Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 95 II 433



95 II 433

61. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Dezember 1969 i.S. Wyrsch gegen
Bau-Aktiengesellschaft Mattenbach. Regeste

    Mietvertrag, Konventionalstrafe.

    Berufungsantrag, formelle Anforderungen (Erw. 1).

    Vertragsauslegung, Überprüfbarkeit, Abgrenzung von Tat- und Rechtsfrage
(Erw. 2).

    Auslegung der Vertragsbestimmung, wonach der Vermieter sich
verpflichtet, kein Konkurrenzgeschäft als Mieter in das von ihm
erstellte Ladenzentrum aufzunehmen, und im Widerhandlungsfalle eine
Konventionalstrafe zu bezahlen. Begriff der Neueröffnung eines
Konkurrenzgeschäftes (Erw. 3).

    Richtlinien für die Weiterbehandlung der Sache durch die Vorinstanz
(Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Die Beklagte, die Bau-Aktiengesellschaft Mattenbach, erstellte
in einem von ihr überbauten Aussenquartier von Winterthur, dem
Gutschick-Quartier, ein Ladenzentrum. Dessen Verwaltung, insbesondere die
Vermietung der einzelnen Ladenlokale, übertrug sie der Siska-Immobilien
AG Diese vermietete auf Anfang September 1961 dem Konsumverein Winterthur
Geschäftsräumlichkeiten zum Betrieb einer Filiale; weitere Lokale wurden
an einen Herren- und einen Damencoiffeur vermietet.

    Am 23. September 1961 vermietete die Siska dem Kläger Wyrsch
ein Ladenlokal auf zehn Jahre ab 1. April 1962. Für den Mietvertrag
wurde ein vom Hauseigentümerverband und Mieterverein Zürich gemeinsam
herausgegebenes, vorgedrucktes Formular mit dem Titel "Mietvertrag für
gewerbliche Räume" verwendet. Gemäss Ziff. 2 des Vertrages wurde dem
Kläger das Mietobjekt überlassen "zur Benützung als Drogerie-Parfümerie
(ohne Lebensmittel) sowie Spirituosen, Reformartikel und Photo".

    Ziff. 14 der vorgedruckten Bestimmungen lautet:

    "Beide Parteien verpflichten sich, die Neueröffnung eines
Konkurrenzgeschäftes im Umkreis von 1000 m während der Mietzeit zu
unterlassen.

    Bei Übertretung dieser Verpflichtung ist eine Konventionalstrafe
von Fr. 10 000.-- zu bezahlen, pro Jahr während der Mietzeit."

    Dem Vertragsformular wurden zwei Blätter "Besondere Bestimmungen"
in vervielfältigter Maschinenschrift eingefügt, die nach Ziff. 8 einen
integrierenden Bestandteil des Mietvertrages bilden sollten.

    Ziff. 6 der "Besonderen Bestimmungen" lautet:

    "Die Vermieterin verpflichtet sich, kein branchenähnliches Geschäft
- Drogerie-Parfümerie, Apotheke - als Mieterin in das Ladenzentrum
aufzunehmen. Dagegen verpflichtet sich der Mieter, seine Branche nicht
zu erweitern ohne Einwilligung des Vermieters."

    Den 8 Ziffern des vervielfältigten Textes wurde eine den Kläger
besonders betreffende Ziff. 9 beigefügt, lautend:

    "Der Mieter verpflichtet sich, in seinem Betrieb keine Lebensmittel
zu führen. Der Mieter ist sich auch bewusst, dass gewisse Waren, z.B.
Parfümerieartikel usw. im Konsumvereinladen und bei den Coiffeurgeschäften
ebenfalls verkauft werden. Der Mieter nimmt derartige Grenzfälle als
Konkurrenz in Kauf."

    Mit Brief vom 14. September 1964 liess der Kläger durch seinen
damaligen Anwalt gegenüber der Vermieterin geltend machen, der Konsumverein
Winterthur habe entgegen seinem Mietvertrag mit der Beklagten mehr und
mehr Drogerieartikel in sein Sortiment aufgenommen.

