Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 620



93 I 620

79. Urteil vom 13. Dezember 1967 i.S. Egli gegen die Stadt Zürich und
den Regierungsrat des Kantons Zürich. Regeste

    Ausgabenreferendum

    1.  Begriff der "gebundenen Ausgabe" (Erw. 5).

    2.  Zentrale Datenverarbeitungsanlage (Computer):

    a)  ist sie für die Stadtverwaltung "unerlässlich"? (Erw. 6),

    b)  ihre Auswirkung auf die Organisation der Gemeindeverwaltung
(Erw. 7),

    c)  die Ausgabe dafür ist nicht "gebunden" (Erw. 8).

Sachverhalt

    A.- Am 27. August 1965 unterbreitete der Stadtrat Zürich dem
Gemeinderat eine Weisung über die Anschaffung einer elektronischen
Datenverarbeitungsanlage für die Stadtverwaltung. Der Gemeinderat Zürich
beschloss daraufhin am 26. Januar 1966 folgendes:

    "1. Für die Anschaffung und Einrichtung einer elektronischen
Datenverarbeitungsanlage für die Stadtverwaltung werden folgende Kredite
bewilligt:

    a) für den Kauf von Teilen der Anlage zu Lasten des Ausserordentlichen
Verkehrs ein einmaliger Kredit von Fr. 5 300 000;

    b) für die Herrichtung der städtischen Liegenschaft Fraumünsterstrasse
27 zu Lasten des Ausserordentlichen Verkehrs ein einmaliger Kredit von
Fr. 1 360 000;

    c) für die Miete der übrigen Teile der Anlage und die Wartungskosten zu
Lasten des Ordentlichen Verkehrs ein jährlicher Kredit von Fr. 1 850 000.

    2. Die Kreditsummen erhöhen sich allenfalls um die Mehrkosten, die
infolge der Teuerung bis zur Anschaffung von Anlage und Mobiliar sowie
in der Zeit zwischen der Aufstellung des Kostenvoranschlages (1. Oktober
1964) und der Ausführung der Umbauten entstehen.

    3. Der Stadtrat wird ermächtigt, vor Ablauf von drei Jahren
die zur Miete in Aussicht genommenen Anlageteile der elektronischen
Datenverarbeitungsanlage zu kaufen."

    Der Gemeinderat publizierte diesen Beschluss am 2. Februar 1966 im
"Tagblatt der Stadt Zürich" und fügte folgenden Zusatz bei:

    "Die zwanzigtägige Frist zur Anrufung einer Gemeindeabstimmung gemäss §
19 des Zuteilungsgesetzes läuft vom Tage der Bekanntmachung an."

    Hiegegen rekurrierte Dr. Rolf Egli am 22. Februar 1966 an den
Bezirksrat Zürich mit dem Begehren, der Beschluss des Gemeinderates sei
"der obligatorischen Gemeinde-Abstimmung zu unterbreiten", eventuell
aufzuheben.

    Am Tage der Einreichung dieser Beschwerde lief die Frist für das
fakultative Referendum ab; es wurde nicht ergriffen.

    Der Bezirksrat qualifizierte den vom Gemeinderat gefassten
Kreditbeschluss als Entscheid über eine gebundene Verwaltungsaufgabe und
wies demzufolge am 1. April 1966 den Rekurs ab.

    Dr. Rolf Egli zog den Entscheid des Bezirksrates an den Regierungsrat
des Kantons Zürich weiter. Dieser wies den Rekurs am 11. Mai 1967 ab,
im wesentlichen mit folgender Begründung:

    Nach § 18 lit. b des Gesetzes vom 9. August 1891 betreffend die
Zuteilung der Gemeinden Aussersihl, Enge, Fluntern, Hirslanden, Hottingen,
Oberstrass, Riesbach, Unterstrass, Wiedikon, Wipkingen und Wollishofen an
die Stadt Zürich und die Gemeindesteuern der Städte Zürich und Winterthur
(ZutG) und Art. 6 der Gemeindeordnung der Stadt Zürich vom 15. Januar
1933 (GO) unterlägen der Volksabstimmung Beschlüsse des Gemeinderates,
die jährlich wiederkehrende Ausgaben von über Fr. 50 000 oder einmalige
Ausgaben von über Fr. 1 000 000 zur Folge haben. Art. 6 lit. b GO enthalte
aber folgenden Vorbehalt:

