Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 96 III 121



96 III 121

21. Entscheid vom 13. November 1970 i.S. Betreibungsamt Winterthur I.
Regeste

    Art. 16 GebT.

    Das Betreibungsamt kann diese Rekurslegitimation nicht in Anspruch
nehmen gegenüber dem Entscheid einer Aufsichtsbehörde über die Frage,
wer die Gebühren für die Mitteilung der Drittansprachen an die Gläubiger
vorzuschiessen hat. Dies ist nicht im Tarif, sondern in Art. 68 SchKG
geregelt.

Sachverhalt

    A.- Das Betreibungsamt Winterthur I pfändete am 7.  Oktober 1969
beim Schuldner Franz Michel in der Pfändungsgruppe 232 verschiedene
Gegenstände. Der Schuldner behauptete dabei, einige Objekte befänden
sich im Eigentum Dritter. Am 9. Februar 1970 liess er dem Betreibungsamt
mitteilen, weitere 20 gepfändete Gegenstände stünden im Eigentum von
neun Drittpersonen. Bevor das Betreibungsamt den Gläubigern hievon
Anzeige machte, setzte es dem Schuldner eine Frist zur Bezahlung eines
Kostenvorschusses von Fr. 450.-- mit der Androhung, dass andernfalls das
Widerspruchsverfahren über diese Drittansprachen nicht durchgeführt würde.

    Eine weitere Pfändung wurde am 13. Mai 1970 in der Gruppe
48 vorgenommen. Auch hier machte der Schuldner noch nachträglich am
25. Mai 1970 weitere Drittansprachen an gepfändeten Objekten geltend. Das
Betreibungsamt setzte ihm wiederum Frist, um einen Kostenvorschuss
von Fr. 570.-- zu leisten, ansonst das Widerspruchsverfahren nicht
durchgeführt würde.

    B.- Der Schuldner führte gegen die beiden Verfügungen des
Betreibungsamtes, worin er zur Bezahlung eines Kostenvorschusses
verpflichtet wurde, Beschwerde an das Bezirksgericht Winterthur als untere
kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Dieses
hiess beide Beschwerden am 26. August 1970 gut.

    Gegen beide Entscheide reichte das Betreibungsamt Winterthur I beim
Obergericht des Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde
Rekurs ein. Das Obergericht vereinigte die beiden Rekurse und trat
auf sie mit Beschluss vom 16. Oktober 1970 nicht ein. Es hielt dafür,
dass das Betreibungsamt zur Rekursführung nicht legitimiert sei, weil es
durch die angefochtenen Entscheide nicht unmittelbar in seinen Interessen
tangiert werde. Aber selbst wenn auf die Rekurse einzutreten wäre, müssten
sie abgewiesen werden; denn nach Art. 68 SchKG habe der Gläubiger die
Betreibungskosten vorzuschiessen und nicht der Schuldner.

    C.- Das Betreibungsamt Winterthur I erhebt Rekurs an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und beantragt die
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie die Rückweisung der Sache an
die Vorinstanz zur materiellen Behandlung. Das Amt macht geltend, es sei
dadurch, dass es gezwungen sei, den erforderlichen Kostenvorschuss nicht
beim Schuldner, sondern bei einer grossen Zahl von Gläubigern einzutreiben,
unmittelbar in seinen Interessen berührt. Im Gesetz bestehe eine Lücke,
wenn es nur eine Vorschusspflicht des Gläubigers und nicht auch eine
solche des Schuldners kenne. Die Praxis stimme mit dem Gesetzestext nicht
überein, indem der Schuldner tatsächlich immer dann zur Vorschussleistung
angehalten werde, wenn er an das Betreibungsamt einen Antrag stelle.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Der Rekurrent beruft sich auf Art. 16 GebT und beantragt eine
extensive Auslegung dieser Vorschrift. Nach dieser Bestimmung wachen
die Aufsichtsbehörden von Amtes wegen über die richtige Anwendung
des Gebührentarifs, und die Betreibungs- und Konkursbeamten haben das
Recht zur Weiterziehung in Fragen der Anwendung dieses Tarifs. Wie die
Vorinstanz indessen mit Recht festgestellt hat, ist im vorliegenden Fall
gar nicht die Anwendung des Gebührentarifs umstritten, sondern es geht
um die Frage, wer dem Betreibungsamt die Gebühren für die Mitteilung der
Drittansprachen an die Gläubiger vorzuschiessen hat. Diese Frage wird
nicht im Gebührentarif, sondern in Art. 68 SchKG geregelt, wonach zwar
der Schuldner die Betreibungskosten zu tragen, der Gläubiger sie aber
vorzuschiessen hat. Kommt der Gläubiger dieser Pflicht nicht nach, kann
er hiefür betrieben werden (vgl. BGE 62 III 15). Das Betreibungsamt wird
daher durch den Entscheid, dass der Kostenvorschuss von den Gläubigern
und nicht vom Schuldner zu verlangen sei, in seinen Interessen gar
nicht unmittelbar berührt. Es ist demgemäss auch nicht legitimiert,
einen solchen Entscheid weiterzuziehen.

    Gewiss trifft es zu, dass der Schuldner in der Praxis immer wieder
anstelle des Gläubigers zur Vorschussleistung herangezogen wird. Doch hat
schon das Bezirksgericht Winterthur in seinem Entscheid vom 26. August
1970 ausgeführt, dass es sich dabei stets um Fälle handelt, in denen
das Betreibungsamt ausschliesslich im Interesse des Schuldners tätig
werden soll. Im vorliegenden Fall hingegen liegt die Entgegennahme der
Drittansprachen und die Einleitung des Widerspruchsverfahrens vorwiegend
im Interesse der Drittansprecher. Zudem könnte das Betreibungsamt die
Drittansprachen nicht einfach unbeachtet lassen; es müsste sie den
Gläubigern mitteilen, auch wenn eine Vorschussleistung des Schuldners
unterbliebe. Es kann in diesem Zusammenhang auf die zutreffenden
Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden. Eine weitere Prüfung dieser
Fragen erübrigt sich, nachdem es dem Betrei bungsamt an der Legitimation
zur Rekursführung fehlt. Der vorliegende Rekurs ist daher abzuweisen und
der angefochtene Entscheid zu bestätigen.

Entscheid:

Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.