Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 I 382



91 I 382

62. Urteil vom 22. Dezember 1965 i.S. Sacher gegen Obergericht des
Kantons Aargau. Regeste

    Verlust des Schweizerbürgerrechts bei Geburt im Ausland.
Übergangsrecht. Art. 57 Abs. 3 BüG.

    1.  Der von einem im Ausland geborenen Schweizer abstammende, selber
ebenfalls im Ausland geborene Schweizerbürger, der noch eine andere
Staatsangehörigkeit besass und beim Inkrafttreten des BüG (1.1.1953)
mehr als 22 Jahre alt war, verlor, sofern er die in Art. 10 BüG
vorgesehene Meldung oder Erklärung nicht innerhalb eines Jahres abgab,
das Schweizerbürgerrecht auch dann, wenn er die Bestimmungen des BüG
damals nicht kannte; solche Unkenntnis ist kein Hinderungsgrund im Sinne
von Art. 10 Abs. 4 BüG (Erw. 3).

    2.  Dagegen erstreckte sich dieser Verlust nicht auf seine bei
Inkrafttreten des BüG noch unmündigen Kinder; für diese gilt die
Verwirkungsbestimmung des Art. 10 BüG, wonach das Schweizerbürgerrecht
mangels Meldung oder Erklärung mit der Vollendung des 22. Lebensjahres
verloren geht (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Der am 23. November 1818 in Zuzgen (Kt. Aargau) als Bürger dieser
Gemeinde geborene Friedrich Sacher wanderte in jungen Jahren nach Freiburg
i. Br. (Deutschland) aus, erwarb dort die deutsche Staatsangehörigkeit
und verheiratete sich am 23. September 1843 mit Anna Bell. Sein Sohn Otto
Friedrich, geb. 8. Mai 1845, blieb in Freiburg und verheiratete sich dort
am 27. Juli 1871 mit Sophie Klott. Der aus dieser Ehe hervorgegangene,
am 4. April 1872 geborene Eugen Otto Sacher blieb ebenfalls in Freiburg
und verehelichte sich dort am 25. Mai 1907 mit Maria Antonie Kuhm. Ihr
Sohn Friedrich Otto Sacher, geb. 7. November 1912, zog nach Karlsruhe
und verheiratete sich daselbst am 6. Januar 1938 mit der deutschen
Staatsangehörigen Ruth Elisabeth Schneider. Aus dieser Ehe sind fünf
Kinder hervorgegangen:

    Hermann Otto, geb. 11. November 1938

    Hans Bernhard, geb. 22. Mai 1941

    Maria Elisabeth, geb. 3. Juli 1942

    Gabriele Ruth, geb. 3. Juni 1945

    Georg Christian, geb. 17. August 1949.

    Am 28. November 1963 stellte Friedrich Otto Sacher beim Eidg. Justiz-
und Polizeidepartement (EJPD) für sich, seine Ehefrau und seine fünf
Kinder das Gesuch um Wiedereinbürgerung in der Schweiz und bemerkte dazu,
dass das Gesuch bezüglich seiner vier letzten Kinder als Meldung im Sinne
von Art. 10 BüG zu gelten habe. Das EJPD antwortete mit Schreiben vom
18. Dezember 1963, seiner Auffassung nach habe der Gesuchsteller samt
seiner Ehefrau und allen Kindern das Schweizerbürgerrecht (gemäss Art. 57
Abs. 3 BüG) durch Verwirkung verloren; auf das Wiedereinbürgerungsgesuch,
das wenig Aussicht auf Gutheissung habe, werde erst nach Abklärung der
Verwirkungsfrage eingetreten.

    Am 8. April 1964 siedelte Friedrich Otto Sacher mit der Ehefrau und
den drei jüngsten Kindern nach Schwyz über und trat am dortigen Kollegium
eine Stelle als Lehrer für Mathematik und Physik an.

    Am 29. September 1964 ersuchte er die Justizdirektion des Kantons
Aargau, ihn, seine Ehefrau und seine Kinder als Schweizerbürger
anzuerkennen, wurde aber abgewiesen.