    "Von der Gemeindeabstimmung ausgenommen sind Ausgaben, die durch den
Vollzug eidgenössischer oder kantonaler Gesetze entstehen oder die in
Erfüllung einer von der Gemeinde ohne Kreditbegrenzung beschlossenen
Gemeindeaufgabe gemacht werden oder gemäss der Gemeindeordnung oder
gemäss einem Gemeindebeschluss in die Zuständigkeit des Gemeinderates
fallen. Ferner findet eine Abstimmung nicht statt, wenn die Vermehrung
einer beschlossenen Ausgabe, Subventionen inbegriffen, ohne Erweiterung
ihres Zweckes eintritt, oder wenn sich die Verminderung von bisherigen
Einnahmen aus der Herabsetzung von Taxen und Gebühren ergibt."

    In dieser Formulierung komme zum Ausdruck, dass nur grössere
Krediterteilungen für "neue" Ausgaben der Genehmigung durch die
Stimmbürger bedürften. Hingegen seien die durch Kantonsverfassung, Gesetz
oder sonstigen Volksbeschluss bedingten gebundenen Ausgaben ungeachtet
ihrer Grösse dem Entscheid des Volkes entzogen, weil dieses ihnen schon
früher zugestimmt habe. Zu dieser Kategorie gehörten auch die aus den
allgemeinen Aufgaben der Verwaltung sich ergebenden Ausgaben, denn es
erschiene widersinnig, die Behörden zur ordnungsgemässen Erfüllung der
Verwaltungsaufgaben zu verpflichten, ihnen aber die erforderlichen Mittel
vorzuenthalten.

    Schon 1965 sei der Kredit für eine elektronische
Datenverarbeitungsanlage für die Universität Zürich der Volksabstimmung
nicht unterstellt worden, weil die Kompetenz zum Vollzug der Gesetze die
Beschaffung der erforderlichen Mittel einschliesse und die Datenanlage
keine Ausweitung des staatlichen Tätigkeitsbereichs bewirke. Die gleichen
Überlegungen gälten auch für die Anlage der Stadt Zürich. Diese diene
der Verarbeitung von Massenvorgängen, wie sie in einer grossen Verwaltung
häufig vorkommen, und sei beim heutigen Personalmangel unentbehrlich.

    Die bei Bauten sehr extensive Auslegung des Begriffs der neuen Ausgabe
zwinge nicht dazu, auch bei andern Ausgaben über das rechtlich zulässige
Mass hinauszugehen.

    B.- Dr. Rolf Egli verlangt mit staatsrechtlicher Beschwerde
Aufhebung des regierungsrätlichen Entscheids. Er rügt Verletzungen des
politischen Stimmrechts und des Art. 4 BV. Es gehe weder um den Ersatz
oder die Erweiterung bestehender Anlagen noch um den Vollzug konkreter
Verwaltungsaufgaben. Nach der Erklärung des Stadtrates handle es sich um
die Anschaffung einer "Basisanlage", eines zentralen Informationssystems
für die gesamte Stadtverwaltung. Der Stadtrat selbst rechne mit einer
Einführungszeit von einer längern Reihe von Jahren. Dass die Anlage
zur Erfüllung der Verwaltungsaufgaben der Stadtverwaltung unerlässlich
sei, habe der Stadtrat nicht behauptet. Die städtische Verwaltung
befinde sich in keiner Krisenlage, aus der nur ein zentraler Computer
hinaushelfen könnte. Daher sei die Ausgabe dafür keineswegs gebunden und
die gegenteilige Annahme des Regierungsrates willkürlich. Ereignisse,
die sich nach dem Gemeinderatsbeschluss abgespielt hätten, zeigten, dass
über die Notwendigkeit einer Basisanlage grösste Unsicherheit bestehe
und von einem zwingenden Bedürfnis nicht die Rede sein könne. Auch die
Kantonsverwaltung besitze keine solche Anlage. Bei der Anschaffung der
Datenverarbeitungsanlage für die Universität sei der Regierungsrat am
17. Juli 1966 im Kantonsrat "wegen seiner Eigenmacht" scharf kritisiert
worden. Früher habe man die Anschaffung von Datenverarbeitungsanlagen
stets als referendumspflichtig behandelt, was in anderen Kantonen heute
noch der Fall sei.

    C.- Der Stadtrat von Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde.

