Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 II 161



96 II 161

27. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. April 1970 i.S. Zentrum-Bank AG
gegen Konkursmasse Konrad. Regeste

    Eigentumsvorbehalt; Erfordernis der Registrierung am jeweiligen
Wohnsitz des Erwerbers der Sache (Art. 715 Abs. 1 ZGB).

    -  Wechselt der Erwerber den Wohnsitz, so verliert die Eintragung
an seinem bisherigen Wohnsitz ihre Wirkung mit dem Ablauf von drei
Monaten seit der Verlegung des Wohnsitzes ohne Rücksicht darauf, wann
der Veräusserer oder sein Rechtsnachfolger hievon Kenntnis erhält (Art. 3
der Verordnung betr. die Eintragung der Eigentumsvorbehalte, Fassung vom
29. Oktober 1962; Erw. 2).

    - Wohnsitz eines Geschäftsmannes, der mit seiner Familie vom Ort
seiner Geschäftsniederlassung wegzieht. Haben seinem Namen beigefügte
Ortsangaben in Gerichtsentscheiden und amtlichen Veröffentlichungen
Bedeutung für den Beweis seines Wohnsitzes? (Art. 23 und 9 ZGB; Erw. 3).

    - Schutz des Veräusserers im Vertrauen auf solche Angaben? (Erw. 4).

    - Eintragung nach Eröffnung des Konkurses über den Erwerber? (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Walter Konrad betrieb in Sihlbrugg-Dorf (Gemeinde Neuheim), wo
er auch wohnte, ein Transportgeschäft. Am 16. August 1965 kaufte er von
der Firma Iten, Automobile, Zug, zum Preise von insgesamt Fr. 65'750.--
zwei Hallen, bestehend aus einer Stahlkonstruktion, einer Holzverkleidung
und einer Dachhaut aus Plastik. Er leistete eine Anzahlung von Fr. 8000.--
und verpflichtete sich, den Restkaufpreis von Fr. 57'750.-- ab 1. Oktober
1965 in 30 monatlichen Raten von Fr. 1925.-- zu bezahlen. Die Verkäuferin
trat mit der Unterzeichnung des Kaufvertrags alle daraus sich ergebenden
Forderungen und Nebenrechte an die Zentrum-Bank AG in Zürich ab. Der
Eigentumsvorbehalt zugunsten dieser Bank, den der Kaufvertrag vorsah,
wurde am 28. August 1965 im Eigentumsvorbehaltsregister der Gemeinde
Neuheim eingetragen.

    Im April 1967 zog Konrad mit seiner Familie nach Baar. Am 2. Mai 1967
meldete er sich bei der dortigen Einwohnerkanzlei an. Das Büro und die
Werkstatt des Transportgeschäfts beliess er zunächst in Sihlbrugg. Am 1.
Januar 1968 verlegte er das Büro nach Baar.

    Am 19. Juli 1967 bewilligte ihm das Kantonsgericht des Kantons Zug eine
Nachlassstundung. Am 15. März 1968 lehnte es dann aber die Bestätigung
des von ihm vorgeschlagenen Nachlassvertrages ab, und am 16. April 1968
wurde über ihn der Konkurs eröffnet.

    B.- Mit Eingaben an das Konkursamt Zug vom 23. April und 2. Mai 1968
erhob die Zentrum-Bank AG unter Berufung auf den Eigentumsvorbehalt
Anspruch auf die beiden Hallen, die Konrad in zerlegtem Zustand bei
Dritten eingelagert hatte. Mit Verfügung vom 5. August 1968 wies das
Konkursamt diesen Eigentumsanspruch ab, weil die Bank es unterlassen habe,
den Eigentumsvorbehalt innert der gesetzlichen Frist am neuen Wohnort
Konrads eintragen zu lassen, und setzte der Bank auf Grund von Art. 242
Abs. 2 SchKG eine Frist von zehn Tagen zur Anhebung der Klage auf Schutz
ihres Anspruchs. Die von der Zentrum-Bank AG innert dieser Frist gegen die
Konkursmasse eingeleitete Klage wurde am 8. Januar 1969 vom Kantonsgericht
und am 21. Oktober 1969 auch vom Obergericht des Kantons Zug abgewiesen.

