Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 II 172



96 II 172

28. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. November 1970 i.S. Bergbahnen
Flims AG gegen Brandversicherungsanstalt des Kantons Graubünden. Regeste

    Rückgriff des Versicherers auf einen aus unerlaubter Handlung
Haftenden.

    Art. 51 OR. Eine kantonale Subrogationsbestimmung kann
das Rückgriffsrecht aus Art. 51 OR weder zugunsten kantonaler
Versicherungsanstalten noch zulasten des Schädigers abändern (Erw. 1).

    Art. 55 Abs. 2 ZGB. Haftung einer Aktiengesellschaft für die unerlaubte
Handlung eines Organs (Erw. 3).

    Umfang des Rückgriffes des Versicherers.

    Berücksichtigung des Verschuldens des Organs der rückgriffspflichtigen
Gesellschaft (Erw. 3a).

    Keine Herabsetzung des Rückgriffsanspruchs, weil

    -  der Schaden auf Grund einer abstrakten Gefahr möglicherweise
ohnehin eingetreten wäre (Erw. 3b);

    - die regressierende Versicherungsanstalt für die Tragung der Gefahr
eine Gegenleistung (Prämien) erhält (Erw. 3c);

    - die rückgriffspflichtige Gesellschaft noch für den Schaden an der
Fahrnis wird aufkommen müssen (Erw. 3d);

    - die rückgriffspflichtige Gesellschaft der geschädigten Gemeinde
freiwillig eine Zahlung zur Verhütung künftiger Schäden geleistet hat
(Erw. 3e).

Sachverhalt

    A.- Die Bergbahnen Flims AG betreibt eine Sesselbahn von Flims nach
Alp Naraus und eine Luftseilbahn von Alp Naraus nach dem mehr als 2600 m
ü.M. liegenden Cassons-Grat. Die Konzession des Eidgenössischen Verkehrs-
und Energiewirtschaftsdepartementes vom 3. August 1955 bestimmt in Art. 8
Abs. 4:

    "Bei Lawinengefahr sind allfällig gefährdete Skiabfahrten durch
Markierungen zu sperren und, wenn alle Abfahrten gefährdet sind, die
Anlage nötigenfalls stillzulegen. Es ist ein Schneebeobachtungs- und ein
Rettungsdienst einzurichten."

    Vom 19. bis 21. März 1967 fielen im Gebiete des Vorderrheintales
110 bis 190 cm Schnee. In den O-SW gerichteten Abhängen wurde er durch
andauernde und äusserst starke Nord- und Nordwestwinde in grossem Umfange
verfrachtet. Wegen Lawinengefahr sperrte die Bergbahnen Flims AG das
Skigebiet am Cassons-Grat.

    Nach dem 21. März 1967 nahm die Lawinengefahr ab. Das Bulletin
des Eidgenössischen Institutes für Schnee- und Lawinenforschung
Weissfluhjoch-Davos vom 22. März 1967 meldete, dank einer günstigen Setzung
und Verfestigung der in den letzten Tagen abgelagerten Schneemassen
könne die grosse Lawinengefahr zur Zeit als behoben gelten. Allerdings
könnten in den schneereichen Regionen als Folge der Erwärmung und
Einstrahlung vereinzelt noch bedeutendere Lawinen niedergehen, vor allem
an Sonnenhängen. Im weiteren bleibe im ganzen Alpengebiet die örtliche
Schneebrettgefahr in Lagen über rund 1800 m bestehen. Auf Skitouren sei
entsprechende Vorsicht geboten.

    Am 23. März 1967 beschloss Giger, Geschäftsführer und Verwaltungsrat
der Bergbahnen Flims AG, im Einvernehmen mit dem Vorsteher des
Rettungsdienstes dieser Firma die künstliche Auslösung der Lawine "Ils
Cugns-Mitte", deren Anrissgebiet etwa 2600 m ü.M. am Cassons-Grat liegt
und die, in südwestlicher Richtung über die Alp Cassons fallend, 1780
bis 1560 m ü.M. ausläuft. Der Beschluss wurde von einem Pistenmann der
Bergbahnen Flims AG mit einer Sprengladung vollzogen. Die Lawine ging in
gewaltigem Ausmass nieder und über den Schutzwall hinweg, der die 1952
m ü.M. auf Alp Cassons stehenden Hütten der Gemeinde Flims zu sichern
hatte. Die Hütten wurden vollständig zerstört.

    Die Gemeinde Flims erlitt durch den Verlust dieser Gebäude einen
Schaden von Fr. 110'286.90, der ihr gestützt auf die kantonalen Gesetze
betreffend die Versicherung der Gebäude gegen Elementarschäden, vom
6. März 1932, und betreffend die Brandversicherung, vom 3. Oktober 1920,
durch die Brandversicherungsanstalt des Kantons Graubünden ersetzt wurde.

