Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 IV 123



96 IV 123

32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. Juni 1970 i.S. Wiss
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Regeste

    Art. 206 StGB. Anlocken zur Unzucht.

    Ein Antrag liegt vor, wenn die Dirne unaufgefordert jemanden anspricht,
um ihn zur gewerbsmässigen Unzucht einzuladen.

Sachverhalt

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Nach der neuern Rechtsprechung liegt in der unaufdringlichen Bekundung
der Bereitschaft zur Unzucht, insbesondere im blossen Herumstehen oder
Herumgehen an einem als Marktstand von Dirnen bekannten Ort, noch kein
Antrag im Sinne von Art. 206 StGB. Dieser erfordert ein weitergehendes
aktives Verhalten, z.B. ein Anreden oder Zurufen, wodurch die Dirne von
sich aus jemanden veranlassen will, ihre käuflichen Dienste in Anspruch
zu nehmen oder doch darüber zu verhandeln (BGE 95 IV 133).

    Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle erfüllt. Indem die
Beschwerdeführerin in einem als Standort von Dirnen bekannten Quartier die
beiden vorübergehenden Männer mit den Worten "Chumm Schatz, mir gönd hei
ansprach, lud sie diese unmissverständlich zur gewerbsmässigen Unzucht ein,
was ein Antrag im Sinne von Art. 206 StGB war. Ein solcher läge nur dann
nicht vor, wenn der Anstoss zur Aufnahme von Verhandlungen von den Männern
ausgegangen wäre, diese also der Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen
gegeben hätten, dass sie sich als Freier mit ihr einlassen wollten, wie es
z.B. zutrifft, wenn motorisierte Freier am Standplatz einer Dirne anhalten
und sie durch Öffnen des Fensters oder ein anderes Zeichen einladen, zur
Verhandlung an den Wagen heranzutreten (nicht veröffentlichtes Urteil des
Kassationshofes vom 31. Oktober 1969 i.S. Germann gegen Bern). Von einer
derartigen Absichtsäusserung, mit der die Männer die Beschwerdeführerin
offensichtlich aufgefordert hätten, mit ihnen das Gespräch aufzunehmen,
kann nicht die Rede sein. Nach den verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz war es im Gegenteil die Beschwerdeführerin, die durch ihren
einladenden Ausspruch eindeutig die Initiative ergriffen hat.