    C.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat die Klägerin die Berufung
an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass
die Hallen ihr Eigentum seien, und die Beklagte sei zu deren Herausgabe
zu verpflichten.

    Das Bundesgericht bestätigt das angefochtene Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- ... (Streitwert)

Erwägung 2

    2.- Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen
beweglichen Sache ist nach Art. 715 Abs. 1 ZGB nur dann wirksam, wenn er
an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden
öffentlichen Register eingetragen ist. Unter Wohnort ist dabei, was die
Klägerin im kantonalen Verfahren zu Unrecht in Frage zu stellen suchte,
der Wohnsitz im Sinne von Art. 23 ff. ZGB zu verstehen (BGE 87 III 30/31
mit Hinweisen).

    Aus der Vorschrift, dass der Eigentumsvorbehalt zu seiner Wirksamkeit
der Eintragung am "jeweiligen" Wohnsitz des Erwerbers bedarf, ergibt
sich, dass im Falle eines Wohnsitzwechsels des Erwerbers die am
bisherigen Wohnsitz erfolgte Eintragung den Eigentumsvorbehalt nicht
aufrechtzuerhalten vermag, sondern dass hiezu die Eintragung am neuen
Wohnsitz erforderlich ist.

    Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der Veräusserer
gewöhnlich nicht in der Lage ist, die Eintragung am neuen Wohnsitz
des Erwerbers sofort nach dessen Übersiedelung zu erwirken, bestimmte
Art. 3 der Verordnung des Bundesgerichts betreffend die Eintragung der
Eigentumsvorbehalte vom 19. Dezember 1910 in Absatz 2 ursprünglich, die
frühere Eintragung verliere ihre Wirkung nicht sofort mit der Aufgabe
des (bisherigen) Wohnsitzes, sondern erst einen Monat nach dem Erwerb
des neuen.

    Im Entwurf eines Bundesgesetzes über den Abzahlungs- und den
Vorauszahlungsvertrag (BBl 1960 I 589 ff.) schlug der Bundesrat vor, durch
eine Revision von Art. 715 ZGB die Gültigkeit des Eigentumsvorbehalts davon
abhängig zu machen, dass er innert eines Monats seit Übergabe eingetragen
wird (abgeänderter Abs. 1), für die Eintragung am neuen Wohnort ebenfalls
eine einmonatige Verwirkungsfrist vorzusehen, die mit der Kenntnis des
Eigentümers vom Wohnortswechsel beginnen sollte (neuer Abs. 2), und den
Erwerber zu verpflichten, dem Eigentümer einen Wohnortswechsel rechtzeitig
mitzuteilen, widrigenfalls dieser berechtigt sein sollte, den Restkaufpreis
zu fordern oder vom Vertrage zurückzutreten (neuer Abs. 3; vgl. zu diesen
Vorschlägen die Erläuterungen in der bundesrätlichen Botschaft, BBl 1960 I
585). Wegen des Widerstandes, der sich bei der parlamentarischen Beratung
namentlich gegen die Absätze 1 und 3 erhob (Protokoll der Beratungen der
nationalrätlichen Kommission vom 24./25. Mai 1961, S. 69 f.; Sten.Bull.
1961, NR, S. 448 ff.), wurde schliesslich beschlossen, den Art. 715 des
Entwurfs ganz zu streichen, m.a.W. den bisherigen Text von Art. 715 ZGB
beizubehalten (Sten. Bull. 1961, StR, S. 238 f.; Protokoll der Beratungen
der nationalrätlichen Kommission vom 22. Januar 1962, S. 14 ff.; Sten.Bull.
1962, NR, S. 10 f.). Mit Bezug auf die in Absatz 2 des Entwurfs vorgesehene
Bestimmung über die neue Eintragung bei einem Wohnsitzwechsel wurde
dabei die Ansicht geäussert, diese Bestimmung betreffe eine Einzelheit,
die in der Verordnung des Bundesgerichts zu regeln sei (Sten. Bull. 1961,
NR, S. 449 ff., Voten Monfrini, Huber, Rosset und Schürmann; Protokoll
der Sitzung der ständerätlichen Kommission vom 13. November 1961,
S. 18, Votum Bundesrat von Moos; Sten.Bull. 1962, NR, S. 10/11, Votum
Schürmann). Zugleich wurde der Wunsch geäussert, das Bundesgericht möge
seine Verordnung in diesem Punkte im Sinne eines bessern Schutzes des
Veräusserers revidieren (Sten. Bull. 1961, NR, S. 452, Votum Schürmann;
Protokoll der Sitzung der nationalrätlichen Kommission vom 22. Januar
1962, S. 16, Voten Bürgi und Schürmann; Sten.Bull. 1962, NR, S. 10/11,
Voten Rosset, Schürmann und von Moos).

