Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 II 470



95 II 470

65. Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. September 1969 i.S. Kehrer gegen
Metallbau AG Regeste

    Begriff des Musters bzw. Modells, MMG Art. 2, 3, 12 Ziff.
1 (Erw. II/1-3).

    Schutzfähigkeit eines Brief-/Milchkastens? (Erw. II/4).

    Wettbewerbsrecht, Verhältnis zum Modellschutz (Erw.  III/1). Unlauterer
Wettbewerb

    -  durch Übernahme einer Konstruktion oder Ausstattung? UWG Art. 1
Abs. 2 lit. d (Erw. III/2);

    - durch Vertrauensmissbrauch? (Erw. III/3).

    Verletzung der bundesrechtlichen Vorschriften über den Beweis? Art. 8
ZGB (Erw. III/2 c, 3 c).

Sachverhalt

    A.- Der Kläger Kehrer stellt Metallwaren her. Er entwickelte einen
Brief-/Milchkasten, für den er am 10. April 1959 unter Nr. 94 740 und
am 14. April 1961 unter Nr. 97 321 zwei Modelle hinterlegte. Das ältere
besteht aus zwei übereinander angeordneten Kästen, das neuere aus einer
Gruppen-Kombination der älteren Ausführung. Der Briefkasten ist auf der
Innenseite der Milchkastentüre angebracht und öffnet sich nach hinten. Die
Milchkastentüre, die aus Stahlblech besteht, ist glatt, ohne Schlüsselloch
und Sichtschlitze und hat einen Kugelschnäpperverschluss. Ihr oberer
Rand ist mit einem Streifen aus Aluminium-Legierung belegt, in den die
Einwurfklappe des Briefkastens eingelassen ist und der ein Namenschild
trägt. Am linken Rand des Streifens ist eine Griffleiste angebracht.

    Die Beklagte, die Metallbau AG Zürich, bezog von 1961 an
solche Brief-/Milchkästen vom Kläger. Vom April 1964 bis zum April
1965 verhandelten die Parteien sodann über eine Zusammenarbeit mit
lizenzweiser Herstellung der Kästen nach dem Modell des Klägers durch
die Beklagte. Diese Verhandlungen führten jedoch zu keiner Einigung.

    Die Beklagte stellte in der Folge selber einen Brief-/Milchkasten her,
den sie an der Mustermesse Basel im April 1966 ausstellte und am 13. Juli
1966 mit Ausstellungspriorität als Modell Nr. 102 048 hinterlegte.

    B.- Am 28. September/26. Oktober 1966 erhob Kehrer beim Handelsgericht
des Kantons Zürich gegen die Metallbau AG Klage auf Feststellung, dass
die Beklagte seine Modellschutzrechte verletzt und unlauteren Wettbewerb
begangen habe, auf Untersagung weiterer Verletzungshandlungen und auf
Schadenersatz; ferner beantragte er, die Modellhinterlegung Nr. 102 048
der Beklagten nichtig zu erklären.

    Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage und erhob Widerklage auf
Nichtigerklärung der klägerischen Modellhinterlegungen Nr. 94 740 und
97 321.

    C.- Das Handelsgericht Zürich erklärte mit Urteil vom 8. November 1968
in teilweiser Gutheissung der Klage das von der Beklagten hinterlegte
Modell Nr. 102 048 ungültig; alle weiteren Klagebegehren wies es ab und
erklärte in Gutheissung der Widerklage auch die vom Kläger hinterlegten
Modelle Nr. 94 740 und 97 321 als nichtig.

    D.- Eine vom Kläger gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde
wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 21. April 1969
abgewiesen.

    E.- Der Kläger hat gegen das Urteil des Handelsgerichts auch die
Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit der er an den im kantonalen
Verfahren gestellten Begehren festhält.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen, eventuell die Sache
zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 3

    I.- Da die Beklagte sich mit der Nichtigerklärung des von ihr
hinterlegten Modells abgefunden hat, sind im Berufungsverfahren nur noch
die Gültigkeit der klägerischen Modelle und die Folgen ihrer allfälligen
Verletzung durch die Beklagte, sowie die auf das Wettbewerbsrecht
gestützten Klagebegehren streitig.