    Zum Unterschied von den Bauten sei eine extensive Auslegung des
Begriffs der neuen Ausgabe beim technischen Apparat der Verwaltung
nicht angebracht. Der Entscheid über solche Ausgaben werde vom Stand
der technischen Entwicklung diktiert, was zu einer starken Einschränkung
des Ermessens führe. Die Annahme liege nahe, dass der Stimmbürger
Ausgaben für die zeitgemässe Gestaltung der technischen Einrichtungen
ohne Kreditbegrenzung als Korrelat der den Behörden auferlegten, zeitlich
unbegrenzten Pflicht zur Führung der Verwaltung mit der Übertragung der
Aufgaben stillschweigend bewillige. Diese Auffassung sei schon in den
Jahren 1949 bis 1954 massgebend gewesen, als die bisherigen Schreib-,
Rechen-, Fakturier- und Buchungsmaschinen beim Elektrizitätswerk, beim
Steueramt und beim statistischen Amt durch Lochkartenanlagen ergänzt
wurden. Ohne diese Einrichtungen hätten die genannten Behörden ihre
Aufgaben überhaupt nicht mehr erfüllen können. Die Anschaffung einer
elektronischen Datenverarbeitungsanlage bedeute damit nichts anderes als
den Einsatz eines derzeit als geeignet erscheinenden Hilfsmittels zur
Bewältigung von Verwaltungsaufgaben, wie es früher die herkömmlichen
Büromaschinen und die Lochkartenanlagen waren. Der Umstand, dass
verschiedene Meinungen über die konkrete Gestaltung dieses Einsatzes
vertretbar seien, sei für die Beurteilung der Frage, ob eine neue oder
eine gebundene Ausgabe vorliege, unerheblich.

    D. - Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt ebenfalls die
Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    1.-3.- (Legitimation; Ausschluss des fakultativen Referendums;
Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts).

Erwägung 4

    4.- Art. 6 lit. b GO unterstellt nicht alle Ausgabenbeschlüsse,
welche die dort angegebenen Summen übersteigen, dem Finanzreferendum. In
einem speziellen Absatz nimmt er davon aus Ausgaben

    -  die durch den Vollzug eidgenössischer oder kantonaler Gesetze
entstehen,

    - die in Erfüllung einer von der Gemeinde ohne Kreditbegrenzung
beschlossenen Aufgabe gemacht werden,

    - die gemäss Gemeindeordnung oder gemäss einem Gemeindebeschluss in
die Zuständigkeit des Gemeinderates fallen.

    Alle kantonalen Instanzen, die sich mit der Sache zu befassen hatten,
und auch der Beschwerdeführer sind sich darüber einig, dass damit die durch
Rechtssätze des Bundes und des Kantons und durch Erlasse des Gemeinderechts
erforderten, "gebundenen" Ausgaben dem Finanzreferendum entzogen sind. Der
Anwendungsbereich des Finanzreferendums beschränkt sich daher auf "neue"
Ausgaben, bei denen der Souverän noch ja oder nein sagen kann, ohne
dass dadurch der Vollzug der Gesetze und die Erfüllung der bestehenden
Gemeindeaufgaben verunmöglicht würde. Wiewohl also das Eigenschaftswort
"neu" weder in § 18 lit. b ZutG noch in Art. 6 lit. b GO vorkommt (zum
Unterschied beispielsweise von Art. 31 Ziff. 5 der Zürcher KV), kommt es
auch beim stadtzürcherischen Finanzreferendum auf die Neuheit an. Dagegen
darf der Vollzug dessen, was durch Verfassung, Gesetz, Verordnung oder
Gewohnheitsrecht festgelegt ist, durch das Finanzreferendum nicht in
Frage gestellt werden (GEIGER, Elektronische Datenverarbeitungsanlage
und Finanzreferendum, ZBl 68/1967 201 ff., bes. 204).

Erwägung 5

    5.- "Gebunden" und "neu" sind in diesem Zusammenhang korrespondierende
und sich gegenseitig ausschliessende Begriffe, die alle Ausgaben eines
Gemeinwesens erfassen. Im Sinne des Finanzreferendums ist daher jede
Ausgabe, die nicht "gebunden" ist, "neu" und umgekehrt.

    Ob eine konkrete Ausgabe "neu" oder durch bisherige Aufgaben des
Gemeinwesens "gebunden" sei, ist aber oft nicht leicht zu beantworten. Da
die Probleme in den meisten Kantonen und Gemeinwesen ähnlich und auch die
politischen Strukturen nahe verwandt sind, kann das, was über das Recht
einzelner Kantone und Gemeinden gelehrt wird und entschieden wurde, mit
geziemender Vorsicht auch zur Lösung der analogen Fragen in den andern
Kantonen und Gemeinden verwertet werden (GEIGER, aaO 205).

