Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 I 162



92 I 162

27. Urteil vom 1. April 1966 i.S. Lebensmittelverein Zürich und
Mitbeteiligte gegen Stadt Zürich. Regeste

    Gebühren für die Untersuchung des in eine Gemeinde eingeführten
Fleisches (Nachfleischschau).

    1.  Zulässigkeit der verwaltungsrechtlichen Klage nach Art. 111 lit. a
OG (Erw. 1-3).

    2.  Begriff des Bundesrechts im Sinne dieser Bestimmung (Erw. 4).

    3.  Ist nach dem Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln
und Gebrauchsgegenständen die Lebensmittelkontrolle in der Regel
unentgeltlich? Frage offen gelassen (Erw. 5).

    4.  Nach Art. 8 Abs. 1 dieses Gesetzes dürfen für die Nachfleischschau
jedenfalls in Gemeinden, in denen sie ähnlich wie die ordentliche
Fleischschau (Untersuchung der Schlachttiere) durchgeführt wird,
Gebühren erhoben werden. Das Bundesrecht (Art. 100 Abs. 2 eidg.
Fleischschauverordnung) beschränkt nur die Höhe dieser Gebühren (Erw. 6,
7).

Sachverhalt

    A.- 1) Das Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und
Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 (LMG) bestimmt in

    ART. 7:

    "In jeder Gemeinde ist eine ständige Fleischschau einzurichten. Der
nämliche Fleischschauer kann für mehrere benachbarte Gemeinden ernannt
werden.

    Die Fleischschau soll, wenn möglich, einem patentierten Tierarzte
übertragen werden. Jedem Fleischschauer ist ein Stellvertreter beizugeben.

    Der Fleischschau ist jedes Schlachttier unterworfen, dessen Fleisch
zum Verkauf bestimmt ist oder in Wirtschaften, Kostgebereien und Pensionen
verwendet werden soll.

    Wenn kranke Tiere geschlachtet werden, soll in jedem Fall eine
Fleischschau stattfinden.

    Die Kantone sind befugt, die Fleischschau auf alles zum Genuss
bestimmte Fleisch auszudehnen.

    Die örtlichen Gesundheitsbehörden sorgen für eine regelmässige Aufsicht
über Fleisch- und Wurstwaren, Geflügel, Fische, Wildbret u. dgl., welche
eingeführt oder feilgeboten werden.

    Der Bundesrat wird auf dem Verordnungswege nähere Bestimmungen über das
Schlachten und die Fleischschau, sowie über die Untersuchung der Fleisch-
und Wurstwaren, Geflügel, Fische, Wildbret u. dgl. aufstellen."

    ART. 8:

    "Für die von den Untersuchungsanstalten ausgeführten Untersuchungen
und für die Fleischschau gelten die von den Kantonen oder Gemeinden
aufgestellten Tarife. Die Tarife der Untersuchungsanstalten sind der
Genehmigung des Bundesrates zu unterbreiten.

    Die Untersuchung der von den Aufsichtsorganen amtlich übermittelten
Proben geschieht unentgeltlich, unter Vorbehalt der Art. 19 und 48."

    2) Am 29. Januar 1909 erliess der Bundesrat in Ausführung der Art. 7
und 54 LMG eine Verordnung betreffend das Schlachten, die Fleischschau und
den Verkehr mit Fleisch und Fleischwaren. Art. 54 Abs. 1 dieser Verordnung
lautet: "Fleisch und Fleischwaren können bei ihrer Einfuhr in eine Gemeinde
der obligatorischen Fleischschau unterworfen werden." Art. 10 Abs. 1
sieht vor, dass die Taxen für das Schlachten und die Fleischschau durch
ein von der Gemeindebehörde zu erlassendes Reglement, das der Genehmigung
der Kantonsregierung unterliegt, bestimmt werden.

