Endverbraucher-Erklärungen erlogen
waren. Statt Widerstand zu leisten, hat er als Leiter der Administration
oder Sachbearbeiter von Geschäften aus arabischen Staaten, wie er sich in
der Hauptverhandlung ausdrückte, einfach mitgemacht. Seine Rolle erhellt
vor allem daraus, dass er namens der WO die Kaufverträge mit Nigeria
und Ägypten sowie über vierzig falsche Ausfuhrgesuche mitunterzeichnet
hat. Wenn er bei einzelnen Lieferungen das Bestimmungsland nicht
gekannt haben will, hat er doch unbekümmert darum mitgemacht und
zumindest eventualvorsätzlich gehandelt. Im Falle Israel erklärte
er denn auch, er habe gewusst, dass das Kriegsmaterial für dieses
Land bestimmt war, hätte die Ausfuhrgesuche aber auch unterschrieben,
wenn ihm der Bestimmungsort nicht bekannt gewesen wäre. In Kenntnis des
Sachverhaltes hat Meili ferner die Betriebsaufträge ausfertigen lassen,
die zur Verheimlichung der Straftaten in der WO auf ein Tarnland oder
einen Decknamen (z.B. Sophie) lauteten; die meisten Aufträge hat er zudem
selber unterschrieben. Schliesslich hat er die Speditionsfirma in vielen
Fällen angewiesen, das ausgeführte Kriegsmaterial nach dem Bestimmungsland
umzuleiten.

    Meili will bisweilen Bedenken gehabt haben, weiter mitzumachen,
hat die Skrupel nach seinen Angaben aber "von Fall zu Fall wieder
beerdigt", weil er aus Altersgründen die Stelle nicht mehr wechseln
wollte. Wegen seiner Mittäterschaft bei der Vorbereitung und Durchführung
der verbotenen Lieferungen ist er daher der wiederholten und fortgesetzten
Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB sowie der
wiederholten und fortgesetzten Widerhandlung gegen Art. 18 Abs. 1 lit. b
und c KMB schuldig zu erklären.

    Indem er einen mit Nigeria geschlossenen Kaufvertrag nachträglich auf
Weisung Lebedinskys abänderte, um den Untersuchungsbehörden ein erlaubtes
Geschäft vortäuschen zu können, hat Meili sich ferner der Urkundenfälschung
im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB schuldig gemacht. Auf
Weisung Lebedinskys hat er zu Beginn der Untersuchung ausserdem zusammen
mit einer Sekretärin belastende Aktenstücke, insbesondere einen mit Nigeria
und den mit Ägypten geschlossenen Kaufvertrag sowie eine schriftliche
Bestellung des Libanons vernichtet. Dass er auch in den Fällen Südafrika
und Malaysia bei der Vernichtung von Unterlagen mitwirkte, konnte ihm
nicht nachgewiesen werden. Er ist daher in den ersten drei Fällen der
fortgesetzten Urkundenunterdrückung im Sinne von Art. 254 Abs. 1 StGB
schuldig zu erklären, in den beiden letzten dagegen von der Anklage
freizusprechen.

    Freizusprechen ist Meili auch von der Anklage, Art. 19 Abs. 2 KMB
zuwidergehandelt zu haben. Nach dieser Bestimmung macht sich strafbar, wer
unerlaubte Geschäfte über Kriegsmaterial finanziert oder deren Finanzierung
vermittelt, d.h. für solche Geschäfte Kapital beschafft oder beschaffen
hilft. Das hat Meili dadurch, dass er 1968 als Angestellter der WO bei
der ägyptischen Botschaft in Bern dreimal Geld abholte, das Ägypten der
Firma aus dem Kauf von Waffen und Munition schuldete (vgl. hiervor C/6),
nicht getan.

Erwägung 4

    II.4.- Der Bundesanwalt wirft Bührle fortgesetzte Urkundenfälschung
sowie fortgesetzte vorsätzliche Widerhandlung gegen Art. 18 Abs. 1 lit. b
und c KMB vor; fahrlässige Widerhandlungen gegen diese Bestimmungen des KMB
wären als Übertretungen bereits verjährt. Der Bundesanwalt hat gegen Bührle
jedoch einzig im Falle Südafrika Anklage erhoben, weil ein hinreichender
Beweis dafür, dass der Angeklagte bei unerlaubten Lieferungen an andere
Länder vorsätzlich mitgewirkt oder solche Lieferungen bewusst geduldet
habe, nicht zu erbringen gewesen sei. An diese Beschränkung der Anklage
auf ein Land ist das Gericht gebunden; denn es darfgemäss Art. 169 Abs. 1
BStP nur die Tat beurteilen, auf die sich die Anklage bezieht.