    "Gebunden" sind nicht nur Ausgaben, die durch einen Rechtssatz
prinzipiell und masslich vorgeschrieben sind (wie etwa Besoldungen und
gewisse Subventionen), sondern auch solche, die sich als finanzielle
Konsequenzen der rechtlich geordneten Aufgaben des Gemeinwesens darstellen,
so zwar, dass ohne die Ausgabe die Aufgabe nicht erfüllt werden könnte
(Schule, Fürsorge, Gesundheitspflege u.dgl.). Gebunden ist eine Ausgabe
auch dann, wenn die Behörde dazu durch einen Rechtssatz zwar nicht
verpflichtet, wohl aber ermächtigt wird (BGE 74 I 116, 40 I 398). Auch eine
Bindung rein tatsächlicher Art ist denkbar, so etwa, wenn ein historisches
öffentliches Gebäude durch Instandstellung oder Umbau mit einem einmaligen
aussergewöhnlichen Aufwand seinem Zweck erhalten und den Erfordernissen
der Gegenwart angepasst werden muss (BGE 77 I 115/16).

    Damit sind indessen bereits die Schwierigkeiten der Grenzbestimmung
zwischen gebundener und neuer Ausgabe anvisiert: Beim Bau von Schulhäusern
können, auch wenn die Zahl der Schulkinder bekannt und die Zahl der Klassen
durch die Schulgesetzgebung bestimmt sind, bei der Auswahl des Bauplatzes,
bei der Gestaltung des Projektes, bei der Bestimmung der Bauweise und
beim Entscheid über die Einrichtung grosse Summen gespart oder nicht
gespart werden (dazu NEF, Das Finanzreferendum im Kanton Aargau, 57 ff.,
bes. 104). Man kann, je nach Konjunktur und Arbeitsmarkt, den Zeitpunkt
des Baues bestimmen und sich während einer Übergangszeit behelfsmässig in
Mieträumen einrichten. Analoges gilt für andere öffentliche Bauten und,
mutatis mutandis, für viele andere Ausgaben, die zur Erfüllung öffentlicher
Aufgaben gemacht werden.

    Angesichts dieser Kombination von Bindung und Freiheit haben sich
in der Rechtslehre verschiedene Tendenzen entwickelt: Das eine Extrem
besteht darin, nur Ausgaben, die sich zahlenmässig aus einem Rechtssatz
ergeben, als gebunden anzuerkennen; das andere Extrem will, dass jede
Ausgabe, die sich, wenn auch sehr entfernt, noch irgendwie als Mittel
der Rechtsanwendung qualifizieren lässt, als gebunden betrachtet wird
(dazu LAUR, Das Finanzreferendum im Kanton Zürich, 1966, 148 ff.). Die
erdrückende Mehrheit der Autoren sucht und findet die Grenze irgendwo in
der Mitte der beiden Extreme (Übersicht bei GEIGER, aaO 206/07). Geht man
von der staatspolitischen Zielsetzung des Finanzreferendums aus, so ist
der Begriff der gebundenen Ausgabe eher eng und demzufolge der Begriff der
neuen Ausgabe eher weit zu fassen. Denn es geht um die Verwirklichung eines
Stücks Verwaltungsdemokratie und darum, dem Bürger ein Mitspracherecht bei
Ausgaben zu gewährleisten, deren Grösse seine Belastung als Steuerzahler
mitbestimmt (LAUR, aaO 33 ff.). Dieser Überlegung folgt die Praxis im
Kanton Zürich hinsichtlich der öffentlichen Bauten. Das wird in der
Rechtslehre, wenn auch mit Nuancen in der Begründung, fast einstimmig
gebilligt (IMBODEN, Unmittelbare Demokratie und öffentliche Finanzen,
in Probleme der öffentlichen Finanzen und der Währung, Festgabe für
Eugen Grossmann, 106 ff., speziell 108/11; ESCHER, Das Finanzreferendum
in den schweizerischen Kantonen 120/21; GEILINGER, Die Institutionen
der direkten Demokratie im Kanton Zürich, 64; LAUR, aaO 154 ff.). Die
gegenteilige Meinung vertritt einzig GIACOMETTI (Das Staatsrecht der
schweizerischen Kantone, 533; Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden
zum Abschluss von langfristigen Mietverträgen für Verwaltungszwecke, ZBl
59/1958 97 ff., bes. 101). Was Lehre und Praxis für den Kanton Zürich
für richtig halten, das wird auch in andern Kantonen praktiziert und
gelehrt (Beispiele: SCHAER, Die verfassungsmässigen Finanzkompetenzen
der Staatsorgane im Kanton Bern, 57 ff.; ROETHELI, Das Finanzreferendum
im Kanton Solothurn, in der Festgabe Max Obrecht 68 ff., bes. 72 ff.;
KLINGENBERG, Das Finanzreferendum im Kanton Schaffhausen, 104 ff., 111
ff., 1963/64; OESTER, Das Finanzreferendum im Kanton St. Gallen, 59 ff.;
NEF, aaO 102 ff.).