Erwägung 1

    II. Zur Klage aus Modellschutz

    II.1.- Art. 2 MMG umschreibt das gewerbliche Muster oder Modell
als eine äussere Formgebung, auch in Verbindung mit Farben, die bei der
gewerblichen Herstellung eines Gegenstandes als Vorbild dienen soll. Nicht
nötig ist, dass diese Form auf einer eigenartigen, schöpferischen
Tätigkeit beruhe. Sie darf aber nicht im Nächstliegenden haften bleiben,
sondern muss durch eine gewisse Originalität ein Mindestmass an geistigem
Aufwand erkennen lassen. Ferner muss sie dem Gegenstand gegeben werden,
um den Geschmack, den Sinn für das Schöne, anzusprechen. Für eine Form,
die durch die Herstellungsweise, den Nützlichkeitszweck oder die technische
Wirkung des Gegenstandes bedingt ist, kann nach Art. 3 MMG der Muster-
oder Modellschutz nicht beansprucht werden. Das schweizerische Recht
gewährt also den Schutz nur für die sogenannten Geschmacksmuster, während
es ihn den sogenannten Gebrauchsmustern, im Gegensatz zum deutschen Recht,
versagt. Endlich ist ein hinterlegtes Muster oder Modell nach Art. 12 Ziff.
1 MMG nur gültig, wenn es zur Zeit der Hinterlegung neu, d.h. weder im
Publikum noch in den beteiligten Verkehrskreisen bekannt war (BGE 55
II 223 f., 69 II 429 f., 77 II 373, 83 II 477 f., 84 II 659, 87 II 52,
92 II 204 Erw. 4).

Erwägung 2

    II.2.- Nach der Auffassung des Klägers erfüllt sein
Brief-/Milchkastenmodell die oben umschriebenen Voraussetzungen der
Schutzfähigkeit dank der geschmacklich ansprechenden Gestaltung der
Frontansicht, die sich durch folgende Merkmale auszeichne:

    - Durch die Weglassung der Briefkastentüre mit Schlüsselloch und
Sichtschlitzen, die auf die Innenseite des Milchkastens verlegt worden
seien;

    - durch die Anbringung der Einwurfklappe des Briefkastens in einem in
die Milchkastentüre eingelassenen hellen Streifen aus Aluminiumlegierung,
der zusammen mit der dunkeln Farbe des untern Teils der Türe eine
ansprechende Kontrastwirkung ergebe;

    - durch die Anbringung der Griffleiste neben der Einwurfklappe auf
dem Aluminiumband;

    - durch die Weglassung von Unterteilungsstäben bei den Kastengruppen.

    Das Handelsgericht hat dem klägerischen Modell die Schutzfähigkeit mit
der Begründung abgesprochen, die glatte Gestaltung der Frontfläche sei die
Folge davon, dass die Briefkastentüre auf die Hinterseite verlegt wurde,
und daher in wesentlichen Punkten technisch und gebrauchsbedingt. Die
glatte Vorderseite des einzelnen Kastens wie der Kastengruppen sei zwar
ansprechend, entbehre aber der Neuheit und jeder Originalität.

Erwägung 3

    II.3.- Obwohl nach schweizerischem Recht nur Geschmacksmuster schützbar
sind, darf bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht einfach darauf
abgestellt werden, ob der hinterlegte Gegenstand ein Gebrauchsgegenstand
oder ein Ziergegenstand ist. Auch Gebrauchsgegenstände, wie z.B. Stühle
und Sofas (BGE 83 II 475, 84 II 653) oder Confiserietüten (BGE 87 II 49)
geniessen den Modellschutz, soweit ihre Formgebung den oben umschriebenen
Anforderungen genügt.

