Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 573



93 I 573

72. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. November 1967 i.S. Diamalt
Aktiengesellschaft gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum. Regeste

    Markenrecht. Schutzverweigerung gegenüber international
hinterlegter Marke wegen Täuschungsgefahr über die Beschaffenheit
der Ware. Madrider Abkommen (Fassung von Nizza 1957) Art. 5 Abs. 1;
Pariser Verbandsübereinkunft (Fassung von Lissabon 1958) Art. 6 Abs.
1, 6 quinquies lit. B Ziff. 3 (Erw. 1).

    Unzulässigkeit der Marke "DIAMALT" für nicht malzhaltige
Produkte. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG (Erw. 2, 3).

    Verwendung der Firma als Marke (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Die Firma Diamalt Aktiengesellschaft in München ist Inhaberin einer
in der deutschen Warenzeichenrolle unter der Nr. 629 830 eingetragenen
Wort/Bild-Marke. Am 16. November 1966 liess sie diese gestützt auf das
Madrider Abkommen von 1891 betreffend die internationale Eintragung
der Fabrik- oder Handelsmarken im internationalen Register unter der
Nr.326409 eintragen.

    Das Zeichen besteht aus einem grossen D, das beidseitig von Ähren
flankiert ist; im Innern des D befinden sich, untereinander angeordnet,
die Buchstaben AG; oben steht quer das Wort "DIAMALT", unten "MÜNCHEN";
das Ganze ist von einer breiten Kreislinie umschlossen. Die Marke ist
für eine grosse Zahl von verschiedenartigen Arznei- und Nahrungsmitteln
sowie von chemischen Hilfsstoffen bestimmt.

    B.- Das Eidgen. Amt für geistiges Eigentum teilte am 16.  Juni 1967
dem internationalen Büro mit, der Marke werde in der Schweiz der Schutz
für diejenigen Erzeugnisse der Warenliste verweigert, die ihrer Natur
nach Malz enthalten können, jedoch kein solches enthalten.

    C.- Gegen diesen Entscheid hat die Markeninhaberin
verwaltungsgerichtliche Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, die
Verfügung des Amtes vom 16. Juni 1967 sei aufzuheben und die Marke in
der Schweiz ohne Einschränkung zu schützen.

    Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde ist das
Madrider Abkommen betreffend die internationale Registrierung der
Fabrik- oder Handelsmarken (MMA) in seiner am 15. Juni 1957 in Nizza
revidierten Fassung massgebend, die sowohl von der Schweiz als auch von
der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden ist. Gemäss Art. 5
Abs. 1 MMA darf die Schweiz einer international registrierten Marke
den Schutz nur unter den Bedingungen verweigern, unter denen sie nach
der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums
(PVU) eine zur Eintragung in der Schweiz hinterlegte Marke zurückweisen
dürfte. Massgebend ist die 1958 in Lissabon revidierte Fassung der PVU,
die in Art. 6 Abs. 1 vorsieht, dass die Bedingungen für die Hinterlegung
und Eintragung von Fabrik- oder Handelsmarken in jedem Lande durch die
Landesgesetzgebung bestimmt werden. Nach Art. 6 quinquies, lit. B Ziff. 3
PVU sodann darf eine Eintragung verweigert werden, wenn die Marke gegen
die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstösst, insbesondere
wenn sie geeignet ist, das Publikum zu täuschen.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG hat das eidgen. Amt für geistiges
Eigentum die Eintragung einer gegen die guten Sitten verstossenden Marke
zu verweigern. Sittenwidrigkeit im Sinne dieser Bestimmung liegt unter
anderm vor, wenn die Marke geeignet ist, den Käufer in irgendeiner
Hinsicht irrezuführen, insbesondere ihn über die Beschaffenheit der
Ware zu täuschen (BGE 91 I 52 Erw. 2; 89 I 51 Erw. 4, 293 Erw. 2, 301
Erw. 2 und dort erwähnte Entscheide). Das schweizerische Recht stimmt
also in dieser Hinsicht mit der in Art. 6 quinquies PVU getroffenen
Regelung überein. Nach ständiger Rechtsprechung ist Sittenwidrigkeit
schon dann zu bejahen, wenn eine objektive Täuschungsgefahr besteht;
der Täuschungsabsicht des Markeninhabers bedarf es nicht (BGE 78 I 280),
und ebenso kommt nichts darauf an, ob tatsächlich schon Täuschungen
vorgekommen sind (BGE 78 II 382). Der Einwand der Beschwerdeführerin,
die streitige Marke habe bis heute keinen Abnehmer über die Natur der
Markenware getäuscht, ist daher unbehelflich.

Erwägung 3

    3.- Die streitige Marke enthält als wesentlichen Bestandteil das
Wort "DIAMALT", dessen Endsilbe "MALT" die französische Bezeichnung
für Malz ist. Namentlich die französischsprechende Bevölkerung könnte
daher in die Meinung versetzt werden, die unter dieser Marke angebotenen
Erzeugnisse seien malzhaltig. Wird die Marke für Waren verwendet, die
ihrer Natur nach Malz enthalten könnten, aber kein solches enthalten, so
ist sie somit auf jeden Fall für die französischsprechende Bevölkerung
täuschend. Täuschungsgefahr auch nur für eines der Sprachgebiete der
Schweiz genügt aber, um die Marke unzulässig zu machen (BGE 82 I 51
Erw. 2 und dort erwähnte Entscheide). Abgesehen hievon ist auch der
deutschsprechenden Bevölkerung die Silbe "malt" als Hinweis auf die
Malzhaltigkeit eines Erzeugnisses aus andern Marken (Ovomaltine, Heliomalt
u.a.m.) vertraut.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass nicht eine Marke
mit dem isolierten Element "Diamalt" zur Diskussion stehe, sondern ein
Zeichen, das in seinem Wortteil ihren Firmanamen und Geschäftssitz
wiedergebe. Nach Art. 8 PVU müsse die Schweiz den Handelsnamen der
Angehörigen von Vertragsstaaten schützen, gleichgültig ob er einen
Bestandteil einer Fabrik- oder Handelsmarke bilde oder nicht.

    Dieser Einwand geht fehl. Auch die markenmässig gebrauchte Firma muss,
um als Marke zulässig zu sein, den Anforderungen des MSchG genügen (BGE
89 I 303 Erw. 7, 78 II 460). Art. 8 PVU verschafft der Beschwerdeführerin
nicht Anspruch auf markenrechtlichen Schutz ihrer Firma, sondern nur
auf Schutz ihres Handelsnamens als solchen, d.h. auf denjenigen Schutz,
der auch dem nichteingetragenen inländischen Handelsnamen zukommt (BGE
90 II 318).

Erwägung 5

    5.- Da die streitige Marke, soweit sie für nicht malzhaltige Produkte
bestimmt ist, täuschend wirkt, ist die vom Amt ausgesprochene Einschränkung
ihres Schutzbereiches berechtigt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.