Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 II 22



93 II 22

7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Januar 1967 i.S. Kreft A.-G. in
Nachlassliq. gegen Hommel & Co. Regeste

    Aktiengesellschaft, Haftung der Kontrollstelle.

    Prüfungspflicht der Kontrollstelle (Erw. 3).

    Pflichtverletzung der Kontrollstelle:

    -  weil sie trotz festgestellter oder vermuteter Bewertungsmängel in
der Bilanz der Generalversammlung Antrag auf vorbehaltlose Genehmigung
der Bilanz stellte (Erw. 4);

    - weil sie nach dem Tod des einzigen Verwaltungsrates nicht
beförderlich durch Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung
für die Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes in der Gesellschaft
sorgte (Erw. 5).

    Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung der Kontrollstelle und
Schaden der Gesellschaft; Tat- und Rechtsfrage; Schadenersatzbemessung
(Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Am 21. November 1950 wurde die Kreft AG mit Sitz in Escholzmatt
gegründet. Zweck der Gesellschaft war der Betrieb einer Wollspinnerei
und Tuchfabrik sowie der Handel mit Wollprodukten. Das Grundkapital
betrug Fr. 130'000.-- und war eingeteilt in 130 Namenaktien. 85
Aktien gehörten Frau Louise Kreft-Bay, welche seit der Gründung der
Gesellschaft zunächst neben Werner Sulzberger und ab 7. April 1952
allein dem Verwaltungsrat angehörte. Die finanzielle Lage der Kreft AG,
deren Kontrollstelle stets die Max Hommel & Co versah, entwickelte sich
ungünstig; die Gesellschaft arbeitete seit 1953 mit jährlich steigenden
Verlusten. Am 3. September 1959 wurde ihr eine Nachlasstundung bewilligt,
und am 8. April 1960 genehmigte der Amtsgerichtspräsident von Entlebuch
ihren Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. In der Folge belangte die
Kreft AG in Nachlassliquidation die Firma Max Hommel & Co auf Leistung
von Schadenersatz.

    B.- Das Amtsgericht Entlebuch hiess mit Urteil vom 1.  Dezember 1964
die eingeklagte Forderung von Fr. 280'000.-- im Umfang von Fr. 90'000.--
gut.

    Das Obergericht des Kantons Luzern, an das beide Parteien appellierten,
fällte in der Folge drei Entscheide.

    Am 22. September 1965 schützte es in teilweiser Gutheissung der
Appellation der Beklagten die Klage im Betrage von Fr. 50'000.--.

    Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin neben der Berufung an das
Bundesgericht Kassationsbeschwerde an das Gesamtobergericht. Dieses hob
am 15. Mai 1966 das angefochtene Urteil wegen unrichtiger Festsetzung des
Schadens auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung an die 1. Kammer
zurück.

    Damit waren die Berufungen, welche die Klägerin und die Beklagte gegen
das Urteil vom 22. September 1965 an das Bundesgericht erklärt hatten,
gegenstandslos geworden. Sie wurden am 21. September 1966 als erledigt
abgeschrieben.

    Gestützt auf den Kassationsentscheid vom 25. Mai 1966 ermittelte die I.
Kammer des Obergerichts am 22. Juni 1966 den Schaden neu und sprach am 22.
Juni 1966 die Klage im Teilbetrage von Fr. 70'000.-- zu.

    C.- Die Beklagte hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt,
mit dem Antrag, dieses Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen und das vorinstanzliche
Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Schadenersatzforderung der Klägerin stützt sich auf die in Art.
754 OR geregelte Haftung der Kontrollstelle. Diese ist der Gesellschaft,
den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden
verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung
der ihr obliegenden Pflichten verursacht. Dabei kommt mit Bezug auf
die Gesellschaftsgläubiger der mittelbare Schaden in Betracht, d.h. der
Schaden, der infolge Pflichtverletzung des Kontrollorgans im Vermögen
der Gesellschaft entstanden ist (vgl. Art. 755 OR).

Erwägung 2

    2.- Die Legitimation der Klägerin zur Geltendmachung von
Verantwortlichkeitsansprüchen ist unbestritten, als Rechtsfrage aber von
Amtes wegen zu prüfen. Sie ergibt sich aus Art. 756 OR, welche Bestimmung
analog auch beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung gilt (vgl. BGE
86 II 185 Erw. 3).