    a) Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit eines Modelles hat der
Richter in erster Linie alle jene Merkmale auszuscheiden, die technisch
bedingt und darum für die Herstellung und die praktische Brauchbarkeit
des Gegenstandes unentbehrlich sind. Würden Technik und Brauchbarkeit
zwangsläufig stets zur gleichen Lösung führen, so wären damit alle weiteren
Fragen erledigt. Das ist jedoch kaum jemals der Fall. In der Regel stehen
nach der Lösung der technisch und gebrauchsbedingten Probleme zahlreiche
Möglichkeiten zu Gebote, dem Gegenstand durch eine besondere Formgebung
ein eigenartiges, den Geschmack ansprechendes Gepräge zu verleihen. So
hat das Bundesgericht bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit eines
Modells für Stühle und Sofas ausgeführt, die Grundform eines solchen
Möbelstückes werde zwar weitgehend durch die Zweckbestimmung vorgezeichnet,
doch bleibe dabei genügend Raum für eine besondere Ausgestaltung und damit
für eine sich an den Schönheitssinn wendende, schutzfähige Formgebung, wie
durch die Erfahrung der Jahrhunderte mit ihren verschiedenen Epochen der
Möbelstile bestätigt werde (BGE 83 II 478). Hievon wollte das Bundesgericht
auch nicht abweichen, als es bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit
eines Wäschesackes (BGE 92 II 205) erklärte, eine Formgebung sei nur
dann schutzfähig, wenn sie ausschliesslich um des Geschmackes willen
erfolge. Damit sollte nicht gesagt werden, sobald eine allgemeine
Lösung durch die Technik gegeben sei, entfalle jede Schutzmöglichkeit
ohne Rücksicht auf das zusätzliche Vorhandensein eines ästhetischen
Faktors. Die erwähnte Bemerkung hatte, wie aus dem Zusammenhang hervorgeht,
nur den Sinn, dass Massnahmen zur Beseitigung von Unschönheiten, welche
die Folge einer unvollkommenen Technik sind, ebenfalls einen technischen
Zweck erfüllen und darum keinen Modellschutz beanspruchen können.

    b) Auszuscheiden sind sodann auch Merkmale, die Gemeingut sind. So
hat das Bundesgericht die Verwendung schlichter geometrischer Figuren
(Quadrat, Raute, Kreis) nur unter der Voraussetzung als schutzfähig
anerkannt, dass ihre Verbindung, Anordnung oder Ausschmückung originell ist
(BGE 77 II 373). Ebenso kann der Hersteller eines Gegenstandes nicht eine
bestimmte einheitliche Farbe ausschliesslich für sich beanspruchen, weil
die Farbe als solche dem Gemeingebrauch offen gehalten werden muss. Dagegen
kann die Kombination zweier oder mehrerer Farben, die auf einer Fläche
oder einem Körper in einigermassen origineller Weise angeordnet sind,
schutzfähig sein.

    c) Nach Ausscheidung aller technisch oder gebrauchsbedingten sowie
der im Gemeingut stehenden Merkmale ist schliesslich zu prüfen, ob noch
eine ästhetische Komponente übrig bleibt, die den in Erw. 1 umschriebenen
Anforderungen an die Schutzfähigkeit genügt.

Erwägung 4

    II.4.- a) Prüft man das klägerische Modell an Hand dieser Kriterien,
so ist zunächst festzuhalten, dass nach dem angefochtenen Urteil die
folgenden Merkmale technisch oder gebrauchsbedingt sind:

    - Das Fehlen einer in die Frontfläche eingebauten Briefkastentüre
und eines Schlosses, weil dies lediglich die Folge davon ist, dass die
Briefkastentüre auf der Rückseite des Briefkastens angebracht worden ist;

    - die Weglassung von Sichtschlitzen in der Frontfläche, weil damit
die Abhaltung des Regenwassers bezweckt wird;

    - die Ausgestaltung des Griffs als blosse Griffleiste, weil es wegen
der Verwendung eines Kugelschnäpperverschlusses keines drehbaren Griffs
bedurfte;

    - die Verwendung von Aluminium für das Abdeckband und die in dieses
eingelassene Einwurfklappe, weil dies dem Schutz vor Korrosion und
Abnützung dient.

    Diese Feststellungen betreffen tatsächliche Verhältnisse und binden
daher das Bundesgericht, da die Vorinstanz nicht von einem unzutreffenden
rechtlichen Begriff des Nützlichkeitszweckes und der Technik ausgegangen
ist. Alle diese Merkmale haben daher bei der Prüfung der Schutzfähigkeit
des klägerischen Modells ausser Betracht zu bleiben.