    Die Siska schrieb daraufhin am 21. September 1964 an den Konsumverein
Winterthur:

    "... Die von Herrn Dr. Streiff gemachte Feststellung, es seien
Herrn Wyrsch von unserer Seite anlässlich des Mietvertragsabschlusses
Zusicherungen hinsichtlich einer Nichtkonkurrenzierung durch Ihre Filiale
abgegeben worden, trifft zu. Wir haben ihm damals ausdrücklich bestätigt,
dass Ihre Filiale nur Lebensmittel sowie Milchprodukte verkaufen werde,
wie es im Mietvertrag mit Ihnen vereinbart ist.

    Die Ausdehnung Ihres Warensortimentes auf praktisch alle Artikel
des täglichen Verkaufs, ohne von uns vorher die Zustimmung zu verlangen,
befremdet uns ebenfalls ...

    Wir müssen daher von Ihnen verlangen, dass Sie Ihr Warensortiment
wiederum auf den Sektor Lebensmittel/Metzgerei und Milchprodukte
reduzieren... Für allfällige Schadenersatzansprüche, die an uns als
Vermieterin gestellt werden, müssen wir Sie voll haftbar machen."

    Verhandlungen zwischen der Siska und dem Kläger einerseits und dem
Konsumverein anderseits verliefen ergebnislos, da der Konsumverein den
Standpunkt einnahm, er habe seine Auswahl an Drogerieartikeln seit
Mietbeginn nicht wesentlich erweitert. Im Jahre 1966 beklagte sich
der Kläger weiter darüber, dass der Coiffeur Brossmann Drogerieartikel
verkaufe. Die Siska schrieb daher am 7. Juni 1966 an Brossmann:

    "Gemäss Mietvertrag haben Sie im Gutschick einen Herrensalon
gemietet. Wir haben nun feststellen müssen, dass Sie in den letzten
Monaten Ihr Geschäft weitgehend erweitert haben, indem Sie in Ihrem Lokal
Parfümerie-Artikel, Fusspflegemittel, Sonnenschutzmittel, Kinderartikel
etc. verkaufen. Die Artikel gehen nun selbstverständlich nicht mehr unter
der Rubrik "Herren-Coiffeur", sondern gehen vielmehr in diejenige einer
Drogerie. Wir müssen Sie daher dringend bitten, den vertragsgemässen
Zustand wieder herzustellen."

    Am 26. Juni 1967 wurde über den Kläger der Konkurs eröffnet. Dieser
wurde am 28. Dezember 1967 widerrufen, nachdem das Konkursamt das
Warenlager und die Einrichtungsgegenstände des Drogeriebetriebes verkauft
und der Kläger sämtliche Konkursgläubiger befriedigt hatte.

    B.- Mit Klage vom 17. Dezember 1968 /24. Januar 1969 belangte der
Kläger die Beklagte auf Bezahlung von Fr. 50 000.-- nebst Zins. Er fordert
die Konventionalstrafe von Fr. 10 000.-- pro Jahr für die Zeit vom Sommer
1962 bis August 1967.

    Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

    C.- Das Handelsgericht Zürich wies die Klage am 5. Juni 1969 mit der
Begründung ab, die Konventionalstrafe gemäss Art. 14 des Mietvertrages
sei nur bei der Neueröffnung eines Konkurrenzgeschäftes geschuldet. Eine
solche liege bei einer allfälligen blossen Erweiterung des Sortiments an
Drogeriewaren durch die Konsumvereinsfiliale oder den Coiffeur Brossmann
nicht vor.