    Darauf reichten Friedrich Otto Sacher, seine Ehefrau und seine fünf
Kinder beim Obergericht des Kantons Aargau Klage ein mit dem Antrag auf
Feststellung, dass sie im Besitze des Ortsbürgerrechts der Gemeinde
Zuzgen und damit auch der aargauischen Staatsbürgerschaft sowie des
Schweizerbürgerrechts seien.

    Das Obergericht wies die Klage mit Urteil vom 11. Juni 1965 ab, im
wesentlichen aus folgenden Gründen: Der 1912 geborene Friedrich Otto Sacher
habe sich erst nach dem 31. Dezember 1953 bei einer schweizerischen Behörde
gemeldet und deshalb gemäss Art. 57 Abs. 3 BüG das Schweizerbürgerrecht
Ende 1953 verloren. Dass er, wie ohne weiteres zu glauben sei, die
Bestimmungen des BüG bis zum Jahre 1963 nicht gekannt habe, stelle keinen
Hinderungsgrund im Sinne von Art. 10 Abs. 4 BüG dar; diese Bestimmung
sei nur anwendbar, wenn jemand die Meldung oder Erklärung abgeben wollte,
hieran aber gegen seinen Willen aus irgendeinem Grunde verhindert worden
sei. Habe er aber das Schweizerbürgerrecht verwirkt, so gelte dies auch
für seine Ehefrau, die eine gebürtige Ausländerin und nur durch Heirat
Schweizerin geworden sei. Das BüG sage zwar nichts über die Erstreckung
der Verwirkung auf die Ehefrau, doch ergebe sich diese Erstreckung aus
Sinn und Geist der Art. 10 und 57 BüG klar; die gegenteilige Auslegung
würde zu unsinnigen Ergebnissen führen, indem der gebürtige Schweizer
das Schweizerbürgerrecht verlieren, die gebürtige Ausländerin es dagegen
behalten würde. Die am 28. November 1963 für die Kinder eingereichte
Erklärung, das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen, sei schon
deshalb ungültig, weil Art. 10 Abs. 1 BüG voraussetze, dass der Vater des
Erklärenden bei Abgabe der Erklärung noch Schweizerbürger sei; das treffe
hier aber nicht zu, da Friedrich Otto Sacher das Schweizerbürgerrecht,
wie dargetan, Ende 1953 verloren habe. Wollte man nicht so weit gehen und
es genügen lassen, wenn der Vater des Erklärenden bei dessen Geburt das
Schweizerbürgerrecht noch besass, so wäre die Klage der Kinder deshalb
abzuweisen, weil mit der Verwirkung des Schweizerbürgerrechts des Vaters
gleichzeitig auch das Bürgerrecht seiner damals alle noch unmündigen Kinder
verwirkt sei. Das BüG sage zwar auch über die Erstreckung der Verwirkung
auf unmündige Kinder nichts, doch müsse diese Erstreckung aus den gleichen
Gründen wie bei der Ehefrau bejaht werden. Es wäre unverständlich, wenn
das Bürgerrecht des Vaters mangels Beziehungen zur Schweiz verwirke,
nicht dagegen das Bürgerrecht der Kinder, obwohl deren Beziehungen zur
Schweiz naturgemäss nicht stärker, sondern im Gegenteil noch loser seien
als diejenigen des Vaters.

    B.- Mit der verwaltungsgerichtlichen Beschwerde stellen Friedrich
Otto Sacher, seine Ehefrau und seine fünf Kinder den Antrag, es sei das
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. Juni 1965 aufzuheben
und festzustellen, dass die Beschwerdeführer das Ortsbürgerrecht der
Gemeinde Zuzgen und damit die aargauische Staatsbürgerschaft sowie das
Schweizerbürgerrecht besitzen. Sie werfen dem Obergericht Verletzung der
Art. 10 und 57 BüG vor. Die Beschwerdebegründung ist, soweit wesentlich,
aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.

