Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 79



95 I 79

12. Urteil vom 31. Januar 1969 i.S. X. AG gegen Schweizerische
Eidgenossenschaft (PTT-Betriebe) Regeste

    Haftpflicht der PTT-Betriebe aus dem Postcheckverkehr.

    1.  Die Haftpflichtklage ist gegen den Bund zu richten (Erw. 1).

    2.  Massgebend ist nicht das Verantwortlichkeitsgesetz, sondern das
Postverkehrsgesetz (Erw. 2).

    3.  Sofern der Streitwert wenigstens Fr. 8000 beträgt, ist die Klage
beim Bundesgericht anzubringen, welches sie als verwaltungsrechtliche
Klage beurteilt (Erw. 3).

    4.  Die PTT-Betriebe haften dem Auftraggeber nicht für den Schaden,
der eintritt, wenn sie den überwiesenen Betrag nicht dem auf dem Postcheck
genannten, sondern einem auf dem Girozettel bezeichneten anderen Inhaber
einer Checkrechnung gutschreiben (Erw. 5, 6).

Sachverhalt

    A.- Das Bundesgesetz betreffend den Postverkehr vom 2.  Oktober
1924 (PVG) ordnet im Abschnitt IV (Art. 44 ff.) die Haftpflicht der
Postverwaltung. Art. 54 regelt die Haftpflicht im Bereich der Geld-
und Bankpost. Die Absätze 4 und 5 lauten in der hier massgebenden
ursprünglichen Fassung (BS 7 S. 770):

    "4 Sie (die Postverwaltung) haftet dem Auftraggeber für ordnungsgemäss
einbezahlte, angewiesene oder überwiesene Beträge bis zur richtigen
Auszahlung oder Gutschrift und dem Inhaber einer Checkrechnung für das
Guthaben, das die in Ordnung befundene Rechnung ausweist. Sie haftet
überdies für Beträge, um die das Guthaben durch grobes Verschulden der
mit der Kassen- und Rechnungsführung betrauten Beamten in Ausübung ihrer
geschäftlichen Verrichtungen gemindert wird.

    5 Sie haftet für die durch missbräuchliche Verwendung von Postchecks
abgehobenen, angewiesenen oder überwiesenen Beträge nur bei grobem
Verschulden der mit der Kassen- und Rechnungsführung betrauten Beamten
in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen."

    Die vom Bundesrat am 23. Dezember 1955 erlassene Vollziehungsverordnung
I zum PVG (VV I oder Postordnung, in AS 1956 S. 1) bestimmt in Art. 92
Abs. 1:

    "Postchecks mit Überweisungen zugunsten anderer Checkrechnungen
sind dem die Rechnung des Auftraggebers führenden Postcheckamte
einzureichen. Die Aufträge sind auf der Rückseite des Postchecks
vorzumerken. Der Aussteller ist für richtige Ausstellung und Vormerkung
der Aufträge verantwortlich... Der Auftraggeber hat dem Postcheck für jede
Überweisung einen vorschriftsgemäss ausgefertigten Girozettel beizulegen."

    B.- Die Klägerin X. AG betreibt eine Bauunternehmung. In ihrer
Buchhaltungsabteilung in Zürich war Y., der früher wiederholt wegen
Diebstahls und anderer Delikte zu Gefängnisstrafen verurteilt worden war,
in der Zeit vom 8. Juni 1965 bis zum 20. Mai 1966 als kaufmännischer
Angestellter beschäftigt. Er hatte sich u.a. mit den Postcheckzahlungen
an die Gläubiger der Klägerin zu befassen; er füllte die Postchecks und
die zugehörigen Belege (Zahlungsanweisungen, Girozettel) aus, liess die
Checks unterzeichnen und versandte sie dann mit jenen Belegen. Diese
Aufgabe benützte er dazu, die Arbeitgeberin zu betrügen.