Erwägung 3

    3.- Das Obergericht wirft der Beklagten zunächst vor, sie
habe entgegen der Vorschrift von Art. 728 OR nicht geprüft, ob die
Darstellung des Geschäftsergebnisses und der Vermögenslage den gesetzlichen
Bewertungsvorschriften der Artikel 665 ff. OR entsprochen habe. So habe sie
insbesondere zugelassen, dass auf dem Anlagevermögen seit 1952 überhaupt
keine Abschreibungen vorgenommen worden seien, und nicht geprüft, ob
das Warenlager zu dem im Zeitpunkt der Errichtung der Bilanz allgemein
geltenden Preis in diese eingesetzt worden sei. Schliesslich habe die
Beklagte sich trotz vorhandener Zweifel nicht über das Bestehen der auf
30. Juni 1957 bilanzierten Warenvorräte vergewissert. Infolge dieser
Pflichtverletzungen habe die Beklagte nicht festgestellt, dass zur Zeit
der Erstellung der Bilanz auf 30. Juni 1957 der formell ausgewiesene
Aktivenüberschuss von Fr. 66'988.66 nicht bestand, sondern das gesamte
Aktienkapital der Kreft AG verloren und diese überschuldet war.

    a) Nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz war sich die Beklagte
von Anfang an bewusst, dass auf dem per 30. Juni 1957 mit Fr. 216'167.--
bilanzierten Anlagevermögen seit 1952 überhaupt keine Abschreibungen
vorgenommen worden sind. Die Beklagte wies in ihren Berichten an die
Generalversammmlung und die Verwaltung immer wieder auf "unterlassene
Abschreibungen" hin; im Bericht an den Verwaltungsrat vom 16. Oktober
1957 bezeichnete sie das Anlagevermögen als "überwertet".

    Wie das Bundesgericht im nicht veröffentlichten Entscheid vom
31. Januar 1945 i.S. Union des moulins agricoles c. Charrière feststellt,
kann von den Revisoren zwar nicht verlangt werden, dass sie den Wert
von ausstehenden Guthaben, Rechten, Patenten usw. überprüfen, doch
müssen sie sich in jedem Fall vergewissern, ob nicht die ständigen
Anlagen zu Ansätzen in der Bilanz stehen, welche die Anschaffungs- und
Herstellungskosten übersteigen, und ob die den Umständen angemessenen
Abschreibungen vorgenommen worden sind (Art. 665 OR). Daraus folgt,
dass sich die Beklagte nicht bloss mit den erwähnten Feststellungen
über fehlende Abschreibungen begnügen durfte, sondern sie wäre
verpflichtet gewesen, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob bei
Berücksichtigung eines "angemessenen" Abschreibungsnachholbedarfs der
buchmässige Aktivenüberschuss auch wirklich bestand (vgl. BÜRGI, N. 13 zu
Art. 728 OR). Eine gewissenhafte Kontrolle drängte sich im vorliegenden
Fall umsomehr auf, als nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz
das Anlagevermögen "zum allergrössten Teil aus Maschinen bestand,
deren wirtschaftliche Verwendbarkeit mit Rücksicht auf die stürmische
Entwicklung im Textilmaschinenbau zeitlich äusserst begrenzt war". Die
Vorinstanz hat daher die Verletzung der Prüfungspflicht durch die
Beklagte mit Recht bejaht. Bei dieser Sachlage ist unerheblich, ob das
Mass der von der Vorinstanz in Übereinstimmung mit den Gerichtsexperten
vorgenommenen Abschreibung zutreffend ist. Die dagegen erhobene Rüge der
Beklagten ist nicht zu hören; sie richtet sich gegen eine auf dem Wege
der Beweiswürdigung getroffene tatsächliche Feststellung, an die das
Bundesgericht gebunden ist (Art. 63 Abs. 2 OG; BGE 76 II 193; 86 II 85;
89 II 412 Erw. 2).

    b) Die Beklagte wirft dem Obergericht vor, es hätte bei richtiger
Würdigung der gerichtlichen Gutachten erkennen müssen, dass es unzulässig
sei, vom Bilanzstichtag bis Oktober 1957 eine Entwertung des Warenlagers
von 10% (recte: 10-12%) anzunehmen. Vollkommen unverständlich sei, dass
die Vorinstanz von sich aus die Behauptung aufstellt, "die vom Preissturz
bedrohten Vorräte seien schon am Bilanztag dem Risiko entsprechend um
ca. 10% entwertet gewesen". Auch diese Rügen sind nicht zu hören. Das
Obergericht hat den Minderwert und die entsprechende Überbewertung des
Warenlagers von Fr. 137'160.-- in der Bilanz im Rahmen der Beweiswürdigung
und damit für das Bundesgericht verbindlich festgestellt (Art. 63
Abs. 2 OG). Damit ist auch dem Einwand der Beklagten gegen die von der
Vorinstanz festgestellte Überschuldung der Kreft AG der Boden entzogen.

