Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 I 208



91 I 208

35. Auszug aus dem Urteil vom 18. Juni 1965 i.S. X. und Y. gegen
Steuerrekurskommission des Kantons Luzern. Regeste

    Wehrsteuer; Liegenschaftengewinne: Sie können unter Art.
21 Abs. 1 lit. a und d WStB fallen, wobei sich die beiden Tatbestände
nicht ausschliessen. Ein nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB steuerbarer
Kapitalgewinn ist nach Art. 43 WStB zu erfassen, falls die Voraussetzungen
des Art. 96 WStB erfüllt sind.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    X. war bis 12. Dezember 1962 Inhaber eines
Liegenschaftenvermittlungs-, Verwaltungs- und Treuhandbüros, Y. Inhaber
eines Mineralölvertriebs-Geschäftes. X. und Y. hatten sich zudem am
1. November 1959 zu einer einfachen Gesellschaft und in der Folge laut
Eintrag im Handelsregister vom 3. Oktober 1960 zur Kollektivgesellschaft
X. und Y. zusammengeschlossen. Sowohl die einfache Gesellschaft wie die
Kollektivgesellschaft betrieben gewerbsmässig Liegenschaftshandel. Auf
den 12. Dezember 1962 haben X. und Y. ihre Einzelfirmen und auf den
15. Dezember 1962 die Kollektivgesellschaft in je eine Aktiengesellschaft
umgewandelt.

    Die Veranlagungsbehörde erachtete in dem mit diesen Umwandlungen
verbundenen Berufswechsel die Voraussetzungen für eine Zwischenveranlagung
und die Erhebung der in Art. 43 Abs. 1 WStB vorgesehenen Sondersteuer
auf den in der Veranlagungsperiode (1961/62) erzielten Kapitalgewinnen
als erfüllt.

    X. und Y. führten Beschwerde. Doch bestätigte die
Steuerrekurskommission des Kantons Luzern am 27. November 1964 den
Entscheid der Veranlagungsbehörde.

    X. und Y. haben den Entscheid der Steuerrekurskommission mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten. Zur Begründung bringen sie
vor, Art. 43 WStB sei nur auf Kapitalgewinne im Sinne von Art. 21 Abs. 1
lit. d WStB anwendbar, nicht aber auf Erwerbseinkommen. Die Tatsache,
dass die Liegenschaftsgewinne der Kollektivgesellschaft Erwerbseinkommen
gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB darstellen, schliesse eine Besteuerung
nach Art. 43 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 lit. d aus.

    Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- .....

Erwägung 2

    2.- Es ist unbestritten, dass die buchführungspflichtigen
Beschwerdeführer durch die Überführung ihrer Einzelfirmen und der
Kollektivgesellschaft in eine Aktiengesellschaft einen Berufswechsel
im Sinne von Art. 96 WStB vorgenommen und damit den Grund für eine
Zwischenveranlagung gesetzt haben. Eine Zwischenveranlagung wurde nur
deshalb nicht vorgenommen, weil der Berufswechsel wenige Tage vor dem
Ende der Veranlagungsperiode erfolgte und eine neue Veranlagung sinnlos
gewesen wäre. Auch in einem solchen Falle ist Art. 43 WSB anwendbar
(vgl. PERRET-MASSHARDT, Komm. zur eidg. Wehrsteuer 1965-1974, N. 5 zu
Art. 43); denn mit dem Grund für eine Zwischenveranlagung ist auch der
Grund, die Kapitalgewinne in einer Jahressteuer zu erfassen, gegeben;
andernfalls entgingen sie ganz der Besteuerung, da die Steuerpflichtigen
in der folgenden Steuerperiode allein nach ihrem Einkommen im neuen Beruf
und nicht mehr nach demjenigen der Vorjahre im früheren Beruf besteuert
werden. Das wird denn auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

Erwägung 3

    3.- Streitig ist dagegen, ob die von X. und Y. 1961 und 1962 erzielten
Liegenschaftsgewinne Kapitalgewinne im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d
WStB seien; denn nur auf solchen wird - neben den hier nicht in Frage
stehenden Wertvermehrungen nach lit. f - die Jahressteuer gemäss Art. 43
WStB geschuldet. Die Beschwerdeführer stützen sich darauf, dass sie jene
Gewinne als gewerbsmässige Liegenschaftshändler erzielt haben, weshalb
sie nach Art. 21 Abs. 1 lit. a zu besteuern seien; dies aber, so folgern
sie, schliesse ihre Besteuerung nach lit. d und damit die Anwendung von
Art. 43 WStB aus. Der Streit beschränkt sich somit auf die Frage, ob die
Tatbestände von Art. 21 Abs. 1 lit. a und d WStB einander ausschliessen;
denn dass derjenige von lit. a hier erfüllt ist, wird von keiner Seite
in Abrede gestellt.

