Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 93 III 67



93 III 67

12. Entscheid vom 29. August 1967 i.S. Oberholzer. Regeste

    Hinfall eines Arrestes für eine Forderung aus Konkursverlustschein.

    1.  Bestreitet der auf Grund eines Konkursverlustscheins betriebene
Arrestschuldner durch Rechtsvorschlag, dass er zu neuem Vermögen gekommen
sei (Art. 265 Abs. 2 und 3 SchKG), so fällt der Arrest dahin (Art. 278
Abs. 4 SchKG), wenn der Gläubiger nicht binnen 10 Tagen, nachdem er vom
Rechtsvorschlag und seiner Begründung Kenntnis erhalten hat, oder - falls
der Rechtsvorschlag schon vor Zustellung der Arresturkunde erhoben wurde -
binnen 10 Tagen seit Zustellung der Arresturkunde auf Feststellung neuen
Vermögens klagt. Das gleiche gilt, wenn der Gläubiger diese Klage zwar
rechtzeitig anhebt, sie aber zurückzieht oder vom Richter damit endgültig
abgewiesen wird (Erw. 1).

    2.  Hat der für eine Forderung aus Konkursverlustschein betriebene
Schuldner durch Rechtsvorschlag neben der Forderung das Vorhandensein
neuen Vermögens bestritten und der Gläubiger seine Klage auf Feststellung
neuen Vermögens zurückgezogen, so vermag die fragliche Betreibung den
nach diesem Rückzug erwirkten Arrest nicht aufrechtzuerhalten, selbst
wenn der Gläubiger binnen 10 Tagen seit Zustellung der Arresturkunde ein
Rechtsöffnungsbegehren stellt und der Richter die Rechtsöffnung bewilligt
(Erw. 2).

    3.  Nichtigkeit der Massnahmen, mit denen das Betreibungsamt ein
nach Art. 278 Abs. 4 SchKG dahingefallenes Arrestverfahren weiterführt
(Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Am 7. März 1967 leitete Oberholzer gegen Werner für eine Forderung
aus einem Konkursverlustschein im Betrage von Fr. 29'631.80 Betreibung
ein (Betreibung Nr. 1564 des Betreibungsamtes Zürich 4). Der Schuldner
erhob Rechtsvorschlag. Er bestritt damit auch, dass er zu neuem Vermögen
gekommen sei (Art. 265 Abs. 2 u. 3 SchKG). Der Gläubiger klagte darauf
beim Einzelrichter für das beschleunigte Verfahren gegen den Schuldner auf
Feststellung neuen Vermögens. Dieses Verfahren wurde jedoch am 4. April
1967 als durch Rückzug der Klage erledigt abgeschrieben.

    B.- Am 10. April 1967 erwirkte der Gläubiger gegen den Schuldner
für die gleiche Forderung einen Arrestbefehl, der einen Personenwagen
VW sowie die Lohn-, Provisions- und Prämienguthaben des Schuldners bei
der Firma Klaiber und Affeltranger als Arrestgegenstände bezeichnete. Das
Betreibungsamt Zürich 4 vollzog diesen Befehl am 17. April 1967, indem es
den erwähnten Wagen und einen monatlichen Verdienstbetrag von Fr. 600.--
arrestierte (Arrest Nr. 12). In der am 21. April 1967 versandten
Arresturkunde brachte es (in Unkenntnis des erledigten Verfahrens auf
Feststellung neuen Vermögens) den Vermerk an:

    "Aufforderung an den Arrestgläubiger betreffend Arrestprosequierung:
In der Betr. Nr. 1564 vom 7.3.1967 hat der Schuldner am 9. März 1967
Rechtsvorschlag erhoben und die Einrede des mangelnden neuen Vermögens
geltend gemacht.

    Der Arrestgläubiger wird aufgefordert, sich innert 10 Tagen seit
Erhalt dieser Urkunde darüber auszuweisen, dass er gemäss Art. 278 beim
zuständigen Richter geklagt hat.

    Andernfalls ist er gehalten, eine neue Arrestprosequierungsbetreibung
anzuheben."

    Mit Verfügung vom 26. April 1967 (versandt 28. April 1967) ermässigte
das Betreibungsamt den arrestierten Verdienstbetrag auf monatlich
Fr. 400.--.