    c) Die Beklagte wendet gegen den Vorwurf der Pflichtverletzung ein,
sie sei bei der Revision im September/Oktober 1957 über die in der
Zwischenzeit eingetretene Preisentwicklung nicht im Bilde gewesen,
und es könne von ihr als Kontrollstelle nicht verlangt werden, dass
sie sich über die Marktgängigkeit des von der Kreft AG geführten
Warenlagers auskenne. Dieser Einwand ist unerheblich. Massgebend ist
die von der Vorinstanz getroffene Feststellung, dass die Beklagte über
eine Bewertungskorrektur des Warenlagers von rund Fr. 290'000.-- aus dem
vorausgegangenen Geschäftsjahr "nicht wusste, wie es zugegangen war",
sich über den Wert dieses Bilanzpostens nicht zu äussern vermochte
und, obwohl sie die Deckung des Fremdkapitals wegen allfälliger
Minderwerte des Warenlagers bezweifelte, sich mit einer Empfehlung
an den Verwaltungsrat begnügte, für die Aufnahme des Inventars einen
Fachmann aus der Textilbranche beizuziehen. Bei der eingestandenen
Unsicherheit über den Wert des wichtigsten Aktivpostens durfte es die
Beklagte, wie die Vorinstanz mit Recht bemerkt, nicht bei der erwähnten
Empfehlung bewenden lassen, sondern hatte zu prüfen, ob das Warenlager
nach dem in Art. 666 OR niedergelegten Niedrigstwertprinzip bilanziert
war. Dabei hätte die Beklagte, falls es ihr an den zur Ausübung einer
wirksamen Kontrolle erforderlichen Branchenkenntnissen fehlte, entweder
einen Textilfachmann beiziehen (so HIRSCH, L'organe de contrôle dans
la société anonyme, N. 162; derselbe, Problèmes actuels du droit de la
société anonyme, ZschwR 1966 II S. 73) oder das Kontrollmandat ablehnen
müssen. Indem die Beklagte trotz fehlender Fachkenntnisse ihres Amtes
waltete, handelte sie fahrlässig und machte sie sich haftpflichtig für
den Schaden, der den Gesellschaftsgläubigern infolge Verletzung der
Prüfungspflicht entstand (vgl. nicht veröffentlichter Entscheid vom
31. Januar 1945 in Sachen Union des moulins agricoles c. Charrière;
BÜRGI, N. 50 zu Art. 728 OR). Dabei kann offen bleiben, ob und inwieweit
die Beklagte entsprechend der Auffassung der Vorinstanz ausserdem hätte
prüfen sollen, ob die bilanzierten Waren am Bilanztage vorhanden waren.

Erwägung 4

    4.- Das Obergericht wirft der Beklagten des weitern vor, sie habe
durch einen ungenügenden Kontrollbericht über das Geschäftsjahr 1956/57
und 1957/58 die in Art. 729 OR vorgesehene Pflicht zur Berichterstattung
verletzt.

    Der Einwand der Beklagten, sie sei überzeugt gewesen, dass die
Kreft AG am 30. Juni 1957 noch nicht überschuldet gewesen sei, "nachdem
die gesetzlichen Bewertungsvorschriften beachtet worden seien", geht
fehl. Denn die Beklagte hat sich, wie dargetan, mit Bezug auf die zwei
wichtigsten Aktivposten (Anlagevermögen und Warenlager) überhaupt nicht um
die gesetzlichen Bewertungsgrundsätze gekümmert. Ebensowenig kann sich die
Beklagte mit der Behauptung entlasten, die unterschiedlichen Fassungen in
den Berichten an die Generalversammlung und an den Verwaltungsrat seien
bloss redaktioneller Natur.

    Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz hat die Beklagte
für das Geschäftsjahr 1956/57 im Bericht an den Verwaltungsrat die Deckung
des Fremdkapitals durch die vorhandenen Aktiven bezweifelt und, nebst
einem Hinweis auf Art. 725 OR, im geeigneten Zeitpunkt eine Sanierung
als notwendig erklärt. Im Kontrollbericht an die Generalversammlung,
die vom Inhalt des Berichtes an den Verwaltungsrat keine Kenntnis
hatte, fehlen dagegen diese Bemerkungen vollständig. Dass die Beklagte
unter den gegebenen Verhältnissen gemäss Art. 729 OR gehalten war,
der Generalversammlung die von ihr festgestellten oder vermuteten
schwerwiegenden Verstösse gegen die Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit
über das Geschäftsjahr 1956/57 mitzuteilen, steht ausser Frage.

    Auf alle Fälle durfte die Beklagte sich angesichts der kritischen
finanziellen Lage der Kreft AG nicht mit dem Antrag auf vorbehaltlose
Genehmigung der Bilanz begnügen, sondern hätte die Rückweisung der Bilanz
ernsthaft ins Auge fassen müssen (vgl. BÜRGI, N. 10 und 14 zu Art. 729
OR). Denn es handelte sich um Bewertungsmängel, die den Fortbestand
der Gesellschaft in Frage stellten und die Interessen der Aktionäre und
insbesondere der Gläubiger in hohem Grade gefährdeten.

    Die Vorinstanz hat daher für das Geschäftsjahr 1956/57 mit Recht
die Verletzung der Berichterstattungspflicht bejaht. Die weitere für den
Prozessausgang nicht entscheidende Frage, ob die Beklagte entsprechend
der Annahme der Vorinstanz die Pflicht zur Berichterstattung auch für
das Geschäftsjahr 1957/58 verletzt hat, kann dahingestellt bleiben.

Erwägung 5

    5.- Das Obergericht ist der Auffassung, die Beklagte wäre nach Art. 699
Abs. 1 OR zur Einberufung der Generalversammlung zwecks Neubestellung
der Verwaltung verpflichtet gewesen, nachdem der einzige Verwaltungsrat,
Frau Louise Kreft-Bay, am 11. Februar 1958 verstorben und die Kreft AG
in der Folge wegen der Untätigkeit der übrigen Aktionäre ohne Verwaltung
war. Die Beklagte habe nicht nur die Einberufung einer ausserordentlichen
Generalversammlung unterlassen, sondern sogar geduldet, dass erst
11/2 Jahre nach dem Ableben von Frau Kreft am 30. Juni 1959 mit einer
statutenwidrigen Verspätung von sechs Monaten eine Generalversammlung
für das Geschäftsjahr 1957/58 abgehalten worden sei.

    Diese Beurteilung stimmt überein mit der Auslegung des Art. 699 Abs. 1
OR in BGE 86 II 177. Dort wird unter Hinweis auf die Literatur (BÜRGI
N. 10 und SCHUCANY N. 2 zu Art. 699 OR) ausgeführt, die Kontrollstelle
habe gemäss Art. 699 Abs. 1 OR "nötigenfalls" auch die Generalversammlung
einzuberufen, und zwar u.a. dann, wenn die Verwaltung, der die Einberufung
in erster Linie obliegt, dazu nicht imstande sei. Das war hier nach dem
Tode der Frau Kreft der Fall. Die Beklagte hätte somit beförderlich eine
ausserordentliche Generalversammlung einberufen müssen, um eine neue
Verwaltung zu bestellen und den gesetzlichen Zustand in der Gesellschaft
wieder herzustellen. Vollends unentschuldbar ist die verspätete
Einberufung der ordentlichen Generalversammlung für das Geschäftsjahr
1957/58. Die im Interesse der Gesellschaft und der Allgemeinheit
erfolgten Sanierungsbemühungen standen der pflichtgemässen Einberufung
der Generalversammlung nicht im Wege und können entgegen der Ansicht der
Beklagten nicht als "vertretbare Gründe" der Verspätung angerufen werden.

Erwägung 6

    6.- Das Obergericht hat in den Urteilen vom 22. September 1965
und 22. Juni 1966 den der Klägerin in der Zeit vom 30. Juni 1957 bis
30. Juni 1959 erwachsenen und von der Beklagten mitverursachten Schaden
auf Fr. 235'500.09 und die Ersatzpflicht der Beklagten auf Fr. 70'000.--
festgesetzt.