    b) Im weiteren fragt sich, welche Merkmale als Gemeingut ausgeschieden
werden müssen. In dieser Hinsicht liegt auf der Hand, dass weder die
helle Farbtönung des Aluminiumdeckbandes noch die für die Bemalung des
übrigen Teils der Kastenfront gewählte graue Farbe schutzfähig sind.
Schutzfähig ist höchstens die Art, in der die beiden Farben auf die
Frontfläche verteilt sind; darauf ist später zurückzukommen. Im Gemeingut
steht aber entgegen der Auffassung des Klägers auch die glatte Gestaltung
der Frontfläche, die sich infolge der Verlegung der Briefkastentüre auf
die Rückseite und die Weglassung jeder Verzierung ergeben hat. Solche
nüchterne Sachlichkeit und Schmucklosigkeit entspricht zwar dem heutigen
Geschmack, aber sie lässt für eine originelle Gestaltung, wie sie für
den Modellschutz vorliegen muss, nur wenig Raum, während es unter der
Herrschaft früherer Stilarten, wie z.B. Rokoko, Barock oder Jugendstil,
keine Schwierigkeiten bot, einem Gegenstand durch phantasievolle
Verzierungen ein eigenartiges Gepräge zu geben. Zahlreiche Gegenstände,
die früher dank solchen Verzierungen den Modellschutz erlangen konnten,
lassen sich bei der Anwendung des heutigen schmucklosen Stils nicht mehr
so gestalten, dass sie das für den Modellschutz erforderliche Mindestmass
an Originalität aufweisen. Mit der glatten Gestaltung der Frontfläche
hat auch der Kläger ein Merkmal verwendet, das Gemeingut ist und daher
keinen Schutz beanspruchen kann.

    c) Damit bleibt nur noch zu prüfen, ob es dem Kläger gelungen ist,
der Frontfläche seines Modells im Rahmen des modernen sachlichen Stils
eine Gestalt zu geben, die den eingangs umschriebenen Anforderungen an
die Schutzfähigkeit genügt. Das ist mit der Vorinstanz zu verneinen.

    aa) Die Flächenaufteilung zwischen hellem Aluminiumband und
dunkelgestrichenem Stahlblech entbehrt jeder Originalität und bleibt mit
der Beschränkung des ersteren auf die Einwurfklappe und ihre unmittelbare
Umgebung im Nächstliegenden haften.

    bb) Der Griff der Milchkastentüre wäre an sich verschiedener
Ausgestaltung fähig; er könnte gross oder klein sein, die Form einer
Leiste oder eines Knopfes haben, oben oder unten angebracht werden. Ihn
oben links auf dem Aluminiumband anzubringen, bedeutete jedoch unter dem
Gesichtspunkt des ästhetischen Eindrucks keine auch nur einigermassen
originelle Leistung, und die Form einer Griffleiste statt z.B. eines
Knopfes zu wählen, ergab sich nach dem Stil moderner Sachlichkeit von
selbst.

    cc) Die Ausmasse der Einwurfklappe werden im wesentlichen durch den
Verwendungszweck vorgeschrieben, und die Gestaltung des Namenschildes
ist der schmucklosen Fläche angepasst und ohne jedes individuelle Gepräge.

    Die Gestaltung der Frontfläche, bei der der Kläger nur eine sehr eng
begrenzte Auswahlmöglichkeit hatte, ermangelt somit des erforderlichen
Mindestmasses an schöpferischem Gehalt. Der Gesamteindruck der einzelnen
Kästen wie der Gruppenkombination von solchen ist zwar ansprechend; aber
das ist im wesentlichen das Ergebnis der technisch bedingten Weglassung
der Briefkastentüre mit Schloss und Sichtschlitzen und des im Gemeingut
stehenden Stilmerkmals der nüchternen Sachlichkeit. Die Modelle Nr. 94 740
und Nr. 97 321 des Klägers sind daher ungültig. Der Kläger kann deshalb
der Beklagten die Herstellung und den Vertrieb ihres Brief-/Milchkastens
nicht gestützt auf die Bestimmungen des MMG verbieten lassen, und es
stehen ihm somit auch keine Schadenersatzansprüche wegen Verletzung von
Modellschutzrechten zu.

Erwägung 1

    III. Zur Klage wegen unlauteren Wettbewerbs

    III.1.- Dass ein Gegenstand nicht als Modell im Sinne des MMG geschützt
ist, schliesst eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs nicht schlechthin
aus. Sie vermag jedoch nicht gegenüber jeder Wettbewerbshandlung
eines Konkurrenten durchzudringen, sondern es müssen die besonderen
Voraussetzungen des UWG erfüllt sein, d.h. das Verhalten des Konkurrenten
muss in irgendeiner Weise gegen Treu und Glauben verstossen.