    D.- Gegen das Urteil des Handelsgerichts hat der Kläger die Berufung
an das Bundesgericht erklärt. Er beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Beweisverfahrens und neuer
Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene
Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Berufungsantrag des Klägers auf Aufhebung des angefochtenen
Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz ist prozessualer
Natur, entspricht also der Vorschrift von Art. 55 Abs. 1 lit. b OG nicht,
die einen materiellen Antrag verlangt. Nach ständiger Rechtsprechung
genügt jedoch ausnahmsweise auch ein blosser Rückweisungsantrag,
wenn das Bundesgericht selbst bei grundsätzlicher Gutheissung der vom
Berufungskläger verfochtenen Rechtsauffassung kein abschliessendes Urteil
fällen könnte, sondern den Fall zur weiteren Abklärung des Sachverhalts
an die Vorinstanz zurückweisen müsste (BGE 91 II 283 Erw. 1, 88 II 207
Erw. 3, 83 II 55 Erw. 1). Das trifft hier zu, wie im folgenden darzulegen
ist. Auf die Berufung ist daher einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Die Parteien streiten darüber, unter welchen Voraussetzungen
die in Ziff. 14 des Mietvertrages vereinbarte Konventionalstrafe
geschuldet sei. Das Handelsgericht hat hierüber kein Beweisverfahren
durchgeführt. Seine dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende
Auffassung ist somit nicht das Ergebnis einer das Bundesgericht bindenden
Beweiswürdigung; sie beruht vielmehr auf der blossen Auslegung des
Vertragswortlautes, d.h. auf der Ermittlung des Sinnes, der den im
Vertragstext niedergelegten Willenserklärungen der Parteien unter den
gegebenen Umständen nach der allgemeinen Lebenserfahrung und nach den
Grundsätzen von Treu und Glauben beigelegt werden muss. Eine auf diesem
Wege gewonnene Vertragsauslegung kann nach ständiger Rechtsprechung
als Rechtsfrage vom Bundesgericht frei überprüft werden (BGE 90 II 455,
87 II 237, 83 II 307, 69 II 322).

Erwägung 3

    3.- a) Bei der Auslegung des Vertrags nach den oben dargelegten
Grundsätzen ist davon auszugehen, dass die Beklagte in der von ihr gebauten
Siedlung ein Ladenzentrum erstellte, um den Mietern ihrer Wohnbauten zu
ermöglichen, sich für ihre hauptsächlichsten wirtschaftlichen Bedürfnisse
(Lebensmittel, Artikel des täglichen Gebrauchs, gewisse Dienstleistungen)
in der Nachbarschaft zu versorgen. Bei der Organisation des Ladenzentrums
liess sich die Beklagte von folgenden Gesichtspunkten leiten: Sie
behielt sich vor, zu bestimmen, welche Arten von Geschäften als Mieter
aufzunehmen seien. Von jeder Geschäftsart sollte nur ein einziger Betrieb
zugelassen und in die Mietverträge eine entsprechende Verpflichtung der
Beklagten aufgenommen werden. Damit wollte die Beklagte dafür sorgen,
dass jeder Mieter sein Auskommen finde und sie auf einen reibungslosen
Eingang der Mietzinse rechnen könne. Als Gegenleistung für den ihnen
gewährten Schutz vor Konkurrenz hatten die Mieter gewisse Beschränkungen
in bezug auf ihren Geschäftsbereich in Kauf zu nehmen, um zu verhüten,
dass sich ihre Tätigkeitsgebiete gegenseitig überschnitten. Diese
organisatorischen Massnahmen der Beklagten sind bei der Auslegung des
vorliegenden Mietvertrages, insbesondere dessen Ziff. 14, sowie der
Ziff. 6 und 9 der "Besonderen Bestimmungen", im Auge zu behalten.

    b) Gemäss Ziff. 14 verpflichtete sich die Beklagte, die Neueröffnung
eines Konkurrenzgeschäftes in einem bestimmten Umkreis zu unterlassen
und bei Verletzung dieser Verpflichtung eine Konventionalstrafe zu
bezahlen. Diese Unterlassungspflicht wurde in Ziff. 6 der "Besonderen
Bestimmungen" in dem Sinne erweitert und genauer umschrieben, dass
die Beklagte versprach, kein branchenähnliches Geschäft als Mieter
in das Ladenzentrum aufzunehmen. Es versteht sich von selbst und wird
denn auch von der Beklagten anerkannt, dass die Konventionalstrafe bei
Verletzung dieser Pflichten ebenfalls geschuldet sein sollte, obwohl
sie in Ziff. 6 nicht noch besonders erwähnt wird. In der Tat wäre ja
sonst die Konventionalstrafbestimmung praktisch bedeutungslos, da zum
vorneherein nicht ernstlich in Frage kam, dass die Beklagte, eine grosse
Bauunternehmung, selber eine Drogerie eröffnen könnte.