    Das Bundesgericht revidierte den Art. 3 (und eine weitere Bestimmung)
seiner Verordnung vom 19. Dezember 1910 am 29. Oktober 1962 mit Wirkung
auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes vom 23. März
1962 über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag (1. Januar
1963). Der neugefasste Art. 3 der Verordnung stellt in Absatz 1 klar,
dass der Veräusserer oder sein Rechtsnachfolger sowie der Erwerber,
wenn dieser seinen Wohnort verlegt, am neuen Ort jederzeit eine neue
Eintragung verlangen können. Absatz 2 regelt gewisse formelle Fragen,
und Absatz 3 bestimmt, die frühere Eintragung behalte ihre Wirkung noch
drei Monate nach der Verlegung des Wohnortes; wenn die neue Eintragung
später erwirkt werde, trete der Eigentumsvorbehalt erst mit ihrer
Vornahme wieder in Kraft. Der Anregung von Nationalrat Schürmann, für
die Eintragung am neuen Wohnort entsprechend dem Entwurf des Bundesrats
und einem Antrag von Nationalrat Bürgi (Sten. Bull. 1961, NR, S. 448,
450) eine (Verwirkungs-) Frist festzusetzen und diese vom Zeitpunkt an
laufen zu lassen, da der Eigentümer vom Wohnortswechsel des Erwerbers
Kenntnis erhalten hat (Sten. Bull. 1961, NR, S. 452, und 1962, NR,
S.11), konnte nicht entsprochen werden. Da die eidgenössischen Räte die
Festsetzung einer solchen Frist für die erste Eintragung abgelehnt hatten,
wäre es, wie schon der Präsident der nationalrätlichen Kommission, Rosset,
zutreffend bemerkt hatte (Protokoll der Sitzung dieser Kommission vom 22.
Januar 1962, S. 17), unlogisch gewesen, die Eintragung am neuen Wohnort nur
innert einer bestimmten Frist zuzulassen. Befristen liess sich bloss die
Nachwirkung des Eintrags am frühern Wohnort. Diese Frist wurde in Anlehnung
an die Regelung, die nach Art. 250 Abs. 3 ZGB für die Eintragungen im
Güterrechtsregister gilt, auf drei Monate vom Wechsel des Wohnorts an
festgesetzt, also im Interesse des Veräusserers um zwei Monate über die im
Jahre 1910 festgesetzte Dauer hinaus verlängert. Sie erst im Zeitpunkte,
da der Veräusserer oder sein Rechtsnachfolger vom Wohnsitzwechsel des
Erwerbers Kenntnis erhält, beginnen zu lassen, wurde abgelehnt, weil eine
so lange Nachwirkung des Eintrags am frühern Wohnort die Zuverlässigkeit
des am neuen Wohnort geführten Registers allzusehr beeinträchtigt hätte
(Bericht der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer an das Gesamtgericht
vom 12. Oktober 1962; vgl. auch D. GIANINAZZI, La riserva della proprietà
nel diritto civile svizzero, Berner Diss. 1968, S. 181/82 u. 192).

    Nach dem geltenden Recht verliert also die Eintragung am bisherigen
Wohnsitz des Erwerbers ihre Wirkung mit dem Ablauf von drei Monaten seit
der Verlegung des Wohnsitzes ohne Rücksicht darauf, wann der Veräusserer
oder sein Rechtsnachfolger hievon Kenntnis erhält. Der Eigentumsvorbehalt
kann auch nach Ablauf dieser Frist am neuen Wohnort eingetragen werden,
aber nur mit Wirkung ex nunc.

