Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 II 372



91 II 372

54. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Oktober 1965 i.S. Nahrin AG
gegen Anderhalden. Regeste

    Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden. Konkurrenzverbot.
Konventionalstrafe. Ersatz der Reiseauslagen.

    1.  Ob einem Kleinreisenden (Art. 3 Abs. 2 HRG) ein Konkurrenzverbot
auferlegt werden darf (Art. 5 Abs. 3 HRAG, Art. 356 OR), beurteilt sich
nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles (Erw. 4).

    2.  Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Konkurrenzverbotes (Art. 356
OR). War ein Kundenkreis vorhanden? (Erw. 5). Erhielt der Reisende Einblick
in diesen Kreis? (Erw. 6). Ist anzunehmen, er könnte den Dienstherrn
durch Verwendung dieses Einblicks erheblich schädigen? (Erw. 7).

    3.  Einschränkung des Konkurrenzverbotes (Art. 357 OR) nach Ort,
Gegenstand und Zeit (Erw. 8). Beginn der Frist, für die das Verbot gilt;
Hinfall eines allfälligen Anspruchs auf Einstellung der verbotenen
Konkurrenztätigkeit (Art. 359 Abs. 3 OR) infolge Ablaufs dieser Frist
(Erw. 9).

    4.  Hinfall des Konkurrenzverbotes wegen Verschuldens des Dienstherrn
im Sinne von Art. 360 Abs. 2 OR? (Erw. 10).

    5.  Herabsetzung der Konventionalstrafe gemäss Art. 163 Abs.  3 OR
(Erw.11).

    6.  Anspruch auf Ersatz der notwendigen Reiseauslagen (Art.
13 HRAG). Wann ist eine schriftliche Vereinbarung über die Höhe der
Auslagenvergütung gemäss Art. 19 HRAG nichtig? Anforderungen an den vom
Reisenden zu leistenden Beweis, dass die vereinbarte Vergütung nicht
ausreicht (Erw. 12).

    7.  Pflichten des Reisenden im Falle, dass er diese Vergütung als
ungenügend erachtet. Abweisung einer Nachforderung wegen Rechtsmissbrauchs
(Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 13).

Sachverhalt

    A.- Die Nahrin AG in Sarnen stellt Nahrungsmittel her, die sie
durch Kleinreisende fast ausschliesslich an Private verkaufen lässt.
Am 3. Juni 1957 trat Karl Anderhalden in Sachseln als Reisender in ihren
Dienst. Am 1. Januar 1958 schloss sie mit ihm unter Verwendung eines von
ihr erstellten Formulars einen schriftlichen Vertrag, der ihm den Kanton
Nidwalden und die Obwaldner Gemeinden Engelberg, Kerns und Sachseln
als Reisegebiet zuwies, sein Monatsgehalt auf Fr. 600.-- festsetzte,
für Umsätze über Fr. 2000.-- im Monat eine "Zusatzprovision" vorsah und
bestimmte, die Arbeitgeberin zahle dem Vertreter als "Spesenvergütung"
Fr. 5.- für jeden Arbeitstag und als "Transport-Entschädigung" monatlich
Fr. 50.-. Ziffer 4 des Vertrages lautet:

    "Konkurrenzverbot Für die Zeit nach Beendigung des vertraglichen
Dienstverhältnisses verpflichten sich die Arbeitnehmer in all denjenigen
Ländern, in denen eine vom Nahrin-Konzern beeinflusste Gesellschaft
... besteht, auf die Dauer von drei Jahren keine Stellung in der Konkurrenz
anzunehmen, weder eine Konkurrenzfirma selbst zu gründen, noch sich daran
irgendwie direkt oder indirekt zu beteiligen, noch einer solchen Firma
mit Rat und Tat behilflich zu sein.

    Unter der Konkurrenz ist jedes Unternehmen zu verstehen, das sich mit
der Herstellung, dem Verkauf oder der Vermittlung solcher oder ähnlicher
Produkte beschäftigt, wie sie auch von der Firma während der Dauer
des Vertragsverhältnisses im Laboratorium oder im Betrieb bearbeitet,
hergestellt oder verkauft worden sind. Direkte oder indirekte Kunden von
Nahrin gelten nicht als Konkurrenten.

    Zuwiderhandlungen gegen dieses Konkurrenzverbot verpflichten den
Arbeitnehmer zur augenblicklichen Bezahlung einer Konventionalstrafe in
der Höhe eines Jahreslohnes. Durch die Bezahlung der Konventionalstrafe
wird die Geltendmachung eines höhern Schadens nicht ausgeschlossen. Der
Firma steht ausserdem das Recht zu, die Einhaltung des Konkurrenzverbotes
zu verlangen."