    B.- Die Brandversicherungsanstalt klagte gegen die Bergbahnen Flims
AG auf Bezahlung von Fr. 110'286.90 nebst 5% Zins von Fr. 84'910.50 seit
1. Mai 1968 und Fr. 27.10 Kosten des Zahlungsbefehls. Das Bezirksgericht
Imboden sprach der Klägerin Fr. 88'229.50 nebst 5% Zins von Fr. 84'910.50
seit 1. Mai 1968 zu. Es setzte die Ersatzpflicht in Anwendung des Art. 43
Abs. 1 OR um 20% herab, weil die Beklagte nicht grobfahrlässig, sondern
nur fahrlässig gehandelt habe.

    Die Beklagte erklärte mit dem Antrag auf Abweisung der Klage die
Berufung, und die Klägerin schloss sich dieser mit dem Antrag auf
vollständige Gutheissung der Klage an.

    Das Kantonsgericht von Graubünden bestätigte am 17. April 1970 das
erstinstanzliche Urteil. Es begründete die Herabsetzung der Ersatzpflicht
um 20% unter Hinweis auf Art. 43 OR, indem es die Fahrlässigkeit der
Beklagten als nur leicht bezeichnete und ausserdem der Gefahr Rechnung
trug, dass die Gebäude der Gemeinde Flims durch eine natürliche Lawine
hätten beschädigt werden können, wenn nicht die Beklagte eine künstliche
ausgelöst hätte. Es führte aus, "diese allerdings noch entfernte
Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes ohne Zutun der Beklagten" müsse
berücksichtigt werden. "Dieses Risiko eines Vermögensschadens für die
Geschädigte und damit auch einer Ersatzpflicht für die heutige Klägerin"
sei durch die Handlung der Beklagten beseitigt worden, weshalb es recht und
billig sei, dass die Klägerin einen Teil des Schadens selber tragen müsse.

    C.- Die Beklagte hat gegen das Urteil des Kantonsgerichtes die Berufung
erklärt. Sie beantragt, die Forderung der Klägerin insoweit abzuweisen, als
sie Fr. 33'086.07 nebst 5% Zins seit 1. Mai 1968 überschreite. Eventuell
sei die Forderung nach richterlichem Ermessen auf weniger als Fr. 88'225.50
zu bestimmen.

    Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss § 44 des Gesetzes betreffend die Brandversicherung im
Kanton Graubünden erhält die Brandversicherungsanstalt in Fällen, wo
ein Dritter den Schaden vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat,
"für die bezahlte Summe das Rückgriffsrecht auf den Fehlbaren".

    Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Bestimmung die Ersatzforderung
des Geschädigten gegen den Schädiger von Gesetzes wegen auf die
zahlende Brandversicherungsanstalt übergehen lassen will oder nur ein
Rückgriffsrecht vorsieht, wie Art. 51 OR es schon von Bundesrechts wegen
gewährt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann durch eine
kantonale Subrogationsbestimmung das Rückgriffsrecht aus Art. 51 OR nicht
zugunsten kantonaler Versicherungsanstalten und zuungunsten des Schädigers
abgeändert werden (BGE 50 II 187).

Erwägung 2

    2.- Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei
es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift
dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den
Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben,
entsprechend auf sie angewendet (Art. 51 Abs. 1 OR). Ob und in welchem
Umfange die Haftbaren Rückgriff gegeneinander haben, wird also durch
richterliches Ermessen bestimmt (Art. 50 Abs. 2 OR). Dabei trägt aber in
der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte
Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene
Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar
ist (Art. 51 Abs. 2 OR).

Erwägung 3

    3.- Die Beklagte bestreitet im Berufungsverfahren nicht mehr, dass
sie durch den Befehl ihres Geschäftsführers und Verwaltungsrates Giger,
die Lawine auszulösen, der Gemeinde Flims aus unerlaubter Handlung haftbar
geworden ist (Art. 55 Abs. 2 ZGB) und die Klägerin daher grundsätzlich
auf sie zurückgreifen kann. Sie macht nur noch geltend, das Kantonsgericht
habe das Mass dieses Rückgriffes unrichtig bestimmt, nämlich auf Grund des
Art. 43 statt auch des Art. 51 OR, und es habe aus dem festgestellten
Tatbestand nicht die sich aufdrängenden Rechtsschlüsse gezogen und
ausserdem bestimmte von der Beklagten als Ermässigungsgründe angerufene
Tatsachen nicht berücksichtigt. Sie beantragt, dass ihre Ersatzpflicht
von 80% auf 30% des von der Klägerin gedeckten Schadens herabgesetzt werde.