Erwägung 4

    4.- Art. 21 Abs. 1 WStB erklärt im Ingress das gesamte Einkommen
aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag oder anderen Einnahmequellen als
steuerbar und zählt dann in den lit. a-f mehrere Beispiele auf, wobei
die Reihenfolge als solche keinen Schluss auf eine Rangabstufung zulässt.
Liegenschaftsgewinne können sowohl unter lit. a als unter lit. d fallen:
Nach lit. a sind sie, wie das Bundesgericht in ständiger Praxis erkannt
hat (vgl. Archiv Bd. 33 S. 38), steuerbar, wenn sie gewerbsmässig,
d.h. auf Grund eines auf Gewinn gerichteten planmässigen Vorgehens,
erzielt werden - unabhängig davon, ob in einem buchführungspflichtigen
Unternehmen oder nicht. Unter die lit. d fallen sie nur, wenn sie in einem
buchführungspflichtigen Unternehmen verwirklicht werden; andererseits
ist dafür keine Gewerbsmässigkeit erforderlich. In den meisten vom
Bundesgericht beurteilten Fällen ging es um die Steuerpflicht als solche;
das Bundesgericht hat dabei erklärt, es genüge, dass der eine oder
andere Tatbestand erfüllt sei (BGE 70 I 259, 82 I 173). Das besagt nun
nicht, dass die Tatbestände einander ausschliessen und nur einer gegeben
sein kann, sondern lediglich, dass beim Vorliegen des einen nicht mehr
geprüft zu werden braucht, ob auch der andere mit seinem zusätzlichen
Erfordernis erfüllt sei. Wie die Vorinstanz mit Recht ausgeführt hat,
überschneiden sich die beiden Tatbestände; im einzelnen Falle können der
eine oder andere, aber auch beide zugleich oder keiner von ihnen erfüllt
sein. In zwei neueren Urteilen vom 24. November 1961 und vom 12. Juli
1963 (vgl. Archiv Bd. 30 S. 372 und 33 S. 38) hat das Bundesgericht
das ausdrücklich festgestellt. In der Tat ist nicht einzusehen, wieso
der eine Tatbestand den anderen ausschliessen soll; jeder genügt für
sich allein und ohne Rücksicht auf den anderen, um die Besteuerung des
Liegenschaftsgewinns zu begründen.

    Daraus folgt, dass ein nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB steuerbarer
Kapitalgewinn mit einer Jahressteuer nach Art. 43 WStB zu erfassen ist,
falls die Voraussetzungen von Art. 96 WStB erfüllt sind. Ob er auch nach
lit. a steuerbar wäre, ist unerheblich. Eine doppelte Belastung kann
daraus unter keinen Umständen entstehen; denn Art. 43 Abs. 2 bestimmt
ausdrücklich, dass der betreffende Kapitalgewinn in die Berechnung der
Steuer vom übrigen Einkommen nicht einzubeziehen ist. Wohl aber würde
er sonst der Besteuerung überhaupt entgehen, weil gemäss Art. 42 und 41
Abs. 4 WStB nach dem Berufswechsel auf das neue Einkommen abzustellen
ist, die vorher erzielten Kapitalgewinne also mit der ordentlichen
Einkommenssteuer nicht mehr erfasst werden können. Gerade diese Lücke
will Art. 43 WStB ausfüllen und erlaubt deshalb eine Ausnahme von der
Besteuerung auf Grund der Vorjahre. Wortlaut und Sinn der Bestimmung
erfordern daher ihre Anwendung auf die nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB
steuerbaren Liegenschaftsgewinne ohne Rücksicht darauf, ob sie auch nach
lit. a zu besteuern wären.

    Richtig ist, dass das Bundesgericht im Urteil vom 23. September 1960
(Archiv Bd. 30 S. 95) anders entschieden hat. Dort ist ausgeführt, lit. d
bilde eine Ergänzung zulit. a und trete hinter dieser zurück; wenn beide
erfüllt seien, gehe die lit. a vor und schliesse die Spezialbesteuerung
nach Art. 43 WStB aus. Hieran kann aber nach dem Gesagten, wie bereits
am 24. November 1961 i.S. J. Z. ca. Basel-Land (Archiv 30 S. 372)
ausgeführt wurde, nicht festgehalten werden; denn lit. d ergänzt nicht
bloss lit. a, sondern hat selbständige Bedeutung. Zudem wird die Lücke, die
sich aus Art. 42 in der Besteuerung ergibt, nur ausgefüllt, wenn Art. 43
WStB angewendet wird. Gerade wenn sich die Frage der Jahressteuer nach
Art. 43 stellt, muss in erster Linie geprüft werden, ob die Voraussetzungen
von Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB erfüllt sind, und es spielt keine Rolle,
ob auch lit. a zuträfe, weil die ordentliche Einkommenssteuer doch nicht
mehr darauf erhoben werden kann.

Erwägung 5

    5.- .....