    C.- Der Gläubiger stellte am 27. April 1967 beim Audienzrichter ein
Rechtsöffnungsbegehren. Der Aufforderung in der Arresturkunde kam er
dagegen nicht nach. Das Betreibungsamt teilte ihm daher mit Schreiben
vom 17. Mai 1967 mit, der Arrest Nr. 12/67 sei dahingefallen.

    D.- Gegen diese Verfügung führte der Gläubiger am 23.  Mai 1967
Beschwerde.

    Am 1. Juni 1967 erteilte ihm der Audienzrichter provisorische
Rechtsöffnung für Fr. 8882.80.

    Die Beschwerde wurde am 9. Juni 1967 von der untern und am 21. Juli
1967 auch von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen.

    E.- Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat der
Gläubiger an das Bundesgericht weitergezogen.

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Arrest fällt gemäss Art. 278 Abs. 4 SchKG dahin,
wenn der Gläubiger die in Art. 278 Abs. 1-3 SchKG festgesetzten
Fristen für die Anhebung der Betreibung bezw. für die Einleitung des
Rechtsöffnungsverfahrens oder für die Erhebung der Klage auf Anerkennung
seines Forderungsrechts nicht einhält, wenn er die angehobene Klage
oder Betreibung zurückzieht oder erlöschen lässt oder wenn er mit seiner
Klage vom Gericht endgültig abgewiesen wird. Das gleiche gilt auch dann,
wenn der Gläubiger, nachdem der auf Grund eines Konkursverlustscheins
betriebene Schuldner durch Rechtsvorschlag das Vorhandensein neuen
Vermögens bestritten hat, es unterlässt, binnen zehn Tagen, nachdem
er vom Rechtsvorschlag und seiner Begründung Kenntnis erhalten hat, auf
Feststellung neuen Vermögens zu klagen (BGE 41 III 302/303; JAEGER, N. 7 zu
Art. 278 SchKG), oder wenn der Kläger diese Klage zwar rechtzeitig anhebt,
sie aber zurückzieht oder vom Richter damit endgültig abgewiesen wird. Hat
der Schuldner schon vor der Zustellung der Arresturkunde Rechtsvorschlag
erhoben, so laufen die Fristen für das Rechtsöffnungsbegehren oder für
die Klage auf Anerkennung des Forderungsrechts und gegebenenfalls für
die Klage auf Feststellung neuen Vermögens nicht von der Mitteilung des
Rechtsvorschlags (Art. 278 Abs. 2 SchKG), sondern von der Zustellung der
Arresturkunde an (JAEGER N. 2 am Ende zu Art. 278 SchKG).

    Der Hinfall eines Arrestes nach Art. 278 Abs. 4 SchKG ist von den
Betreibungsbehörden festzustellen (BGE 66 III 59, 77 III 142, 81 III 158).

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Falle hat der Schuldner in der Betreibung
Nr. 1564, die der Rekurrent schon vor der Bewilligung des Arrestes
für die auf einem Konkursverlustschein beruhende Arrestforderung
eingeleitet hatte, durch Rechtsvorschlag nicht bloss die Forderung,
sondern auch das Vorhandensein neuen Vermögens bestritten. Der Rekurrent
hat die zur Beseitigung dieser zweiten Einrede beim zuständigen Richter
angehobene Klage schon vor Erwirkung des Arrestes zurückgezogen. Er hat
damit endgültig die Möglichkeit verloren, mit Wirkung für die Betreibung
Nr. 1564 das Vorhandensein neuen Vermögens feststellen zu lassen und damit
den Rechtsvorschlag in dieser Betreibung zu beseitigen, soweit er mit dem
Fehlen solchen Vermögens begründet worden war. Die Betreibung Nr. 1564
kann deshalb nicht fortgesetzt werden. Das stand schon im Zeitpunkt
der Arrestbewilligung fest. Eine solche Betreibung vermag den Arrest
nicht aufrechtzuerhalten. Die Betreibung Nr. 1564 taugt also nicht als
Arrestbetreibung.