    Diese Verordnung ersetzte der Bundesrat durch die eidgenössische
Fleischschauverordnung vom 26. August 1938. Darin wird unterschieden
zwischen der "Fleischschau", welcher Schlachttiere in lebendem oder
"frischgeschlachtetem" Zustande unterliegen, und der "Nachfleischschau",
welcher Fleisch und Fleischwaren bei der Einfuhr in eine Gemeinde
unterzogen werden. Nach Art. 93 Abs. 1 kann die Nachfleischschau
obligatorisch erklärt werden. Abs. 2 daselbst bestimmt, dass die von der
Gemeinde festzusetzenden und von der Kantonsregierung zu genehmigenden
Gebühren für die Nachfleischschau niedriger als die für die betreffende
Gemeinde geltenden ordentlichen Schlacht- und Fleischschaugebühren zusammen
sein müssen.

    Die geltende eidgenössische Fleischschauverordnung vom 11. Oktober
1957, durch welche die Verordnung vom 26. August 1938 aufgehoben wurde,
hält die Unterscheidung zwischen "Fleischschau" und "Nachfleischschau"
aufrecht. Sie ermächtigt in Art. 100 Abs. 1 die Kantone wiederum,
grundsätzlich alle Sendungen von Fleisch und Fleischwaren bei der Einfuhr
in eine Gemeinde der Nachfleischschau zu unterstellen. Hinsichtlich der
Gebühren dafür übernimmt und ergänzt Art. 100 Abs. 2 die im früheren
Art. 93 Abs. 2 getroffene Ordnung.

    3) Der Regierungsrat des Kantons Zürich schrieb in § 35 der kantonalen
Fleischschauverordnung vom 14. Januar 1960 die Nachfleischschau vor. Der
(am 10. Februar 1934 revidierte) Art. 85 der Schlachthofordnung der Stadt
Zürich vom 23. Juni 1909 enthält eine entsprechende Bestimmung. Die
Gebührenordnung des Schlachthofes der Stadt Zürich sieht eine
Schlachtgebühr von 7 Rp. je kg vor, in welcher die Fleischschaugebühr
inbegriffen ist (Buchstabe E Ziff. 1 und 2, Buchstabe G Ziff. 1). Die
Gebühren für die Nachfleischschau in den Kontrollstationen (Eilgutbahnhof,
Schlachthof usw.) setzt sie für verschiedene Fleischsorten und Fleischwaren
auf 6 Rp., für Dauerfleischwaren auf 4 Rp. und für Därme auf 1 Rp. je
kg fest (Buchstabe G Ziff. 3). Dazu kommen Gebühren für auszustellende
Zeugnisse und eine Taxe von Fr. 5.- je Gang für die Kontrolle von
Einfuhrsendungen in den Geschäftsräumen des Empfängers (Buchstabe G
Ziff. 5 und 6).

    B.- Am 4. Mai 1960 belastete der Vorstand des Gesundheits- und
Wirtschaftsamtes der Stadt Zürich die Genossenschaft Migros Zürich,
die Import- und Grosshandels AG Zürich, den Konsumverein Zürich und den
Lebensmittelverein Zürich mit Nachfleischschaugebühren für den Monat Januar
bzw. Februar 1960. Die Einsprachen der vier Firmen wurden vom Stadtrat
abgewiesen. Im Rekursverfahren bestätigte der Statthalter des Bezirkes
Zürich diesen Entscheid. Dagegen hiess der Regierungsrat des Kantons
Zürich die Rekurse der vier Firmen gut; er nahm an, die Erhebung von
Nachfleischschaugebühren sei im LMG nicht vorgesehen und daher unzulässig
(Entscheid vom 25. Februar 1965). Hiegegen erhob die Stadt Zürich
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht, Verwaltungsbeschwerde
beim Bundesrat und Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.

    Das Bundesgericht trat, nachdem es einen Meinungsaustausch
mit dem Bundesrat über die Kompetenzfrage durchgeführt hatte,
auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein, weil sie nicht eine
bundesrechtliche, sondern eine kommunale Abgabe betreffe; es nahm sie auch
nicht als staatsrechtliche Beschwerde entgegen, schon deshalb nicht,
weil die Stadt Zürich hiezu nicht legitimiert gewesen wäre (Urteil
vom 7. Mai 1965). Der Bundesrat erklärte, die Weiterbehandlung der
Angelegenheit nach Vorliegen eines allfälligen Entscheids des kantonalen
Verwaltungsgerichts falle in seine ausschliessliche Zuständigkeit. Das
Zürcher Verwaltungsgericht hiess die bei ihm eingereichte Beschwerde
teilweise gut, indem es die Gebührenpflicht grundsätzlich bejahte und die
Sache zur Prüfung der Höhe der Gebühren an den Regierungsrat zurückwies
(Urteil vom 26. August 1965).

