Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 I 390



93 I 390

50. Auszug aus dem Urteil vom 23. Juni 1967 i.S. Mühle X. gegen
Eidg. Getreidekommission. Regeste

    Übernahme von Brotgetreide des Bundes.

    1.  Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid der Eidg.
Getreidekommission: Streitwert (Erw. 1).

    2.  Eine formell rechtskräftige Zuteilung inländischen Getreides für
eine bestimmte Periode darf zu Ungunsten des Müllers abgeändert werden,
wenn er die Verwaltung durch unrichtige Meldungen irregeführt hat (Erw. 2).

    3.  Verjährung des Anspruchs des Bundes auf Zuteilung: Art. 57 des
Getreidegesetzes ist analog anwendbar (Erw. 3).

    4.  Verweigerung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor der Eidg.
Getreidekommission? (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Die Beschwerdeführerin, Mühle X., erzeugt ein als Raviolidunst
bezeichnetes Spezialmehl, das sie einer Konservenfabrik für die Herstellung
von Ravioli liefert.

    In einer von der Eidg. Getreideverwaltung im Jahre 1962 gegen
die Beschwerdeführerin und ihre verantwortlichen Organe eingeleiteten
Strafuntersuchung sagten der Obermüller und der Verwaltungsratspräsident
aus, dass die Mühle in den Jahren 1960 und 1961 für die Herstellung des
Raviolidunstes eine 10 - 15 Gewichtsprozente Inlandweizen enthaltende
Getreidemischung verwendet habe. Indessen hatte die Beschwerdeführerin
der Getreideverwaltung früher gemeldet, dass sie für diese Fabrikation
in der Regel - abgesehen vom ersten Semester 1960 - ausschliesslich
Auslandgetreide verarbeitet habe. Sie hatte durch diese Meldungen erwirkt,
dass die Verwaltung sie in periodisch getroffenen Verfügungen gestützt
auf Art. 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Brotgetreideversorgung
des Landes vom 20. März 1959 (GG) für die Jahre 1960 und 1961 in einem
entsprechenden Umfange von der Pflicht zur Übernahme von Inlandgetreide
befreit hatte.

    Die Getreideverwaltung nahm auf Grund der in der Strafuntersuchung
erhaltenen Auskünfte an, dass sie diese Befreiung zu Unrecht gewährt
habe. Mit Verfügung vom 25. März 1966 verpflichtete sie daher die
Beschwerdeführerin, in der Zeit zwischen Anfang April und Ende September
1966 eine zusätzliche Menge von 1491,53 q Inlandgetreide zu übernehmen.

    Eine Beschwerde der Mühle gegen diese Verfügung wurde von der Eidg.
Getreidekommission am 30. November 1966 abgewiesen.

    B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Mühle, der
Entscheid der Getreidekommission und die durch ihn bestätigte Verfügung
der Getreideverwaltung seien vollumfänglich aufzuheben; eventuell sei die
Sache zur neuen Untersuchung und Beurteilung an die Getreidekommission
zurückzuweisen.

    Es wird geltend gemacht, die Verwaltung sei nicht berechtigt gewesen,
ihre früheren Verfügungen, in denen sie die von der Beschwerdeführerin in
den Jahren 1960 und 1961 zu übernehmenden Mengen inländischen Getreides
festgesetzt hatte, nachträglich abzuändern.

    Überdies sei der streitige Anspruch der Verwaltung mindestens zum
Teil verjährt.

    Sodann beruhe der angefochtene Entscheid auf einer unrichtigen
Feststellung des Sachverhalts... Die Getreidekommission habe der
Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör verweigert, indem sie ihr nicht
Gelegenheit gegeben habe, zu der Vernehmlassung der Verwaltung Stellung
zu nehmen.

    C.- Die Getreidekommission beantragt, auf die Beschwerde nicht
einzutreten, eventuell sie abzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 61 Abs. 1 lit. c GG unterliegen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde Entscheide der Getreidekommission in Fällen
mit einem Streitwert, wie er in Art. 46 OG genannt ist. Art. 46 OG lässt
in den unter ihn fallenden vermögensrechtlichen Zivilsachen die Berufung
zu, wenn der Streitwert nach Massgabe der Rechtsbegehren, wie sie vor der
letzten kantonalen Instanz noch streitig waren, mindestens Fr. 8 000.--
beträgt.