Erwägung 3

    3.- Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die weder
unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustandegekommen
sind noch offensichtlich auf Versehen beruhen und daher gemäss Art. 63
Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich sind, hat Konrad im April
1967 seine bisherige Wohnung in Sihlbrugg aufgegeben und ist mit seiner
Familie in eine neue Wohnung nach Baar gezogen. Er hat damit Baar zum
Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen gemacht, auch wenn das Büro, von
dem aus er seinen Geschäftsbetrieb leitete, zunächst noch in Sihlbrugg
blieb. Daher ist mit der Vorinstanz anzunehmen, er habe seinen Wohnsitz
im April 1967 von Sihlbrugg nach Baar verlegt (vgl. BGE 88 III 138/39 und
92 I 221 E. 2 a, je mit Hinweisen). Die Klägerin bestreitet das denn auch
vor Bundesgericht nicht mehr.

    In ihrer Berufungsschrift hebt die Klägerin freilich wie schon
im kantonalen Verfahren die Tatsache hervor, dass der Entscheid des
Kantonsgerichts vom 19. Juli 1967 über die Nachlassstundung, der
Schuldenruf des Sachwalters vom 25. Juli 1967 und der Entscheid des
Kantonsgerichts vom 15. März 1968 über die Verwerfung des Nachlassvertrags
dem Namen des Schuldners die von ihr als Angabe des Wohnsitzes aufgefasste
Ortsangabe Sihlbrugg beifügten und dass auch die Veröffentlichungen dieser
Erlasse in amtlichen Publikationsorganen diese Angabe enthielten. Im
Anschluss daran macht sie u.a. geltend, die in solchen Erlassen und
Veröffentlichungen enthaltenen Angaben über den Wohnsitz genössen
öffentlichen Glauben und hätten die Vermutung der Richtigkeit für sich,
sofern nicht ihre Unrichtigkeit nachgewiesen werde. Sie beruft sich
damit der Sache nach auf Art. 9 ZGB, mit dem GULDENER an der von ihr
angeführten Stelle (Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 351)
seine Bemerkung belegt, dass öffentliche Urkunden die Vermutung der
Richtigkeit für sich haben, sofern nicht ihre Unrichtigkeit nachgewiesen
wird (vgl. S. 72 des II. Supplements zum zitierten Werk, wonach dort
auf Seite 351 in Anmerkung 4 Art. 9 ZGB statt Art. 9 ZPO zu lesen ist).
Sie will aber aus Art. 9 ZGB nicht ableiten, durch die erwähnten Erlasse
und Veröffentlichungen werde bis zum Nachweis des Gegenteils bewiesen,
dass Konrad über den April 1967 hinaus bis kurz vor der Konkurseröffnung
in Sihlbrugg Wohnsitz gehabt habe. Vielmehr führt sie die auf Art. 9 ZGB
verweisenden Ausführungen Guldeners nur zur Begründung dafür an, dass sie
im Vertrauen auf die Angaben in jenen Erlassen und Veröffentlichungen zu
schützen sei, auch wenn diese Angaben unrichtig sein sollten (vgl. hiezu
Erwägung 4 hienach). Die angerufenen Erlasse und Veröffentlichungen wären
denn auch nicht geeignet, im Sinne von Art. 9 ZGB bis zum Nachweis der
Unrichtigkeit der darin enthaltenen Angaben den vollen Beweis dafür zu
erbringen, dass Konrad mindestens bis zum 28. März 1968 (Veröffentlichung
der Verwerfung des Nachlassvertrags) in Sihlbrugg Wohnsitz gehabt
habe. Die Entscheidungen des Kantonsgerichts als Nachlassbehörde und der
Schuldenruf des Sachwalters sowie die entsprechenden Veröffentlichungen
sind nämlich nicht öffentliche Urkunden im Sinne von Art. 9 ZGB,
da sie nicht die Feststellung bundesrechtlich bezeichneter Tatsachen
oder Willenserklärungen durch eine (nach Bundesrecht oder kantonalem
Recht) zuständige Urkundsperson in gesetzlich (bundesrechtlich oder
kantonalrechtlich) geregeltem Verfahren zum Gegenstand haben (vgl. KUMMER
N. 37 zu Art. 9 ZGB). Die in Art. 9 ZGB vorgesehene erhöhte Beweiskraft
beschränkt sich im übrigen auf denjenigen Urkundeninhalt, für welchen
die Form der öffentlichen Urkunde vorgeschrieben ist (KUMMER N. 48 zu
Art. 9 ZGB). Sie bezieht sich also beispielsweise nicht auf den Wohnsitz
einer Person, wenn es nicht um dessen Beurkundung geht. Hievon abgesehen
widerlegen die von der Vorinstanz verbindlich festgestellten Tatsachen
die Richtigkeit der von der Klägerin angerufenen Angaben, soweit diese
den Wohnsitz (und nicht bloss den Ort der Geschäftsniederlassung) Konrads
bezeichnen sollten.

