Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 92 IV 38



92 IV 38

11. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Januar 1966
i.S. Parolini gegen Schmid. Regeste

    Art. 13 UWG. Nichtmitbewerber sind nur strafbar, soweit die Täterschaft
Dritter in einzelnen Tatbeständen ausdrücklich oder sinngemäss vorgesehen
wird.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Schmid verfügt teils als Eigentümer, teils als Organ juristischer
Personen über verschiedene Liegenschaften in Luzern, in denen Cafés
betrieben werden. Zu diesen gehört auch das Haus mit dem Tea Room Mascotte,
dessen Betrieb an Parolini verpachtet war. Dieser Pachtvertrag wurde
wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen Schmid und Parolini im Januar
1964 vorzeitig aufgelöst. Seit September 1964 ist Parolini Pächter eines
Cafés, mit dem Schmid nicht durch geschäftliche Interessen verbunden ist.

    Im Oktober 1964 reichte Parolini gegen Schmid Strafklage wegen
unlauteren Wettbewerbs ein. Darin wurde Schmid beschuldigt, er habe, um
das geschäftliche Ansehen des Klägers zu untergraben, diesen vor und nach
Auflösung der Pacht bei dessen Lieferanten der beruflichen Unfähigkeit
und der Kreditunwürdigkeit bezichtigt.

    B.- Der Amtsstatthalter von Luzern-Stadt verfällte Schmid wegen
unlauteren Wettbewerbs (Art. 13 lit. a UWG) in eine Busse. Das Obergericht
des Kantons Luzern sprach dagegen den Beschuldigten durch Urteil vom
5. Oktober 1965 frei.

    Es verneinte den Straftatbestand des unlauteren Wettbewerbs mit der
Begründung, dass Schmid, der selber keinen Wirtschaftsbetrieb geführt
habe, die Äusserungen gegenüber Süess, Sonderegger und Koller während
des Pachtverhältnisses getan und daher mit Parolini nicht im Wettbewerb
gestanden habe und dass im Falle Wüthrich, der sich später zutrug,
der Beschuldigte nicht in der Absicht gehandelt habe, Parolini an der
normalen Eindeckung mit Waren durch Lieferanten zu hindern.

    C.- Parolini führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil
des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Beschuldigten
wegen wiederholten unlauteren Wettbewerbs an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Wie der Kassationshof wiederholt entschieden hat, setzt die
Bestrafung wegen unlauteren Wettbewerbs nach Art. 13 UWG grundsätzlich
voraus, dass zwischen dem Täter und dem Verletzten zur Zeit der Tat
ein wirtschaftliches Wettbewerbsverhältnis bestand (BGE 80 IV 33 und
nicht veröffentlichte Entscheidungen). Unlauterer Wettbewerb ist nur
strafbar, wenn ein Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs vorliegt
(Art. 1 Abs. 1 UWG). Wirtschaftlicher Wettbewerb erfordert, dass zwei
oder mehrere Personen, die eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben,
innerhalb dieser wirtschaftlichen Betätigung zueinander in Wettbewerb
treten, was zutrifft, wenn sich ihr Angebot von Waren oder Leistungen
direkt oder mittelbar an den gleichen Abnehmerkreis wendet (BGE 74
IV 113, 75 IV 23, 90 II 322 Erw. 4 lit. a und b). Das gegen Treu und
Glauben verstossende Verhalten muss denn auch nach der Rechtsprechung
eine Wettbewerbshandlung darstellen, nämlich ein Verhalten, das dem
Handelnden im Verhältnis zu einem Wettbewerber einen Vorteil verschaffen
soll (BGE 86 II 110 Erw. 2 lit. a). Ist somit das Wettbewerbsrecht auf die
Konkurrenz in Industrie, Handel und Gewerbe ausgerichtet, so sind Dritte,
die nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb beteiligt sind, den Bestimmungen
des UWG grundsätzlich nicht unterstellt. Gegen Angriffe Dritter, die
nicht Mitbewerber des Verletzten sind, bieten zivilrechtlich Art. 28 ZGB
und Art. 41 ff. OR. strafrechtlich die Bestimmungen über Kreditschädigung
(Art. 160 StGB), Verletzung von Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnissen
(Art. 162) und Ehrverletzung (Art. 173 ff.) Schutz. Art. 13 UWG allgemein
auf Nichtmitbewerber anzuwenden, besteht umso weniger Anlass, als das
Gesetz die weitaus häufigsten und wichtigsten Fälle, in denen sich die
Frage der Täterschaft Dritter stellen kann, bereits erfasst, indem es
Angestellte, Arbeiter und Beauftragte des Geschäftsherrn, die Mitglieder
der Organe juristischer Personen und die Gesellschafter von Kollektiv-
und Kommanditgesellschaften sowie unter den Voraussetzungen des Art. 2
Abs. 3 UWG auch Berufs- und Wirtschaftsverbände und deren Organe für
ihre Handlungen wettbewerbsrechtlich als Täter verantwortlich erklärt
(Art. 14, 15 UWG).