    Im Verfahren vor der Getreidekommission, welche der letzten kantonalen
Instanz entspricht, verlangte die Mühle X., dass sie von der ihr durch
die Verfügung der Getreideverwaltung vom 25. März 1966 auferlegten
Verpflichtung, in der Zeit von Anfang April bis Ende September 1966 eine
zusätzliche Menge von 1491,53 q inländischen Getreides zu übernehmen,
befreit werde, während die Verwaltung an dieser Verfügung festhielt.

    Die Getreidekommission hält dafür, dass die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde hier schon deshalb nicht zulässig sei,
weil man es nicht mit einer vermögensrechtlichen Streitigkeit im Sinne
von Art. 61 Abs. 1 lit. c GG und Art. 46 OG zu tun habe. Sie führt aus,
die dem Müller auferlegte Übernahme einheimischen Getreides sei eine
der Sicherung der Getreideversorgung des Landes dienende Leistung, die
ausschliesslich nach der von der Mühle in der Stichzeit verarbeiteten
Getreidemenge, ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen für den Betrieb,
bemessen werde. Indessen lässt sich nicht bestreiten und wird von der
Getreidekommission auch nicht bestritten, dass der Müller durch die
Verpflichtung, ein bestimmtes Quantum inländischen Getreides zu übernehmen,
finanziell belastet wird, weil er für dieses Getreide mehr bezahlen
muss als für ausländisches, mit dem er sich sonst eindecken könnte.
Diese Belastung ist die unmittelbare Folge der Verfügung, durch welche
die Übernahmepflicht festgelegt wird. Die vorliegende Streitigkeit ist
demnach vermögensrechtlicher Art; es handelt sich um einen Fall mit einem
Streitwert, dessen Festsetzung allerdings, mangels eines auf Bezahlung
einer bestimmten Geldsumme gehenden Begehrens, dem Ermessen des Richters
anheimgegeben ist (Art. 36 Abs. 2 OG; vgl. BGE 87 I 433 Erw. 3).

    Die Beschwerdeführerin betrachtet als Streitwert den Betrag, um den im
Zeitpunkte des Erlasses der angefochtenen Verfügung der Getreideverwaltung
der Preis für 1491,53 q Inlandgetreide den Preis für die gleiche Menge
französischen Weizens überstiegen hat. Diese Differenz beziffert sie auf
mindestens Fr. 16 551.--. Dagegen vertritt die Getreideverwaltung den
Standpunkt, dass der Streitwert auf jeden Fall weniger als Fr. 8 000.--
betrage. Sie macht geltend, es sei von den heutigen Preisen auszugehen,
die höher seien als die Preise, die im März 1966 galten; ausserdem sei
der Preis für solches ausländisches Getreide, das dem zu übernehmenden
Inlandweizen qualitativ ebenbürtig sei, in Rechnung zu stellen; der
französische Weizen genüge aber dieser Anforderung nicht; selbst wenn
auf dessen Preis abgestellt werde, erreiche übrigens der Streitwert nicht
ganz den erforderlichen Mindestbetrag.

    Allerdings kann für den Preisvergleich nur solches ausländisches
Getreide in Betracht gezogen werden, dessen Qualität für die Herstellung
des Raviolidunstes genügt. Diese Voraussetzung erfüllt aber nach der nicht
widerlegten Darstellung der Beschwerdeführerin der französische Weizen,
obwohl er billiger ist als die anderen ausländischen Erzeugnisse, deren
Preise die Getreidekommission in Rechnung stellt. Es besteht daher kein
Grund, den von der Beschwerdeführerin angestellten Vergleich mit dem
Preis französischen Weizens abzulehnen.