    Verlegte Konrad seinen Wohnsitz schon im April 1967 von Sihlbrugg
nach Baar, so hat die seinerzeitige Eintragung des Eigentumsvorbehalts
bei dem für Sihlbrugg zuständigen Betreibungsamte Neuheim gemäss Art. 3
Abs. 3 der Verordnung vom 19. Dezember 1910 in der Fassung vom 29. Oktober
1962 ihre Wirkung im Juli 1967 verloren, auch wenn die Klägerin damals
von diesem Wohnsitzwechsel noch nichts wusste (Erwägung 2 hievor).

Erwägung 4

    4.- Die Klägerin wendet sich gegen diese Schlussfolgerung, weil
sie, wie schon bemerkt, der Meinung ist, sie sei im Vertrauen auf die
Angaben in den Entscheiden des Kantonsgerichts als Nachlassbehörde, im
Schuldenruf des Sachwalters und in den Veröffentlichungen dieser Erlasse
zu schützen. Sie macht unter Hinweis auf GULDENER (aaO) und auf die
Praxis des Bundesgerichts betreffend unrichtige Rechtsmittelbelehrungen
geltend, der Rechtsuchende müsse sich auf die Richtigkeit der Angaben in
amtlichen Erlassen und Veröffentlichungen verlassen können, sofern ihre
Unrichtigkeit nicht offensichtlich und ohne weiteres erkennbar sei; für
eine Bank sei es praktisch unmöglich, den zivilrechtlichen Wohnsitz ihrer
zahlreichen Schuldner zu kontrollieren; sie habe keinen Anlass gehabt,
an den Angaben des Kantonsgerichts und des Sachwalters zu zweifeln; es
sei stossend, wenn ein Gericht einem Rechtsuchenden mangelnde Sorgfalt
bei der Ermittlung des Wohnsitzes einer Partei vorwerfe, "während das
gleiche Gericht dem gleichen Rechtsuchenden den falschen Parteiwohnsitz
zur selben Zeit amtlich kundgetan hat."

    a) Art. 9 ZGB, auf den GULDENER an der von der Klägerin genannten
Stelle (S. 351) verweist, regelt nur die Beweiskraft der öffentlichen
Register und der öffentlichen Urkunden. Über die materiellrechtlichen
Wirkungen, die ein solches Register oder eine solche Urkunde unter
Umständen entfalten kann, sagt diese Vorschrift nichts aus. Insbesondere
legt sie den öffentlichen Registern und Urkunden nicht öffentlichen Glauben
in dem Sinne bei, dass gutgläubige Dritte auf die darin enthaltenen
Angaben abstellen dürften, selbst wenn diese Angaben nicht stimmen
(vgl. zu alledem KUMMER N. 18 zu Art. 9 ZGB). GULDENER will mit der von
der Klägerin angerufenen Bemerkung: "Sie [die öffentlichen Urkunden]
geniessen öffentlichen Glauben", nur auf die erhöhte Beweiskraft solcher
Urkunden hinweisen; denn er fügt dieser Bemerkung, die im Kapitel über den
Beweis durch Urkunden steht, erläuternd bei: "haben also die Vermutung
der Richtigkeit für sich, sofern nicht ihre Unrichtigkeit nachgewiesen
wird". - Art. 9 ZGB vermag im übrigen die Auffassung der Klägerin,
sie sei im Vertrauen auf die Angaben in den erwähnten Entscheiden und
Veröffentlichungen zu schützen, auch deshalb nicht zu rechtfertigen,
weil jene Entscheide und Veröffentlichungen, wie schon ausgeführt (Erw. 3
hievor), nicht öffentliche Urkunden im Sinne von Art. 9 ZGB sind, welche
die Feststellung des Wohnsitzes des Schuldners bezweckt hätten.

