Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 IV 90



93 IV 90

22. Urteil des Kassationshofes vom 27. Oktober 1967 i.S. X. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Regeste

    Art. 163, Art. 323 Ziff. 4 StGB.

    Der Gemeinschuldner, der zum Nachteil der Konkursgläubiger
Vermögensstücke verheimlicht, kann nur dann wegen blossen Ungehorsams nach
Art. 323 Ziff. 4 StGB bestraft werden, wenn der Vorsatz zur Benachteiligung
der Gläubiger fehlt.

Sachverhalt

    A.- Gegen X., der mit Liegenschaften handelte, liefen anfangs Oktober
1964 Betreibungen im Forderungsbetrage von insgesamt gegen 4 Millionen
Franken. Da keine genügende Deckung bestand und X. sich weigerte,
seine Vermögensgegenstände dem Betreibungsbeamten anzugeben und die
an verschiedenen Liegenschaften vollzogene Pfändung zu unterzeichnen,
wurde am 19. Oktober 1964 über ihn der Konkurs eröffnet. Obschon er
davon Kenntnis erhielt und an den beiden folgenden Tagen aufgefordert
worden war, beim Konkursamt vorzusprechen und die in seinem Besitz
befindlichen Vermögenswerte abzuliefern, erschien er nicht mehr und
blieb unbekannten Aufenthaltes, so dass polizeilich nach ihm gefahndet
werden musste. Am 17. Dezember 1964 konnte er in Wil/SG, wo er mit seiner
Geliebten in einem Hotel wohnte, verhaftet werden. Gleichzeitig wurden
zwei Inhaberschuldbriefe, lautend auf Fr. 230'000.-- und Fr. 50'000.--,
sowie Banknoten im Betrage von Fr. 360'000.-- beschlagnahmt, die X. teils
in einer Ledermappe, teils in einem im Bahnhof Wil eingestellten Koffer
versteckt hatte.

    B.- Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich erklärte
X. am 26. Mai 1967 des betrügerischen Konkurses im Sinne von Art. 163
Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig und verurteilte ihn zu 6 Monaten Gefängnis,
erstanden durch die erlittene Untersuchungshaft von 240 Tagen.

    C.- Der Verurteilte führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrag auf Freisprechung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe schon vor der
Konkurseröffnung in Wil logiert und bereits damals die Vermögensgegenstände
dort verwahrt. Er sei also nicht tätig geworden und habe nichts
beiseitegeschafft, so dass auf ihn nicht Art. 163 Ziff. 1, sondern
höchstens Art. 323 Ziff. 4 StGB wegen Ungehorsams im Konkursverfahren
anwendbar sei.

    Dass sich der Beschwerdeführer nach der Konkurseröffnung untätig
verhalten hat, schliesst die Anwendung von Art. 163 StGB nicht aus. Diese
Bestimmung erfasst übrigens auch die Vermögensverminderung, die schon
vor der Eröffnung des Konkurses im Hinblick auf die zu erwartende
Zwangsverwertung vorgenommen wird. Selbst wenn aber der Beschwerdeführer
ursprünglich den neuen Aufenthaltsort zum Schutze seiner Geliebten
geheimgehalten und die Vermögenswerte aus Furcht, sie könnten im
Scheidungsprozess beschlagnahmt werden, beiseitegeschafft und versteckt
haben sollte, so hat er sie jedenfalls nach der Konkurseröffnung im Sinne
des Art. 163 Ziff. 1 StGB verheimlicht. Dazu ist nicht eine positive
Handlung, z.B. das Fortschaffen oder Verstecken eines Gegenstandes,
erforderlich; es genügt, dass der Vermögenswert durch Unterlassung der
vorgeschriebenen Anmeldung dem Konkursamt verschwiegen wird (BGE 88 IV
26 lit. b mit Bezug auf den analogen Tatbestand des Art. 164 StGB).

    Daran ändert nichts, dass die Verheimlichung von Vermögenswerten
zugleich Tatbestandsmerkmal des Art. 323 Ziff. 4 StGB ist, wonach
der Gemeinschuldner mit Haft oder Busse bestraft wird, wenn er dem
Konkursamt nicht alle seine Vermögensstücke angibt und zur Verfügung
stellt, obwohl es ihn auf diese Pflicht aufmerksam gemacht hat. Der
Unterschied zwischen dieser Bestimmung und Art. 163 StGB besteht nicht
in der Art der Verheimlichung, sondern darin, dass beim Tatbestand des
betrügerischen Konkurses die Verheimlichung zu einer Benachteiligung der
Gläubiger führen und der Vorsatz des Täters auch darauf gerichtet sein
muss. Eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen blossen Ungehorsams nach
Art. 323 Ziff. 4 StGB käme nur dann in Frage, wenn er ohne diesen Vorsatz
gehandelt hätte (nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom
5. Dezember 1958 i.S. Gautschi).

Erwägung 2

    2.- Die vom Beschwerdeführer verheimlichten Vermögensstücke waren
mindestens zwei Monate lang dem Zugriff des Betreibungs- und Konkursamtes
entzogen und wären es weiterhin geblieben, wenn der Beschwerdeführer
nicht hätte verhaftet werden können. Die Gläubigerrechte waren somit
gefährdet, und die Zwangsvollstreckung wurde erschwert. Darin liegt
eine Benachteiligung der Gläubiger, wenn auch nur eine vorübergehende,
was genügt (BGE 85 IV 219 unten, 93 IV 17 f.).

    Nach den tatsächlichen und darum verbindlichen Feststellungen des
Obergerichts wusste der Beschwerdeführer, dass er durch sein Verhalten die
Konkursgläubiger benachteiligen oder schädigen konnte, und er hat diesen
Erfolg auch in seinen Willensentschluss einbezogen oder war mit ihm zum
mindesten für den Fall, dass er eintreten sollte, einverstanden. Die
Einwendungen, mit denen der festgestellte Vorsatz in der Beschwerde
bestritten wird, richten sich ausschliesslich gegen die Beweiswürdigung
der Vorinstanz und sind daher unbeachtlich. Selbst wenn übrigens
der Beschwerdeführer, wie er behauptet, nur beabsichtigt hätte, die
Beschlagnahme der Vermögenswerte durch den Scheidungsrichter zu verhindern,
so ergäbe sich daraus nicht zwingend, dass er die Benachteiligung
der Konkursgläubiger als notwendige Nebenwirkung seiner Absicht nicht
mitgewollt hätte. Ebensowenig wird die vorsätzliche Benachteiligung
der Gläubiger dadurch ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer von der
Möglichkeit, mit den Vermögenswerten ins Ausland zu verschwinden, keinen
Gebrauch gemacht hat.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.