Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 I 264



95 I 264

38. Auszug aus dem Urteil vom 9. Mai 1969 i.S. Brandversicherungsanstalt
des Kantons Basel-Stadt gegen Eidg. Steuerverwaltung. Regeste

    Stempelabgabe auf Prämienquittungen der Immobiliarfeuerversicherung.

    Besteuerung einer kantonalen Brandversicherungsanstalt. Begriff der
Versicherungssumme (Art. 45 Abs. 1 lit. c StG). Berechnung dieser Summe.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Die Brandversicherungsanstalt des Kantons Basel-Stadt (BVA)
ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt, bei der die in diesem Kanton
gelegenen Gebäude obligatorisch gegen Brand, Blitzschlag, Explosion
und Elementarschaden versichert sind (§§ 1 und 2 des kantonalen
Brandversicherungsgesetzes vom 2. Juli 1908, BVG). Die Gebäudeeigentümer
haben der Anstalt jährliche Versicherungsprämien zu bezahlen, die in 4
Gefahrenklassen nach Promillesätzen vom Versicherungswert der Gebäude
abgestuft sind (§ 30). Als Versicherungswert ist bei der Einschätzung
"die Summe festzusetzen, welche bei Berücksichtigung des Durchschnitts
der Baupreise der letzten 10 Jahre nötig wäre, um das zu schätzende
Gebäude herzustellen, jedoch mit Abrechnung des Minderwertes, der sich
infolge Alters, Abnutzung, Baufälligkeit und dergleichen ergibt" (§
6). Eine Revision der Schatzung findet von Amtes wegen nach 10 Jahren,
auf Antrag des Eigentümers schon nach 5 Jahren und auf Verlangen des
Justizdepartements in jedem andern Zeitpunkt statt (§ 15). Im Jahre
1949 wurden alle Versicherungswerte auf 160% der Vorkriegsschatzung
"stabilisiert"; auch die neuen Schätzungen erfolgen seither auf der Basis
von 160% des Vorkriegswertes. Der so stabilisierte Versicherungswert
bildet gleichzeitig die Grundlage für die Bemessung der Prämie.

    Bei gänzlicher Zerstörung eines Gebäudes ist der ganze
Versicherungswert (unter Abzug des Verkaufswertes der noch verwertbaren
Materialien und Zurechnung der Abräumungskosten) als Schaden zu vergüten
(§ 18). Genügt das nicht für die Wiederherstellung des Gebäudes,
so ist die Entschädigungssumme auf den Betrag der mutmasslichen
Wiederherstellungskosten zu erhöhen (§ 19 a). Totalschäden waren in den
letzten Jahren sehr selten (von 1957 bis 1967 nur 6 Fälle).

    B.- Nach Art. 45 Abs. 1 lit. c StG beträgt die Stempelabgabe auf
Quittungen für Versicherungsprämien der Immobiliarfeuerversicherung
jährlich 1/20é der Versicherungssumme. Als solche betrachtete die BVA
seit 1949 grundsätzlich den auf 160% des Vorkriegswertes stabilisierten
Versicherungswert und berechnete die von ihr entrichtete Stempelabgabe
entsprechend; hievon abweichend legte sie in den Jahren, in denen ein -
nach ihrer Auffassung - für den Versicherungsbestand repräsentativer
Totalschaden tatsächlich eintrat und die dafür ausgerichtete
Entschädigung die Schatzungssumme überstieg, die Mehrentschädigung auf
das gesamte Versicherungskapital um und entrichtete die Abgabe von dem
so erhöhten Kapital. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1956 beanstandete
die eidg. Steuerverwaltung (EStV) jene Berechnung und machte geltend,
Versicherungssumme sei der Höchstbetrag, zu dessen Leistung der
Versicherer verpflichtet sei, also hier der Betrag der mutmasslichen
Wiederherstellungskosten gemäss § 19 a BVG; sie forderte die BVA auf, ab 1.
Januar 1957 die Stempelabgabe durchweg "vom Versicherungskapital, das nach
dem jeweiligen Baukostenindex auf den Wiederherstellungswert umgerechnet
wird, zu entrichten". Die BVA war hiemit nicht einverstanden und schlug
vor, "es bei der geltenden, im gegenseitigen Einvernehmen getroffenen
Regelung zu belassen". Darauf setzte die EStV das Verfahren bis zur
Erledigung eines ähnlichen Streites mit der Brandversicherungsanstalt
des Kantons Bern aus.