Erwägung 2

    III.2.- Die Nachahmung, ja sogar die sklavische Nachmachung einer nach
MMG nicht geschützten Form ist grundsätzlich auch unter dem Gesichtspunkt
des Wettbewerbsrechts nicht unerlaubt (BGE 92 II 206 Erw. 6). Unlauter
ist sie nur, wenn sie eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 1 Abs. 2
lit. d UWG hervorruft, d.h. wenn sie beim Käufer die Meinung aufkommen
lassen könnte, die Ware stamme aus dem Betrieb des andern Bewerbers oder
sei von besserer Qualität als sie ist (BGE 92 II 207 Erw. 7 und dort
erwähnte Entscheide; 95 II 468 Erw. III/1).

    a) Zwischen den Brief-/Milchkästen der beiden Parteien besteht zwar
eine weitgehende Ähnlichkeit. Diese ist indessen nicht geeignet, in
den massgebenden Verkehrskreisen eine Verwechslungsgefahr hervorzurufen.
Nach den tatsächlichen, für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen
der Vorinstanz sind 60-70% der Abnehmer solcher Kästen Architekten, 20-30%
Wohnbaugenossenschaften und nur 10% private Hausbesitzer, die übrigens
fast ausnahmslos durch Architekten vertreten werden. Von diesen Fachleuten
darf nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz angenommen werden,
dass sie die Erzeugnisse der beiden Parteien sehr wohl voneinander zu
unterscheiden vermögen, weil bei diesen die Ausmasse der Einwurfklappe
verschieden sind und sich die Griffleiste der Milchkastentüre nicht an
der gleichen Stelle befindet. Da es nur wenige Unternehmen gibt, die
solche Kästen herstellen, und die Fachleute diese in der Regel kennen,
wie die Vorinstanz wiederum verbindlich feststellt, ist auch nicht
zu befürchten, die Besteller könnten meinen, es handle sich um leicht
voneinander abweichende Erzeugnisse ein und desselben Herstellers.

    b) Abgesehen hievon kann von einer unlauteren Nachahmung auch
deshalb nicht gesprochen werden, weil die Ähnlichkeit der beiden
Erzeugnisse, wie bereits dargelegt wurde, teils technisch bedingt und
teils auf die Übernahme gemeinfreier Stilmerkmale zurückzuführen ist.
Ausstattungsmerkmale dieser Art dürfen aber nach ständiger Rechtsprechung
auch unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts von jedem Konkurrenten
ebenfalls verwendet werden (BGE 92 II 207 f. und dort erwähnte Entscheide,
insbesondere BGE 79 II 320 f.).

    Zudem hat die Beklagte das Erzeugnis des Klägers nicht sklavisch
nachgemacht: Soweit es ihr möglich und zumutbar war, ohne Änderung der
technischen Konstruktion und ohne Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit
ihres Erzeugnisses eine andere Austattung zu wählen (vgl. hiezu BGE
79 II 320 f.), hat sie dies getan, indem sie die Einwurfklappe grösser
machte und den Griff der Vordertüre anders gestaltete und ihn an anderer
Stelle anbrachte. Diese Abweichungen sind gemäss den oben erwähnten
Feststellungen der Vorinstanz für die massgebenden Abnehmerkreise
erkennbar.

    c) Der Kläger wirft dem Handelsgericht vor, es habe die
Beweisvorschriften von Art. 8 ZGB verletzt. Er habe den Beweis durch
Zeugen und Sachverständige dafür angeboten, dass die Ausstattung seiner
Brief-/Milchkästen kraft ihrer Originalität kennzeichnungskräftig
sei und dass seine Erzeugnisse bei den Abnehmern als "System Kehrer"
verkehrsbekannt seien; für die Originalität habe er sich ferner auf die
Jury-Mitglieder des Preiskomités der Mustermesse Basel "Die gute Form"
berufen, das seine Modelle prämiert habe. Über alle diese Beweisanerbieten
sei die Vorinstanz hinweggegangen und habe dadurch seinen bundesrechtlichen
Anspruch verletzt, zum Beweis für die von ihm behaupteten Tatsachen
zugelassen zu werden.

    Ob eine Ausstattung als originell betrachtet werden könne, ist
jedoch eine Rechtsfrage, die das Handelsgericht ohne Anhörung von
Zeugen und Sachverständigen beurteilen durfte und mit Recht verneint hat.
Verkehrsgeltung einer technisch bedingten, gemeinfreien Ausstattung sodann
vermag dem Hersteller einer Ware für sich allein kein ausschliessliches
Recht auf ihre Verwendung zu verschaffen; denn sonst ergäbe sich auf dem
Umweg über das UWG ein zeitlich unbegrenzter Monopolschutz, der durch
die Spezialgesetze (PatG, MMG) gerade ausgeschlossen werden soll (BGE 79
II 323 lit. b). Die Nichtabnahme eines rechtlich unerheblichen Beweises
verstösst aber nicht gegen Art. 8 ZGB.