    Die gegenteilige Auffassung, dass auch Dritte, die sich in den
Wettbewerb einmischen, allgemein nach UWG verantwortlich seien, stützt
sich vor allem auf Art. 1 UWG, und TROLLER (Immaterialgüterrecht,
S. 895) beruft sich im besondern auch darauf, dass diese Bestimmung
die Person des Täters nicht erwähne. Das erklärt sich indessen schon
daraus, dass das Gesetz auch gewisse Personen, die nicht unmittelbar
am Wettbewerb beteiligt sind, z.B. Verbände, Angestellte, miterfasst
und dass bei einigen Tatbeständen der unlautere Wettbewerb nach ihrer
ausdrücklichen Umschreibung auch von Dritten begangen werden kann. Der
allgemeine Hinweis auf Art. 1 UWG aber ist schon deshalb nicht schlüssig,
weil diese Bestimmung, obschon sie im einleitenden ersten Abschnitt des
Gesetzes steht, für den strafrechtlichen Teil des dritten Abschnittes
nur eine beschränkte Tragweite hat. Das Wettbewerbsgesetz legt das
Hauptgewicht auf den zivilrechtlichen Schutz, worauf zurückzuführen
ist, dass es in Art. 1 Abs. 1 für den zivilrechtlichen Tatbestand
des unlauteren Wettbewerbs eine umfassende Generalklausel aufstellt,
neben der die in Abs. 2 aufgezählten Handlungen keine abschliessende,
sondern nur die Bedeutung von Beispielen haben. Der strafrechtliche Schutz
dagegen ist im Verhältnis zum zivilrechtlichen bewusst begrenzt worden. Er
beschränkt sich unter Verzicht auf eine Generalklausel auf bestimmte,
in Art. 13 abschliessend aufgeführte Strafhandlungen, die im allgemeinen
den in Art. 1 Abs. 2 genannten Beispielen (ohne lit. h) entsprechen,
zum Teil aber (lit. b, c, d'e) enger gefasst sind als jene. Wie in der
Botschaft des Bundesrates dargelegt wird, wollte mit der Beschränkung des
strafrechtlichen Schutzes missbräuchlichen Strafanträgen entgegengetreten
und auf strafrechtlichem Gebiet eine klare Abgrenzung zwischen zulässigem
und unzulässigem Wettbewerb erreicht werden, und zwar im Hinblick auf
den sehr weitgehenden und im Vordergrund stehenden zivilrechtlichen
Schutz auch auf die Gefahr hin, dass im einen oder andern Falle eine an
sich wünschbare strafrechtliche Sanktion unterbleiben muss (BBl 1942,
679). Das lässt nicht darauf schliessen dass Art. 13 UWG generell auch auf
Dritte anwendbar erklärt werden wollte, und dies umso weniger, als die
Bestimmung selber keine Anhaltspunkte dafür bietet. Art. 13 führt nach
seiner Zweckbestimmung und seinem Aufbau vielmehr zum Schluss, dass die
strafrechtlichen Sanktionen als Regel auf die am Wettbewerb Beteiligten
beschränkt bleiben und Dritte davon nur erfasst werden sollen, soweit
das Gesetz in den einzelnen Tatbeständen ausdrücklich oder sinngemäss
Ausnahmen vorsieht.

    Diese Auslegung wird durch die Botschaft des Bundesrates (BBl 1942,
709), auf die sich GERMANN (Unlauterer Wettbewerb, S. 348) beruft, nicht
widerlegt. Es wird dort zu Art. 14 des Entwurfs (heute Art. 13) bemerkt:
"Drittpersonen, die in den Wettbewerb eingreifen, ohne Mitbewerber zu sein,
können sich ebenfalls strafbar machen, ähnlich wie sie unter Umständen
auch eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit trifft. So können Verbände
bzw. die für sie handelnden Personen beispielsweise bestraft werden, wenn
sie Aussenseiter anschwärzen (lit. a)". Im ersten Satz der Bemerkung wird
im Unterschied zu den entsprechenden Ausführungen, die zur Zivilklage
gemacht wurden (BBl 1942, 688 und 690), nicht eindeutig erklärt, dass
allgemein auch Dritte strafbar seien; der Sinn des Satzes kann auch
als blosser Hinweis darauf verstanden werden, dass Drittäterschaft
bei einzelnen Tatbeständen möglich ist. Wäre der Bemerkung allgemeine
Tragweite zugemessen worden, würde ihre Bedeutung jedenfalls durch das im
zweiten Satz erwähnte Beispiel wieder in Frage gestellt. Denn Verbände,
in denen Mitbewerber zur Wahrung ihrer wettbewerblichen Interessen
zusammengeschlossen sind, sind wettbewerbsrechtlich nicht Dritte. Wenn
die strafrechtliche Verantwortlichkeit Dritter bejaht wurde, um damit,
wie aus dem angeführten Beispiel geschlossen werden kann, in erster Linie
jene der Verbände zu begründen, so verliert die Bemerkung des Bundesrates,
die von einer unzutreffenden Voraussetzung ausgeht, wesentlich an Wert,
und sie kann daher für die Auslegung nicht massgeblich sein.