    Nach Eröffnung des bundesgerichtlichen Urteils vom 24. November
1961 i.S. Brandversicherungsanstalt Bern forderte die EStV die BVA auf,
die Stempelabgaben für die Jahre 1957-1961 nach der Berechnung gemäss
ihrem Schreiben vom 20. Oktober 1956 nachzuentrichten. Da hierüber keine
Einigung zustande kam, erliess sie am 2. Juni 1965 einen Entscheid,
worin sie für die Jahre 1957-1963 Abgaben von insgesamt Fr. 800'246.70
nachforderte; für die Umrechnung des stabilisierten Versicherungswertes
auf den Wiederherstellungswert erklärte sie den jeweiligen Zürcher
Baukostenindex als massgebend. Am 31. Oktober 1968 hiess sie eine
Einsprache der BVA dahin teilweise gut, dass sie statt auf die letzte
Indexzahl auf das Mittel des Erhebungsjahres abstellte und einen Abzug
von 5% für Alter und Abnützung anerkannte. Gestützt hierauf setzte sie
die Nachforderung für die Jahre 1957-1967 auf Fr. 1'531,505.85 fest.

    C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die BVA in
erster Linie:

    "1. Es sei der Einspracheentscheid der EStV aufzuheben.

    2. Es sei festzustellen, dass die Stempelabgabe vom ausgewiesenen
Versicherungskapital der Beschwerdeführerin zu bemessen ist und dass die
Beschwerdeführerin demgemäss für die Jahre 1957-1967 keine Stempelabgabe
mehr schuldet."

    D.- Die EStV beantragt Abweisung der Beschwerde.

    Das Bundesgericht folgt diesem Antrag.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Während die Stempelabgabe auf Quittungen für Versicherungsprämien
bei den meisten Versicherungszweigen vom Betrage der Barprämie berechnet
wird, wird sie bei einigen anderen, insbesondere der Feuerversicherung,
von der Versicherungssumme berechnet (Art. 45 StG). Für die
Immobiliarfeuerversicherung, um die es sich hier handelt, beträgt sie
jährlich 1/20é der Versicherungssumme (Abs. 1 lit. c daselbst).

    Diese Ordnung beruht auf dem Gedanken, dass die Vermögenswerte insoweit
besteuert werden sollen, als sie unter dem Schutz der Versicherung stehen.
Bei den meisten Versicherungsarten ist Grundlage der Abgabebemessung die
für die Versicherung zu entrichtende Prämie, weil in ihr der angemessene
Ausdruck des Wertes der versicherten Gegenstände erblickt wird. Bei der
Feuerversicherung aber wird nicht auf die Prämie, sondern direkt auf die
Versicherungssumme abgestellt, weil angenommen wird, dass der durch diese
Versicherung geschützte Wert in der Prämie aus sozialpolitischen Gründen
nicht immer einen zutreffenden Ausdruck findet (Botschaft des Bundesrates
zum Entwurf des Stempelgesetzes, BBl 1917 III S. 128 und 133).