    Nun hält allerdings der Regierungsrat dafür, dass bei der Abgrenzung
der Begriffe der "gebundenen" und der "neuen" Ausgabe im vorliegenden
Fall von der bei öffentlichen Bauten geübten Praxis abzuweichen sei,
weil bei Bauten auch aesthetische, städtebauliche, verkehrspolizeiliche
und politische Überlegungen mitspielen, die beim Entscheid über die
Anschaffung einer Datenverarbeitungsanlage ausser Betracht fallen. Allein,
diese Argumentation geht an der vorher dargelegten staatspolitischen
Funktion des Finanzreferendums vorbei. Denn wenn es schon darum geht,
den Bürger dort mitsprechen zu lassen, wo Ausgaben zu beschliessen sind,
die wegen ihrer Höhe seine Belastung als Steuerzahler beeinflussen, dann
ist nicht einzusehen, dass ihm dieses Mitspracherecht wegzunehmen sei,
wenn keine anderweitigen politischen oder polizeilichen Interessen auf
dem Spiel stehen.

    Der Begriff der gebundenen Ausgabe lässt sich nach dem Gesagten wie
folgt umschreiben. Gebundene Ausgabe heisst nicht unerlässliche Ausgabe,
heisst nicht, dass die Aufgabe auf andere Weise gar nicht erfüllt
werden kann, denn sonst wäre das Finanzreferendum praktisch immer
möglich, wenn auch nur eine einzige andere Möglichkeit der (Detail-)
Ausführung besteht. Gebunden ist eine Ausgabe, die gedeckt ist durch
die Aufgabe, für die sie gemacht wird. Denn das Volk soll nicht zweimal
befragt werden, beim Entscheid über die Aufgabe und bei jenem über die
Ausgabe. Gebunden ist deshalb jede Ausgabe, die als vom Stimmbürger
mit dem Grunderlass gebilligt betrachtet werden kann, also jede Ausgabe
für ein Mittel, das beim Entscheid über die Aufgabe voraussehbar war,
oder wo es offensichtlich gleichgültig ist, welche Mittel zur Erfüllung
der Aufgabe gewählt werden. Entscheidend ist dabei, dass es sich um
gleiche oder gleichartige Mittel handelt. Das trifft dann nicht zu, wenn
zwischen verschiedenen Mitteln wesentliche Unterschiede bestehen, z.B.
hinsichtlich der Kosten oder der Auswirkungen.

Erwägung 6

    6.- Der Regierungsrat hatte mit Vorlage vom 28. Januar 1965 beim
Kantonsrat die Anschaffung einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage
für die wissenschaftlichen Bedürfnisse der Universität und zur Mitbenützung
durch die Kantonsverwaltung vorgeschlagen und die Anschaffung als
schlechthin unerlässlich, das heisst gebunden bezeichnet. Diese
Ausgabe war nicht Gegenstand einer staatsrechtlichen Beschwerde. Im
angefochtenen Entscheid erklärt der Regierungsrat nunmehr, eine solche
Anlage sei auch für die Stadt Zürich "unerlässlich", es bestehe "keine
Entscheidungsfreiheit".