    Der Bundesanwalt macht nicht geltend, Bührle habe nach dem Erlass des
Embargo-Beschlusses vom 6. Dezember 1963 an der Belieferung Südafrikas
aktiv mitgewirkt. Anhalte für eine solche Mitwirkung des Angeklagten
an verbotenen Lieferungen nach Südafrika hat auch die Hauptverhandlung
nicht ergeben. Es fragt sich indes, ob Bührle nicht deswegen zu bestrafen
sei, weil er nichts gegen die verbotenen Lieferungen vorgekehrt, die
ihm zur Last gelegten Straftaten also durch Unterlassung verübt hat. Der
Bundesanwalt sieht das strafbare Verhalten des Angeklagten denn auch darin,
dass dieser vom November 1964 bis Ende März 1968, statt als Gesellschafter
und oberster Chef der WO einzuschreiten und die rechtswidrige Belieferung
Südafrikas ein für allemal abzustellen, vorsätzlich untätig geblieben sei.

    a) Kann ein Begehungsdelikt nach seinem Sinn und Wortlaut sowohl durch
Tun wie durch (unechte) Unterlassung verübt werden, so ist unter bestimmten
Voraussetzungen auch die Unterlassung strafbar. Zu diesen Voraussetzungen
gehört insbesondere, dass der Urheber der Unterlassung rechtlich
verpflichtet war, die mit Strafe bedrohte Gefährdung oder Verletzung des
geschützten Rechtsgutes zu verhindern. Die Rechtspflicht zum Handeln kann
sich aus gesetzlicher Vorschrift, aus Vertrag oder auch aus den Umständen
ergeben (vgl. BGE 81 IV 121 unten). Voraussetzung ist ferner, dass der
Unterlassende die ihm obliegende Pflicht schuldhaft verletzt hat und dass
er den Eintritt des verpönten Erfolges durch pflichtgemässes Verhalten
hätte verhüten können. Die Strafbarkeit des unechten Unterlassungsdeliktes
findet ihre Rechtfertigung darin, dass derjenige, der verpflichtet ist,
durch Handeln einen bestimmten Erfolg abzuwenden, und dazu auch in der
Lage ist, aber untätig bleibt, grundsätzlich ebenso strafwürdig ist wie
derjenige, der den Erfolg durch Tun herbeiführt (BGE 79 IV 147, 81 IV 202,
86 IV 220 und dort angeführtes Schrifttum).

    Ob die Pflicht Bührles, gegen die verbotene Belieferung Südafrikas
einzuschreiten und einer weitern Missachtung des Embargo-Beschlusses durch
Massnahmen vorzubeugen, sich bereits aus Art. 9 Abs. 4 und 21 KMB ergäbe,
wie der Bundesanwalt geltend macht, kann offen bleiben. Sie ergibt sich
jedenfalls aus der Stellung und Rolle, welche der Angeklagte während der
kritischen Zeit im Familienunternehmen eingenommen hat. Er war einziger
Komplementär der Kommanditgesellschaft und, als diese im Frühjahr 1967
in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, bis Ende 1968 einziger
Verwaltungsrat. Tatsächlich war er der oberste Leiter der WO und der
nach aussen in Erscheinung tretende Inhaber der Firma. Als Haupt der
WO und nach der beherrschenden Rolle, die er innehatte, wäre er aber
verpflichtet gewesen, sogleich durchzugreifen und für Abhilfe zu sorgen,
als er erkennen konnte, dass die Leitung der Waffen-Verkaufsabteilung
sich über den Embargo-Beschluss des Bundesrates hinwegsetzte.

    b) Bührle versucht diese Pflicht übrigens nicht zu bestreiten,
behauptet aber, er habe erst anfangs Juli 1965 von Dr. Blättler und dann
auch von Lebedinsky erfahren, dass Frankreich nur als Tarnland diente und
das Kriegsmaterial nach Südafrika weitergeleitet wurde. Er habe daraufhin
sogleich angeordnet, dass dieses Land nur noch aus einem Unternehmen im
Ausland beliefert werde.