    Entgegen der Auffassung der Getreidekommission bemisst sich der
Streitwert auch nicht nach den heutigen Verhältnissen. Aus Art. 61 Abs. 1
lit. c GG, wo auf Art. 46 OG verwiesen wird, ist zu schliessen, dass die
für die zivilrechtliche Berufung geltende Ordnung sinngemäss anwendbar
ist. Das Bundesgericht hat als Berufungsinstanz wiederholt den Wert des
Streitgegenstandes zur Zeit der Anhebung der Klage als massgebend erklärt
(BGE 87 II 192 und dort zitierte Entscheide); in anderen Fällen hat es
auf das Interesse abgestellt, das für die Parteien unmittelbar vor der
Entscheidung der Vorinstanz auf dem Spiele gestanden hatte (BGE 89 II 198
und dort angeführtes Urteil). Hier kommen demnach entweder die Verhältnisse
in Betracht, die zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Verfügung der
Getreideverwaltung und der Einreichung der dagegen gerichteten Beschwerde
bestanden haben, oder die Verhältnisse unmittelbar vor der Entscheidung der
Getreidekommission. Nach der einen wie nach der anderen Lösung ergibt sich
auf Grund der Darlegungen der Parteien mit Sicherheit, dass die Differenz
zwischen den Preisen des einheimischen und des französischen Getreides für
die in Frage stehende Menge den Betrag von Fr. 8 000.-- überschritten hat.

    Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit nach Art. 61
Abs. 1 lit. c GG zulässig, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob für
die ermessensweise Bestimmung des Streitwertes neben jener Preisdifferenz
noch andere Tatsachen berücksichtigt werden könnten.

Erwägung 2

    2.- Die Getreideverwaltung hat mit der Verfügung vom 25. März 1966 die
Mühle X. zum Nachbezug von 1491,53 q inländischen Getreides auf Grund der
Annahme verpflichtet, dass die der Mühle in früheren Verfügungen für die
Jahre 1960 und 1961 zur Übernahme zugeteilten Mengen solchen Getreides im
Umfange jenes Quantums zu niedrig gewesen seien. Die Verwaltung hat also
durch die neue Verfügung - wenn nicht der Form, so doch der Wirkung nach -
die früheren, formell rechtskräftig gewordenen Verfügungen abgeändert.

    Die Beschwerdeführerin hält dieses Vorgehen für unzulässig; sie
macht geltend, weder sei es im Gesetz vorgesehen, noch liege einer der
Gründe vor, aus denen die Rechtsprechung eine Revision rechtskräftiger
Verwaltungsverfügungen zulässt, wenn gesetzliche Vorschriften hierüber
fehlen.

    In der Tat enthält die Gesetzgebung über die Getreideversorgung des
Landes keine Bestimmung darüber, ob formell rechtskräftige Verfügungen,
in denen die von den Handelsmüllern zu übernehmenden Quoten einheimischen
Getreides festgelegt sind, nachträglich wegen materieller Unrichtigkeit
abgeändert werden dürfen oder nicht, so dass es Sache der zur Anwendung
des Gesetzes berufenen Behörde ist, über diese Frage in Abwägung der
Interessen, die einerseits an der Verwirklichung des objektiven Rechts
und anderseits an der Vermeidung von Rechtsunsicherheit bestehen, zu
befinden (BGE 91 I 95 f.). Es mag zutreffen, dass hier dem Postulat der
Rechtssicherheit der Vorrang zuzuerkennen, eine formell rechtskräftig
gewordene Zuteilungsverfügung also grundsätzlich als unabänderlich
zu betrachten ist. Indessen darf in solchen Fällen die Verwaltung
ausnahmsweise auf die rechtskräftige Verfügung zurückkommen, wenn einer
der Revisionsgründe besteht, welche die Rechtsprechung anerkennt (BGE 78
I 201, 86 I 173). Die Beschwerdeführerin bestreitet dies nicht, erhebt
jedoch unter Berufung auf IMBODEN (Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung,
2. Aufl., Nr. 46 IV a) den Einwand, hier sei die Revision ausgeschlossen,
weil die Verwaltung aus Unachtsamkeit oder Irrtum unrichtig verfügt habe.