    C.- Das Obergericht des Kantons Aargau hat, unter Festhalten an
den Ausführungen des angefochtenen Entscheids, auf Gegenbemerkungen zur
Beschwerde verzichtet.

    Das EJPD beantragt Gutheissung der Beschwerde in bezug auf Maria
Elisabeth, Gabriele Ruth und Georg Christian Sacher und Abweisung in
bezug auf die übrigen Beschwerdeführer.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Auf Grund der mit der Klage eingereichten Urkunden steht fest,
dass der Kläger Friedrich Otto Sacher in direkter Linie von Friedrich
Sacher abstammt, der im Jahre 1818 in Zuzgen als Bürger dieser Gemeinde
geboren, um 1840 nach Freiburg i. Br. ausgewandert und dort deutscher
Staatsangehöriger geworden ist. Obwohl dessen in Deutschland gebliebene
Nachkommen in die heimatlichen Register nicht eingetragen worden sind,
haben sie das Bürgerrecht der Gemeinde Zuzgen und des Kantons Aargau
beibehalten, da es nach dem im Schreiben der aargauischen Justizdirektion
vom 29. Oktober 1964 erwähnten, von 1818 bis 1848 geltenden kantonalen
Recht und dann nach Bundesrecht unverlierbar war und keiner der
Nachkommen darauf verzichtet hat. Es ist daher davon auszugehen, dass
alle Beschwerdeführer am 1. Januar 1953, beim Inkrafttreten des BüG,
Schweizerbürger waren.

Erwägung 2

    2.- Die BV von 1874 (Art. 44 Abs. 1), wie schon diejenige
von 1848 (Art. 43 Abs. 1), gewährleistete die Unverlierbarkeit des
Schweizerbürgerrechts, indem sie den Kantonen verbot, einen Kantonsbürger
des Bürgerrechts verlustig zu erklären. Der aus der Revision von 1928
hervorgegangene neue Art. 44 BV enthält dieses Verbot nicht mehr und
bestimmt, dass die Bedingungen nicht nur für die Erteilung, sondern auch
für den Verlust des Schweizerbürgerrechts durch die Bundesgesetzgebung
aufgestellt werden (Abs. 2). Damit wurde dem Bund die Kompetenz eingeräumt,
den Verlust des Schweizerbürgerrechts insbesondere auch anzuordnen für
Personen, die im Ausland wohnen, eine ausländische Staatsangehörigkeit
besitzen und keine inneren Beziehungen mehr zur Schweiz haben (BURCKHARDT,
Kommentar zur BV, S. 385). Von dieser Möglichkeit wurde beim Erlass
des BüG in zweifacher Hinsicht Gebrauch gemacht. Gemäss Art. 10 Abs. 1
BüG verwirkt das im Ausland geborene Kind eines ebenfalls im Ausland
geborenen Schweizerbürgers, das noch eine andere Staatsangehörigkeit
besitzt, das Schweizerbürgerrecht mit der Vollendung des 22. Lebensjahres,
wenn es bis dahin nicht einer schweizerischen Behörde gemeldet worden
ist oder selber eine auf Beibehaltung des Schweizerbürgerrechts
gerichtete Erklärung abgegeben hat. Da diese Bestimmung, wie das BüG
überhaupt, keine rückwirkende Kraft hat (Art. 57 Abs. 1 BüG), hätten
schweizerisch-ausländische Doppelbürger, die der Schweiz völlig entfremdet
sind, jedoch beim Inkrafttreten des BüG schon 22 Jahre alt waren, bis
zu ihrem Ableben das Schweizerbürgerrecht behalten, und auch ihre nach
dem Inkrafttreten geborenen Kinder wären, unter Vorbehalt der Verwirkung
nach Art. 10, Schweizerbürger geworden. Um dies zu verhindern, bestimmt
Art. 57 Abs. 3 BüG, dass Personen, die bei Inkrafttreten des BüG mehr
als 22 Jahre alt sind oder innerhalb eines Jahres das 22. Lebensjahr
vollenden und für die die Voraussetzungen des Art. 10 erfüllt sind,
das Schweizerbürgerrecht verlieren, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres
die dort vorgesehene Meldung oder Erklärung abgeben.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer Friedrich Otto Sacher ist in der dritten
Generation im Ausland geboren und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit,
erfüllt somit alle Voraussetzungen des Art. 10 BüG. Da er beim
Inkrafttreten des BüG 40 Jahre alt war, trifft auf ihn Art. 57 Abs. 3 BüG
zu. Um sein Schweizerbürgerrecht beizubehalten, hätte er somit im Laufe des
Jahres 1953 die in Art. 10 BüG vorgesehene Meldung oder Erklärung abgeben
müssen. Das hat er unterlassen. Er hat erst am 28. November 1963 eine
Erklärung abgegeben, die in diesem Sinne ausgelegt werden kann. Er macht
indes als Hinderungsgrund im Sinne von Art. 10 Abs. 4 BüG geltend, er sei
durch Unkenntnis des Gesetzes verhindert gewesen, sich früher zu melden.