    Die Transportentschädigung wurde ab 1. August 1958 auf monatlich
Fr. 60.- erhöht. Anderhalden reiste bis in den Februar 1961 mit einem
ihm gehörenden Motorrad, hierauf gegen den Willen der Arbeitgeberin mit
einem Personenwagen.

    Am 25. Mai 1961 kündigte Anderhalden den Vertrag "aus persönlichen
Gründen" auf Ende Juni 1961. Von seinem Austritt an arbeitete er in seinem
bisherigen Reisegebiet für Karl Letter in Sarnen, den frühern Chefvertreter
der Nahrin AG, der im Jahre 1959 den Vertrieb von ähnlichen Nahrungsmitteln
für eigene Rechnung aufgenommen hatte.

    B.- Am 10. Oktober 1961 leitete die Nahrin AG beim Kantonsgericht
Obwalden gegen Anderhalden Klage ein mit den Begehren:

    "1. Es sei gerichtlich festzustellen, es habe der Beklagte das
gegenüber der Klägerin eingegangene Konkurrenzverbot rechtswidrig
übertreten.

    2. Der Beklagte sei daher zu verpflichten, den Vertrieb von
Lebensmitteln im Gebiet der Kantone Obwalden und Nidwalden mit sofortiger
Wirkung auf die Dauer von drei Jahren einzustellen.

    3. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin die vereinbarte
Konventionalstrafe wegen Übertretung der Konkurrenzklausel im
Betrage von Fr. 13 751.60 zu bezahlen, nebst Verzugszins zu 5 % seit
Friedensrichtervorstand."

    Der geforderte Betrag ist die Differenz zwischen den von der Klägerin
auf Fr. 14 179.30 bezifferten Lohn- und Provisionsbezügen des Klägers
im letzten Anstellungsjahr (Juli 1960 bis Juni 1961) und dem Betrage
von Fr. 427.70, den der Beklagte gemäss Schlussabrechnung der Klägerin
vom 21. Juli 1961 für eine von ihm geleistete Kaution nebst Bankzins,
abzüglich "Retouren" (von Kunden nicht abgenommene Waren) laut Aufstellung
für den Monat Juli 1961, zugut hat.

    Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erhob Widerklage
auf Zahlung von Fr. 15 757.70 nebst 5% Zins seit 25. Januar 1962,
weil ihm die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 1958 bis 30. Juni 1961
entgegen Art. 13 Abs. 1 HRAG die durch die Reisetätigkeit notwendig
entstehenden Auslagen bei weitem nicht vollständig ersetzt habe und ihm
gemäss Schlussabrechnung anerkanntermassen Fr. 427.70 schulde. Für die
Kosten der auswärtigen Verpflegung stellte er Fr. 14.- statt der ihm
bezahlten Fr. 5.- pro Arbeitstag und für die durch die Benützung eines
Motorrades verursachten Aufwendungen monatlich Fr. 200.-- statt Fr. 50.-
bzw. Fr. 60.- in Rechnung.

    Mit Urteil vom 11. Juli 1963 verpflichtete das Kantonsgericht den
Beklagten, den Vertrieb von Lebensmitteln in den Kantonen Ob- und Nidwalden
auf zwei Jahre vom 30. Juni 1961 an einzustellen und der Klägerin eine
Konventionalstrafe von Fr. 1800.-- nebst Zins zu zahlen. Die Widerklage
schützte es für Fr. 4487.70 nebst 5% Zins seit 29. Januar 1962, indem
es dem Beklagten ausser den ihm gemäss Schlussabrechnung geschuldeten
Fr. 427.70 für durch die Vergütungen der Klägerin nicht gedeckte
Reiseauslagen insgesamt Fr. 4060.-- zusprach. Es bemass die Kosten der
auswärtigen Verpflegung auf Fr. 8.- statt Fr. 5.- pro Arbeitstag oder
Fr. 200.-- statt Fr. 125.-- pro Monat und die Motorradkosten auf monatlich
Fr. 80.- statt Fr. 50.- bzw. Fr. 60.-.