    Das basel-städtische BVG kennt den Begriff "Versicherungssumme" nicht,
und die heutigen Parteien streiten darüber, was nach seiner Ordnung
als solche zu betrachten ist. Nach der Auffassung der BVA ist es der
"Versicherungswert", der bei der Einschätzung der versicherten Gebäude
festgesetzt wird und seit 1949 auf 160% des Vorkriegswertes "stabilisiert"
ist. Die EStV dagegen erachtet - in Anlehnung an Art. 69 Abs. 1 VVG - als
massgebend den Höchstbetrag der Leistung, die der Versicherer allenfalls
zu erbringen hat, also gemäss § 19 a BVG den Betrag der mutmasslichen
Wiederherstellungskosten.

    Die gleiche Frage stellte sich in dem von den Parteien zitierten Urteil
des Bundesgerichts vom 24. November 1961 i.S. Brandversicherungsanstalt
des Kantons Bern; denn auch die bernische Ordnung kennt einen - dort
auf 130% des Vorkriegswertes - "stabilisierten" Versicherungswert,
der die Grundlage der Prämienbemessung bildet, sieht aber im Falle des
Wiederaufbaus zerstörter Gebäude als - höhere - Versicherungsleistung den
Ersatz der Wiederaufbaukosten vor. (Dass die Differenz in Bern in Form
einer Zulage zu entrichten ist, während Basel-Stadt eine einheitliche
Leistung vorsieht, stellt keinen grundsätzlichen Unterschied dar.)

    In jenem Urteil hat das Bundesgericht in E. 1 zunächst auf den oben
erwähnten Grundgedanken der Berechnung der Stempelabgabe hingewiesen und
weiter ausgeführt: Die Versicherungssumme erfüllt zwei Funktionen, indem
sie einerseits die obere Grenze für die Leistung des Versicherers und
anderseits die Grundlage der Bemessung der Prämie bildet. Diese Funktionen
können auseinanderfallen und in verschiedenen Beträgen zum Ausdruck
kommen, namentlich wenn die erste durch den Ersatzwert der versicherten
Sache, die zweite aber durch den bei ihrer Einschätzung ermittelten
Wert ausgeübt wird. Dann bildet, wenn es sich um eine Feuerversicherung
handelt, der Ersatzwert als Höchstbetrag der Versicherungsleistung die
Versicherungssumme im Sinne des Art. 45 StG und damit die Grundlage für
die Bemessung der Stempelabgabe; gleichgültig ist hiefür, wie hoch die
Prämie ist und nach welchen Regeln sie berechnet wird. Das gilt auch
für die öffentlichrechtliche Gebäudebrandversicherung, und wenn hier eine
Versicherungssumme nicht von vornherein festgelegt ist, richtet sich die
Abgabe nach dem Höchstbetrag der Leistung des Versicherers.

    Diese Erwägungen sind auch auf den heutigen Fall anzuwenden. Da das
basel-städtische BVG und die gestützt darauf abgeschlossenen Versicherungen
keine "Versicherungssumme" nennen, ist zu prüfen, was nach seiner Ordnung
diesem von Art. 45 StG verwendeten Begriff entspricht. Das Stempelgesetz
hat ihn offensichtlich aus Art. 69 Abs. 1 VVG übernommen, wonach er
die Haftung des Versicherers nach oben begrenzt. Das entspricht auch
der ratio legis von Art. 45 StG, weil zur Steuerleistung das Kapital
herangezogen werden soll, das in der Versicherung Schutz sucht und damit
sein Vermögensinteresse dokumentiert (s. die oben zitierte Botschaft,
S. 128). Dieses Kapital und dieser Schutz kommen zum Ausdruck in dem
höchsten Werte, der im Schadensfalle vom Versicherer ersetzt wird. Nach
dem basel-städtischen BVG ist das nicht der bei der Einschätzung gemäss
§ 6 festgesetzte "Versicherungswert", der die andere Funktion der
Versicherungssumme erfüllt, indem er als Grundlage für die Bemessung der
Prämie dient, und der gemäss den §§ 18 und 19 bei gänzlicher Zerstörung
ohne Wiederherstellungsmöglichkeit und bei Teilschäden der Entschädigung
zugrunde gelegt wird, sondern der höhere Betrag der mutmasslichen
Wiederherstellungskosten, der nach § 19 a im Falle des Wiederaufbaues
zu ersetzen ist. Als Versicherungssumme auf Grund des BVG sind somit
die mutmasslichen Kosten des Wiederherstellung der versicherten Gebäude
im Falle ihrer gänzlichen Zerstörung zu betrachten. Von ihnen ist die
Stempelabgabe zu berechnen.