    Wie oben dargetan, ist Unerlässlichkeit nicht mit Gebundenheit der
Ausgabe gleichzusetzen. Die Datenverarbeitungsanlage ist für die Stadt
Zürich aber auch nicht unerlässlich. Mit seinen Ausführungen setzt sich
der Regierungsrat in einen schwer verständlichen Gegensatz zum Stadtrat von
Zürich, der doch wohl die Bedürfnisse der Stadtverwaltung besser kennt. Der
Stadtrat hat in seiner Weisung an den Gemeinderat vom 27. August 1965 die
in Aussicht genommene Anlage als ein "geeignetes Arbeitsmittel" und als
"besonders vorteilhaft", keineswegs aber als unerlässlich bezeichnet. Auch
in der Vernehmlassung zur staatsrechtlichen Beschwerde erklärt der Stadtrat
nur, die Stadt Zürich sei "auf die neuzeitlichen technischen Hilfsmittel
angewiesen", die Datenverarbeitungsanlage aber bedeute den Einsatz eines
"derzeit als geeignet erscheinenden Hilfsmittels" zur Bewältigung von
Verwaltungsaufgaben, wie es zuvor die herkömmlichen Büromaschinen gewesen
seien. Den Einsatz "solcher Einrichtungen" bezeichnet der Stadtrat, unter
Hinweis auf den Befund des Regierungsrates, als "unerlässlich". Damit
ist aber die ganze Gattung der Elektronenrechner, Lochkartenanlagen und
sonstigen elektronischen Maschinen und Instrumente bezeichnet, die in
vielen und höchst verschiedenen Varianten in mehreren Dikasterien der
Stadtverwaltung bereits vorhanden ist, wobei sich wohl schon deshalb, weil
der Kaufpreis für jede einzelne Anlage die Summe von Fr. 1 000 000 nicht
erreichte, die Frage des Finanzreferendums überhaupt nie gestellt hat.

    Dass die Anschaffung der zentralen Datenverarbeitungsanlage für
die Zürcher Stadtverwaltung nicht unvermeidlich ist, zeigt vor allem
ein Aufsatz über den Computer in der öffentlichen Verwaltung, den der
städtische Finanzdirektor Dr. Ernst Bieri am 12. September 1967 in der
Neuen Zürcher Zeitung veröffentlicht hat. Darin bezeichnet der Verfasser
den Computer als das "einzige wirkliche Sorgenkind" des Finanzvorstandes
und er qualifiziert die Vorbereitung eines Budgets, die Aufstellung eines
mittelfristigen Finanzplans, die Verhandlungen mit Personalverbänden,
Steuerfragen und Liegenschaftspolitik als "harmlose Übungen im Vergleich
mit der Computergeschichte". Von den Anpreisungen der "integrierten
Datenverarbeitung" oder des "umfassenden Informationssystems" erklärt er,
dass sie sich auf dem Papier der Prospekte und im Munde der Verkäufer sehr
schön ausnehmen, in der Praxis des Alltags aber viel weniger überzeugend
wirken. Was technisch möglich ist, sei "keineswegs" auch ohne weiteres
"organisatorisch nötig und wirtschaftlich vernünftig". "Zeit und
Schweiss säumen den Weg von der Installation eines Computers bis zu
seiner einigermassen sinnvollen praktischen Benutzung." Der Verfasser
untersucht und bewertet die Vor- und Nachteile gründlich und unbefangen;
er zeigt, wo und wie die Anlage nützlich sein kann und wo sie keine Dienste
leistet, und er lässt schliesslich die Frage, ob sich die Anschaffung
eines Computers für die Verwaltung wirklich lohne, offen. Die Ergebnisse
seiner Untersuchung fasst der Autor folgendermassen zusammen:

    " Der Computer in der öffentlichen Verwaltung, überhaupt in allen
Dienstleistungsbetrieben, wird zum vornherein nie die gleichen grossen
Vorteile verschaffen, die sich Industrieunternehmen von ihm versprechen.
Weder Lagerbewirtschaftung, noch Produktionssteigerung, noch täglich neue
Unterlagen für die Verkaufsdispositionen stehen bei der öffentlichen
Verwaltung im Vordergrund. Im wesentlichen handelt es sich, in einer
ersten Stufe, um die Integration derjenigen Daten, die sich für eine
zentrale Bearbeitung im Direktzugriff und mit Aussenstationen eignen. Der
Rationalisierungseffekt ist beschränkt. Es dauert im allgemeinen vier
bis fünf Jahre, bis bei einem bestimmten Projekt auch nur der Aufwand
für die Überführung auf den Computer herausgewirtschaftet ist. Die Mühe,
geeignetes Personal gerade für monotone Büroarbeiten zu finden, zwingt
aber auch die Verwaltung zur weitern Ablösung manueller Tätigkeiten. Der
Computer bringt auf einigen Gebieten (Verkehrssteuerung, ärztliche
Daten) eine qualitative Verbesserung und auf andern Gebieten eine
begrenzte Personaleinsparung. Der vollen Ausnützung seiner technischen
Fähigkeiten, die in Prospekten und Artikeln mit rhetorischer Hingabe
in den leuchtendsten Farben geschildert werden, sind jedoch durch die
Ansprüche des Publikums an eine möglichst bequeme Bedienung durch die
Verwaltung einerseits und durch die politisch-psychologischen Hemmungen
gegen eine sklavische Unterordnung der Organisation unter den Computer
anderseits natürliche Grenzen gezogen. Es gilt auch hier der Satz, dass
der Mensch und nicht die Maschine das Mass aller Dinge ist. "