    C.- Beide Parteien appellierten an das Obergericht des Kantons
Obwalden. Die Klägerin beantragte, (l) dem Beklagten den Vertrieb
von Lebensmitteln für drei Jahre von der Rechtskraft des Urteils an
zu untersagen, (2) ihn zur Zahlung der eingeklagten Konventionalstrafe
nebst Verzugszins zu verpflichten und (3) die Widerklage abzuweisen. Der
Beklagte hielt an den vor Kantonsgericht gestellten Anträgen fest.

    Mit Urteil vom 9. Juli 1964 wies das Obergericht die Hauptklage ab,
weil das vereinbarte Konkurrenzverbot nach Art. 356 OR nicht zulässig sei,
und bestätigte den Entscheid des Kantonsgerichtes über die Widerklage.

    D.- Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das
Bundesgericht erklärt. Sie beantragt:

    "1. (Aufhebung des angefochtenen Urteils)

    2. Es sei gerichtlich festzustellen, es habe der Beklagte das gegenüber
der Klägerin eingegangene Konkurrenzverbot rechtswidrig übertreten und es
sei daher der Beklagte zu verpflichten, ab Rechtskraftbeschreitung des
Urteils den Vertrieb von Lebensmitteln im Gebiete der Kantone Obwalden
und Nidwalden auf die Dauer von 3 Jahren einzustellen.

    3. Der Beklagte habe der Klägerin eine Konventionalstrafe von Fr. 13
751.60 zu bezahlen, nebst Verzugszins zu 5 % seit Friedensrichtervorstand.

    4. Die Widerklagebegehren seien vollumfänglich abzuweisen."

    Der Beklagte beantragt die Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    1., 2. - ... (Prozessuale Fragen)

Erwägung 3

    3.- Auf das Anstellungsverhältnis des Reisenden finden, soweit
das HRAG keine besondern Vorschriften enthält, gemäss Art. 2 dieses
Gesetzes die Bestimmungen des OR, insbesondere die Bestimmungen über den
Dienstvertrag Anwendung. Art. 5 Abs. 3 HRAG, wonach der Reisende von den
bei Ausübung seiner Reisetätigkeit gemachten Wahrnehmungen Dritten keine
Kenntnis geben darf und auch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses
zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, behält in Satz 2 ausdrücklich
die Bestimmungen von Art. 356 ff. OR betreffend das Konkurrenzverbot
vor. Andere Bestimmungen, die sich mit diesem Verbot befassen würden,
enthält das HRAG nicht. Die Zulässigkeit des im Vertrag vom 1. Januar 1958
vereinbarten Konkurrenzverbotes beurteilt sich demgemäss nach Art. 356 OR.

Erwägung 4

    4.- Dem Dienstpflichtigen kann für die Zeit nach der Beendigung
des Dienstverhältnisses ein Konkurrenzverbot auferlegt werden, wenn ihm
das Verhältnis "einen Einblick in Kundenkreise oder Geschäftsgeheimnisse
gewährt" (Art. 356 Abs. 1 OR) und er "durch die Verwendung jenes Einblickes
den Dienstherrn erheblich schädigen könnte" (Art. 356 Abs. 2 OR). Mit
diesen Erfordernissen will das Gesetz den Arbeitgeber daran hindern,
jeden beliebigen untergeordneten Angestellten, dessen Übertritt zur
Konkurrenz ihm nicht schaden kann, durch ein solches Verbot zu binden
(BGE 72 II 81). Selbst wenn die Gefahr einer Schädigung des Dienstherrn
besteht, lässt Art. 356 OR das Konkurrenzverbot nicht allgemein, sondern
nur unter der Voraussetzung zu, dass eine erhebliche Schädigung möglich
ist und dass der Grund dafür in einem Einblick in Kundenkreise oder
Geschäftsgeheimnisse liegt.

    Die Vorinstanz nimmt an, diese Voraussetzung sei im vorliegenden Falle
schon deshalb nicht erfüllt, weil der Beklagte ein Kleinreisender im Sinne
von Art. 3 Abs. 2 HRG war. Sie ist der Meinung, der Kleinreisende sei
"schon generell eher den untergeordneten Angestellten zuzugesellen,
für die ein Konkurrenzverbot nach der Literatur von vornherein
ausscheidet". Sie beruft sich auf GUHL (Das schweiz. OR, 5. Aufl. 1956,
S. 346) und OSER/SCHÖNENBERGER (N. 11 zu Art. 356 OR), wonach Art. 356
OR die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes für gewisse Kategorien von
Dienstpflichtigen, namentlich für Dienstboten und andere untergeordnete
Angestellte, von vornherein ausschliesst. In Übereinstimmung mit
ihr ist SCHUMACHER (Bundesgesetz über das Anstellungsverhältnis der
Handelsreisenden, Bern 1952, S. 7) der Ansicht, den Kleinreisenden dürfe
ein solches Verbot nicht auferlegt werden.