    Die WO lieferte Südafrika am 9. April und 4. August 1964, also
nachdem der Embargo-Beschluss längst erlassen war, je 108 000 Schuss 30
mm Munition. Dass Bührle um diese Lieferungen gewusst habe, konnte ihm
nicht nachgewiesen werden und wirft ihm die Anklage auch nicht vor. Nach
der Auffassung des Bundesanwalts war der Angeklagte dagegen vom November
1964 an im Bilde, da er zwischen dem 19. Oktober und dem 2. November von
Lebedinsky unterrichtet worden sei. Die Beschuldigung stützt sich auf
eine Aussage Lebedinskys, der im Ermittlungsverfahren erklärte, er habe
Bührle damals anlässlich einer Besprechung persönlich von der weitern
Belieferung Südafrikas über Frankreich Kenntnis gegeben. Bührle bestritt
dies und behauptete, Lebedinsky habe ihm erklärt, die von Südafrika
bestellten Geschütze hätten nun zu einem Truppentest nach Frankreich
geliefert werden können; die Erklärung habe ihn beruhigt und er habe sich
lediglich gefragt, ob Frankreich die Geschütze nach Südafrika verkaufen
könnte. Lebedinsky hielt an seiner belastenden Aussage zunächst fest,
auch als er Bührle gegenübergestellt wurde, rückte dann aber mit der
Begründung davon ab, dass er die Besprechung vom Oktober/November 1964
mit einer spätern von anfangs Juli 1965 verwechselt haben müsse und
die Darstellung Bührles zutreffe. Im gleichen Sinne äusserte er sich
in der Hauptverhandlung. Bei diesen einander widersprechenden Aussagen
Lebedinskys darf trotz schwerwiegenden Verdachts ein Mitwissen Bührles
schon seit November 1964 nicht als bewiesen gelten, zumal Dr. Blättler
als Zeuge erklärte, bei der Besprechung von anfangs Juli 1965 habe er
den Eindruck erhalten, der Angeklagte erfahre etwas Neues.

    Als Bührle am 1. oder 2. Juli 1965 mit Sicherheit den wahren
Sachverhalt erfuhr, begnügte er sich nach seinen eigenen Aussagen
mit der Bemerkung, man solle mit der Belieferung Südafrikas aus
der Schweiz Schluss machen. Diese Bemerkung war nach den bereits in
Missachtung des Embargo-Beschlusses getätigten Geschäften nicht geeignet,
weitern Verletzungen der Sperre vorzubeugen. Wenn er auch nicht immer
anwesend sein konnte, wäre er als Firmeninhaber und oberster Chef
der WO doch verpflichtet gewesen, Lebedinsky und dessen Untergebene
unmissverständlich vor neuen Verstössen zu warnen und die nötigen
Kontrollmassnahmen anzuordnen. Es fehlte ihm indes offensichtlich am
ernstlichen Willen, wirksam einzugreifen; nur so ist zu verstehen, dass
die Waffen-Verkaufsabteilung bereits mit Ausfuhrgesuch vom 5. August 1965
eine weitere Lieferung nach Südafrika vorzubereiten und mit verbotenen
Geschäften im bisherigen Umfange bis Ende März 1968 fortzufahren
wagte. Auch hat Bührle sich nie erkundigt, obwohl er sich früher gerade für
die Belieferung von Südafrika besonders interessierte; er blieb vielmehr
während Jahren untätig. Sein Verhalten kann nur so ausgelegt werden,
dass er mit weiteren direkten Lieferungen der WO nicht bloss rechnete,
sondern damit einverstanden war. Er erklärte in der Hauptverhandlung
denn auch, dass er wegen der direkten Belieferung Südafrikas "nicht
unglücklich" gewesen sei, weil er das Embargo als Gefährdung dieser
Geschäftsmöglichkeit angesehen und es übrigens für politisch unklug
gehalten habe. Sein fortgesetztes und bewusst pflichtwidriges Verhalten
nach dem 2. Juli 1965 erfüllt den Begriff des Eventualvorsatzes (vgl. BGE
86 IV 15 Erw. 5 und 6). Bührle ist daher als Mittäter der Widerhandlungen
gegen den KMB zu betrachten, welche Lebedinsky, Gelbert und Meili durch
die Belieferung Südafrikas nach diesem Zeitpunkt begangen haben.