    Das Zentrum der Buchhaltung der Klägerin befindet sich am Sitz der
Muttergesellschaft in Bern, wo ein Computer im Betrieb steht. Die Klägerin
benötigt von jeder ihr zugehenden Rechnung einen Satz von vier Exemplaren.
Eine Ausfertigung bleibt in ihrem Betrieb in Zürich; zwei Exemplare gehen
an die Hauptbuchhaltung in Bern; das vierte wird dem Bauführer vorgelegt,
dem die gelieferte Ware übergeben worden ist. Reicht ein Gläubiger weniger
als vier Exemplare ein, so werden die fehlenden im Betrieb der Klägerin
angefertigt.

    Y. stellte von ausgewählten Rechnungen ständiger Lieferanten oder
anderer Gläubiger einen zweiten Satz von vier Exemplaren her, wobei er
mitunter das Datum und den Betrag änderte und das Visum des Bauführers
fälschte. Den fingierten Rechnungssatz führte er, nachdem die vom
Gläubiger ausgestellte Rechnung verbucht und bezahlt worden war, in
das Buchungsverfahren ein. Wenn die Schriftstücke, mit den in Zürich
und Bern angebrachten Visa versehen, zu ihm zurückkamen, vermerkte
er auf einem Postcheck einen der fingierten Rechnung entsprechenden
Überweisungsauftrag. Den in der Rechnung und im Check aufgeführten
Betrag übertrug er auf einen Girozettel, in welchem er aber nicht den
im Check bezeichneten Gläubiger als Empfänger einsetzte, sondern sich
selbst. Sodann liess er den Postcheck unterzeichnen und versandte ihn
mit dem derart ausgefüllten Girozettel. Auf diese Weise verwendete er
7 Postchecks. Er konnte so die Überweisung eines Gesamtbetrags von Fr.
54'281.10 aus dem Postcheckkonto der Klägerin an sich selber bewirken.

    Erst nachdem ihm dies gelungen war, wurden seine Machenschaften
von der Klägerin entdeckt. Dem Postcheckamt Zürich waren sie
entgangen. Dort war nicht geprüft worden, ob die auf den Postchecks
vermerkten Rechnungsnummern und Namen der Empfänger mit den Angaben
auf den Girozetteln übereinstimmten. Am 13. Februar 1967 wurde Y. vom
Obergericht des Kantons Zürich u.a. des Betruges im genannten Betrage
und der Urkundenfälschung schuldig befunden und zu 14 Monaten Gefängnis
verurteilt.

    Die Klägerin erklärt, dass sich der ursprüngliche Schaden von Fr.
54'281.10 durch Verwertung beweglichen Vermögens des ungetreuen
Angestellten auf Fr. 50'874.40 vermindert hat.

    C.- Mit Klageschrift vom 12. Dezember 1967 beantragt die X. AG dem
Bundesgericht, die Schweizerische Eidgenossenschaft sei zu verpflichten,
ihr Fr. 50'874.40 nebst Zins zu 5% seit dem 1. Juni 1966 zu bezahlen. Es
wird geltend gemacht, die von Y. missbräuchlich verwendeten Postchecks
seien ordnungsgemäss ausgestellt worden. Die Überweisungsaufträge seien
darauf vorgemerkt. Nach der Postordnung vom 23. Dezember 1955 habe die
Klägerin nicht dafür einzustehen, dass Y. auf Girozetteln nicht die in
den Checks genannten Rechnungsinhaber, sondern sich selber als Empfänger
aufgeführt hat. Vielmehr wäre es Sache der Postverwaltung gewesen, die
Übereinstimmung der Girozettel mit den Checks allseitig zu prüfen. Da sie
diese Pflicht infolge groben Verschuldens ihrer Organe nicht erfüllt habe,
hafte sie für den dadurch verursachten Schaden gemäss Art. 54 Abs. 4 oder
5 PVG.