    Nach dem auch im Rahmen der Übergangsbestimmung von Art. 57
Abs. 3 anwendbaren Abs. 4 des Art. 10 BüG kann derjenige, der gegen
seinen Willen die Meldung oder Erklärung nach Abs. 1 nicht rechtzeitig
abgeben konnte, sie gültig noch innerhalb eines Jahres nach Wegfall des
Hinderungsgrundes abgeben. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung steht der
in der Beschwerde vertretenen Auslegung entgegen. "Gegen seinen Willen"
unterlässt die Meldung oder Erklärung nur, wer den Willen, sie abzugeben,
hatte, und das setzt voraus, dass er die Möglichkeit, auf diese Weise sein
Schweizerbürgerrecht zu erhalten, kannte. Für diese Auslegung spricht auch
die Entstehungsgeschichte. Der bundesrätliche Entwurf des BüG enthielt
noch keine dem Abs. 4 des Art. 10 entsprechende Bestimmung. Sie wurde
von der Kommission des Nationalrates aufgenommen, wobei der zunächst
vorgeschlagene Ausdruck "mit Gewalt verhindert" durch die Worte "gegen
seinen Willen" ersetzt wurde, um die Anwendung nicht auf den Fall des
physischen Zwangs zu beschränken (Protokoll der Sitzung vom 10. September
1951 S. 26/7). Im Nationalrat erklärten beide Berichterstatter, dieser
Zusatz trage dem Umstand Rechnung, dass ein Schweizer in den totalitären
Verhältnissen der heutigen Zeit durch moralischen, physischen oder
materiellen Zwang gehindert sein könnte, seine Meldung oder Erklärung
rechtzeitig abzugeben (StenBull NatR 1951 S. 801/2). Daraus geht klar
hervor, dass der Gesetzgeber nur die Verhinderung durch Zwang im Auge
hatte. Davon, dass auch Unkenntnis des Gesetzes als Hinderungsgrund in
Betracht käme, war nie die Rede. Ihre Berücksichtigung würde dem Sinn und
Zweck des Art. 10 BüG, der den Verlust des Schweizerbürgerrechts beim
Fehlen jeder innern Beziehung zur Schweiz herbeiführen will, strikte
zuwiderlaufen, denn die Unkenntnis des BüG ist, angesichts der heutigen
Information und des vor und nach Erlass des BüG bekundeten Interesses der
Auslandschweizerkreise an der neuen Ordnung des Bürgerrechts, gerade ein
Beweis für das Fehlen jeder Beziehung zur Schweiz.

    Friedrich Otto Sacher hat somit sein Schweizerbürgerrecht Ende 1953
verloren. Seine Erklärung vom 28. November 1963 vermag hieran nichts mehr
zu ändern, und seine Beschwerde ist unbegründet.