    a) Was den Grad des Verschuldens betrifft, der nach Art.  43 OR
und folglich auch bei der Bestimmung des Masses des Rückgriffs nach
Art. 51 OR eine Rolle spielt, kann vorab der Auffassung der Beklagten,
das Kantonsgericht habe ihn als Herabsetzungsgrund überhaupt nicht
berücksichtigt, nicht beigepflichtet werden. Es führt im Abschnitt, in dem
es die Herabsetzung der Ersatzpflicht begründet, ausdrücklich aus, bei der
Bemessung des Schadenersatzes sei das Verschulden der Beklagten zu werten;
es sei mit dem Vorderrichter als leichte Fahrlässigkeit zu würdigen; die
Beklagte habe nicht gegen elementarste Gebote der Vorsicht verstossen,
sondern im wesentlichen nur die gesamte Sachlage falsch eingeschätzt;
das erlaube dem Richter, unter Berücksichtigung aller Umstände den
Schadenersatz nach Recht und Billigkeit zu bemessen.

    Das Kantonsgericht versteht unter der leichten Fahrlässigkeit eine
nicht grobe. Das ergibt sich nicht nur aus der Beschreibung der Fehler
der Beklagten und aus der Würdigung, dass sie nicht gegen elementarste
Gebote der Vorsicht verstiess, sondern auch aus der Verweisung auf die
Auffassung des Bezirksgerichtes, das erklärt, das Vorgehen der Beklagten
sei nicht grobfahrlässig, sondern nur als fahrlässig zu qualifizieren.

    Diese Würdigung hält stand. Die Beklagte hat nicht geradezu
elementarste, sich jedem vernünftigen Menschen gebieterisch aufdrängende
Gebote der Sorgfalt verletzt, aber auch nicht die untere Grenze der
Fahrlässigkeit nur ganz geringfügig überschritten.

    Die Befugnis, Wald und Weide zu betreten (Art. 699 ZGB), berechtigt
niemanden, über fremdes Eigentum hinweggehende Lawinen auszulösen. Auch
behauptet die Beklagte nicht, sie habe die Lawine abgesprengt, um
einen Notstand im Sinne der Art. 701 ZGB, 52 Abs. 2 OR oder 34 StGB zu
beheben. Die Schneemassen oberhalb Alp Cassons brachten weder Personen
noch Sachen in eine unmittelbare Gefahr, und es kann auch nicht gesagt
werden, eine solche wäre nicht anders als durch die künstliche Auslösung
der Lawine abzuwenden gewesen. Skifahrer benützten das Gelände nicht, da
der Bahnbetrieb ruhte und die Abfahrtsstrecken gesperrt waren. Die Beklagte
hat die Lawine nur ausgelöst, um vorzeitig diese anderen Schutzmassnahmen
aufheben zu können. Sie tat das nicht aus einer Verpflichtung den
Skifahrern gegenüber, wie sie vorbringt, sondern um den Bahnbetrieb, an
dem sie wirtschaftlich interessiert ist, möglichst rasch wieder aufnehmen
zu können. Auch die Bestimmungen der Konzession vermochten ihr Vorgehen
nicht zu rechtfertigen. Sie verlangten bei Lawinengefahr nur, dass die
Beklagte die gefährdeten Skiabfahrten sperre und im Falle der Gefährdung
aller Abfahrten den Bahnbetrieb einstelle. Die Auslösung der Lawine war
daher eindeutig rechtswidrig.

    Es steht allerdings nicht fest, dass die Beklagte sich dessen bewusst
gewesen sei. Wenn sie aber schon ohne Einverständnis der Gemeinde vorgehen
wollte, musste sie zum mindesten mit höchster Sorgfalt überlegen, ob
die künstliche Auslösung der Lawine niemanden schädigen könne, und im
Zweifelsfalle auf ihr Vorhaben verzichten. Die Beklagte hat wissen müssen
und gewusst, dass Lawinen unberechenbare Auswirkungen haben können, und
sie hätte dem Rechnung tragen sollen. Nichts sprach dafür, dass die Lawine
"Ils Cugns-Mitte" nach den schweren Schneestürmen harmlos sein werde. Der
Geschäftsführer der Beklagten liess weder Untersuchungen über die für ihre
Mächtigkeit und ihren Lauf entscheidenden Verhältnisse (Schichtung der
Schneedecke, Temperaturen usw.) vornehmen, noch sich durch Sachverständige
beraten, obschon er festgestelltermassen wusste, dass in ihrem Anrissgebiet
innert drei Tagen mindestens 110 cm Neuschnee gefallen war. Diese Masse
hätte ihn misstrauisch machen und die Gefahr voraussehen lassen sollen. Er
durfte sich auch nicht auf den Wall verlassen, der die mitten in der
Lawinenzone stehenden Gebäude schützte. Dieser Wall eignete sich nur,
kleinere Lawinen zu teilen und an den Gebäuden vorbeizuleiten. Eine grosse
Lawine, wie die Sprengung sie befürchten liess, musste voraussichtlich
über den Wall und die Gebäude hinwegfegen und machte deren Beschädigung
wahrscheinlich. Die Beklagte hätte das bedenken sollen.