    Ist demnach an der eingangs erwähnten Rechtsprechung festzuhalten,
so kann sich nur noch fragen, in welchen der Tatbestände des Art. 13 UWG
unlauterer Wettbewerb auch von Dritten begangen werden kann. Eine solche
Ausnahme macht jedenfalls lit. e, wo ausdrücklich vorgesehen ist, dass
der Täter die Vorteile, die er durch Bestechung eines Dienstpflichtigen
usw. zu erreichen sucht, sowohl für sich wie für einen andern, also
auch als Dritter zugunsten eines am Wettbewerb Beteiligten verschaffen
kann. Dasselbe trifft beim Tatbestand der lit. g insoweit zu, als
die Bestimmung neben der Verwertung auch die Mitteilung des fremden
Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses an andere unter Strafe stellt
und damit auch den Fall erfasst, in dem eine Drittperson das Geheimnis
einem Konkurrenten des Geschädigten zur Kenntnis bringt. Zu diesen
Fällen ist auch die Verleitung zum Geheimnisverrat nach lit. f zu
zählen, eine Handlung, die ebenso wie die Bestechung nach lit. e
zum Vorteil eines andern begangen werden kann. Bei den übrigen
Tatbeständen scheiden dagegen Dritte als Täter aus. Lit. h und i, die
sich auf unlauteres Geschäftsgebaren auf dem Gebiete der Abzahlungs- und
Vorauszahlungsverträge beziehen (AS 1962, 1055), setzen nach ihrem Wortlaut
notwendig ein Wettbewerbsverhältnis voraus. Beim Tatbestand der lit. d ist
es praktisch ausgeschlossen, dass aussenstehende Dritte Massnahmen treffen,
um Verwechslungen zwischen den Geschäftsbetrieben anderer herbeizuführen,
noch werden Dritte durch den Wortlaut der Bestimmung miteinbezogen.
Lit. b bedroht mit Strafe ausdrücklich nur die eigene Begünstigung des
Täters als Mitbewerber, schliesst daher im Unterschied zu Art. 1 Abs. 2
lit. b UWG Dritte als Täter zwingend aus. Die gleiche Auslegung drängt
sich beim Tatbestand der lit. c auf, die nur ein Unterfall der lit. b
ist. Der Umstand, dass nach lit. b die missbräuchliche Anpreisung von
Waren, Leistungen usw. durch Drittpersonen nicht strafbar ist, legt den
Schluss nahe, dass auch lit. a die missbräuchliche Herabsetzung von Waren,
Leistungen usw. durch Dritte nicht erfassen soll. Es ginge in der Tat
zu weit und wäre nicht zu rechtfertigen, z.B. auch Hausfrauen, die bei
andern eine Ware über Gebühr herabmachen, wegen unlauteren Wettbewerbs
zu bestrafen, und zwar auch dann, wenn sie in der Absicht gehandelt
haben müssten, dem einen Geschäft zu schaden oder das andere zu fördern,
wäre dieses Erfordernis doch schon bei blosser Eventualabsicht erfüllt
(BGE 72 IV 125).

Erwägung 3

    3.- Parolini wirft Schmid unlauteren Wettbewerb im Sinne des Art. 13
lit. a UWG vor. Ein wirtschaftlicher Wettbewerb bestand jedoch zwischen
den Parteien nicht. Schmid war als rechtlicher oder wirtschaftlicher
Eigentümer von Liegenschaften, in denen Cafés oder Tea Rooms betrieben
wurden, wohl am Geschäftsgang dieser Betriebe interessiert, einmal wegen
der Pachtzinsforderungen, dann für die Wiederverpachtung und gegebenenfalls
für die Veräusserung der Liegenschaften. Er selber betrieb aber keine
dieser Gaststätten und trat somit im Gastwirtschaftsgewerbe nicht als
Mitbewerber auf. Das gilt nicht nur in den Fällen Süess, Sonderegger und
Koller, die sich vor Auflösung des Pachtverhältnisses ereigneten, sondern
auch für den Zeitpunkt, in dem sich Schmid mit Schreiben vom 3. September
1964 gegenüber Wüthrich äusserte. Das bloss indirekte Interesse Schmids
an den Geschäftsbetrieben, die in seinen Liegenschaften betrieben wurden,
genügt auch dann nicht zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses,
wenn dieses im Sinne der Rechtsprechung (BGE 90 II 323) weit umschrieben
wird; sonst könnte jeder Gläubiger als Kläger gegen Mitbewerber seines
Schuldners auftreten.