Erwägung 4

    4.- In der Beschwerde wird ausdrücklich anerkannt, dass die Ehefrau
Ruth Elisabeth Sacher-Schneider bürgerrechtlich das Schicksal des
Ehemanns teile und ihr das Schweizerbürgerrecht versagt bleiben müsse,
wenn sein Bestehen beim Ehemann verneint werde. Damit hat sie für den
nun eingetretenen Fall, dass die Beschwerde des Ehemanns unbegründet
ist, auf die im Beschwerdebegehren verlangte Feststellung, dass sie
Schweizerbürgerin sei, verzichtet.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführer Hermann Otto und Hans Bernhard Sacher
sind am 11. November 1938 bzw. 22. Mai 1941 geboren. Sie fielen daher
nicht unter die Übergangsbestimmung des Art. 57 Abs. 3, sondern, als
vierte Auslandschweizergeneration, unter Art. 10 BüG. Selbst wenn die
Gründe, aus denen die Vorinstanz allen Kindern das Recht zur Abgabe der
Erklärung, das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen, abspricht,
nicht zutreffen sollten, so hätten diese beiden Beschwerdeführer ihr
durch Abstammung erworbenes Schweizerbürgerrecht deshalb gemäss Art. 10
Abs. 1 BüG durch Verwirkung verloren, weil sie erstmals mit dem an das
EJPD gerichteten Schreiben vom 28. November 1963, d.h. nach Vollendung
ihres 22. Lebensjahres, einer schweizerischen Behörde gemeldet worden
sind und sie sich ebenso wenig wie ihr Vater auf den Abs. 4 des Art. 10
berufen können. Auch ihre Beschwerde ist daher abzuweisen.

Erwägung 6

    6.- Soweit sich die Meldung vom 28. November 1963 auf Maria Elisabeth,
Gabriele Ruth und Georg Christian Sacher bezog, war sie rechtzeitig,
da diese damals das 22. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Es ist
daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen Art. 10 Abs. 1 BüG
einen Anspruch auf Beibehaltung des Schweizerbürgerrechts gibt, bei diesen
Beschwerdeführern aus einem andern Grunde nicht erfüllt sind.

    a) Nach Auffassung des Vorinstanz setzt Art. 10 Abs. 1 BüG voraus,
dass der unmittelbare Vorfahre des Ansprechers im Zeitpunkt, in dem
dieser gemeldet wird oder selber die Meldung oder Erklärung abgibt, noch
Schweizerbürger sei, was hier nicht zugetroffen habe. Dieser Auslegung
kann nicht beigepflichtet werden. Der Ausdruck "das im Ausland geborene
Kind eines Schweizerbürgers" bezieht sich offensichtlich darauf, dass das
Kind sein Schweizerbürgerrecht durch Abstammung erworben hat, d.h. dass
der Vater (oder in gewissen Fällen die Mutter; vgl. Art. 1 lit. b, 5
Abs. 1 und 10 Abs. 2 BüG) zur Zeit der Geburt das Schweizerbürgerrecht
besessen hat. Wenn er es in der Folge verloren hat, so schliesst jener
Wortlaut an sich nicht aus, dass die Kinder das durch Abstammung erworbene
Schweizerbürgerrecht beibehalten können. Das steht ausser Zweifel bei
Kindern, die im Zeitpunkt, wo der Vater das Schweizerbürgerrecht verliert,
schon volljährig waren und deshalb durch diesen Verlust nicht berührt
werden konnten. Ernstlich fragen kann sich nur, wie es sich verhält,
wenn die Kinder in diesem Zeitpunkt noch unmündig waren, wie es hier bei
den drei jüngeren Kindern der Fall war.

    b) Das führt zur Frage, ob die Verwirkung des Schweizerbürgerrechts
nur denjenigen, bei dem die Voraussetzungen dafür vorliegen, trifft oder
sich auch auf seine minderjährigen Kinder erstreckt. Diese Frage kann
sich sowohl im Rahmen des hier anwendbaren Art. 57 Abs. 3 BüG stellen
wie auch im Rahmen des Art. 10, letzteres dann, wenn ein Schweizer
(oder in gewissen Fällen eine Schweizerin) vor Vollendung des 22.
Lebensjahres Vater (bzw. Mutter) geworden und für ihn bis dahin keine
Meldung oder Erklärung im Sinne des Art. 10 abgegeben worden ist. Hier
ist nur zu prüfen, ob sich die in der Übergangsbestimmung von Art. 57
Abs. 3 BüG angeordnete Verwirkung auch auf unmündige Kinder erstreckt.