    Die Beklagte wirft der Vorinstanz vor, sie habe "auf Grund völlig
unzulänglicher Beweisergebnisse willkürlich einen Schadensbetrag"
festgesetzt und damit Art. 42 OR verletzt. Diese Rüge ist unbegründet. Die
Vorinstanz hat offenkundig, wenn auch nicht ausdrücklich darauf
hinweisend, in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR nach Ermessen mit
Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge entschieden, in welchem
Masse der Schaden der Klägerin auf das Verhalten der Beklagten und
andere Ursachen zurückzuführen sei. Die Vorinstanz betrachtet als von
der Beklagten unabhängige Schadensursachen die ungenügende Verwaltung,
die eingetretenen Preisstürze und die von der Bank in Langenthal,
der Hauptgläubigerin, unternommenen Bemühungen um die Weiterführung
des Betriebes. Das Obergericht vertritt anderseits die Auffassung,
dass die Beklagte bei richtiger Ausführung ihres Kontrollauftrages die
Überschuldung der Kreft AG bereits im Oktober 1957 festgestellt und
den Richter angerufen hätte. Diese und die weiteren Pflichtverletzungen
hätten zur Fortführung des Betriebes beigetragen. Für das Bundesgericht
ist diese Annahme verbindlich, da sie gleich wie die Feststellung dessen,
was sich tatsächlich ereignet hat, auf Schlussfolgerungen aus konkreten
Anhaltspunkten beruht (vgl. BGE 86 II 187 und dort zitierte Entscheide).

    Ob die festgestellten Pflichtverletzungen eine adaequate Ursache der
wachsenden Verschuldung ab Oktober 1957 bildeten, ist eine der Überprüfung
durch das Bundesgericht unterliegende Rechtsfrage (BGE 87 II 126 lit. b
mit Hinweisen). Ein Ereignis gilt als adaequate Ursache eines Erfolges,
wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der Erfahrung
des Lebens geeignet war, einen Erfolg von der Art des eingetretenen
herbeizuführen, so dass der Eintritt dieses Erfolges durch jenes Ereignis
allgemein als begünstigt erscheint (BGE 81 II 445 und 83 II 411, je mit
Hinweisen). Dabei kommt es auf die allgemeine Eignung der fraglichen
Ursachen an, Wirkungen der eingetretenen Art herbeizuführen (BGE 87 II
127). Dass die erörterten Pflichtverletzungen der Beklagten allgemein
geeignet waren, zur Vergrösserung des Schadens beizutragen, liegt auf
der Hand. Der adaequate Kausalzusammenhang zwischen dem der Beklagten
vorgeworfenen Verhalten und dem Schaden der Klägerin ist daher zu bejahen.

    Gemäss Art. 43 OR hat der Richter die Schadenersatzbemessung in
Würdigung aller Umstände und des Verschuldens des Ersatzpflichtigen
vorzunehmen. In Nachachtung dieses Grundsatzes hat die Vorinstanz an
die Verantwortung der Beklagten als Treuhandgesellschaft einen strengen
Massstab angelegt. Wenn die Kontrollstelle kraft ihrer unabhängigen
Stellung ganz allgemein dazu berufen ist, die Interessen der Aktionäre,
Gläubiger und der Gemeinschaft zu wahren (vgl. BÜRGI, N. 26 zu Art. 728
OR), bestand für die Beklagte wegen der geschäftlichen Unerfahrenheit
des einzigen Verwaltungsrates der Kreft AG ein besonderer Anlass,
im Interesse der Gläubiger einzuschreiten. Dabei war von Seiten der
Beklagten ein energisches Eingreifen umso mehr zu erwarten, als sie
bei der Kreft AG eine starke Stellung innehatte und einen massgeblichen
Einfluss auf die Generalversammlungen ausübte. Die gegen diese Annahme
der Vorinstanz gerichtete Beanstandung der Beklagten betrifft tatsächliche
Feststellungen des kantonalen Richters und ist nach Art. 55 Abs. 1 lit. c
OG nicht zu beachten.

    Die Entscheidung der Vorinstanz über die Ersatzpflicht der Beklagten
verstösst nicht gegen Bundesrecht, da der auf das Verhalten der Beklagten
zurückgehende Schaden nicht ziffernmässig nachweisbar war und die
Vorinstanz in der Anwendung von Art. 42 und 43 OR die Grenzen ihres
Ermessens nicht verletzt hat.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Luzern vom 22. Juni 1966 bestätigt.