    D.- Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Klage. Sie führt aus,
die in Frage stehenden Überweisungsaufträge der Klägerin seien nicht
ordnungsgemäss gewesen. Die Klägerin hätte die von Y. ausgefertigten
Girozettel selber überprüfen müssen. Die Post habe die Übereinstimmung
der Angaben im Check und im Girozettel über den Empfänger nur dann zu
kontrollieren, wenn der Auftraggeber eine besondere Auftragsbescheinigung
verlange, was hier nicht geschehen sei. In den übrigen Fällen sei sie
weder verpflichtet noch in der Lage, eine solche Kontrolle auszuüben. Ein
grobes Verschulden ihrer Organe liege nicht vor.

    E.- Eine Delegation des Bundesgerichts hat im Gebäude der
Kreispostdirektion Zürich eine Vorbereitungsverhandlung durchgeführt und
dabei die dortige Postcheckabteilung besichtigt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 13 der Vollziehungsverordnung vom 26. Mai 1961 zum
PTT-Organisationsgesetz (AS 1961 S. 409) sind Klagen gegen die PTT-Betriebe
gegen die "Schweizerische Eidgenossenschaft (PTT-Betriebe)" zu richten. Im
vorliegenden Fall hat die Klägerin diese Vorschrift in genügender
Weise beachtet. Es ist belanglos, dass im Eingang der Klageschrift als
Gegenpartei einfach die Schweizerische Eidgenossenschaft - ohne die
in der Verordnungsvorschrift eingeklammerte Bezeichnung - genannt ist;
ergibt sich doch aus der Begründung der Klage, dass eine Forderung gegen
die PTT-Betriebe aus Haftpflicht geltend gemacht wird. Die PTT-Betriebe
sind ein unselbständiger Zweig der Bundesverwaltung; sie besitzen nicht
eine eigene juristische Persönlichkeit und können - im Unterschied zu den
SBB (BGE 91 I 228) - nicht selbständig Prozess führen. Werden sie für
Geldforderungen belangt, so ist die Eidgenossenschaft ins Recht zu fassen
(vgl. BGE 93 I 660, betreffend einen Anspruch gegen die Versicherungskasse
für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung).

Erwägung 2

    2.- Die Klage wird auf die Vorschriften des Postverkehrsgesetzes vom 2.
Oktober 1924 über die Haftpflicht der Post aus dem Postcheckverkehr
gestützt. In der Tat sind diese Bestimmungen massgebend. Sie gehen der
im Verantwortlichkeitsgesetz vom 14. März 1958 aufgestellten allgemeinen
Ordnung der Haftung des Bundes vor (Art. 3 Abs. 2 dieses Gesetzes).

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 55 Abs. 1 lit. a PVG (in der Fassung gemäss BG
vom 19. Juni 1959, AS 1959 S. 902) und Art. 3 Abs. 3 lit. a des
PTT-Organisationsgesetzes vom 6. Oktober 1960 (AS 1961 S. 17) sind die
aus dem Postverkehrsgesetz abgeleiteten Haftpflichtklagen gegen die Post
beim Bundesgericht anzubringen, sofern der Streitwert wenigstens 8000
Franken beträgt. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

    Die Beziehungen zwischen den PTT-Betrieben und den Personen, welche
deren Dienste in Anspruch nehmen, unterstehen dem öffentlichen Recht
(BGE 94 I 171 Erw. 1). Mit der vorliegenden Klage wird ein in der
Bundesgesetzgebung begründeter vermögensrechtlicher Anspruch gegen
den Bund aus öffentlichem Recht geltend gemacht. Sie ist daher als
verwaltungsrechtliche Klage gemäss Art. 110 OG entgegenzunehmen und
zu beurteilen, obwohl die Klägerin das Bundesgericht als Zivilgericht
angerufen hat (BGE 81 I 166, 94 I 171 Erw. 2).