    Angesichts dieser Vertragsbestimmungen durfte der Kläger davon
ausgehen, dass die Beklagte sich grundsätzlich verpflichte, ihn gegen
jede Konkurrenzierung durch einen Nebenmieter zu schützen und dass er bei
Nichteinhaltung dieser Zusicherung Anspruch auf Bezahlung der vereinbarten
Konventionalstrafe erheben könne. Dieser Auffassung durfte er um so
eher sein, als er sich seinerseits damit abfand, dass ihm die Beklagte
gewisse Beschränkungen hinsichtlich seines Geschäftskreises auferlegte,
indem sie ihm verbot, Lebensmittel (ausgenommen Reformartikel) zu führen
(Ziff. 2 des Mietvertrages, sowie Ziff. 9 der "Besonderen Bestimmungen")
und ohne ihre Einwilligung "seine Branche nicht zu erweitern" (Ziff. 6
der "Besonderen Bestimmungen"). Damit verzichtete der Kläger auf die
Möglichkeit, sich durch die Ausdehnung seines Geschäftes auf verwandte
Sachgebiete einen zusätzlichen Gewinn zu verschaffen.

    c) Gegen Konkurrenz wirksam geschützt war der Kläger nur, wenn er
auch nicht befürchten musste, dass ein Nebenmieter, der vorerst keine
Drogeriewaren führte, nachträglich dazu übergehe, auch solche zu verkaufen.
Er durfte sich deshalb darauf verlassen, dass die Beklagte auch gegen
die Eröffnung einer neuen Abteilung für Drogeriewaren durch einen anderen
Mieter einschreite und dass die vereinbarte Konventionalstrafe ebenfalls
geschuldet sei, wenn die Beklagte eine solche Geschäftserweiterung dulde.

    d) Der Schutz gegen Konkurrenz, den die Beklagte dem Kläger
zusicherte, wurde durch Ziff. 9 der "Besonderen Bestimmungen" in gewissem
Umfang eingeschränkt. Es wurde darin festgestellt, dass "gewisse
Waren, z.B. Parfümerieartikel usw., im Konsumvereinladen und bei den
Coiffeurgeschäften ebenfalls verkauft werden". Diese bereits bestehende
Konkurrenz hatte der Kläger hinzunehmen, ohne aus ihr irgendwelche
Ansprüche gegen die Beklagte ableiten zu können. Wie der Kläger selber
einräumt, hatte er sogar gewisse Änderungen des ursprünglich geführten
Sortiments zu dulden, selbst wenn diese mit einer geringfügigen Erweiterung
verbunden sein sollten.

    Wenn jedoch der Konsumverein, bzw. der Coiffeur Brossmann dazu
übergingen, neben den "gewissen Waren", von denen in Ziff. 9 die
Rede ist, auch noch zahlreiche andere Artikel zu führen, die in einer
Drogerie-Parfümerie hauptsächlich verkauft werden, so konnte sich daraus
ein Sachverhalt ergeben, der der Neueröffnung eines Konkurrenzgeschäftes
im Sinne von Ziff. 14 des Mietvertrages mit den dort vorgesehenen Folgen
gleichzuachten wäre.

    aa) Das Handelsgericht meint, eine den Rahmen von Ziff. 9 sprengende
Erweiterung des Sortiments an Drogeriewaren durch den Konsumverein oder den
Coiffeur Brossmann könnte allenfalls eine gewöhnliche Schadenersatzpflicht
der Beklagten auslösen; dagegen sei wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung
zwischen einer geringfügigen und einer erheblichen Sortimentserweiterung
nicht anzunehmen, die Beklagte habe sich verpflichten wollen, auch eine
Konventionalstrafe zu bezahlen, wenn die Vergrösserung des Sortiments
einen gewissen, im Vertrag nicht einmal genau umschriebenen Grad erreiche.