    Es trifft allerdings zu, dass eine formell rechtskräftige Verfügung,
welche für den Bürger deshalb zu günstig ausgefallen ist, weil die
Verwaltung aus Unachtsamkeit oder Irrtum den massgeblichen Sachverhalt
nicht richtig festgestellt hat, nicht nachträglich zu Ungunsten des Bürgers
abgeändert werden darf, wenn der Fehler von der Behörde zu verantworten
ist. In diesem Sinne sind die Ausführungen in BGE 78 I 202 zu verstehen,
auf die sich IMBODEN an der von der Beschwerdeführerin zitierten Stelle
stützt. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn der Fehler, welcher
der Behörde unterlaufen ist, nicht von ihr zu vertreten, sondern einem
Verhalten des Bürgers zuzuschreiben ist, das es ausschliesst, dass
dieser sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben und das Postulat der
Rechtssicherheit berufen kann. In einem solchen Falle muss die Revision
zu Ungunsten des Bürgers zugelassen werden (vgl. BGE 88 I 227 f.),
wie denn anderseits die Revision zu seinen Gunsten statthaft ist, wenn
einer ihm nachteiligen Verfügung eine von ihm vorgetragene unrichtige
Sachdarstellung, die auf unzutreffenden Auskünften der Behörde beruht,
zugrunde liegt (BGE 75 I 311, 76 I 7). Der Hinweis der Beschwerdeführerin
auf das Steuerrecht geht fehl; bestimmen doch gerade die Steuergesetze
regelmässig, dass der Fiskus auf eine rechtskräftige Veranlagung
zurückkommen darf, wenn sich herausstellt, dass sie infolge Verschuldens
des Steuerpflichtigen zu niedrig ausgefallen ist.

    Die Beschwerdeführerin legt Gewicht darauf, dass sie der Verwaltung
seinerzeit in den Meldungen für die Monate Januar bis Juni 1960
wahrheitsgemäss die teilweise Verwendung inländischen Getreides bei der
Herstellung des Raviolidunstes mitgeteilt habe. Sie leitet daraus ab, dass
für die Unrichtigkeit der früheren Zuteilungen einheimischen Getreides die
Verwaltung einzustehen habe. Dieser Standpunkt ist abwegig. Die Verwaltung
hat jene Meldungen berücksichtigt. Sie hat aber auch auf die Meldungen der
Beschwerdeführerin für die späteren Monate abgestellt, nach denen die Mühle
damals für die Raviolidunstmahlungen ausschliesslich ausländisches Getreide
verarbeitet hätte. Diese Meldungen waren unrichtig. Die Beschwerdeführerin
war jedoch verpflichtet, der Verwaltung in den monatlichen Rapporten
durchweg wahrheitsgetreue Angaben zu machen (Art. 20 GG). Durch ihre
unrichtigen Meldungen hat sie die Verwaltung irregeführt und infolgedessen
eine Befreiung von der Pflicht zur Übernahme inländischen Getreides in
einem der gesetzlichen Ordnung nicht entsprechenden Umfange erwirkt. Gewiss
hätte die Verwaltung vor dem Erlass der Verfügungen, in denen sie die
Befreiung angeordnet hat, die Meldungen der Beschwerdeführerin überprüfen
können, doch war sie dazu nicht verpflichtet. Darin, dass sie damals von
einer Überprüfung abgesehen hat, kann nicht eine Nachlässigkeit, welche
eine Revision der unrichtigen Verfügungen ausschlösse, gesehen werden. Die
Revision war gerechtfertigt, weil der Irrtum, dem die Verwaltung zum
Opfer gefallen war, von der Beschwerdeführerin zu verantworten ist.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 43 der vom Bundesrat am 10. November 1959 erlassenen
Vollziehungsverordnung I zum Getreidegesetz bestimmt die Verwaltung
periodisch (in der Regel für ein Jahr) den Prozentsatz an Inlandgetreide,
den ein Handelsmüller monatlich zu kaufen hat. Die Getreidegesetzgebung
enthält keine Bestimmung über die Verjährung des Rechts der Verwaltung,
diese Quote für eine bestimmte Periode zuzuteilen. Art. 57 GG ordnet
die Verjährung anderer, nämlich der in Art. 53-56 genannten Ansprüche des
Bundes auf Herausgabe unrechtmässiger Vermögensvorteile, auf Rückerstattung
zu Unrecht gewährter Beiträge und Zuwendungen sowie auf Schadenersatz.