    C.- Mit verwaltungsrechtlicher Klage vom 27. Dezember 1965 gegen die
Stadt Zürich beantragen die vier Firmen dem Bundesgericht gestützt auf
Art. 1111it. a OG, es sei festzustellen, dass die Erhebung der in der
Gebührenordnung des städtischen Schlachthofes für die Nachfleischschau
vorgesehenen Gebühren unzulässig sei, und die Beklagte sei zu verpflichten,
den Klägern die seit Januar 1960 erhobenen Gebühren nebst 3% Zins
zurückzuzahlen.

    Es wird geltend gemacht, das LMG sehe grundsätzlich von der Erhebung
von Gebühren für die Lebensmittelkontrolle ab, mit wenigen Ausnahmen,
zu denen die Nachfleischschau im Gegensatz zur gewöhnlichen Fleischschau
nicht gehöre; es schliesse demnach aus, dass für die Nachfleischschau
Gebühren berechnet werden. Art. 100 Abs. 2 der eidgenössischen
Fleischschauverordnung widerspreche diesem Verbot und sei daher nichtig.

    D.- Die Stadt Zürich beantragt, auf die Klage nicht einzutreten,
eventuell sie abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 111 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht als einzige
Instanz Anstände über eine durch das Bundesrecht vorgesehene Befreiung
von kantonalen Abgaben oder Beschränkung kantonaler Abgaben. Ob eine Klage
einen solchen Anstand betrifft, ist nach ihrem Gegenstand zu beurteilen,
der durch das gestellte Rechtsbegehren und dessen Begründung bestimmt wird.

    Die vorliegende Klage wird ausdrücklich auf Art. 1111it. a OG
gestützt und ist auf Feststellung gerichtet, dass die Erhebung der in der
Gebührenordnung des Schlachthofes der Beklagten für die Nachfleischschau
festgelegten Gebühren unzulässig sei. Diese Gebühren stellen ein Entgelt
für die Inanspruchnahme von Einrichtungen der Stadtgemeinde Zürich dar;
sie werden von der Stadt erhoben und fliessen in ihre Kasse. Sie sind
daher kantonale Abgaben im Sinne von Art. 111 lit. a OG; denn "kantonal"
steht hier im Gegensatz zu "bundesrechtlich" und umfasst auch von Gemeinden
erhobene Abgaben. Die Unzulässigkeit der in der Stadt Zürich erhobenen
Nachfleischschaugebühren wird von den Klägern damit begründet, dass das LMG
grundsätzlich von der Erhebung von Gebühren für die Lebensmittelkontrolle
absehe - mit bestimmten Ausnahmen, zu denen die Nachfleischschau nicht
gehöre - und daher die Berechnung von Gebühren für alle nicht als Ausnahme
genannten Lebensmittelkontrollen verbiete. Damit machen die Kläger eine
bundesrechtliche Befreiung von kantonalen Abgaben geltend. Auf die Klage
ist einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Die Beklagte wendet gegen die Zulässigkeit der Klage ein,
dass eine bundesrechtliche Befreiung von kantonalen Abgaben nur
durch eine ausdrückliche Bestimmung vorgesehen, nicht aber aus einem
"qualifizierten Schweigen" oder aus einer Lücke des Gesetzes hergeleitet
werden könne. Dieser Einwand betrifft indessen nicht die Eintretensfrage,
sondern die Sache selbst. Da die Kläger behaupten, das LMG verbiete -
sei es auch nur implicite, durch Nichtaufführung unter den Ausnahmen -
die Erhebung von Nachfleischschaugebühren, und die Beklagte ein solches
Verbot bestreitet, liegt ein Anstand über eine bundesrechtlich vorgesehene
Befreiung von kantonalen Abgaben vor. Ob das Bundesrecht die von den
Klägern behauptete Befreiung wirklich vorsieht oder nicht, ist eine
materielle Frage.