Erwägung 2

    2.- Demgegenüber vermögen die Argumente der Beschwerdeführerin, welche
das Urteil vom 24. November 1961 kritisiert und seine Überprüfung verlangt,
nicht durchzudringen.

    a) Sie wendet sich vor allem dagegen, dass der Begriff der
Versicherungssumme nach Art. 45 StG in Anlehnung an Art. 69 VVG ausgelegt
wird, und macht geltend, die Übereinstimmung verstehe sich nicht von
selbst, sondern solche Begriffe seien im Steuerrecht unabhängig von
ihrer zivilrechtlichen Bedeutung zu interpretieren, wenn sich dies aus
steuerrechtlichen Überlegungen rechtfertige. Gerade das aber trifft
hier nicht zu. Wie oben dargetan, verwendet Art. 45 StG den Begriff
"Versicherungssumme" in bewusster Anlehnung an Art. 69 Abs. 1 VVG im
Sinne der oberen Begrenzung der Versicherungsleistung und entspricht
das auch seiner ratio legis. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das
wirtschaftliche Interesse des Versicherungsnehmers komme in der Prämie
zum Ausdruck, die neben dem Wert der versicherten Gegenstände auch die
Höhe des Risikos berücksichtige. Nach Art. 45 StG ist jedoch bei der
Feuerversicherung die Abgabe gerade nicht nach der Prämie, sondern allein
nach dem in der "Versicherungssumme" ausgedrückten Wert der versicherten
Gegenstände zu bemessen, und an diese gesetzliche Regelung ist das
Bundesgericht gemäss Art. 114bis Abs. 3 BV gebunden.

    Freilich will die Beschwerdeführerin nicht auf die Prämie selbst
abstellen, sondern auf das - auf Grund der Schätzungen - "ausgewiesene
Versicherungskapital", das zusammen mit dem in den vier Gefahrenklassen
ausgedrückten Risiko für die Berechnung der Prämien dient. Sie hat es
jedoch in der Hand, diese Berechnung durch Manipulierung ihrer beiden
Faktoren zu steuern, indem z.B. eine Einschätzung zu Fr. 100'000.--
mit einem Prämiensatz von 1é das gleiche Resultat ergibt wie eine
Einschätzung zu Fr. 200'000.-- mit einem Prämiensatz von 0,5é. So könnte
die Beschwerdeführerin, wenn ihrer Auffassung gefolgt würde, selbst
bestimmen, von welchem Betrage die Abgabe zu bemessen sei. Verschiedene
kantonale Brandversicherungsanstalten haben den Versicherungswert in
unterschiedlicher Weise "stabilisiert": Bern auf 130%, Basel-Stadt auf
160%, Schaffhausen und Zug auf 200% des Vorkriegswertes. Nach dem von der
Beschwerdeführerin befürworteten System hätten diese Anstalten - bei gleich
hohen von ihnen zu ersetzenden Wiederherstellungskosten - entsprechend
verschiedene Stempelabgaben zu entrichten und würden diejenigen mit
"stabilisierten" Versicherungswerten gegenüber den übrigen und allen
privaten Feuerversicherungen steuerlich bevorzugt. Aber auch abgesehen
von dieser Erwägung stellt das "ausgewiesene Versicherungskapital"
nicht die Höchstgrenze der Versicherungsleistung und damit nicht die
Versicherungssumme im Sinne des Art. 45 StG dar.