    Das Bundesgericht hat dies bereits im nicht veröffentlichten Urteil vom
17. September 1964 i.S. EJPD c. Sciarone verneint. Von dieser nun auch vom
EJPD als richtig anerkannten Auffassung abzuweichen, besteht kein Anlass.
Art. 57 Abs. 3 BüG bestimmt ebensowenig wie Art. 10, dass sich die beim
Familienhaupt eingetretene Verwirkung des Schweizerbürgerrechts auf seine
unmündigen Kinder erstrecke. Auch die Gesetzesmaterialien enthalten keine
Anhaltspunkte für eine Auslegung in diesem Sinne; dem Gesetzgeber scheint
die Frage entgangen zu sein. Der Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts
in der engeren Familie, der das schweizerische Recht bisher beherrschte
(Art. 54 Abs. 4 BV, 161 Abs. 1 und 270 ZGB), erleidet im BüG zu viele
Ausnahmen (vgl. Art. 5, 8, 9, 19, 20, 22, 32, 33, 43 und 44), als dass
aus diesem Grundsatz abgeleitet werden könnte, dass sich die Verwirkung
nach Art. 57 Abs. 3 auf die unmündigen Kinder erstrecke. Insbesondere
folgt daraus, dass die unmündigen, unter elterlicher Gewalt stehenden
Kinder des Entlassenen grundsätzlich in die Entlassung einbezogen werden
(Art. 44 Abs. 1), nicht, dass sich auch die Verwirkung auf diese Kinder
erstrecken muss, da es sich bei der Entlassung und der Verwirkung, wie
bereits im Urteil Sciarone ausgeführt wurde, um zwei ganz verschiedene
Einrichtungen handelt. Wenn es sich rechtfertigen mag, dem Familienhaupt
die Verfügung über seine unmündigen Kinder in dem Sinne einzuräumen,
dass er mit seiner eigenen Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht auch
diejenige seiner Kinder herbeiführen kann, so heisst das noch nicht, dass
auch seine Nachlässigkeit oder Gesetzesunkenntnis, auf die insbesondere
im Falle von Art. 57 Abs. 3 BüG der Verlust seines Schweizerbürgerrechts
häufig zurückzuführen sein wird, den Verlust des Schweizerbürgerrechts
seiner Kinder zur Folge haben muss. Art. 10 BüG enthält eine Ausnahme von
dem seit 1848 ausnahmslos geltenden Grundsatz der Unverlierbarkeit des
Schweizerbürgerrechts, und Art. 57 Abs. 3 ist eine diese Ausnahmebestimmung
für die Übergangszeit ergänzende Sondervorschrift. Angesichts dieses
doppelten Ausnahmecharakters von Art. 57 Abs. 3 BüG und seiner grossen
Tragweite (Verlust des angestammten Schweizerbürgerrechts) erscheint es als
geboten, bei der Auslegung nicht über den Wortlaut hinauszugehen und die
Erstreckung der Verwirkung auf die unmündigen Kinder der darunter fallenden
Personen abzulehnen. Hiegegen bestehen umsoweniger Bedenken, als auf
diese Kinder die Verwirkungsbestimmung des Art. 10 BüG zutrifft. Art. 10
und 57 Abs. 3 BüG ergeben, nach ihrem Wortlaut ausgelegt, zusammen eine
geschlossene, durchaus sinnvolle und befriedigende Ordnung des Inhalts,
dass jede als Schweizerbürger geborene Person das Recht hat, sich nach
ihrem eigenen freien Willen über die Beibehaltung des Schweizerbürgerrechts
zu entscheiden, und zwar, sofern sie bei Inkrafttreten des Gesetzes 22
Jahre alt ist oder es im ersten Jahre nachher wird, innerhalb dieses
Jahres (Art. 57 Abs. 3), sonst bis zur Vollendung ihres 22. Lebensjahres
(Art. 10). Die im angefochtenen Entscheid vertretene Auslegung von Art. 57
Abs. 3 BüG erscheint auch deshalb als stossend, weil sie zur Folge hätte,
dass Geschwister, je nachdem sie im Zeitpunkt, in dem ihr Vater das
Schweizerbürgerrecht verlor, mündig oder unmündig waren, inbezug auf die
Verwirkung ihres Bürgerrechts verschieden behandelt würden, wofür keine
sachlichen Gründe ersichtlich sind. Nicht schlüssig ist die Überlegung
des Obergerichts, dass die Erstreckung der Verwirkung auf die unmündigen
Kinder deshalb dem Sinne von Art. 57 Abs. 3 BüG entspreche, weil ihre
Beziehungen zur Schweiz naturgemäss noch loser seien als diejenigen
ihres Vaters. Mag dies auch häufig zutreffen, so ist es doch durchaus
möglich und wohl nicht selten, dass Kinder sich enger mit der angestammten
Heimat verbunden fühlen und ein grösseres Interesse für sie haben als ihr
Vater. Übrigens genügt für die Beibehaltung des Schweizerbürgerrechts die
blosse Meldung oder Erklärung im Sinne von Art. 10 BüG ohne Rücksicht auf
das Bestehen einer innern Bindung zur Schweiz, weshalb es nicht angeht,
aus theoretischen Annahmen über die Stärke dieser Bindung den Schluss zu
ziehen, dass sich die Verwirkung auf die unmündigen Kinder erstrecke.