    Es besteht daher kein Grund, die Ersatzpflicht der Beklagten unter dem
Gesichtspunkt des Verschuldens stärker herabzusetzen als die kantonalen
Gerichte es getan haben.

    Das Kantonsgericht hält allerdings nicht auseinander, inwieweit
die Würdigung des Verschuldens es bestimmt hat, die Ersatzpflicht um 20%
herabzusetzen, und inwieweit die Überlegung, die Beklagte habe der Klägerin
das Risiko der Verschüttung der Gebäude durch eine natürlich niedergehende
Lawine abgenommen, bestimmend war. Die zweite Überlegung kann jedoch, wie
sogleich zu zeigen sein wird, bei richtiger Betrachtung kein Gewicht haben.

    b) Die Beklagte unterstellt, der Schaden wäre nach dem Gutachten
des Institutes für Schnee- und Lawinenforschung und der Auffassung des
Kantonsgerichts mit grosser Wahrscheinlichkeit auch eingetreten, wenn
sie die Lawine nicht künstlich ausgelöst hätte.

    Das Kantonsgericht bezeichnet indessen das Vorbringen der Beklagten,
die Lawine wäre wahrscheinlich auch ohne Sprengung niedergegangen,
als unbewiesene Hypothese. Das Bundesgericht ist an diese Feststellung
gebunden. Da die Beklagte beweispflichtig war, muss deshalb davon
ausgegangen werden, es sei nicht wahrscheinlich gewesen, dass die Lawine
auch ohne die Sprengung niedergegangen wäre. Damit verträgt es sich nicht,
dass das Kantonsgericht bei der Erörterung des Masses der Ersatzpflicht
von einer "noch entfernten Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes
ohne Zutun der Beklagten" spricht. Wenn die Wahrscheinlichkeit nicht
bewiesen ist, darf nicht von einer "Wahrscheinlichkeit", auch nicht
von einer entfernten, ausgegangen werden. Die erwähnte Wendung der
Vorinstanz hat in Wirklichkeit den Sinn einer entfernten Möglichkeit,
einer bloss abstrakten Gefahr. Dazu kommt, dass das Kantonsgericht
die Ausführungen des Bezirksgerichtes über den Kausalzusammenhang als
zutreffend bezeichnet. Das Bezirksgericht aber hat erklärt, selbst wenn
der Begutachter die Möglichkeit der natürlichen Auslösung bestimmt hätte
bejahen können, bliebe immer noch offen, ob eine Lawine gleichen Ausmasses
und genau gleicher Richtung entstanden wäre. Dass die Gemeinde Flims auch
ohne die unerlaubte Handlung der Beklagten hätte geschädigt werden können,
war also wirklich nur eine entfernte Möglichkeit.

    Wer jemanden durch unerlaubte Handlung schuldhaft schädigt, kann
indessen der Ersatzpflicht nicht teilweise entgehen, weil der Schaden
rein abstrakt möglicherweise ohnehin eingetreten wäre. Dieses Argument
verfängt auch nicht gegenüber einem Schadensversicherer. Sonst müsste
dessen Forderung gegenüber dem Schädiger stets herabgesetzt werden. Die
Regel des Art. 51 Abs. 2 OR, wonach der Schaden in erster Linie von dem
zu tragen ist, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, gilt
indessen auch zugunsten von Versicherern. Er deckt sich mit dem Zweck
des Art. 72 VVG, der die Ersatzforderung aus unerlaubter Handlung in der
Regel auf den privaten Schadensversicherer übergehen lässt und nur die
in Abs. 3 umschriebenen Ausnahmen kennt.