    c) Die Frage, ob Bührle sich durch sein passives Verhalten überhaupt
der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 machen konnte,
seine Unterlassung insbesondere tatbestandsmässig gewesen sei und der
Begehung der Straftat durch ein Tun gleichzustellen wäre, braucht nicht
näher geprüft zu werden, weil der subjektive Tatbestand jedenfalls nicht
nachgewiesen ist. Als Inhaber der WO wusste Bührle sicher Bescheid über
die Voraussetzungen, welche eine Firma erfüllen muss, um Kriegsmaterial
ordnungsgemäss ausführen zu können. Er wusste im vorliegenden Fall auch,
dass Frankreich als Tarnland benutzt und das Kriegsmaterial von dort nach
Südafrika weitergeleitet wurde. Dagegen bestehen Zweifel, ob er sich
auch darüber Rechenschaft gegeben habe, dass die Belieferung Südafrikas
mit Hilfe falscher Endverbraucher-Erklärungen verwirklicht wurde. Da
ein ausreichender Beweis hierüber fehlt, ist der Angeklagte in diesem
Punkte freizusprechen.

Erwägung 1

    III.1.- Gemäss Art. 63 StGB ist die Strafe nach dem Verschulden
des Täters zuzumessen; zu berücksichtigen sind ferner die Beweggründe,
das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten. Das
Verschulden ist umso grösser, je bedenkenloser und länger sich ein
Angeklagter vergangen hat. Auch das Vorgehen, die Rolle und der Rang,
die ein Angeklagter einnahm, sind für die Art und das Mass der Strafe von
Bedeutung. Wer in führender Stellung war, wird strenger, wer untergeordnete
Aufgaben erfüllte, milder bestraft.

    Allgemein wird das Verschulden dadurch erhöht, dass die
Grundbewilligung zur Herstellung von Kriegsmaterial nur gut beleumdeten
und vertrauenswürdigen Personen oder Unternehmen erteilt wird (Art. 9
Abs. 4 KMB) und dass die WO das Vertrauen der Bundesbehörden genossen
hat. Dieses Vertrauen haben die Angeklagten, wie der verbotene Umsatz
von nahezu 90 Millionen Franken zeigt, während Jahren hemmungslos
ausgenützt. Sie haben nicht bloss zahlreiche falsche Ausfuhrgesuche
eingereicht und Kriegsmaterial nachher umgeleitet, sondern den Gesuchen
in den meisten Fällen erlogene Endverbraucher-Erklärungen beigelegt, die
von den Bundesbehörden, wie die Angeklagten wussten, nur sehr schwierig
zu überprüfen waren. Sie liessen von ihren Straftaten auch dann nicht
ab, als die Bundesbehörden wegen Meldungen aus Nigeria misstrauisch
wurden, von der WO im April 1968 Auskunft verlangten und verschiedene
Ausfuhrbewilligungen widerriefen; sie versuchten die Behörden vielmehr
zu beschwichtigen, unter anderem mit einer falschen Bescheinigung
aus Addis-Abeba, und fuhren mit den verbotenen Lieferungen bis gegen
Mitte September 1968 fort. Als besonders verwerflich erscheint ihr
Geschäftsgebaren im Falle Nigeria. Obschon zu gleicher Zeit insbesondere
auch schweizerische Hilfsorganisationen mit Spenden der Bevölkerung die
Leiden des Bürgerkrieges in Nigeria zu mildern suchten, schreckten sie
nicht davor zurück, diesem Land 1967/68 96 Flab-Kanonen und 100'000 Schuss
20 mm Munition zu liefern. Durch ihre Handlungsweise haben sie dem Ruf
und Ansehen der Schweiz geschadet, dem Lande innen- und aussenpolitisch
Schwierigkeiten bereitet.

    Dass die Angeklagten nicht auf unmittelbare persönliche Vorteile
ausgingen, sondern der WO Aufträge einbringen, Absatzgebiete erhalten oder
neue Märkte erschliessen wollten, vermag sie nicht wesentlich zu entlasten.
Der Vertrieb von Waffen und Munition ist nach Art. 41 BV nicht frei, und
wenn der Bundesrat aus neutralitätspolitischen Gründen die Belieferung
von kriegführenden oder konfliktbedrohten Ländern sperrt, so haben die
Rüstungsbetriebe sich daran zu halten.