    b) Die Praxis, wonach einem Rechtsuchenden, der sich auf eine ihm von
der zuständigen Behörde erteilte, sachlich unrichtige Rechtsmittelbelehrung
verlassen hat und verlassen durfte, aus dem entsprechenden Verhalten
kein Nachteil erwachsen darf (BGE 78 I 297 mit Hinweisen; vgl. nun auch
Art. 107 Abs. 3 OG in der Fassung vom 20. Dezember 1968), beruht auf dem
Grundsatze von Treu und Glauben, der auch im Prozessrecht (BGE 83 II
348 ff., E. 2, 3, 84 I 62 E. 4, 89 I 249 E. 2 a), im Betreibungsrecht
(BGE 85 III 29 E. 3 a mit Hinweisen, 94 I 374, 94 III 82 E. 4) und im
Verwaltungsrecht (BGE 94 I 351 mit Hinweisen) gilt (vgl. MERZ N. 69
ff. zu Art. 2 ZGB). Der aus diesem Grundsatz abzuleitende Schutz des
Vertrauens auf die Richtigkeit behördlicher Angaben kann sich aber
nur im Verhältnis zwischen dem Einzelnen und den Behörden bezw. dem
Staate unmittelbar auswirken. So verhält es sich z.B. dann, wenn eine
Rechtsmittelinstanz ein an sich verspätetes Rechtsmittel zulässt, weil
die Vorinstanz der betreffenden Partei irrtümlicherweise angegeben
hatte, die Rechtsmittelfrist betrage 30 Tage, während sie nur 20 Tage
betrug. Dass sich die Gegenpartei in einem solchen Falle ihrerseits auf
ein an sich verspätetes Rechtsmittel einlassen muss, ist eine blosse
Reflexwirkung des Schutzes, den die Behörde dem Rechtsmittelkläger nach
dem das Verhältnis zwischen ihm und ihr beherrschenden Grundsatze von Treu
und Glauben zu gewähren hat. Im Unterschied zu solchen Fällen soll sich
der von der Klägerin beanspruchte Schutz im Vertrauen auf die von ihr
angerufenen behördlichen Angaben in erster Linie im Verhältnis zwischen
ihr und dem Schuldner bezw. den Konkursgläubigern auswirken. Sie möchte
die Gerichte bei den Angaben, die das Kantonsgericht als Nachlassbehörde
in den erwähnten Entscheiden gemacht hatte, ausserhalb der Verfahren,
in denen diese Entscheide ergangen waren, zwecks Durchsetzung eines
materiellrechtlichen Anspruchs gegen die Konkursmasse des damaligen
Nachlassschuldners behaften. Eine solche Rechtswirkung materieller
Art lässt sich daraus, dass im Verhältnis zwischen den Parteien und den
Gerichten der Grundsatz von Treu und Glauben gilt, nicht ableiten. Vielmehr
könnte jenen Angaben eine solche Rechtswirkung nur auf Grund einer sie
besonders vorsehenden Gesetzesbestimmung beigelegt werden. Eine solche
Bestimmung fehlt (vgl. lit. c hienach).

    c) Indem die Klägerin ausführt, sie habe keinen Anlass gehabt,
an der Richtigkeit der Angaben in den Entscheiden des Kantonsgerichts
als Nachlassbehörde und im Schuldenruf des Sachwalters sowie in den
Veröffentlichungen dieser Erlasse zu zweifeln, beruft sie sich auf ihren
guten Glauben.

    Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person
geknüpft hat, ist dessen Dasein nach Art. 3 Abs. 1 ZGB zu vermuten. Der
gute Glaube kann jedoch, wie schon der Wortlaut dieser Bestimmung
zeigt, Rechtswirkungen nur dort erzeugen, wo das Gesetz es besonders
vorsieht. Art. 3 ZGB stellt nicht etwa einen allgemeinen Grundsatz des
Inhalts auf, dass guter Glaube immer und überall vor dem Eintritt von
Rechtsnachteilen schütze. Vielmehr schützt das Gesetz den guten Glauben
nur in Einzelvorschriften, die für bestimmte Tatbestände diesen Schutz
anordnen und seine Tragweite umschreiben (JÄGGI N. 11, 12, 63 und 69 zu
Art. 3 ZGB).