    c) Kein Herabsetzungsgrund liegt sodann darin, dass die Klägerin für
die Tragung des Risikos eine Gegenleistung erhalten hat. Jeder Versicherer
erhält eine solche. Die "Beiträge" (Prämien) im Sinne der §§ 28 ff. des
Gesetzes betreffend die Brandversicherung wurden nicht etwa von der
Beklagten, sondern von der Gemeinde Flims als Eigentümerin der Gebäude
aufgebracht. Die Brandversicherungsanstalt arbeitet nach dem Grundsatz der
Gegenseitigkeit (§ 1). Jährliche Überschüsse fallen in den Reservefonds (§
33). Dieser ist zur Deckung von Fehlbeträgen anderer Jahre zu verwenden,
und wenn er dadurch unter einen bestimmten Stand sinkt, sind Zuschläge
zu den ordentlichen Prämien zu erheben (§ 34). Jede Herabsetzung des
Rückgriffsrechtes der Brandversicherungsanstalt gegen den Schädiger wirkt
sich also letzten Endes zulasten aller Versicherten aus.

    d) Die Beklagte wirft dem Kantonsgericht vor, es habe nicht
berücksichtigt, dass sie in prozentual gleichem Ausmass wie den
Gebäudeschaden auch noch den an der Fahrnis entstandenen Schaden
von Fr. 18'163.-- werde tragen müssen, den vorläufig die Helvetia
Feuer-Versicherungs-Gesellschaft gedeckt habe. Sie verweist auf BGE
50 II 188 f., wo das Bundesgericht die auf die unerlaubte Handlung
zurückzuführenden zusätzlichen Schäden und Verpflichtungen des Schädigers
als Herabsetzungsgrund gewürdigt habe.

    Was jedoch im einem Falle als billig erscheinen kann, ist es nicht
notwendigerweise auch in einem anderen. Der zitierte Entscheid betraf den
Rückgriff einer kantonalen Gebäudeversicherungsanstalt gegen einen Mann,
der das Haus seines Vaters grobfahrlässig in Brand gesetzt hatte. Dem
Belangten drohte auch eine Rückgriffsklage des Mobiliarversicherers des
Vaters, und ausserdem hatte er einen Teil des eigenen Mobiliarschadens
zu tragen. Die nahe Verwandtschaft zwischen dem Schädiger und dem
Hauptgeschädigten und das Wohnen beider im gleichen Hause mag die Nachsicht
gerechtfertigt haben, wozu noch kam, dass der Belangte eine natürliche
Person war. Die heutige Beklagte kann sich nicht auf solche Verhältnisse
berufen. Sie ist eine auf Gewinn ausgehende Aktiengesellschaft und hat den
Schaden gerade in Verfolgung dieses Zieles verursacht. Sie behauptet nicht,
sie werde finanziell zugrunde gerichtet oder unzumutbar hart getroffen,
wenn sie den ihr vom Kantonsgericht auferlegten Betrag und ausserdem
80% von Fr. 18'163.-- bezahlen müsse. Diese Belastungen sind für sie
schon wegen der gesunkenen Kaufkraft des Geldes weniger schwer, als die
verursachten Schäden den Belangten im zitierten Falle getroffen hätten,
wenn er sie zu 80% hätte tragen müssen. Es rechtfertigt sich nicht,
die Beklagte wegen des verhältnismässig geringfügigen Mobiliarschadens
weiter zu entlasten.

    Die Behauptung der Beklagten, das Bundesgericht habe im zitierten
Falle die Rückgriffsforderung der Gebäudeversicherungsanstalt nur zu
50% geschützt, trifft nicht zu. Es setzte sie von rund Fr. 70'000.--
auf Fr. 45'000.-- herab, was einer Ersatzpflicht von rund 65% entsprach.

    e) Schliesslich macht die Beklagte geltend, es müsse auch
berücksichtigt werden, dass sie der Gemeinde Flims für die lawinensichere
Ausgestaltung der neu aufgebauten Gebäude vergleichsweise Fr. 80'000.--
bezahlt habe.

    Dieser Umstand rechtfertigt indessen die Herabsetzung des Rückgriffes
der Klägerin für den verursachten Schaden nicht. Die behauptete Zahlung
ist nicht ein Beitrag an verursachte Schäden und überhaupt nicht
eine Folge der begangenen unerlaubten Handlung. Sie erfolgte, wie die
Vereinbarung vom 11 November 1968 sagt, freiwillig und ohne Anerkennung
einer Rechtspflicht. Die Rückgriffsforderungen der Versicherer für
den verursachten Schaden wurden ausdrücklich vorbehalten. Indem die
Beklagte zur lawinensicheren Ausgestaltung der wiederaufgebauten Gebäude
beitrug, wollte sie offenbar im eigenen Interesse die künftige gefahrlose
Absprengung von Lawinen ermöglichen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts von
Graubünden vom 17. April 1970 bestätigt.