    b) Die Beschwerdeführerin weist weiter darauf hin, dass nach Art. 69
Abs. 1 VVG die Versicherungssumme die Haftung des Versicherers nur
nach oben begrenzt, "soweit der Vertrag oder dieses Gesetz (Art. 70)
nicht anders bestimmt", und dass es somit den Parteien freisteht, auf
die Festsetzung einer Versicherungssumme überhaupt zu verzichten oder
die Vergütung des vollen Wiederbeschaffungswertes auch für den Fall
zu vereinbaren, dass er die festgesetzte Versicherungssumme übersteigen
sollte. Nach dem BVG - dessen Ordnung an die Stelle der vertraglichen bei
der Privatversicherung tritt - ist keine Versicherungssumme vorgesehen,
wohl aber der Ersatz der Wiederherstellungskosten, falls diese höher
sind als die Leistungen, die sich nach den §§ 18 und 19 auf Grund des
Versicherungswertes ergeben würden. Damit ist die Versicherungsleistung
im Falle des Wiederaufbaus auf den höchsten in Frage kommenden Wert
festgesetzt, was - wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt -
sowohl im Interesse der Eigentümer als auch im öffentlichen Interesse
liegt (Erhaltung bzw. Wiederherstellung des Baubestandes, Schutz
des Hypothekarkredites). Zugleich ist damit die obere Grenze der
Versicherungsleistung festgelegt, die als Versicherungssumme zu
betrachten ist. Wieso es sich in dieser Beziehung bei der öffentlichen
Feuerversicherung anders verhalten sollte als bei der privaten, ist nicht
einzusehen, da beide in gleicher Weise der Stempelabgabe unterliegen.

    c) Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, sowohl das VVG als auch
das StG verständen unter Versicherungssumme einen bestimmten oder doch
ohne weiteres arithmetisch bestimmbaren Zahlenwert, und hieran fehle es
bei den "mutmasslichen Wiederherstellungskosten". Ausser Zweifel steht,
dass sich diese bei jedem einzelnen Gebäude, das - ganz oder teilweise
- zerstört wurde und wieder aufzubauen ist, bestimmen lassen und nach
Art. 19 a BVG auch bestimmt werden müssen. Schwieriger ist dagegen
ihre Bestimmung für den ganzen Versicherungsbestand, die notwendig
ist, um die Stempelabgabe danach zu berechnen. Sie beruht nicht, wie
die Beschwerdeführerin kritisch bemerkt, auf einer mit dem Wesen der
Versicherung nicht vereinbaren Vorstellung einer Zerstörung des gesamten
Versicherungsbestandes, sondern dient lediglich der Berechnung der Abgabe,
für welche das versicherte Vermögen und damit die - freilich theoretische
- obere Grenze der Versicherungsleistung massgebend ist; das Risiko und
die Frage der Schadenswahrscheinlichkeit hat damit nichts zu tun.

    Das gleiche Problem stellte sich in dem am 24. November 1961
beurteilten Falle der bernischen Brandversicherungsanstalt: Da
die obere Grenze der Haftung nicht von vornherein durch eine feste
Versicherungssumme, sondern durch den jeweiligen Ersatzwert im Falle
des Wiederaufbaus bestimmt war, war es schwierig, sie für den ganzen
Versicherungsbestand zu berechnen. Die Schwierigkeit betraf zwei Grössen,
den Baukostenindex und die Entwertung seit der letzten Einschätzung. Das
Gericht holte deshalb zwei Gutachten ein, und die Experten stellten
fest, dass sich beide Grössen für den gesamten Versicherungsbestand
periodisch in einem Durchschnitt ermitteln lassen. Eine alljährliche
Neubewertung jeder einzelnen versicherten Baute ist praktisch nicht
durchführbar; doch genügt es zur Bestimmung der Versicherungssumme, dass
sich sowohl der Baukostenindex als auch die Entwertung seit der letzten
Einschätzung für den gesamten Versicherungsbestand periodisch in einem
Durchschnitt feststellen lassen. Damit ist die zur Anwendung des Art. 45
StG erforderliche zahlenmässige Bestimmbarkeit der Versicherungssumme
gegeben. Im heutigen Falle haben sich übrigens die Parteien dahin
geeinigt, dass für den durchschnittlichen Wertabgang infolge Alters
und Abnützung seit der letzten Einschätzung ein Abzug von 5% zu machen
ist. Sie sind dagegen verschiedener Meinung über die andere zur Ermittlung
der Wiederaufbaukosten erforderliche Grösse, den Baukostenindex, und
namentlich über die Verwendung des Zürcher Baukostenindex.