    An der Auffassung von GUHL und OSER/SCHÖNENBERGER ist richtig, dass
die Voraussetzungen von Art. 356 Abs. 1 und 2 OR bei gewissen Gruppen
von Arbeitnehmern meist fehlen. Allgemeingültige Regeln, wonach in
bestimmten Fällen schon die Gruppenzugehörigkeit des Dienstpflichtigen die
Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes verbietet, lassen sich jedoch kaum
aufstellen. Angesichts der Verschiedenheit der vorkommenden Verhältnisse
ist das auf jeden Fall für die Kleinreisenden nicht möglich, sondern
der Richter hat bei Angehörigen dieser Berufsgruppe (gleich wie z.B. bei
Angehörigen liberaler Berufe; BGE 78 II 41 unten) auf Grund der besondern
Umstände des zu beurteilenden Einzelfalles zu prüfen, ob die erwähnten
Voraussetzungen erfüllt seien oder nicht.

Erwägung 5

    5.- Die Vorinstanz lässt Personen, die als Abnehmer in Frage kommen
können, aber als solche noch nicht gewonnen sind, mit Recht nicht als
Kunden im Sinne von Art. 356 OR gelten (BGE 55 II 260). Richtig ist auch,
dass eine einmalige Bestellung den betreffenden Abnehmer noch nicht
zum Kunden macht. Die Annahme der Vorinstanz, die Zugehörigkeit eines
Abnehmers zum Kundenkreis eines Geschäftes setze ein "besonders" enges
und dauerndes Verhältnis voraus, geht dagegen zu weit. Es genügt, dass
jemand zu den ständigen Abnehmern, d.h. zu den Personen gehört, die von
Zeit zu Zeit zu bestellen pflegen. Eingeführte Firmen, die zum Verbrauch
bestimmte Güter herstellen, verfügen regelmässig über solche Abnehmer.

    Nach einer Aufstellung der Klägerin, auf welche die Vorinstanz ihren
Entscheid stützt, hat der Beklagte in der Zeit vom September 1959 bis
Juni 1961, also in 1 3/4 Jahren, von 398 Personen mit Familiennamen der
Anfangsbuchstaben A bis G mehr als eine Bestellung erhalten. Rund 47%
dieser Personen bestellten in der angegebenen Zeit zweimal, 30% dreimal,
16% viermal und die übrigen mindestens fünfmal. Bei Würdigung dieser Zahlen
ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten ein verhältnismässig kleines
Reisegebiet (mit ungefähr 6000 Haushaltungen) zugewiesen war und dass die
von ihm vertriebenen Waren in grössern, für mehrere Wochen oder Monate
ausreichenden Packungen abgegeben wurden. Unter diesen Umständen lässt
sich nicht leugnen, dass für die Erzeugnisse der Klägerin im Reisegebiet
des Beklagten ein recht weiter Kreis regelmässiger Abnehmer vorhanden
war. Ohne einen solchen Kundenkreis wäre denn auch nicht erklärlich,
dass der Beklagte im letzten Jahr seiner Anstellung bei der Klägerin
einen durchschnittlichen Monatsumsatz von Fr. 3036.-- erzielte und dass
die monatlichen Schwankungen ausserhalb der Ferienzeit verhältnismässig
gering waren.

    Zu Unrecht glaubt die Vorinstanz, von einem schützenswerten
Kundenkreis der Klägerin könne deshalb nicht gesprochen werden, weil
der Beklagte bei Antritt seiner Tätigkeit keine Kundenliste, sondern nur
ein Ortsverzeichnis mit Angaben über die ungefähre Zahl der vorhandenen
Haushaltungen erhielt und daher die Abnehmer selbst gewinnen musste, und
weil angesichts der Art seiner Entlöhnung und seiner Delcrederehaftung
"das Risiko des Erfolgs oder Nichterfolgs" seiner Reisetätigkeit in
erster Linie von ihm zu tragen war. Bei Beurteilung der Zulässigkeit
eines Konkurrenzverbotes sind die Verhältnisse zu berücksichtigen, die
bei Beendigung des Dienstverhältnisses bestehen (BGE 72 II 420). Unter
Art. 356 OR fällt daher auch ein Kundenkreis, den der Dienstpflichtige
für den Dienstherrn gewonnen hat. Wie der Dienstvertrag die Entlöhnung
und die Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeiten der Kunden regelt,
ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Erwägung 6

    6.- Die Vorinstanz verneint, dass der Beklagte im Sinne von Art. 356 OR
"Einblick" in einen Kundenkreis erhalten habe. Sie stützt diesen Schluss
darauf, dass er keine Kundenkarten und keine Korrespondenz führte und
mit den Abnehmern "nicht in dauernder, sondern nur in ganz sporadischer
Verbindung" gestanden habe. Sie bezeichnet seine Kenntnisse über die
Abnehmer als "oberflächlich und für den Geschäftsverkehr und die Klägerin
unerheblich."