Erwägung 4

    4.- Nach Art. 45 PVG verjähren die aus diesem Gesetz abgeleiteten
Haftpflichtansprüche mit dem Ablauf eines Jahres von dem auf die
Postaufgabe folgenden Tage an; die Frist kann durch bestimmte Handlungen
unterbrochen werden. Im vorliegenden Fall waren die Parteien in den
Rechtsschriften noch darüber einig, dass die eingeklagte Forderung nicht
verjährt sei. In der Vorbereitungsverhandlung hat jedoch der Vertreter der
Beklagten die Einrede erhoben, ein Teil der Forderung sei verjährt. Die
Frage der Verjährung kann indessen offen gelassen werden, wenn sich ergibt,
dass die Klage ohnehin unbegründet ist.

Erwägung 5

    5.- Laut Art. 44 Abs. 1 PVG ist die Haftpflicht der Post aus dem
Postverkehr auf den in diesem Gesetz umschriebenen Umfang beschränkt. Hier
wäre sie nur dann gegeben, wenn sie aus Art. 54 Abs. 4 oder 5 PVG
hergeleitet werden könnte. Massgebend (und daher im folgenden zitiert) ist
die ursprüngliche Fassung dieser Absätze, die übrigens die Voraussetzungen
der Haftung gleich ordnet wie die Neufassung gemäss BG vom 21. Dezember
1966 (AS 1967 S. 1485).

    Nach Art. 54 Abs. 4 Satz 1 PVG haftet die Post dem Auftraggeber für
ordnungsgemäss überwiesene Beträge bis zur richtigen Gutschrift. Auf Grund
dieser Bestimmung, welche ein Verschulden der Postorgane nicht voraussetzt,
wäre die Klage ohne weiteres gutzuheissen, wenn die Klägerin, wie sie
behauptet, die in Frage stehenden Überweisungsaufträge ordnungsgemäss
erteilt hätte; denn in diesem Fall wären die von der Post vorgenommenen
Gutschriften zugunsten der Checkrechnung des Angestellten Y., wodurch
die Klägerin geschädigt worden ist, nicht richtig (auftragsgemäss)
gewesen. Ist dagegen anzunehmen, dass die Überweisungsaufträge der Klägerin
nicht ordnungsgemäss waren, so kommt eine Haftung der Post nur bei grobem
Verschulden ihrer mit der Kassen- und Rechnungsführung betrauten Beamten
in Betracht (Art. 54 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 PVG).

    Die Frage, ob die Überweisungsaufträge der Klägerin ordnungsgemäss
waren, ist auf Grund des Art. 92 Abs. 1 der Postordnung (VV I zum PVG)
zu beurteilen, die der Bundesrat gestützt auf Art. 67 Abs. 2 PVG am
23. Dezember 1955 erlassen hat. Diese Verordnungsvorschrift bestimmt, dass
die Überweisungsaufträge auf der Rückseite des Postchecks vorzumerken sind,
dass der Aussteller für richtige Ausstellung und Vormerkung der Aufträge
verantwortlich ist und dass er dem Postcheck für jede Überweisung einen
vorschriftsgemäss ausgefertigten Girozettel beizulegen hat. Die Klägerin
macht geltend, sie habe diese Ordnung eingehalten; sie habe die Aufträge
auf der Rückseite der Postchecks richtig vorgemerkt und den Checks
formell einwandfrei ausgefüllte Girozettel beigelegt; eine Bestimmung,
wonach ein vorschriftsgemäss ausgefertigter Girozettel inhaltlich dem
Auftrag auf der Rückseite des Checks hätte entsprechen müssen, habe in
der kritischen Zeit nicht bestanden.