    Die Getreidekommission vertritt in erster Linie den Standpunkt,
dass der Anspruch der Verwaltung auf Zuteilung inländischen Getreides
für eine Periode auch nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht der
Verjährung unterliege, weil er nicht vermögensrechtlicher Natur sei. Wie
in Erwägung 1 hievor ausgeführt ist, hat jedoch die Verpflichtung des
Müllers zur Übernahme inländischen Getreides zur Folge, dass er dieses
Getreide dem Bund bezahlen muss. Er hat dafür einen vom Bund festgesetzten
Kaufpreis zu entrichten. Ob diese Zahlungspflicht zivilrechtlicher oder
öffentlichrechtlicher Art sei oder einen gemischten Charakter habe, kann
offen gelassen werden. Auf jeden Fall müssen Ansprüche des Gemeinwesens
auf Leistungen des Bürgers mit vermögensrechtlichem Einschlag nach einem
allgemeinen Grundsatz einer Verjährung auch dann unterworfen sein, wenn
das Gesetz hierüber nichts bestimmt; das öffentliche Interesse an der
Vermeidung von Rechtsunsicherheit und unbilliger Belästigung des Bürgers
durch Ansprüche vermögensrechtlichen Charakters aus lange zurückliegender
Zeit schliessen eine andere Auffassung aus (BGE 78 I 89 Erw. 4; 85 I 183
Erw. 3).

    Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass die Verjährungsfrist
für den vorliegenden Fall in Anlehnung an die in Art. 128 und 130 OR
für periodische Leistungen getroffene Ordnung auf fünf Jahre seit der
Fälligkeit festzusetzen sei, und wendet demgemäss ein, dass der Anspruch,
den die Verwaltung erstmals mit der Verfügung vom 25. März 1966 geltend
gemacht hat, insoweit verjährt sei, als er die Übernahmepflicht für die
Monate Januar 1960 bis März 1961 betrifft.

    Dagegen erachtet die Getreidekommission - für den Fall, dass die
Forderung als verjährbar betrachtet wird - Art. 57 GG als sinngemäss
anwendbar. Nach dieser Bestimmung verjähren die dort genannten Ansprüche
in fünf Jahren, vom Zeitpunkt an gerechnet, da die zuständigen Organe
des Bundes vom Rechtsgrund des Anspruches Kenntnis erlangt haben,
spätestens aber in zehn Jahren seit dem Entstehen des Anspruches; wird
jedoch der Anspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die
das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so gilt diese. Die
Getreidekommission nimmt an, nach dieser Ordnung sei der umstrittene
Anspruch des Bundes nicht verjährt; auch die dort vorgesehene fünfjährige
Frist sei eingehalten. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Dauer und Beginn der
Verjährungsfrist für öffentlichrechtliche Ansprüche beim Fehlen besonderer
gesetzlicher Bestimmungen in Anlehnung an die Ordnung festzulegen, die der
Gesetzgeber für verwandte Ansprüche aufgestellt hat (BGE 78 I 89 Erw. 4,
191/2; 83 I 218 ff.; 85 I 183 Erw. 3). Dem Wesen des Rechts des Bundes, für
eine bestimmte Periode die Übernahme inländischen Getreides zu verlangen,
entspricht am besten die analoge Anwendung des Art. 57 GG.

    Diese Lösung erlaubt es, den Gründen Rechnung zu tragen, aus denen
im Gebiete des Zivilrechts die Verjährungsfrist, die mangels anderer
Bestimmung zehn Jahre beträgt (Art. 127 OR), für periodische Leistungen
auf fünf Jahre verkürzt worden ist (Art. 128 OR). Diese Ordnung beruht
auf dem Gedanken, dass solche Leistungen ihrer Natur nach rasch erbracht
werden sollen; der Gesetzgeber wollte einerseits verhüten, dass der
Schuldner durch ständiges Anwachsen der Schuldenlast immer mehr bedrückt
werde, und anderseits den Gläubiger von unangebrachter Nachsicht abhalten
(BGE 69 II 303 Erw. 3; 78 II 149 Erw. 3 a). Auch die Verpflichtung des
Müllers, periodisch Inlandgetreide zu übernehmen, sollte jeweils rasch
erfüllt werden; es muss vermieden werden, dass Quoten für verschiedene
Perioden auflaufen und vom Müller auf einmal übernommen werden müssen,
und dementsprechend soll erreicht werden, dass die Verwaltung mit der
Geltendmachung ihrer Ansprüche nicht allzu lange zuwartet.