    Auf Grund seiner vierjährigen Tätigkeit im Dienste der Klägerin kannte
der Beklagte deren Kundschaft in seinem Reisegebiet, auch wenn er keine
Kundenkarten führte. Er wusste, wo er auf Bestellungen rechnen konnte
und wo eine Vorsprache sich nicht lohnte. Seine Umsätze zeigen, dass er
bei der Kundschaft eingeführt war und über sie die für eine erfolgreiche
Geschäftstätigkeit erforderlichen Kenntnisse besass. Diese Tatsachen
genügen, um den Schluss zu rechtfertigen, er habe in einen Kundenkreis
der Klägerin Einblick erhalten.

Erwägung 7

    7.- Die Vorinstanz ist der Ansicht, im vorliegenden Falle treffe
nicht zu, dass der Dienstpflichtige durch die Verwendung eines von ihm
gewonnenen Einblicks den Dienstherrn "erheblich schädigen könnte" (Art. 356
Abs. 2 OR). Die Klägerin habe weder den Eintritt noch die Möglichkeit
einer solchen Schädigung dargetan. Ein allfälliger Schaden wäre zudem auf
den Personalwechsel als solchen, dessen Nachteile jeder Geschäftsherr
in Kauf nehmen müsse, nicht auf die Verwendung eines Einblicks in den
Kundenkreis der Klägerin zurückzuführen. Jeder neue Kleinreisende könne
ohne weitere Kenntnis der Einwohner eines Bezirks und der frühern Käufer
in die Fussstapfen seines Vorgängers treten und den Verkauf weiterführen.

    Art. 356 Abs. 2 OR verlangt nicht den Nachweis eines tatsächlichen
Schadens, sondern lässt die Möglichkeit einer Schädigung genügen. Ob in
einem bestimmten Falle auf Grund der feststehenden Tatsachen anzunehmen
sei, der Dienstpflichtige könnte durch Verwendung seines Einblicks
in Kundenkreise oder Geschäftsgeheimnisse den Dienstherrn im Sinne von
Art. 356 Abs. 2 OR erheblich schädigen, ist eine im Lichte der allgemeinen
Lebenserfahrung zu beurteilende Rechtsfrage und unterliegt daher der
Überprüfung durch das Bundesgericht.

    Es ist klar, dass der Beklagte auf Grund seiner Kenntnis der Kundschaft
der Klägerin in seinem Reisegebiet viel besser als ein anderer, bei der
Kundschaft nicht eingeführter Reisender in der Lage war, in diesem Gebiet
für ein Konkurrenzgeschäft Bestellungen zu erhalten. Das war denn auch
unzweifelhaft der Grund, weshalb Letter, welcher der Klägerin mehrere
Reisende abgeworben hat und seither wegen unlautern Wettbewerbs zu ihrem
Nachteil verurteilt worden ist (BGE 90 IV 168), den Beklagten von seinem
Austritt bei der Klägerin an im bisherigen Gebiet reisen liess. Eine
erhebliche Schädigung der Klägerin durch Verwendung des vom Beklagten
gewonnenen Einblicks in ihren Kundenkreis erscheint daher nicht bloss
als möglich, sondern als höchst wahrscheinlich.

    Die in Art. 356 Abs. 1 und 2 OR aufgestellten Voraussetzungen für
die Zulässigkeit eines Konkurrenzverbotes sind demnach erfüllt.

Erwägung 8

    8.- Das Konkurrenzverbot ist gemäss Art. 357 OR nur im Umfang einer
nach Zeit, Ort und Gegenstand angemessenen Begrenzung verbindlich,
durch die eine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens
des Dienstpflichtigen ausgeschlossen wird.