    Allerdings ist der Auftraggeber erst in der neuen Postordnung vom 1.
September 1967 (AS 1967 S. 1405) ausdrücklich angewiesen worden, die
Aufträge auf der Rückseite des Postchecks "so vorzumerken, dass die Angaben
auf den Überweisungen (d.h. den Girozetteln) mit denen auf dem Postcheck
übereinstimmen" (Art. 130 Abs. 1 Satz 2; vgl. auch Art. 121 Abs. 5). Das
Erfordernis der Übereinstimmung brauchte indessen nicht ausdrücklich
aufgestellt zu werden; denn es ergibt sich ohnehin schon daraus, dass der
Auftraggeber nach Art. 92 Abs. 1 der alten wie nach Art. 130 Abs. 1 der
neuen Postordnung nicht nur die gewünschten Überweisungen auf der Rückseite
des Checks vorzumerken, sondern auch dem Check für jede Überweisung einen
vorschriftsgemäss ausgefertigten Girozettel beizulegen hat. Diese doppelte
Obliegenheit kann nur so verstanden werden, dass auf dem Girozettel der
gleiche Betrag und der gleiche Empfänger wie auf der Rückseite des Checks
angegeben werden müssen. Der Check ist der Beleg für das die Rechnung
des Ausstellers führende Postcheckamt über die rechtmässige Belastung
dieser Rechnung. Der Girozettel ist der Beleg, mit dem das die Rechnung
des Empfängers führende Postcheckamt diesem die richtige Gutschrift des
überwiesenen Betrags anzeigt. Daraus folgt ohne weiteres, dass die beiden
Dokumente übereinstimmen müssen. Weichen sie voneinander ab, so kann die
Post den Überweisungsauftrag nicht richtig ausführen. Ein Girozettel,
auf dem nicht der auf dem Check bezeichnete, sondern ein anderer Empfänger
genannt wird, ist nicht vorschriftsgemäss ausgefertigt, und der von einem
solchen Zettel begleitete Überweisungsauftrag ist nicht ordnungsgemäss.

    So verhält es sich hier. Der Anspruch der Klägerin lässt sich daher
nicht auf Art. 54 Abs. 4 Satz 1 PVG gründen. Es bleibt zu prüfen, ob er auf
Abs. 4 Satz 2 oder auf Abs. 5 daselbst gestützt werden könne. Voraussetzung
dafür wäre nach beiden Bestimmungen ein grobes Verschulden der mit der
Kassen- und Rechnungsführung betrauten Postbeamten bei der Ausübung
ihres Dienstes.

Erwägung 6

    6.- Das Personal der Postcheckämter, das die eingehenden Postchecks
verarbeitet, hat nur die Kontrollen vorzunehmen, die ihm durch
Dienstvorschriften aufgetragen sind. Es ist insbesondere angewiesen zu
prüfen, ob der Postcheck einwandfrei unterzeichnet ist, ob die Teilbeträge
auf der Empfängerliste richtig addiert sind, ob das Ergebnis dieser
Addition mit der auf der Vorderseite des Checks eingetragenen Summe
übereinstimmt und ob die Teilbeträge auf der Empfängerliste sich mit den
Beträgen auf den Girozetteln (und Zahlungsanweisungen) decken. Dagegen
hat es nach den ihm erteilten Instruktionen nicht in allen Fällen auch zu
prüfen, ob die auf den Girozetteln (und Zahlungsanweisungen) eingetragenen
Empfänger mit den auf der Rückseite des Postchecks bezeichneten Adressaten
identisch sind; eine Ausnahme wird nur gemacht für den Fall, dass der
Auftraggeber gemäss Postordnung (Art. 94 des alten und Art. 132 des
neuen Textes) die Ausstellung einer besonderen Auftragsbescheinigung
verlangt hat, was die Klägerin nicht getan hat. Dafür, dass hier diese
Prüfung unterblieben ist und deshalb die betrügerischen Machenschaften
des Angestellten Y. von der Post nicht entdeckt worden sind, können daher
nicht die Bediensteten des Postcheckamtes Zürich, welche die Postchecks
zu verarbeiten hatten, verantwortlich gemacht werden, sondern nur ihre
Vorgesetzten, die den Umfang der vorzunehmenden Kontrolle festzulegen
hatten. Auch diese leitenden Beamten - ja sie erst recht - sind im Sinne
des Art. 54 PVG mit der Kassen- und Rechnungsführung betraut; denn sie
sind verantwortlich für das ihren Anordnungen entsprechende Ergebnis der
Rechnungskontrolle, die dem ihnen unterstellten Personal aufgetragen
ist. Es fragt sich daher, ob ihnen deshalb ein grobes Verschulden
vorgeworfen werden könne, weil sie unterlassen haben, den Untergebenen
allgemein die Prüfung vorzuschreiben, ob Postcheck und Girozettel auf
den gleichen Empfänger lauten.