    An diesem Ergebnis können das nach Zustellung der Arresturkunde
gestellte Rechtsöffnungsbegehren und der Rechtsöffnungsentscheid vom
1. Juni 1967 nichts ändern. Abgesehen davon, dass der Streit über die
gegenüber der Betreibung Nr. 1564 erhobene Einrede des fehlenden neuen
Vermögens mit dem Rückzug der betreffenden Klage rechtskräftig erledigt
war, steht es dem im summarischen Verfahren (Art. 25 Ziff. 2 und Art. 84
SchKG) entscheidenden Rechtsöffnungsrichter nicht zu, über diese Einrede
zu befinden; vielmehr ist hiezu nach Art. 265 Abs. 3 SchKG ausschliesslich
das für das beschleunigte Verfahren (Art. 25 Ziff. 1 SchKG) eingesetzte
Gericht zuständig (BGE 35 I 804 = Sep. ausg. 12 S. 262; BGE 77 III 126,
82 III 118 Erw. 2). Der Rechtsöffnungsentscheid vom 1. Juni 1967 hat
also den Rechtsvorschlag, soweit er sich auf das Fehlen neuen Vermögens
stützte, nicht beseitigt. Über ein Rechtsöffnungsbegehren ist im Falle,
dass mit dem Rechtsvorschlag nicht nur die Forderung, sondern auch das
Vorhandensein neuen Vermögens bestritten wurde, richtigerweise erst nach
Gutheissung der Klage auf Feststellung neuen Vermögens zu entscheiden
(BGE 35 I 804 = Sep. ausg. 12 S. 262). Ein Rechtsöffnungsentscheid, der
trotz Abweisung oder Rückzug der Klage auf Feststellung neuen Vermögens
ergeht, ist wirkungslos.

    Vermochte die - nicht fortsetzbare - Betreibung Nr. 1564 den Arrest
nicht aufrechtzuerhalten, so hätte der Rekurrent binnen zehn Tagen von
der Zustellung der Arresturkunde an gemäss Art. 278 Abs. 1 SchKG eine
neue Betreibung anheben sollen. Da er das unterlassen hat, ist der Arrest
nach Art. 278 Abs. 4 SchKG dahingefallen. Die Verfügung vom 17. Mai 1967,
mit welcher das Betreibungsamt dies feststellte, ist also rechtmässig.

Erwägung 3

    3.- In seiner Vernehmlassung an die untere Aufsichtsbehörde
bemerkte das Betreibungsamt, es habe, nachdem es am 23./24. Mai 1967 vom
Rechtsöffnungsbegehren des Rekurrenten vom 27. April 1967 Kenntnis erhalten
hatte, der Arbeitgeberin des Schuldners im Einvernehmen mit dem kantonalen
Betreibungsinspektor "eine neue Anzeige betreffend Lohnarrestierung
von Fr. 400.-- pro Monat" zugestellt; es würden also wieder Lohnabzüge
vorgenommen. Nach diesen Ausführungen, zu denen die kantonalen Instanzen
nicht Stellung genommen haben, hat das Betreibungsamt seine Verfügung
vom 17. Mai 1967, die den Arrest als dahingefallen erklärte, der Sache
nach zurückgenommen. Ob der Schuldner sich hiegegen beschwert habe oder
nicht, ist aus den vorliegenden Akten nicht ersichtlich. Diese Frage
kann jedoch offen bleiben. Wie schon ausgeführt, vermag die Betreibung
Nr. 1564 den Arrest trotz dem Rechtsöffnungsbegehren des Rekurrenten und
dem Rechtsöffnungsentscheid vom 1. Juni 1967 nicht aufrechtzuerhalten und
ist der Arrest mangels rechtzeitiger Einleitung einer neuen Betreibung
dahingefallen. Die Vorschrift des Art. 278 Abs. 4 SchKG, wonach der
Arrest bei Nichteinhaltung der in Art. 278 Abs. 1-3 festgesetzten Fristen
dahinfällt, ist zwingend. Massnahmen, mit denen das Betreibungsamt ein
nach Art. 278 Abs. 4 SchKG dahingefallenes Arrestverfahren weiterführt,
wie das mit der nach dem 24. Mai 1967 erfolgten Lohnsperre geschehen ist,
sind schlechthin nichtig, was die Betreibungsbehörden von Amtes wegen zu
berücksichtigen haben (vgl. BGE 84 III 101/102; ferner BGE 69 III 50 und
77 III 58, je mit Hinweisen, wo es sich um die Weiterführung von wegen
einer Fristversäumnis erloschenen Betreibungen handelte).