    Das streitige Verbot wurde für drei Jahre vereinbart und gilt nach dem
Vertrag für alle Länder, "in denen eine vom Nahrin-Konzern beeinflusste
Gesellschaft besteht", und für die Tätigkeit in jedem Unternehmen, "das
sich mit der Herstellung, dem Verkauf oder der Vermittlung solcher oder
ähnlicher Produkte beschäftigt, wie sie auch von der Firma während der
Dauer des Vertragsverhältnisses im Laboratorium oder im Betrieb bearbeitet,
hergestellt oder verkauft worden sind."

    a) Das Verbot für den Beklagten nach Ort und Gegenstand so
weit zu fassen, wird durch kein berechtigtes Interesse der Klägerin
gefordert und ist schon deshalb unangemessen. Der Beklagte erhielt
nicht einen Einblick in Geschäftsgeheimnisse, die er auch ausserhalb
seines bisherigen Reisegebietes und bei einer andern Tätigkeit als beim
Vertrieb von Erzeugnissen, wie er sie für die Klägerin verkaufte, verwerten
könnte. Sein Einblick beschränkte sich auf die Kundschaft der Klägerin für
die von ihr vertriebenen "Spezialnahrungsmittel" (Fleischbrühe, Extrakte,
Suppen, Frühstücksgetränke, Sirup, Kunsthonig usw.) im Kanton Nidwalden
und in drei Gemeinden des Kantons Obwalden. Nur durch die Verwendung
dieses Einblicks konnte er die Klägerin in einer nach Art. 356 Abs. 2
OR beachtlichen Weise schädigen. Das Verbot lässt sich daher gemäss
Art. 357 OR nur insoweit aufrechterhalten, als es dem Beklagten für das
eben erwähnte Gebiet das Reisen und die Ausübung einer andern Tätigkeit
zum Zwecke des Verkaufs und Vertriebs von Nahrungsmitteln untersagt,
die den Erzeugnissen der Klägerin gleichen.

    b) Ein örtlich und sachlich eng begrenztes Konkurrenzverbot darf unter
Umständen länger dauern als eines, das die Tätigkeit des Dienstpflichtigen
nach Ort und Gegenstand stark einschränkt (BGE 44 II 95; BECKER N. 3 und
OSER/SCHÖNENBERGER N. 1 zu Art. 357 OR, mit Hinweisen). Auch die Dauer des
Verbotes darf indessen das durch berechtigte Interessen des Dienstherrn
geforderte Mass nicht überschreiten und das wirtschaftliche Fortkommen
des Dienstpflichtigen nicht unbillig erschweren (BGE 61 II 93 Erw. 3).

    Im vorliegenden Falle nahm das Interesse der Klägerin am Ausschluss des
Beklagten von einer Konkurrenztätigkeit in seinem bisherigen Reisegebiet
mit dem Zeitablauf ziemlich rasch ab. Es ist nicht wahrscheinlich,
dass es dem Beklagten gelingen konnte, der Klägerin auf Grund seines
Einblicks in ihre Kundschaft mehr als zwei Jahre nach seinem Austritt
noch Kunden zu entziehen. Anderseits darf angenommen werden, dass es
der Klägerin möglich war, innert dieser Frist einen neuen Reisenden bei
ihrer Kundschaft einzuführen. Das Konkurrenzverbot ist daher schon mangels
eines weitergehenden Interesses der Klägerin auf zwei Jahre zu beschränken.

    c) Wird das Konkurrenzverbot örtlich, sachlich und zeitlich wie
angegeben auf das durch die berechtigten Interessen der Klägerin geforderte
Mass eingeschränkt, so erschwert es das wirtschaftliche Fortkommen des
Beklagten nicht in unbilliger Weise. In diesem eingeschränkten Umfang
ist es daher gültig.