    Aus der Darstellung des Stadtrates in der Weisung an den Gemeinderat
und aus der vorstehenden Beurteilung des städtischen Finanzdirektors
ergibt sich mit Sicherheit, dass alle beteiligten Behörden auf die
anzuschaffende Datenverarbeitungsanlage grosse Hoffnungen setzen und von
ihr - nach einer mehrjährigen Anlaufzeit, in welcher die Bedienungsequipe
erst ausgebildet werden muss - eine qualitativ und quantitativ hochwertige
Arbeitsleistung erhoffen. Doch ist keine Rede davon, die Anschaffung der
Anlage durch die Stadt Zürich sei der einzig mögliche (= "unerlässliche")
Behelf, um die zum Vollzug der Gesetze und zur Erfüllung der bisherigen
Aufgaben der Stadtverwaltung anfallenden Arbeiten zu bewältigen.

Erwägung 7

    7.- Aus der Weisung des Stadtrates an den Gemeinderat und aus
der Antwort auf die staatsrechtliche Beschwerde ergibt sich, dass
in der Zürcher Stadtverwaltung bereits eine Mehrzahl elektronischer
Rechenmaschinen, Lochkartenanlagen u.dgl. im Betrieb stehen. Mit den
vorhandenen Maschinen kann aber nur eine Arbeit nach der andern getan
werden. Ihnen gegenüber unterscheidet sich die Datenverarbeitungsanlage,
deren Anschaffung der Gemeinderat am 26. Januar 1966 beschlossen hat,
dadurch, dass sie sehr komplexe Aufgaben gleichzeitig bewältigen kann. Das
erheischt eine starke Zentralisation der Verwaltung und - wie sich aus
einem Brief des städtischen Finanzdirektors vom 21. Januar 1966 an die
vorberatende Kommission des Gemeinderates ergibt - die Schaffung einer
neuen selbständigen Dienstabteilung des städtischen Finanzamtes. Das aber
bedeutet einen Einbruch in das Prinzip der materienweisen Aufteilung
der Verwaltungsgeschäfte, wie es in den Art. 50 ff. der zurzeit noch
geltenden GO umschrieben ist. Der erwähnten Zentralisierung stehen
daher mancherlei, auch rechtliche Hindernisse entgegen, über die sich
der städtische Finanzdirektor im früher zitierten Artikel in der Neuen
Zürcher Zeitung wie folgt geäussert hat:

    " Der Zentralisierung - sofern sie aus praktischen, aus rechtlichen
und vor allem aus staatspolitischen Gründen überhaupt durchführbar ist -
sind deshalb Grenzen gesetzt. "

    Weil die Zentralisierung nach der Erklärung des Stadtrates eine
unvermeidliche Begleiterscheinung der Inbetriebnahme der neuen Anlage
darstellt, wird mit dem Beschluss über deren Anschaffung zugleich eine
Änderung der GO präjudiziert. Ob das opportun sei, hat das Bundesgericht
nicht zu beurteilen. Sicher ist aber, dass der Beschluss über die
Anschaffung der Datenverarbeitungsanlage als Ganzes ein Entscheid über
ein administratives Opportunitätsproblem ist.

    Andere Behelfe stehen zur Verfügung. Vor allem können die bei den
einzelnen Verwaltungsabteilungen eingesetzten, auf deren spezifische
Bedürfnisse abgestimmten elektronischen Instrumente vermehrt, ergänzt
und erneuert werden. Was mit ihnen geschehen soll - ob sie beibehalten,
verkauft oder verschrottet werden - ergibt sich aus der Weisung nicht. Es
fällt immerhin auf, dass die beim städtischen Elektrizitätswerk vorhandene
Anlage, die der Stadtrat in der Antwort auf die staatsrechtliche
Beschwerde als "veraltet und kaum mehr einsatzfähig" bezeichnet, nicht
zu denen gehört, die laut Weisung an den Gemeinderat durch die neue
Datenverarbeitungsanlage in der ersten Phase ersetzt werden sollen.