    Ob die Embargo-Beschlüsse des Bundesrates nicht allen Verhältnissen
genügend Rechnung tragen, wie von der Verteidigung behauptet wird, ist
hier nicht zu untersuchen; der Richter hat die bestehenden Vorschriften
anzuwenden und kann sich nicht in die Rüstungs- und Aussenpolitik
einschalten.

Erwägung 2

    III.2.- Der Angeklagte Lebedinsky ist am meisten belastet. Als Leiter
der Waffen-Verkaufsabteilung hat er zugestandenermassen den Anstoss zu den
Widerhandlungen gegen den KMB und den damit verbundenen Urkundenfälschungen
gegeben. Statt das Vertrauen der Bundesbehörden zu rechtfertigen,
ist er während Jahren mit einigen Untergebenen darauf ausgegangen,
ihr Vertrauen auszunützen und sie mit falschen Angaben und erlogenen
Urkunden hinters Licht zu führen. Hätte er es im Falle Südafrika, wo die
Ausfuhrsperre des Bundesrates die vollständige Erfüllung eines Vertrages
verhinderte, bei der Lieferung des 1961-1963 bestellten Kriegsmaterials
bewenden lassen, so wäre sein Verhalten, wenn nicht entschuldbar, doch
einigermassen verständlich. Er fuhr mit den verbotenen Lieferungen jedoch
hemmungslos und in immer grösserem Ausmasse fort. Nicht einmal Rückfragen
der Bundesbehörden, die 1967/68 Verdacht schöpften, haben ihn von der
Fortsetzung und Erneuerung seiner Vergehen abgehalten. Der hohe Betrag
von verbotenen Lieferungen, die Zahl und Häufigkeit der Vergehen sowie
die dabei bekundete Hemmungslosigkeit rufen einer strengen Strafe.

    Anderseits ist dem Angeklagten zugute zu halten, dass er - abgesehen
von einer weit zurückliegenden geringen Strafe - nicht vorbestraft ist,
einen tadellosen Leumund geniesst, seiner Firma zu dienen glaubte,
nach anfänglichem Leugnen geständig war und vor Gericht freimütig die
Hauptverantwortung für alle verbotenen Geschäfte übernommen hat.

    Die vom Bundesanwalt beantragte Strafe erweist sich in Abwägung aller
Umstände als zu niedrig; angemessen sind 18 Monate Gefängnis.

Erwägung 3

    III.3.- Der Angeklagte Gelbert hat die meisten falschen
Endverbraucher-Erklärungen eingebracht und dadurch in entscheidendem Masse
zu den Straftaten anderer beigetragen. Er hat in zahlreichen Fällen die
verbotenen Geschäfte überhaupt ermöglicht, indem er Mitangeklagten das
besondere Mittel verschaffte, mit dem die Bundesbehörden getäuscht und
die Ausfuhrbewilligungen erwirkt wurden. Nach seiner Stellung und Rolle,
die er bei der Vorbereitung und Durchführung der verbotenen Lieferungen
eingenommen hat, gehört er zu den Hauptverantwortlichen. Sein Verschulden
kommt demjenigen Lebedinskys denn auch nahe.

    Gemindert wird sein Verschulden dadurch, dass er aus den Straftaten
keine persönlichen Vorteile gezogen hat und vor allem im Interesse der
WO gehandelt haben will. Zu berücksichtigen ist ferner, dass Gelbert,
ausser mit einigen Polizeibussen, die hier nicht ins Gewicht fallen,
nicht vorbestraft ist, dass er seine Mitwirkung weitgehend zugegeben hat,
heute kränklich und daher besonders strafempfindlich ist.

    Eine Gefängnisstrafe von 16 Monaten wird seiner Schuld gerecht.

Erwägung 4

    III.4.- Der Angeklagte Meili war der willige Mittäter, der mit seinen
Erfahrungen von Anfang an bis zur letzten verbotenen Lieferung mitwirkte.
Dass er nur als Angestellter oder in untergeordneter Rolle mitgemacht
habe, wie er in der Untersuchung und vor Gericht vorzugeben suchte,
trifft nicht zu. Er nahm innerhalb der Waffen-Verkaufsabteilung vielmehr
eine Schlüsselstellung ein, hatte er doch als Vertrauter Lebedinskys
die verbotenen Geschäfte vorzubereiten und für deren Geheimhaltung im
Betriebe zu sorgen. Er erscheint nach seiner Rolle und Teilnahme als der
dritte unter den drei Hauptverantwortlichen, was auch im Strafmass zum
Ausdruck kommen muss.