    Ebenso verhält es sich mit dem weiteren Einwand der Beklagten,
die Erhebung der Nachfleischschaugebühren könne nicht gegen Bundesrecht
verstossen, weil sie in Art. 100 der eidgenössischen Fleischschauverordnung
ausdrücklich vorgesehen sei. Die Kläger machen eben geltend, diese
Vorschrift der vom Bundesrat erlassenen Verordnung widerspreche dem
im LMG enthaltenen Verbot und sei deshalb nichtig. In der Tat kann die
Erhebung von Gebühren für die Nachfleischschau nicht durch eine Verordnung
des Bundesrates eingeführt werden, wenn sie durch ein Bundesgesetz
ausgeschlossen wird. Auch hier geht es um die materielle Frage, ob sich
aus dem Bundesrecht eine Befreiung von den streitigen Abgaben herleiten
lässt, und nicht um eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage.

Erwägung 3

    3.- Die Beklagte weist ferner darauf hin, dass im seinerzeit
durchgeführten Meinungsaustausche sowohl der Bundesrat als auch
das Bundesgericht nicht diese, sondern jene Behörde als zuständig
erachtet hätten. Dort wurde jedoch ausschliesslich die Zuständigkeit
zur Beurteilung der von der Stadt Zürich gegen den Entscheid des
Regierungsrates erhobenen Beschwerden erörtert. Das Bundesgericht
trat auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein, weil sie nicht
eine bundesrechtliche Abgabe betraf, und nahm sie auch nicht als
staatsrechtliche Beschwerde entgegen, weil die Stadt Zürich dazu nicht
legitimiert gewesen wäre. Auch der Bundesrat prüfte die Kompetenzfrage
damals nur im Hinblick auf die anhängigen Beschwerden, ohne die
Möglichkeit einer verwaltungsrechtlichen Klage nach Art. 111 lit. a OG zu
berücksichtigen. Eine solche Klage lag damals nicht vor und kam auch gar
nicht in Frage, da ja der Regierungsrat die Zulässigkeit der streitigen
Gebühren verneint hatte. Erst nachdem im Gegensatz zu ihm das Zürcher
Verwaltungsgericht ihre Zulässigkeit bejaht hatte, stellte sich die Frage,
ob das Bundesrecht eine Befreiung davon vorsehe. Diese Frage ist nach
Art. 111 lit. a OG vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen.

    Daran ändert es nichts, dass die Stadt Zürich gegen den Entscheid des
Regierungsrates auch Verwaltungsbeschwerde beim Bundesrat erhoben hat.
Allerdings ist diese Beschwerde, wie es scheint, noch beim Bundesrat
hängig, obwohl das kantonale Verwaltungsgericht die Sache an den
Regierungsrat zur Überprüfung der Höhe der Gebühren zurückgewiesen hat. Der
Bundesrat könnte nach der Auffassung des kantonalen Verwaltungsgerichts
noch mit der Beurteilung dieser Frage befasst werden. Indessen ist nach
Art. 126 lit. a OG die Beschwerde an den Bundesrat unzulässig, wenn das
Bundesgericht zuständig ist. Da die Beurteilung der vorliegenden Klage
in die Zuständigkeit des Bundesgerichts nach Art. 111 lit. a OG fällt,
kann somit der Bundesrat nicht über Fragen entscheiden, über welche im
Rahmen dieser Vorschrift das Gericht zu befinden hat.