    Die Klägerin könnte also mit ihrer Auffassung nur durchdringen, wenn
sich dem Bundesrecht eine Bestimmung entnehmen liesse, die vorsähe, dass
die Eintragung eines Eigentumsvorbehalts am frühern Wohnsitz des Erwerbers
ihre Wirkung mit dem Ablauf von drei Monaten seit dem Wohnsitzwechsel nicht
verliere, wenn der Veräusserer im Vertrauen auf unzutreffende Angaben
in behördlichen Erlassen oder Veröffentlichungen gutgläubig annahm, der
Erwerber habe seinen bisherigen Wohnsitz beibehalten. Eine Vorschrift
dieses Inhalts ist jedoch dem schweizerischen Rechte unbekannt. Art. 715
Abs. 1 ZGB macht die Wirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts allgemein
davon abhängig, dass er am jeweiligen Wohnort des Erwerbers eingetragen
ist. Die einzige Ausnahme von diesem Grundsatze liegt in Art. 3
Abs. 3 der bundesgerichtlichen Verordnung betr. die Eintragung der
Eigentumsvorbehalte, der den Eintrag am frühern Wohnort während dreier
Monate seit dem Wohnsitzwechsel des Erwerbers (nicht seit dem Zeitpunkte,
da der Veräusserer von diesem Wechsel Kenntnis erhielt oder bei gehöriger
Aufmerksamkeit hätte Kenntnis erhalten können) weiterwirken lässt.

    Die Einführung eines Gutglaubensschutzes, wie ihn die
Klägerin befürwortet, widerspräche im übrigen der dem Register der
Eigentumsvorbehalte zugedachten Funktion. Der Hauptzweck dieses Registers
besteht darin, den Eigentumsvorbehalt für Drittpersonen, die mit dem
Erwerber in Verkehr treten und ihm Kredit gewähren wollen, erkennbar
zu machen und diese Personen damit vor Irrtümern über die wirkliche
Vermögenslage des Erwerbers zu bewahren (BGE 93 III 111 lit. d mit
Hinweisen). Diese Wirkung des Registers würde erheblich beeinträchtigt,
wenn ein Eigentumsvorbehalt auch ohne Eintrag im Register des neuen
Wohnorts gültig bleiben könnte, obwohl seit dem Wechsel des Wohnsitzes
mehr als drei Monate verstrichen sind (vgl. den zweitletzten Absatz von
Erwägung 2 hievor).

    Die Vorbringen der Klägerin können also nichts daran ändern, dass
die Eintragung des streitigen Eigentumsvorbehalts im Register des
Betreibungsamtes Neuheim ihre Wirkung im Juli 1967 verloren hat.

Erwägung 5

    5.- In Baar, wo Konrad seit April 1967 wohnt, ist der streitige
Eigentumsvorbehalt weder vor noch nach dem Aufhören der Wirkungen der in
Neuheim erfolgten Eintragung eingetragen worden. Das Eintragungsgesuch der
Klägerin vom 26. Juni 1968 wurde vom Betreibungsamt Baar am 27. Juni 1968
abgewiesen. Der Eigentumsvorbehalt der Klägerin an den beiden Hallen ist
also im Juli 1967 dahingefallen und seither nicht wieder in Kraft getreten,
so dass die Klägerin nicht berechtigt ist, die Aussonderung dieser Hallen
aus der Konkursmasse Konrads zu verlangen. Hiebei bliebe es im übrigen auch
dann, wenn das Betreibungsamt Baar den Eigentumsvorbehalt auf das Gesuch
vom 26. Juni 1968 hin eingetragen hätte, was wohl zulässig gewesen wäre,
obwohl Konrad am 16. April 1968 in Konkurs gefallen war (BGE 93 III 108
lit. a mit Hinweisen); denn ein erst nach der Eröffnung des Konkurses
über den Erwerber eingetragener Eigentumsvorbehalt ist in diesem Konkurs
nicht zu beachten (BGE 93 III 107 ff. E. 7).