    Nach der im schweizerischen Recht geltenden Vertrauenstheorie kommt
es jedoch nicht darauf an, ob die Beklagte diesen Willen wirklich hatte.
Massgebend ist, dass der Kläger gestützt auf Ziff. 14 des Mietvertrages
und Ziff. 6 der "Besonderen Bestimmungen" in guten Treuen annehmen
durfte, gegen jede ernsthafte Konkurrenz geschützt zu sein. Er durfte mit
anderen Worten darauf zählen, dass weder ein selbständiges Geschäft, noch
eine Spezialabteilung eines grösseren Unternehmens im Ladenzentrum der
Kundschaft Drogerie- und Parfümeriewaren in einem Masse anbieten würden,
das die Existenz seines Geschäftes gefährden konnte. Er durfte darum der
Auffassung sein, der Mietvertrag schütze ihn auch gegen jede Ausdehnung
der Tätigkeit der in Ziff. 9 erwähnten Nebenmieter auf dem Gebiete der
Drogeriebranche, die sich für ihn als eine ernsthafte Konkurrenz auswirken
würde. Denn ob die Konkurrenz von der Eröffnung eines neuen oder von der
erheblichen Erweiterung eines schon bestehenden Unternehmens ausgehe,
machte für ihn keinen Unterschied aus.

    Der Hinweis der Vorinstanz auf die angebliche Schwierigkeit einer
Abgrenzung ist übrigens nicht begründet. Es besteht hiefür ein einfacher
Gradmesser, nämlich die Anzahl der geführten Artikel und der mit ihrem
Verkauf erzielte Umsatz. Haben der Konsumverein oder der Coiffeur
Brossmann ihr 1961 geführtes Sortiment später auf die geläufigsten, in
einer Drogerie am meisten gefragten Artikel ausgedehnt und damit einen
Umsatz erzielt, der für den Betrieb einer wenn auch kleinen selbständigen
Drogerie ausreichen würde, so ist dies der eigentlichen Neueröffnung
eines Konkurrenzgeschäftes gleichzusetzen. Ob eine solche Erweiterung
schlagartig erfolgte oder nur allmählich vor sich ging, ist entgegen der
Meinung der Vorinstanz ohne Bedeutung.

    bb) Die Vorinstanz ist der Ansicht, die blosse, selbst erhebliche
Erweiterung des Sortiments durch den Konsumverein bzw. den Coiffeur
Brossmann könne keine Konventionalstrafverpflichtung auslösen, weil die
Beklagte ausser einer Vertragskündigung oder einem gerichtlichen Vorgehen
mit ungewissem Ausgang kein Mittel gehabt habe, gegen das Vorgehen
der beiden Mieter einzuschreiten. Dieser Einwand hält nicht stand. Die
Beklagte konnte, gleich wie im Mietvertrag mit dem Kläger, auch für die
beiden anderen Mieter den zulässigen Geschäftsbereich genau abgrenzen
und für eine Erweiterung die Zustimmung des Vermieters vorschreiben. Wie
aus dem Schreiben der Siska vom 21. September 1964 hervorgeht, enthielt
denn auch der Mietvertrag mit dem Konsumverein offenbar entsprechende
Bestimmungen. Denn im erwähnten Schreiben wies die Siska darauf hin, dass
der Konsumverein nach dem Mietvertrag nur Lebensmittel, Fleischwaren und
Milchprodukte verkaufen dürfe, und sie forderte ihn auf, das Warensortiment
wieder auf diese Gebiete zu beschränken. Sie war also damals selber der
Ansicht, dass die Erweiterung des zulässigen Sortiments an Drogeriewaren
durch den Konsumverein ebenfalls unter Ziffer 14 des Mietvertrages mit
dem Kläger falle. Der Hinweis auf die dem Kläger gegebene Zusicherung der
Nichtkonkurrenzierung durch den Konsumverein und die bestimmt gehaltene
Aufforderung an den Konsumverein, sich vertragsgemäss zu verhalten, wären
sonst nicht zu verstehen. Wenn die Beklagte es unterliess, den Konsumverein
zur Einhaltung seiner Vertragsverpflichtungen zu zwingen, nahm sie die
Gefahr in Kauf, dem Kläger die vereinbarte Konventionalstrafe entrichten zu
müssen. Gleich verhält es sich im Falle des Coiffeurs Brossmann, den sie
auf die Beschwerde des Klägers hin am 7. Juni 1966 ebenfalls aufforderte,
sich an die Vorschriften seines Mietvertrages zu halten.