Erwägung 4

    4.- Das Bundesgericht hat im gegenwärtigen Verfahren einzig
zu untersuchen, ob die Kläger im Sinne von Art. 111 lit. a OG kraft
Bundesrechts ganz oder teilweise von den Gebühren, welche die Stadt Zürich
von ihnen für die Nachfleischschau fordert, befreit seien. Es hat sich in
diesem Verfahren mit der vom kantonalen Verwaltungsgericht geprüften Frage,
ob für die Einforderung dieser Gebühren eine genügende Grundlage in der
kantonalen Gesetzgebung bestehe, nicht zu befassen. Obwohl das Erfordernis
einer solchen Grundlage aus dem eidgenössischen Verfassungsrecht abzuleiten
ist und der Erhebung von Abgaben durch Kantone und Gemeinden eine Schranke
setzt, gehört es nicht zum Bundesrecht gemäss Art. 111 lit. a OG. Es ist
nicht der Sinn dieser Vorschrift, dass die verwaltungsrechtliche Klage in
allen Fällen zulässig ist, in denen behauptet wird, dass eine kantonale
oder kommunale Abgabe der gesetzlichen Grundlage entbehre.

Erwägung 5

    5.- Das LMG soll die Konsumenten vor Gesundheitsschädigung und
vor Ausbeutung sowie die Produzenten und Händler vor unredlicher
Konkurrenz bewahren (BBl 1899 I S. 615). Es will also nicht bloss
einen beschränkten Personenkreis, sondern die Allgemeinheit schützen;
es verfolgt allgemeine polizeiliche Zwecke. Behördliche Massnahmen,
die ein solches Gesetz vorsieht, sind normalerweise gebührenfrei. Die
Gebühr ist ein Entgelt für eine bestimmte, vom Pflichtigen veranlasste
Amtshandlung oder für die Benützung einer öffentlichen Anstalt (BGE 90 I
81 und 93). Für polizeiliche Massnahmen, die von Amtes wegen im Interesse
des gesamten Publikums zu treffen sind, werden Gebühren im allgemeinen
nicht erhoben. Dem Charakter des LMG würde es somit entsprechen, dass die
Lebensmittelkontrolle im Grundsatz der Gebührenpflicht nicht unterworfen
ist, soweit sie - ausschliesslich oder jedenfalls in erster Linie -
dem Interesse der Allgemeinheit dient.

    In der Tat bestimmt Art. 8 Abs. 2 LMG, dass die Untersuchung der
von den Aufsichtsorganen amtlich übermittelten Proben in der Regel
unentgeltlich zu besorgen ist, was damit begründet wird, dass diese
Kontrolle "im Interesse des Publikums und nicht oder nur indirekt in dem
des Verkäufers" ausgeübt wird (BBl 1899 I S. 620 oben). Die Untersuchung
der Proben verursacht erhebliche Kosten, da sie von wissenschaftlich
geschulten Fachleuten in Laboratorien, die mit teuren Einrichtungen
ausgestattet sind, vorgenommen wird. Daraus, dass das Gesetz diese
Kontrolle gebührenfrei erklärt, könnte geschlossen werden, dass es
jedenfalls in der Regel andere Massnahmen der Lebensmittelkontrolle, die
meist weniger kostspielig sein werden, erst recht von der Gebührenpflicht
befreien will (vgl. BURCKHARDT, Schweiz. Bundesrecht Bd. III Nr. 1232/I
und III). Wäre somit davon auszugehen, dass nach einem dem LMG zugrunde
liegenden Leitgedanken die Lebensmittelkontrolle im allgemeinen
unentgeltlich ist, so wäre anzunehmen, dass einzig ein Bundesgesetz
Ausnahmen hievon zulassen kann.

    Wie es sich damit verhält, kann indessen offen gelassen werden,
wenn sich dem LMG selbst eine positive Grundlage für die Erhebung von
Gebühren für die Nachfleischschau entnehmen lässt. Dann braucht auch die
von den Parteien erörterte Frage, ob eine bundesrechtliche Befreiung von
kantonalen Abgaben aus einem "qualifizierten Schweigen" oder aus einer
Lücke des Gesetzes hergeleitet werden könnte, nicht entschieden zu werden.

    Eine bundesrechtliche Ordnung, welche eine Befreiung von Gebühren
für die Nachfleischschau vorsähe, könnte auf jeden Fall nur im LMG selbst
enthalten sein. Die eidgenössische Fleischschauverordnung vom 11. Oktober
1957 ermächtigt ja in Art. 100 die Gemeinden ausdrücklich, Gebühren für
die Nachfleischschau zu erheben. Diese Bestimmung wäre ungültig, wenn
nach dem LMG die Nachfleischschau von der Gebührenpflicht ausgenommen wäre.