    Mit dieser Unterlassung haben die PTT-Betriebe bewusst die Gefahr in
Kauf genommen, dass ein durch Postcheck überwiesener Betrag entgegen der
gesetzlichen Ordnung jemandem gutgeschrieben wird, der darauf nach dem im
Check vorgemerkten Auftrag keinen Anspruch hat. Die Beklagte bestreitet
dies nicht; sie behauptet nicht etwa, dass solche Fehlleitungen ausserhalb
des Erfahrungsbereichs und der Voraussicht der Postverwaltung liegen. Sie
sucht deren Verhalten vielmehr mit anderen Gründen zu rechtfertigen. Die
Kreispostdirektion Zürich hat in einem Schreiben vom 18. Juli 1966 an
die Klägerin ausgeführt:

    "Das Postcheckamt Zürich hat im Jahre 1965 rund 1,3 Millionen
Auftragschecks behandelt. Diesen Cheks waren 12 Millionen
Überweisungsaufträge und gegen 5 Millionen Zahlungsanweisungen beigelegt.

    Im Interesse einer raschen und rationellen Abwicklung dieses
Grossverkehrs muss sich die Kontrolle der Post auf die Überprüfung der
Beträge beschränken. Das Vergleichen der Kontonummern und Adressangaben
würde einen unverhältnismässig hohen Arbeitsaufwand bedingen, der sich
weder postbetrieblich noch volkswirtschaftlich verantworten liesse. Bei
der überwiegenden Zahl der Aufträge, die letztes Jahr in der ganzen
Schweiz 80 Millionen erreichte, wäre diese Kontrolle überflüssig, dann
nämlich, wenn der Kontoinhaber oder ein Zeichnungsberechtigter die Belege
ausgestellt bzw. wenigstens verglichen und selber versandt hat."

    Daraus ergibt sich, dass man das "Interesse einer raschen und
rationellen Abwicklung" des Postcheckverkehrs gegen das Interesse an
der Vermeidung von Fehlleitungen abgewogen hat. Man hat das erste
Interesse als weit gewichtiger erachtet und ihm daher das zweite,
als gering bewertete geopfert. An der Vorbereitungsverhandlung hat ein
Chefbeamter darauf hingewiesen, dass die PTT-Betriebe das Personal der
Postcheckämter des ganzen Landes um rund 250 Leute vermehren müssten,
wenn sie die Kontrolle allgemein durchführen wollten, die notwendig wäre,
um Überweisungen an Adressen, die auf den Postchecks nicht aufgeführt sind,
zu verhüten. Die Beklagte ist der Meinung, dass der Mehraufwand, den eine
solche umfassende Prüfung erfordern würde, in einem Missverhältnis zu dem
davon zu erwartenden Nutzen stände, weil Fehlleitungen, welche Schaden
zur Folge haben, selten vorkämen und von den Auftraggebern bei Anwendung
einiger Sorgfalt vermieden werden könnten.