Erwägung 3

    3.- Während sich die mutmasslichen Wiederherstellungskosten, die
bei gänzlicher Zerstörung und Wiederaufbau eines bestimmten Gebäudes zu
ersetzen sind, konkret ermitteln lassen, z.B. durch die Einholung von
Unternehmerofferten, ist das nicht möglich für die - theoretischen -
Kosten der Wiederherstellung des gesamten Versicherungsbestandes, die
als Versicherungssumme der Stempelabgabe zugrunde zu legen sind. Daraus
erklärt sich die im Jahre 1944 oder (nach der Darstellung der EStV) 1945
getroffene Vereinbarung der Parteien, wonach in den Jahren, in denen
sich ein für den Versicherungsbestand repräsentativer Totalschaden
tatsächlich ereignete und die dafür ausgerichtete Entschädigung
die Schatzungssumme überstieg, die Mehrentschädigung auf das gesamte
Versicherungskapital umzulegen und die sich daraus ergebende Mehrabgabe
nachzuzahlen war. Diese Lösung führt aber nur für die genannten Jahre
zu einem brauchbaren Ergebnis; doch bestimmt sich die Versicherungssumme
auch dann, wenn keine Totalschäden eintreten, nach der oberen Grenze der
in Frage kommenden Versicherungsleistung. Wie unbefriedigend jene Lösung
ist, zeigt sich darin, dass in den Jahren 19571967 bei der BVA nur sechs
Totalschäden eintraten, von denen sie einen einzigen als repräsentativ
anerkennt. Nach ihrer These wäre die Stempelabgabe nur für eines dieser
elf Jahre auf Grund der Versicherungssumme zu berechnen. Richtiger wäre
es wohl, die Umlegung auf lückenlose Zeiträume vorzunehmen, z.B. hier
auf die elf Jahre. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Berechnung der
Abgabe für mehrere Jahre auf Grund eines einzigen Totalschadenfalles zu
Zufallsergebnissen führen könnte und viel grössere Fehlerquellen enthielte
als das Abstellen auf Durchschnittswerte, wie sie im Baukostenindex
berücksichtigt werden. (Hier hat übrigens die BVA gerade in dem einen von
ihr als repräsentativ anerkannten Fall die ersetzten Wiederaufbaukosten
auf Grund des Zürcher Baukostenindex berechnet; würde die Abgabe für die
elf Jahre auf dieser Grundlage nachbezahlt, so wäre das Ergebnis gleich
wie nach dem angefochtenen Entscheid.)

    Weil es sich darum handelt, die Wiederherstellungskosten für den
gesamten Versicherungsbestand zu schätzen und ihre Abweichung von der
Summe der Einschätzung festzustellen, drängt es sich auf, von dieser
Summe auszugehen und den Baukostenindex zu berücksichtigen, der die
Abweichung der Baukosten im Abgabejahr von denjenigen angibt, die den
Einschätzungen zugrunde liegen. Auch diese sollen ja nach § 6 BVG
auf den Baukosten beruhen, die allerdings seit 1949 - im Bestreben,
alle Gebäudeschätzungen auf die gleiche Preisgrundlage zu stellen -
einheitlich auf 160% der Vorkriegskosten "stabilisiert" wurden. Die
Wiederaufbaukosten sind deshalb - wie das im Einspracheentscheid geschah -
für jedes Abgabejahr nach folgender Formel zu berechnen:

    (Stabilisierter Versicherungswert x Baukostenindex)  / 160

    (Sie entspricht der Formel, die - mit anderer Terminologie und dem
Divisor 130 statt 160 - von der bernischen BVA zur Lösung des gleichen
Problems aufgestellt und dem Urteil vom 24. November 1961 zugrunde gelegt
wurde. Dass die baselstädtische BVA keine solche Vorschrift aufgestellt
hat, ändert nichts daran, dass auch sie die Wiederherstellungskosten
richtig, also nach der genannten Formel, zu berechnen hat.)

    Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Zürcher Baukostenindex
sei für die Berechnung der Wiederaufbaukosten ungeeignet, und sie
werde durch seine Anwendung benachteiligt. Sie stützt sich dafür
auf ein von ihr eingeholtes Gutachten des Basler Kantonsstatistikers
Dr. Wunderle. Darin wird gegen jenen Index eingewendet, er gebe nur die
eigentliche Verteuerung wieder, berücksichtige aber die Änderungen der
Baumethoden nicht, die sich eher verbilligend auswirkten; immerhin wird
auch festgestellt, dass er periodisch durch die Wahl neuer, moderner
Indexhäuser an die veränderten Bauweisen angepasst wird. Die Kritik
richtet sich nicht speziell gegen den Zürcher, sondern im Grunde gegen
jeden Baukostenindex. Gegen die Verwendung des Zürcher Index selbst
wendet sich die Behauptung der Beschwerdeführerin, in Zürich sei das
Bauen teurer als in Basel; sie wird jedoch in keiner Weise untermauert,
und die von der EStV angestellten Erhebungen über die Taglohntarife
der Zürcher und Basler Fachverbände haben nur geringe Unterschiede -
bald zugunsten des einen, bald des anderen Platzes - ergeben. Weder die
Beschwerdeführerin selbst noch ihr Experte vermag eine Methode anzugeben,
die zu richtigeren Resultaten führt. (Die Beschwerdeführerin hat das
durch von ihr angestellte "Kontrollrechnungen" versucht, die aber von
ihrem eigenen Experten ebenfalls abgelehnt werden.) Anderseits hat die
Beschwerdeführerin bis zum jetzigen Streitfall den Zürcher Baukostenindex
selbst vielfach verwendet. Namentlich hat sie in ihren Jahresberichten
die "Haftungssumme" - die nichts anderes ist als die Versicherungssumme
aller versicherten Bauten - jeweils anhand der Entwicklung dieses Index
berechnet. Ferner hat sie sowohl bei der Einschätzung als auch bei der
Ermittlung der Wiederaufbaukosten in konkreten Fällen auf den Zürcher
Baukostenindex gegriffen, wenn keine anderen Mittel zur Verfügung standen.
Dieses ihr Verhalten wie auch der Umstand, dass Anstalten anderer Kantone
ohne eigenen Baukostenindex den Zürcher Index verwenden, spricht für dessen
Brauchbarkeit für die Berechnung der Wiederaufbaukosten; diese ist ja
nicht für jeden Einzelfall möglich, sondern muss generell für den ganzen
Versicherungsbestand erfolgen und sich daher mit Durchschnittsresultaten
begnügen.