Erwägung 6

    6.- Art. 8 Abs. 1 LMG erklärt für die Fleischschau die von den
Kantonen oder Gemeinden aufgestellten Tarife als massgebend, ermächtigt
also die Kantone und Gemeinden, hiefür Gebühren zu berechnen. Der Ausdruck
"Nachfleischschau" wird weder in dieser noch in anderen Bestimmungen
des LMG verwendet; er findet sich auch in der bundesrätlichen Verordnung
vom 29. Januar 1909 noch nicht, sondern erst in denjenigen vom 26. August
1938 und 11. Oktober 1957. Indessen ist die jetzt so bezeichnete Kontrolle
von Fleisch und Fleischwaren bei der Einfuhr in eine Gemeinde doch schon im
LMG vorgesehen. Es bestimmt in Art. 7 nicht nur, dass jedes Schlachttier,
dessen Fleisch zum Genuss in Verkehr gebracht werden soll, der Fleischschau
unterworfen ist (Abs. 3 und 4), sondern auch, dass die Kantone befugt
sind, die Fleischschau auf alles zum Genuss bestimmte Fleisch auszudehnen
(Abs. 5), und dass die örtlichen Gesundheitsbehörden für eine regelmässige
Aufsicht über eingeführte Fleisch- und Wurstwaren usw. sorgen (Abs. 6). Das
heisst offenbar, dass auch Fleisch und Fleischwaren, die in eine Gemeinde
zum Genuss eingeführt werden, dort der Fleischschau unterstellt werden
können, wie dies Art. 54 der bundesrätlichen Verordnung vom 29. Januar 1909
ausdrücklich bestimmte. Daraus kann geschlossen werden, dass Art. 8 Abs. 1
LMG die Kantone und Gemeinden auch zur Erhebung von Gebühren für die nun
"Nachfleischschau" genannte Art der Fleischschau ermächtigt. Tatsächlich
wurden hiefür von jeher Gebühren berechnet.

    Allerdings unterscheiden sich die ordentliche Fleischschau
(Untersuchung von Schlachttieren) und die Nachfleischschau in gewissen
Beziehungen voneinander. Jene erfasst Schlachttiere in lebendem oder
"frischgeschlachtetem" Zustande, diese eingeführtes Fleisch von Tieren,
die bereits vor mehr oder weniger langer Zeit geschlachtet und am
Ort der Schlachtung der ordentlichen Fleischschau unterworfen worden
sind. Zudem ist die Untersuchung der Schlachttiere von Bundesrechts
wegen obligatorisch in dem Sinne, dass die Tiere auf jeden Fall in
"frischgeschlachtetem" Zustande untersucht werden müssen (Art. 45
eidg. Fleischschauverordnung). Der Fleischschauer vergewissert sich,
dass für das Tier ein Gesundheitsschein vorliegt, und prüft den Zustand
des Tieres oder des frischen Fleisches; nötigenfalls wird noch eine
eingehende Untersuchung im Laboratorium durchgeführt. Dagegen lässt das
Bundesrecht den Kantonen hinsichtlich der Nachfleischschau eine weitgehende
Freiheit. Die eidgenössische Fleischschauverordnung stellt ihnen anheim,
dieses Verfahren einzuführen oder davon abzusehen. Sie überlässt es ihnen,
ob sie die Nachfleischschau für alle oder nur für bestimmte Gemeinden
vorschreiben wollen. Die Kantone können nach der Verordnung bestimmen,
dass in gewissen Gemeinden jede Einfuhrsendung dem Fleischschauer zur
Untersuchung vorzuweisen ist; sie können auch anordnen, dass in anderen
Gemeinden die Sendungen beim Fleischschauer lediglich zur stichprobeweisen
Untersuchung in den Räumlichkeiten der Warenbezüger anzumelden sind
(FRITSCHI/RIEDI, Kommentar zur eidg. Fleischschauverordnung, S. 158).