    e) Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass bei Auslegung des
Mietvertrages der Parteien nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und
nach den Regeln der Vertrauenstheorie auch die zu einer bedrohlichen
Konkurrenzierung des Klägers führende Erweiterung des Verkaufs von
Drogerie- und Parfümeriewaren durch den Konsumverein oder den Coiffeur
Brossmann als eine unter Art. 14 des Mietvertrages fallende Neueröffnung
eines Konkurrenzgeschäftes zu gelten hat.

Erwägung 4

    4.- Die Vorinstanz hat auf Grund ihrer zu engen Auslegung des
Begriffes der Neueröffnung eines Konkurrenzgeschäftes nicht Stellung
genommen zu den Behauptungen des Klägers über das Ausmass, in dem der
Konsumverein und der Coiffeur Brossmann ihr Sortiment an Drogerie- und
Parfümeriewaren gegenüber 1961 erweiterten. Die Vorinstanz bemerkt nur
beiläufig, nach der vom Kläger vorgelegten Liste umfasse das Lager des
Konsumvereins rund 260 Artikel; in einem eigentlichen Drogerieladen sei
aber zugegebenermassen das Vielfache hievon erhältlich. Hierauf kommt
es jedoch nicht allein an. Denn für die Beurteilung der Bedeutung der
Konkurrenz ist vor allem der Umsatz massgebend, der mit dem Verkauf der
in einer Drogerie am meisten verlangten Artikel erzielt wird.

    Ob das Angebot an Drogeriewaren durch den Konsumverein und den
Coiffeur Brossmann sowie der mit ihrem Verkauf erzielte Umsatz gegenüber
1961 derart anstiegen, dass daraus dem Kläger eine Konkurrenz erwuchs,
die der Neueröffnung eines Konkurrenzgeschäftes gleichkam, bedarf der
Abklärung. Die Sache ist daher zur Ergänzung des Beweisverfahrens an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird zu untersuchen haben, welche
Drogeriewaren zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages der Parteien,
d.h. im Jahre 1961, vom Konsumverein und vom Coiffeur Brossmann
bereits geführt wurden und welchen Umsatz sie mit diesem Verkauf
erzielten. Im weiteren ist abzuklären, wie es sich damit in den Jahren
1964 bzw. 1966 verhielt, als der Kläger sich bei der Beklagten über die
Konkurrenztätigkeit der beiden Nebenmieter beklagte, und wie sich die
Verhältnisse weiterentwickelten bis zum Juni 1967, als der Kläger in
Konkurs geriet und sein Geschäft verkaufen musste, um den Widerruf des
Konkurses zu erreichen.

    Von dem Zeitpunkt an, in welchem die Konkurrenzierung des Klägers
allenfalls das in Erw. 3 umschriebene, nicht mehr zulässige Ausmass
erreichte, wäre sein Konventionalstrafanspruch grundsätzlich zu schützen.

    Schliesslich wird die Vorinstanz auch den von der Beklagten erhobenen
Einwand der übermässigen Höhe der Konventionalstrafe zu beurteilen und
die Begründetheit der Gegenforderungen zu prüfen haben, die die Beklagte
einer allfälligen Forderung des Klägers zur Verrechnung entgegenstellt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 5. Juni 1969 wird aufgehoben und die Sache zu neuer
Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.