    Statt des Ankaufs der zentralen Anlage ist auch eine Miete möglich. Der
Stadtrat sieht beides vor: den Kauf der "Basismaschinen" und die Miete der
Zusatzgeräte. Eine Miete aller Anlageteile wäre aber nicht ausgeschlossen.

    Schliesslich ist auch die Vergebung von Arbeiten an Unternehmer,
die solche Anlagen gewerbsmässig betreiben, möglich und schon bisher
praktiziert worden.

    Auch der Entscheid darüber, in welchem Zeitpunkt - wenn überhaupt
- eine eigene Anlage zu kaufen sei, ist ein Entscheid über ein
Opportunitätsproblem. Da die Betriebsequipe nicht vorhanden ist, sondern
erst rekrutiert und ausgebildet werden muss, und es noch nicht feststeht,
ob und wieweit die Zentralisation der Stadtverwaltung - namentlich wegen
der vom städtischen Finanzdirektor erwähnten Hindernisse - möglich sein
wird, könnten sich die Stimmberechtigten auch fragen, ob der Beschluss
zum Ankauf nicht auf einen spätern Zeitpunkt vertagt werden sollte.

Erwägung 8

    8.- Die Ausgabe für die Datenverarbeitungsanlage ist somit nicht durch
frühere Volksentscheide "gebunden"; es ist vielmehr eine Ausgabe, deren
Opportunität diskutabel ist. Lässt man das Volk darüber entscheiden,
so mutet man ihm nicht zu, über die Erfüllung schon übernommener
Gemeindeaufgaben ein zweites Mal abzustimmen. Die Ausgabe kann nicht
als vom Volk von vornherein gebilligt angesehen werden. Das Mittel der
elektronischen Datenverarbeitung ist etwas Neues, das früher nicht bekannt
war. Es verursacht grosse, einmalige und wiederkehrende Kosten. Seine
Nützlichkeit ist fraglich. Schliesslich führt es zwangsläufig zu
einer starken Zentralisation der Verwaltung. Das alles war für den
Stimmbürger bei den früheren Entscheiden über Gemeindeaufgaben nicht
voraussehbar. Es ist nicht gleichgültig, ob die bisherigen Mittel oder
die Datenverarbeitung verwendet werden, denn diese unterscheidet sich
von jenen in den wesentlichen Punkten der Kosten und der Auswirkung auf
die Organisation der Gemeindeverwaltung.

    Der Volksentscheid bezieht sich mithin auf die Frage, ob zur
Erfüllung der Gemeindeaufgaben jetzt ein einmaliger und ein jährlich
wiederkehrender Geldaufwand von bedeutender Höhe bewilligt werden soll
(dessen Wirtschaftlichkeit wahrscheinlich, aber keineswegs gewiss
ist) oder ob - mindestens vorderhand - die Stadt sich noch mit dem
dezentralisierten Maschinenpark und der bestehenden Ämterorganisation
behelfen soll. Bei diesem Entscheid können die Stimmberechtigten neben
der vom Gemeinderat beschlossenen noch eine Reihe anderer möglicher
Lösungen in Betracht ziehen. Ihre Entscheidungsfreiheit ist nicht
geringer als beim Entscheid über den Bau eines Schulhauses oder eines
andern Verwaltungsgebäudes. Der Umstand, dass das Verständnis für eine
neuzeitliche Ausrüstung der Stadtverwaltung und das Interesse daran bei
vielen Stimmberechtigten vielleicht nicht gleich gross ist wie bei der
Abstimmung über ein öffentliches Gebäude, bildet keinen hinreichenden
Grund, um dem Volk den ihm durch § 18 lit. b ZutG und Art. 6 lit. b GO
verbrieften Entscheid vorzuenthalten.

Erwägung 9

    9.- Der angefochtene Entscheid des Regierungsrates verletzt somit ein
Volksrecht. Er ist aus diesem Grunde aufzuheben. Sache des Regierungsrates
wird es sein, die aus der Aufhebung sich ergebende Konsequenz zu ziehen,
nämlich den Beschluss des Gemeinderates entweder dem Volksentscheid zu
unterstellen oder aufzuheben.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid
des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 11. Mai 1967 aufgehoben.