    Soweit der Kläger seine Ansprüche auf eine angebliche
Verwechslungsgefahr zwischen den Erzeugnissen der Parteien stützt, ist
die Klage somit unbegründet.

Erwägung 3

    III.3.- a) Der Kläger bezichtigt die Beklagte weiter des unlauteren
Wettbewerbs mit der Begründung, sie habe sein Vertrauen missbraucht. Er
macht geltend, er habe ihr im Laufe der Unterhandlungen von 1964/65
über eine Zusammenarbeit seine technischen und wirtschaftlichen
Erfahrungen betreffend die Fabrikation seines Erzeugnisses vertraulich
mitgeteilt. Nach dem Scheitern der Verhandlungen habe die Beklagte diese
Angaben, die er ihr nur unter der Voraussetzung gemacht habe, dass ein
Vertrag über die Zusammenarbeit zustande komme, bei der Herstellung ihres
Brief-/Milchkastens vom Typ AS 3 ausgenützt. Dieses Vorgehen verstosse
gegen das Gebot der Lauterkeit des Wettbewerbs.

    b) Das Handelsgericht hat bei der Prüfung dieser Anspruchsbegründung
untersucht, ob der Kläger der Beklagten im Laufe der Verhandlungen
Angaben gemacht habe, die Fabrikationsgeheimnisse betrafen und von der
Beklagten auch als solche betrachtet werden mussten. Dabei ist es zu
folgenden Feststellungen gelangt: Der Kläger habe der Beklagten keinerlei
Unterlagen wie Zeichnungen, Pläne oder dergleichen übergeben, sondern
nur einen Musterkasten zur Verfügung gestellt. Die Beklagte habe jedoch
schon vor der Aufnahme der Unterhandlungen über die Zusammenarbeit vom
Kläger eine grössere Anzahl solcher Kästen bezogen und habe diese daher
auf Grund ihrer eigenen Sachkunde im Briefkastenbau jederzeit technisch
untersuchen können. Bei den Unterhandlungen habe der Kläger der Beklagten
keine bestimmten technischen Daten über die Fabrikation seines Erzeugnisses
mitgeteilt; solche Angaben sollten der Beklagten vielmehr erst nach dem
Zustandekommen eines Vertrags über die Zusammenarbeit gemacht werden.

    Angesichts dieser tatsächlichen, für das Bundesgericht verbindlichen
Feststellungen kann kein unlauteres Verhalten der Beklagten darin erblickt
werden, dass sie nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen dazu
überging, selber Brief-/Milchkästen herzustellen. Insbesondere glaubt
der Kläger zu Unrecht, sich auf BGE 90 II 51 ff. berufen zu können;
der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem in jenem Falle
beurteilten dadurch, dass die Beklagte schon vor den Vertragsverhandlungen
vom Kläger eine grössere Anzahl von Brief-/Milchkästen gekauft hatte und
nicht nur Warenmuster kommen liess, von denen sie annehmen musste, dass sie
ihr nur im Hinblick auf einen Vertragsabschluss überlassen worden seien,
nicht dagegen, um als Vorlage für eine Nachahmung zu dienen.

    c) Der Kläger beruft sich schliesslich auch in diesem Zusammenhang
auf Art. 8 ZGB und macht geltend, das Handelsgericht sei über
gewisse Beweisanträge betreffend die der Beklagten im Laufe der
Vertragsunterhandlungen gemachten Mitteilungen hinweggegangen.

    Diese Rüge scheitert jedoch schon daran, dass nach dem angefochtenen
Urteil der Kläger die Mitteilung von irgendwelchen bestimmten technischen
Daten, die im Hinblick auf den Vertragsschluss gemacht worden seien, nicht
namhaft gemacht hat, obwohl er seitens des Gerichtes auf die ungenügende
Substanzierung hingewiesen worden war. Die Nichtabnahme von Beweisen,
die die beweispflichtige Partei nicht in einer den Vorschriften des
kantonalen Prozessrechtes genügenden Weise substanziert hat, verstösst
nicht gegen Art. 8 ZGB (vgl. DESCHENAUX, Le Titre préliminaire du Code
civil, 1969, § 22 VIII 2). Auch die Wettbewerbsklage ist somit unbegründet.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 8. November 1968 bestätigt.