Erwägung 9

    9.- Die Klägerin beantragt, den Beklagten zur Unterlassung einer dem
Konkurrenzverbot widersprechenden Tätigkeit zu verpflichten, und verlangt
vor Bundesgericht wie schon vor Obergericht, diese Verpflichtung sei
ihm für drei Jahre von der Rechtskraft des Urteils an aufzuerlegen. Der
Vertrag, der ein Konkurrenzverbot für eine bestimmte Zeitdauer "nach
Beendigung des Dienstverhältnisses" vorsieht, und die in Erwägung 8 b
dargelegten Gründe für die Einschränkung des Verbotes auf zwei Jahre
gebieten jedoch, diese Frist von der Beendigung des Dienstverhältnisses
(30. Juni 1961) an laufen zu lassen. Das Konkurrenzverbot gälte sonst in
Wirklichkeit mehr als vier Jahre. Der von der Klägerin hervorgehobene
Umstand, dass es "bis heute nicht eingehalten wurde", vermag eine solche
Verlängerung nicht zu rechtfertigen, sondern hat nur zur Folge, dass der
Beklagte die auf die Übertretung des Verbotes gesetzte Konventionalstrafe
verwirkt hat und verpflichtet wäre, der Klägerin einen allfälligen
weitern Schaden zu ersetzen, wenn sie einen solchen geltend gemacht und
dargetan hätte (Art. 359 Abs. 2 OR). Die Frage, ob die Klägerin ausserdem
berechtigt war, die Aufhebung des vertragswidrigen Zustandes zu verlangen
(Art. 359 Abs. 3 OR), ist mit dem Ablauf der Zeit, für die das Verbot vor
Art. 357 OR Bestand hat, gegenstandslos geworden. Glaubte die Klägerin,
sie könne nachweisen, dass die strengen Voraussetzungen für ein Begehren
auf Einstellung der verbotenen Konkurrenztätigkeit erfüllt seien, und
wollte sie diesen Anspruch durchsetzen, so blieb ihr praktisch nichts
anderes übrig, als nach Massgabe des kantonalen Prozessrechts um eine
vorsorgliche Verfügung nachzusuchen, was sie gegenüber dem Beklagten
nicht getan zu haben scheint.

Erwägung 10

    10.- Der Beklagte macht geltend, die Klägerin könne gemäss Art. 360
Abs. 2 OR wegen Übertretung des Konkurrenzverbotes nicht klagen, weil sie
ihm schuldhaft einen wichtigen Grund zur Aufhebung des Vertrages gegeben
habe. Er erblickt diesen Grund darin, dass sie ihm in nach Art. 6 HRAG
unzulässiger Weise eine Delcrederehaftung auferlegt, ihm nicht genügende
Auslagevergütungen bezahlt und sich oft zu seinen Ungunsten verrechnet
habe. Selbst wenn die vertraglichen Abmachungen über die Delcrederehaftung
und die Vergütung der Auslagen, an welche die Klägerin sich hielt, dem
Gesetz widersprächen, wäre jedoch der Klägerin deswegen ein Verschulden
im Sinne von Art. 360 Abs. 2 OR nicht vorzuwerfen. Ebensowenig liegt in
den gerügten Abrechnungsfehlern, welche die Klägerin jeweilen anstandslos
berichtigte, ein solches Verschulden.

    Die weitern Einwendungen des Beklagten, das Konkurrenzverbot gelte
nicht zugunsten der Klägerin, sondern nur zugunsten des noch nicht
bestehenden Nahrin-Konzerns, das Geschäft Letters sei kein "Unternehmen"
im Sinne der Konkurrenzklausel und er (der Beklagte) sei nicht bei Letter
angestellt, sondern stehe zu ihm in einem "besondern" Vertragsverhältnis,
brauchen ebenfalls nicht einlässlich widerlegt zu werden. Es genügt, in
diesen Punkten auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen.

Erwägung 11

    11.- Der Vertrag setzt die Konventionalstrafe auf den Betrag eines
Jahresgehaltes des Beklagten fest. Gemäss verbindlicher Feststellung der
Vorinstanz verdiente der Beklagte nach Abzug der hier nicht in Betracht
fallenden Auslagenvergütungen durchschnittlich Fr. 882.36 im Monat,
also jährlich Fr. 10 588.--.

    Die Parteien können die Konventionalstrafe in beliebiger Höhe
vereinbaren (Art. 163 Abs. 1 OR), doch hat der Richter übermässig hohe
Strafen nach seinem Ermessen herabzusetzen (Art. 163 Abs. 3 OR). Beim
Entscheid darüber, ob eine auf die Übertretung eines dienstvertraglichen
Konkurrenzverbotes gesetzte Konventionalstrafe im Sinne dieser Bestimmung
übermässig hoch, d.h. in unvernünftigem, mit Recht und Billigkeit
offensichtlich nicht vereinbarem Masse übersetzt sei, hat der Richter
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes das Verhältnis zwischen dem
vereinbarten Betrag und dem Interesse des Dienstherrn an der Einhaltung
des Konkurrenzverbotes, die Schwere des Verschuldens des Dienstpflichtigen
und dessen wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen (BGE 82 II 146 mit
Hinweisen).