    Indessen ist zu beachten, wie die Nachfleischschau in der Stadt
Zürich durchgeführt wird. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat
in § 35 der kantonalen Fleischschauverordnung vom 14. Januar 1960 die
Nachfleischschau für alle Gemeinden obligatorisch erklärt, wobei er den
Gemeinden freigestellt hat, besondere Kontrollstationen einzurichten,
in denen die Einfuhrsendungen zur Untersuchung vorzuweisen sind, oder
statt dessen eine regelmässige Kontrolle der Sendungen in den Betrieben der
Empfänger anzuordnen. In der Stadt Zürich sind nach Art. 85 der städtischen
Schlachthofordnung alle Fleisch- und Fleischwarensendungen bei ihrer
Einfuhr der obligatorischen Untersuchung in Kontrollstationen (Schlachthof,
Eilgutbahnhof) unterstellt; nur ausnahmweise, auf besonderen Wunsch
eines Empfängers, wird die Kontrolle in seinen eigenen Geschäftsräumen
vorgenommen. Die Fleischschauer - patentierte Tierärzte - kontrollieren
die Fleischschauzeugnisse oder Begleitscheine, prüfen die Ware und lassen
sie nötigenfalls im Laboratorium des Schlachthofes näher untersuchen.

    Demnach ist jedenfalls in der Stadt Zürich die Nachfleischschau
ganz ähnlich wie die ordentliche Fleischschau gestaltet. In der Tat sind
dort beide Kontrollarten obligatorisch, werden von beamteten Tierärzten
ausgeübt und bestehen darin, dass Dokumente geprüft, der Zustand der
Ware untersucht und gegebenenfalls Analysen im Laboratorium vorgenommen
werden. Die Ähnlichkeiten überwiegen gegenüber den Unterschieden. Daher
muss angenommen werden, dass die Nachfleischschau zum mindesten in der
Form, wie sie in der Stadt Zürich durchgeführt wird, unter den Begriff
der Fleischschau im Sinne des LMG fällt und deshalb nach Art. 8 Abs. 1
daselbst auch der Gebührenpflicht unterstellt werden darf.

    Die Kläger verstehen unter der Nachfleischschau nur die "grobsinnliche"
Untersuchung des eingeführten Fleisches, nicht auch die nähere Prüfung,
der es nötigenfalls im Laboratorium unterzogen wird. Sie führen aus,
für diese nähere Prüfung könne nach Art. 8 Abs. 1 LMG allerdings
eine Gebühr erhoben werden, da sie zu den dort erwähnten "von den
Untersuchungsanstalten ausgeführten Untersuchungen" gehöre; dagegen
schliesse das Gesetz die Erhebung von Gebühren für die "grobsinnliche"
Prüfung des eingeführten Fleisches aus. Dieser Unterscheidung kann jedoch
nicht zugestimmt werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die
ordentliche Fleischschau (Kontrolle der Schlachttiere) nicht nur die
oberflächliche Prüfung, sondern auch die gegebenenfalls vorgenommene
ergänzende Untersuchung im Laboratorium umfasst. Es besteht aber kein
Grund, den Begriff der Nachfleischschau enger zu fassen, wenn sie, wie in
der Stadt Zürich, ähnlich wie die ordentliche Fleischschau durchgeführt
wird. Jedenfalls für die so gestaltete Nachfleischschau dürfen nach Art. 8
Abs. 1 LMG ebenfalls Gebühren verlangt werden, und zwar auch in Fällen,
in denen eine eingehende Untersuchung im Laboratorium nicht erforderlich
ist und daher unterbleibt.

    Die Auffassung der Kläger, dass das Bundesrecht eine Befreiung von
den streitigen Gebühren vorsehe, ist somit unbegründet.

Erwägung 7

    7.- Dagegen beschränkt das Bundesrecht die Erhebung von Gebühren für
die Nachfleischschau insofern, als Art. 100 Abs. 2 der eidgenössischen
Fleischschauverordnung von 1957 bestimmt, dass sie niedriger als die
ordentlichen Schlacht- und Fleischschaugebühren zusammen sein müssen.
Indessen behaupten die Kläger nicht, dass die in der Stadt Zürich für die
Nachfleischschau erhobenen Gebühren dieser Vorschrift nicht entsprechen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Klage wird abgewiesen.