    Strafmindernd ist zu berücksichtigen, dass Meili keine persönlichen
Interessen verfolgte, nach anfänglichem Leugnen geständig war und durch
seine Angaben viel zur Abklärung des Sachverhaltes beitrug, ferner dass er
einen guten Leumund geniesst und nicht vorbestraft ist. Rechnung zu tragen
ist auch der Tatsache, dass der Angeklagte heute nahezu 70 Jahre alt ist.

    Meili hat seine Schuld mit 15 Monaten Gefängnis zu sühnen.

Erwägung 5

    III.5.- Der Angeklagte Bührle trug als oberster Chef der WO
und Inhaber der Grundbewilligung (Art. 7 ff. KMB) eine besondere
Verantwortung. Er hätte wirksam dafür sorgen müssen, dass verbotene
Geschäfte mit Kriegsmaterial unterblieben. Das hat er gerade im Falle
Südafrika bewusst nicht getan. Nach den erfolglosen Bemühungen, die er und
Dritte 1963/64 beim Bundesrat unternahmen, um das Embargo gegen Südafrika
rückgängig zu machen, wusste er, dass die WO mit einer längern Sperre
rechnen musste und fand sich vorübergehend damit ab. Als er spätestens am
2. Juli 1965 jedoch von der verbotenen Belieferung Südafrikas durch die
WO erfuhr, griff er nicht durch, sondern liess den Dingen freien Lauf,
um mit diesem Land im Geschäft zu bleiben.

    Besonders erschwerend wirkt, dass er ein Wirtschaftsführer
und Geschäftsmann von internationalem Ansehen, Vertrauensmann der
schweizerischen Behörden für Rüstungsfragen, Oberst im Generalstab und
Jurist ist. Von einem Manne in solchen Verhältnissen wäre zu erwarten
gewesen, dass er pflichtgemäss eingriff. Es darf mit Sicherheit angenommen
werden, dass die Leitung der Waffen-Verkaufsabteilung dann nicht mehr
gewagt hätte, weitere verbotene Geschäfte zu tätigen, weder mit Südafrika
noch mit einem andern Lande, das unter einem Embargo stand. Bührle
verhielt sich jedoch während Jahren bewusst passiv und liess Lebedinsky
und dessen Mitarbeiter frei gewähren. Dazu kommt, dass er die verbotenen
Lieferungen an Südafrika mit keinem Wort bedauerte; im Gegenteil: er machte
vor dem Gericht kein Hehl daraus, über die weitere Belieferung Südafrikas
durch die WO eine gewisse Genugtuung empfunden zu haben. Ihre Straftaten
bedauert haben übrigens auch die andern Angeklagten nicht. Minderungsgründe
wie guter Leumund und der Umstand, dass das Embargo gegen Südafrika die
weitere Erfüllung eines Kaufvertrages durch die WO verunmöglichte, fallen
angesichts der besonderen Verantwortung Bührles nicht ins Gewicht. Zu
berücksichtigen ist dagegen, dass er - im Gegensatz zu Mitangeklagten -
bloss wegen Verletzung des KMB durch Dulden von Lieferungen an Südafrika
während 23/4 Jahren verurteilt werden kann.

    Bührle ist mit 8 Monaten Gefängnis und einer Busse von Fr. 20'000.--
zu bestrafen. Die Geldstrafe müsste mit Rücksicht auf die finanziellen
Verhältnisse des Angeklagten viel höher ausfallen, wenn ihm Gewinnsucht,
d.h. ein hemmungsloses oder besonders ausgeprägtes, zur Sucht
gewordenes Streben nach Gewinn (BGE 74 IV 142, 79 IV 118, 89 IV 17)
nachzuweisen wäre. Dass Bührle durch sein passives Verhalten ein solches
Streben nach Gewinn bekundet habe, lässt sich entgegen der Auffassung
des Bundesanwalts jedoch nicht sagen. Dem Angeklagten ging es vor allem
darum, bereits vor dem Erlass der Ausfuhrsperre begonnene Lieferungen zu
üblichen Geschäftsbedingungen fortzusetzen. Die Busse ist daher auf das
gesetzliche Höchstmass zu beschränken (Art. 48 Ziff. 1 StGB).