    Es rechtfertigt sich sodann, auch hinsichtlich des Beginns der
Verjährung Art. 57 GG analog anzuwenden, also die fünfjährige Frist
nicht von der Fälligkeit der Forderung (Art. 130 Abs. 1 OR), sondern
vom Zeitpunkt an zu rechnen, da die Verwaltung von den ihren Anspruch
begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Diese Regelung hat nicht
nur den Vorteil, dass die Ordnung der Verjährung von miteinander mehr
oder weniger verwandten Ansprüchen des Bundes aus dem Getreidegesetz
vereinheitlicht wird, sondern sie erscheint auch sachlich als richtig. Im
Vertragsrecht kann die Verjährungsfrist recht wohl auch in den Fällen,
wo sie verkürzt ist, mit der Fälligkeit der Forderung beginnen. Dagegen
gilt für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen als Regel, dass die kürzere
Verjährungsfrist von dem Tage hinweg, da der Verletzte vom Schaden
Kenntnis erhalten hat, gerechnet wird (Art. 60 OR). An dieses System
lehnt sich Art. 57 GG an. Das Recht des Bundes, die Übernahme inländischen
Getreides für eine bestimmte Periode zu verlangen, steht aber immer dann,
wenn - wie im vorliegenden Falle-die ursprüngliche Zuteilung infolge der
Unvollständigkeit der Meldungen der Mühle zu niedrig ausgefallen ist,
dem Anspruch aus unerlaubter Handlung näher als dem Anspruch aus Vertrag.

    Hier hat die Verwaltung von den Tatsachen, welche den umstrittenen
Anspruch begründen, erst im Laufe der im Jahre 1962 eingeleiteten
Strafuntersuchung Kenntnis erhalten. Sie hat den Anspruch mit der Verfügung
vom 25. März 1966, also noch vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist,
geltend gemacht. Die Einrede der Verjährung ist daher im vollen Umfange
unbegründet.

Erwägung 4

    4.- (Bemessung der nachzubeziehenden Menge inländischen Getreides.)

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführerin erblickt eine Verweigerung des rechtlichen
Gehörs darin, dass die Getreidekommission ihr nicht Gelegenheit
gegeben hat, zu der von dieser Instanz eingeholten Vernehmlassung der
Getreideverwaltung und zu den damit eingereichten Akten, insbesondere
einer "Neuberechnung der Pflichtquoten", Stellung zu nehmen. Der Einwand
ist unbegründet. Das gerügte Vorgehen der Getreidekommission verstösst
nicht gegen die Verfahrensordnung, die in Art. 9 der vom Bundesrat am
10. November 1959 erlassenen Vollziehungsverordnung IV zum Getreidegesetz
aufgestellt ist. Ebensowenig lässt sich unmittelbar aus Art. 4 BV
ableiten, dass die Getreidekommission die Beschwerdeführerin nochmals
hätte anhören müssen. Der Grundsatz, dass die durch einen Entscheid
bestimmte Rechtsstellung einer Partei nicht zu deren Ungunsten abgeändert
werden darf, ohne dass sie angehört wurde, ist nicht verletzt worden. Die
Getreideverwaltung hatte in ihrer Vernehmlassung eine Abänderung ihrer
Verfügung zu Ungunsten der Beschwerdeführerin nicht verlangt, noch hat die
Getreidekommission auf Grund der Vernehmlassung eine solche Abänderung von
sich aus vorgenommen. Die der Vernehmlassung beigelegte "Neuberechnung
der Pflichtquoten" war kein Beweismittel; sie hätte ebensogut in
die Vernehmlassung selber aufgenommen werden können. Sie brauchte der
Beschwerdeführerin ebenfalls nicht vorgelegt zu werden. Es war auch nicht
notwendig, die Beschwerdeführerin zum Inhalt der übrigen Beilagen zur
Vernehmlassung anzuhören. Diese Schriftstücke waren der Beschwerdeführerin
bekannt, und zum Teil hatte sie selbst deren Beizug verlangt.