Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 IV 44



95 IV 44

12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Februar 1969
i.S. Metz gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden. Regeste

    Art. 139 OG, Art. 229 und 271 Abs. 4 Satz 2 BStP. Gegen Urteile des
Kassationshofes im Strafpunkt gibt es keine Revision.

Auszug aus den Erwägungen:

    Nach Art. 139 OG gelten für die Revision bundesgerichtlicher Urteile
im Strafpunkt nicht die Art. 136 ff. OG, sondern ausschliesslich die
Vorschriften des Bundesstrafprozesses. Dieser sieht in Art. 229 die
Revision vor gegen Urteile der Bundesassisen, der Kriminalkammer und
des Bundesstrafgerichtes, beschränkt das Rechtsmittel für Entscheide
des Kassationshofes in Art. 271 Abs. 4 Satz 2 aber ausdrücklich
auf den Zivilpunkt. Daraus folgt, dass es gegen Urteile, die der
Kassationshof gestützt auf Art. 268 ff. BStP fällt, im Strafpunkt
keine Revision gibt (BGE 80 IV 143). Anders verhält es sich nur, wenn
auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten wird, weil diesfalls
gar kein Urteil "im Strafpunkt", sondern bloss ein Entscheid über
die Voraussetzungen, die für die Zulässigkeit der Beschwerde erfüllt
sein müssen, vorliegt. Bei solchen Entscheiden wird in der Praxis die
Revision denn auch stets gewährt, wenn sich nachträglich herausstellt,
dass wegen einer unrichtigen Annahme auf die Beschwerde nicht eingetreten
wurde (vgl. insbes. nicht veröffentliches Urteil des Kassationshofes vom
8. Januar 1947 i.S. Hasler).

    Diese Regelung hat ihren Grund vor allem darin, dass der Kassationshof
mit Bezug auf den Strafpunkt reine Kassationsinstanz ist. Das heisst,
dass er bei abweichender Beurteilung der Strafsache nicht selbst
entscheiden darf; nach Art. 277ter BStP hat er die Sache vielmehr zu
neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurückzuweisen, die dann
ihrem neuen Entscheid die rechtliche Begründung des bundesgerichtlichen
Urteils zugrunde zu legen hat. Das hat zur Folge, dass die Revision des
Strafurteils immer gegen das kantonale Urteil nach den Vorschriften des
kantonalen Verfahrens durchzuführen ist (LEUCH, Die Nichtigkeitsbeschwerde
an den Kassationshof, ZStR 1943 S.20; Botschaften des Bundesrates vom
10. Oktober 1941 und 9. Februar 1943, BBl 1941 S. 781 und 1943 S. 165). Die
bundesrechtliche Regelung erklärt sich zudem daraus, dass der Kassationshof
an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde und folglich
auch an ihre Beweiswürdigung gebunden ist (Art. 273 Abs. 1 lit. b,
277bis Abs. 1 BStP). Er hat daher die Tatsachen, die für die rechtliche
Beurteilung des Falles von Bedeutung sind, nicht den Akten zu entnehmen,
wie der Gesuchsteller gestützt auf Art. 136 lit. d OG annimmt, sondern
hat sich an den von der Vorinstanz ermittelten Sachverhalt zu halten.