    In der Tat tritt in aller Regel kein Schaden ein, weil derjenige,
der zu Unrecht einen überwiesenen Betrag erhalten oder nicht erhalten hat,
sich normalerweise beim Auftraggeber oder bei der Post meldet, worauf der
Fehler behoben wird. Allerdings muss die PTT-Verwaltung damit rechnen,
dass ein im Betrieb eines Kontoinhabers beschäftigter Angestellter, der
darauf ausgeht, den Arbeitgeber zu betrügen, bald einmal herausfindet, was
sie kontrolliert und was nicht, und dass er sich diese Kenntnis zunutze
macht, um den Arbeitgeber zu schädigen. Sie darf aber auch annehmen,
dass die Kontoinhaber oder die von ihnen zur Unterschrift ermächtigten
Personen, ehe sie einen Postcheck unterzeichnen, die darauf vorgemerkten
Aufträge und deren Übereinstimmung mit den Angaben in den Girozetteln
überprüfen. Ferner darf sie davon ausgehen, dass die Kontoinhaber in
der Regel nur vertrauenswürdige Personen zur Unterschrift ermächtigen.
Dagegen darf sie nach der Lebenserfahrung nicht voraussetzen, dass
die Auftraggeber oder ihre Bevollmächtigten selber die unterzeichneten
Postchecks und die zugehörigen Belege zur Post tragen, wenn für diese
Besorgung untergeordnete Angestellte zur Verfügung stehen. Sie muss
mit der Möglichkeit rechnen, dass Angestellte - wie es im vorliegenden
Fall offenbar geschehen ist - Girozettel nach der Unterzeichnung des
Checks innerhalb des Betriebes oder auf dem Weg zur Post auswechseln,
um den Auftraggeber zu betrügen. Ein Betrug wird indessen dem ungetreuen
Angestellten nur gelingen, wenn der Arbeitgeber oder sein Bevollmächtigter
es an der erforderlichen elementaren Sorgfalt fehlen lässt.

    Dies zeigt gerade der vorliegende Fall. Bevor die Klägerin sich
entschloss, Y. an einen Vertrauensposten zu stellen, hätte sie sich über
sein Vorleben erkundigen müssen. Hätte sie es getan, so hätte sie keinen
günstigen Bescheid über ihn erhalten. Dies hätte sie veranlassen müssen,
ihm entweder keine wichtige Aufgabe zu übertragen, oder aber ihn mit
einer das übliche Mass übersteigenden Strenge zu beaufsichtigen. Dazu
hätte umsomehr Anlass bestanden, als die Rechnungskontrolle im Betriebe
der Klägerin offenbar recht wenig wirksam organisiert war; denn anders
lässt sich nicht erklären, dass fingierte Rechnungen über vier- und
fünfstellige Frankenbeträge vom leitenden Personal der Firma visiert und
zur Zahlung freigegeben wurden, ohne dass jemand näher zugesehen hätte. Die
Klägerin hätte ihre leitenden Angestellten zum mindesten anweisen müssen,
vor der Unterzeichnung der Postchecks sich zu vergewissern, ob die darin
zur Überweisung vorgemerkten Beträge wirklich geschuldet seien. Sie wäre
nicht zu Schaden gekommen, wenn sie wenigstens diese Kontrolle hätte
durchführen lassen. Sie hat ihre Sorgfaltspflicht gröblich verletzt.

    Ergibt sich somit, dass der Kontoinhaber Schäden, die eintreten,
wenn die Angaben auf den eingereichten Girozetteln mit denen auf dem
Postcheck nicht übereinstimmen, bei Beobachtung der ihm zuzumutenden
elementaren Vorsicht leicht vermeiden kann, so kann darin, dass die
zuständigen Chefbeamten der Post ihren Untergebenen nicht vorgeschrieben
haben, die Übereinstimmung der Angaben allgemein zu kontrollieren, ein
grobes Verschulden im Sinne von Art. 54 Abs. 4 oder 5 PVG nicht gesehen
werden. Der Rechnungsinhaber hat selber für den Schaden einzustehen,
wie dies nun Art. 121 Abs. 5 der neuen Postordnung vom 1. September 1967
ausdrücklich bestimmt. Die PTT-Betriebe können dafür nicht haftbar gemacht
werden. Mangels eines groben Verschuldens der Postbeamten kommt auch eine
Verteilung des Schadens auf den Rechnungsinhaber und die PTT-Betriebe,
wie sie im revidierten Art. 54 Abs. 5 PVG (Fassung vom 21. Dezember 1966)
vorgesehen ist (und schon in Art. 141 der Postordnung vom 23. Dezember
1955 vorgesehen war), nicht in Frage.

    Die Klage erweist sich mithin im vollen Umfange als unbegründet.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Klage wird abgewiesen.