    Der Experte Wunderle bezeichnet "die Annahme, eine einzige Ziffer
könne genügen, um den Vorkriegswert von Gebäuden der verschiedensten
Bauperioden und der mannigfaltigsten Bauausführungen auf den jeweils
gültigen Ersatzwert umzurechnen", als "besonders kühn". Das gilt in
vermehrtem Masse für das Vorgehen der BVA, die den Versicherungswert
sämtlicher Gebäude für alle Jahre ab 1949 einheitlich auf 160%
der Vorkriegsbaukosten "stabilisiert" und gestützt darauf 20 Jahre
lang die Stempelabgabe entrichtet hat. Es handelt sich darum, diese
richtig zu berechnen, indem an die Stelle jenes Wertes die mutmasslichen
Wiederherstellungskosten gesetzt werden. Indem die EStV durch die oben
wiedergegebene Formel den Faktor 160 durch den jeweiligen Baukostenindex
des Abgabejahres ersetzt hat, hat sie lediglich die notwendige Korrektur
an der Berechnung der BVA vorgenommen.

    Damit entfällt auch der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zum
erstenmal erhobene Einwand, die Schätzungen der BVA hätten in Wirklichkeit
nicht 160% der Vorkriegswerte, sondern mehr betragen. (Die BVA errechnet
als Beispiel für das Jahr 1967 194,8%, indem sie die Kubikmeterpreise für
dieses Jahr und für 1939 aus der jeweiligen Gesamtsumme der Schatzungen
und dem Bauvolumen ermittelt und miteinander in Beziehung setzt. Die
EStV führt verschiedene Gründe an, aus denen sich die Bauvolumen
der Jahre 1939 und 1967 nicht miteinander vergleichen lassen. Wie es
sich damit verhält, braucht nicht geprüft zu werden, da jene Rechnung
ohnehin unerheblich ist.) Die Beschwerdeführerin hat nie bestritten,
dass sie die Stempelabgabe auf Grund des auf 160% der Vorkriegsbaukosten
"stabilisierten" Versicherungswertes entrichtet hat. Dass sie diesen
bewusst niedrig gehalten hat, ergibt sich aus ihrem Jahresbericht 1963,
wo sie auf S. 4 ausführt: "Mit der Einführung der Stabilisierung
der Versicherungswerte im Jahre 1948 auf den jetzt noch geltenden
Kostenindex von 160% wurde bewusst die bestehende Spanne zwischen der
angenommenen Kostenbasis und dem damaligen Baukostenindex von 198% in
Kauf genommen, in der Meinung, die Baukosten würden sich mit der Zeit
sukzessive zurückbilden." Entsprechend niedrig waren die von ihr auf
dieser Grundlage bezahlten Stempelabgaben.

    Endlich weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass nach der
Berechnungsmethode der EStV die von ihr zu leistenden Stempelabgaben in
den Jahren 1957-1967 nicht weniger als 12,30-17,83% des Prämiensolls
ausmachten; sie ist der Meinung, ein solches Missverhältnis zu den 5%
der Barprämie, welche andere Versicherungszweige nach Art. 45 StG maximal
zu entrichten hätten, lasse sich mit einer vernünftigen Gesetzesauslegung
nicht vereinen. Dieser Vergleich geht jedoch fehl, weil das Gesetz bei der
Feuerversicherung die Abgabe gewollt nicht von der Prämie berechnet. Wie
richtig das ist, zeigt gerade das Beispiel der Beschwerdeführerin,
die ihre Prämien dank ihren ausserordentlich niedrigen Schadenquoten
besonders tief halten konnte. Nach ihrer eigenen Darstellung hat sie
die Prämiensätze seit 1908 nie verändert und liegen ihre Schadenquoten
ungefähr um die Hälfte unter dem schweizerischen Durchschnitt. Das dürfte
auf den bei ihr vorliegenden besonderen Verhältnissen, insbesondere auf
dem rein städtischen Charakter ihres Versicherungsbestandes, beruhen; nach
ihren Angaben machen die Holzbauten, die ein erhöhtes Risiko darstellen,
bei ihr weniger als 1% aus - gegenüber ca. 35% im Kanton Bern, wie im
Gutachten Saxer festgestellt ist.

    Aus diesen Gründen ist der Berechnungsmethode der EStV und der
Verwendung des Zürcher Baukostenindex grundsätzlich zu folgen und der
Hauptantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.