    c) Geht man davon aus, dass die drei jüngeren Kinder Sacher das
Schweizerbürgerrecht Ende 1953, als ihr Vater es gemäss Art. 57 Abs. 3
BüG verwirkte, nicht verloren haben, so besitzen sie es noch heute, da sie
von ihrem Vater mit Schreiben vom 28. November 1963 dem EJPD im Sinne von
Art. 10 Abs. 1 BüG gemeldet worden sind. Dass Maria Elisabeth Sacher damals
schon volljährig war, ist bedeutungslos. Nach Art. 10 Abs. 3 BüG kann
es nicht zweifelhaft sein, dass ein Vater die nach Abs. 1 erforderliche
Meldung auch für ein volljähriges Kind abgeben kann, zumal die in Abs. 3
enthaltene Aufzählung dessen, was als genügende Meldung anzuerkennen ist,
nicht abschliessend ist, wie sich aus dem Ausdruck "namentlich" klar ergibt
(vgl. auch die Botschaft zum BüG, BBl 1951 II 693, sowie StenBull. NatR
1951 S. 802). Sollte die schweizerische Behörde, bei der eine mündige
Person durch einen Dritten gemeldet wird, am Einverständnis derselben
zweifeln, so mag sie sich durch eine Anfrage bei der gemeldeten Person
vergewissern, ob sie ihr Schweizerbürgerrecht wirklich beibehalten will.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde der Ehegatten Friedrich Otto und Ruth Elisabeth
Sacher-Schneider, des Hermann Otto Sacher und des Hans Bernhard Sacher
wird abgewiesen. Die Beschwerde der Maria Elisabeth Sacher, der Gabriele
Ruth Sacher und des Georg Christian Sacher wird gutgeheissen und der
Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. Juni 1965 insoweit,
als er sich auf diese drei Beschwerdeführer bezieht, aufgehoben. Es wird
festgestellt, dass die Beschwerdeführer Maria Elisabeth Sacher, Gabriele
Ruth Sacher und Georg Christian Sacher das Schweizerbürgerrecht und die
Bürgerrechte des Kantons Aargau und der Gemeinde Zuzgen besitzen.