    Angesichts der vom Beklagten erzielten Umsätze war das Interesse
der Klägerin an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes bedeutend,
obwohl es sich auf die Unterlassung des Verkaufs ähnlicher Erzeugnisse
im bisherigen Reisegebiet des Beklagten während etwa zweier Jahre
beschränkte. Das Verschulden des Beklagten wiegt schwer, da er unmittelbar
nach seinem Austritt bei der Klägerin unter bewusster Missachtung einer
von ihm eingegangenen Verpflichtung für eine am gleichen Ort wie die
Klägerin niedergelassene Konkurrenzfirma im Gebiet, das er für die
Klägerin bereist hatte, den Vertrieb von gleichartigen Erzeugnissen
aufnahm. Anderseits lebt der Beklagte, der verheiratet ist und zwei
Kinder hat, in recht bescheidenen Verhältnissen. Er besitzt laut
Bescheinigung des Einwohnergemeinderates Sachseln kein Vermögen und
verdient nach seiner in diesem Punkte nicht bestrittenen Darstellung in der
Klageantwort in seiner neuen Stellung weniger als früher. Die vereinbarte
Konventionalstrafe steht daher in einem offensichtlichen Missverhältnis
zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der vom Kantonsgericht
festgesetzte Betrag (Fr. 1800.--) trägt dagegen dem groben Verschulden
des Beklagten unzweifelhaft nicht genügend Rechnung. Bei Würdigung aller
Umstände sind Fr. 5000.-- angemessen.

    Verzugszins schuldet der Beklagte von 16. August 1961
(Friedensrichtervorstand) an.

Erwägung 12

    12.- Der Beklagte stützt seine Widerklage auf die gemäss Art. 19
HRAG zwingende Vorschrift des Art. 13 HRAG, wonach der Dienstherr dem
Reisenden alle durch die Reisetätigkeit notwendig entstehenden Auslagen,
einschliesslich der Aufwendungen für den gesamten Unterhalt ausserhalb
seiner Wohnstätte, zu ersetzen hat (Abs. 1) und die schriftliche
Vereinbarung eines festen Taggeldes (nur) zulässig ist, wenn dieses
sämtliche Auslagen gemäss Absatz 1 deckt (Abs. 2). Er behauptete im
kantonalen Verfahren nicht, sein Motorfahrzeug im Sinne des Art. 14
HRAG auf Weisung der Klägerin benützt zu haben, und leitete demgemäss
seine Forderung, soweit sie die Fahrzeugauslagen betrifft, nicht aus
dieser - nach Art. 19 Abs. 1 HRAG übrigens nur teilweise zwingenden -
Sondervorschrift ab, sondern beruft sich auch in diesem Punkte auf Art. 13
HRAG, der eingreift, wo der Reisende ein Motorfahrzeug ohne Weisung des
Dienstherrn verwendet (BGE 79 II 208, 81 II 237).

    Dem Reisenden, der geltend macht, die schriftlich vereinbarte
Auslagenvergütung sei unzureichend, liegt grundsätzlich ob, die notwendigen
Auslagen nachzuweisen (Art. 8 ZGB). Misslingt ihm dieser Beweis, so
ist sein Begehren auf Ausrichtung einer zusätzlichen Auslagenvergütung
abzuweisen. Umgekehrt führt der Nachweis, dass die vereinbarte Vergütung
zu niedrig ist, nicht ohne weiteres zum Schutz seines Begehrens. Vielmehr
ist in solchen Fällen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts noch zu
prüfen, ob die gesamten Leistungen des Arbeitgebers dem Reisenden nach
Abzug der notwendigen Reiseauslagen ein angemessenes Entgelt für seine
Dienste bieten; nur wenn das nicht zutrifft, ist anzunehmen, der Reisende
werde in seinen berechtigten Interessen verkürzt, die Vereinbarung weiche
somit "zuungunsten des Reisenden" (Art. 19 Abs. 1 HRAG) von Art. 13 HRAG
ab und sei daher nichtig (BGE 84 II 55 ff.; vgl. 80 II 151, 81 II 238
und 630, 85 III 134/35).

    Mit Bezug auf die Höhe der zu ersetzenden Auslagen darf vom Reisenden
ein strenger Beweis - den er kaum je zu leisten vermöchte - nicht verlangt
werden. Anderseits ist aber entgegen der Auffassung der kantonalen Gerichte
auch nicht zulässig, eine Klage, mit welcher der Reisende rückwirkend den
Ersatz angeblich nicht gedeckter Reiseauslagen verlangt, ohne Prüfung der
nähern Umstände mit der blossen Begründung zu schützen, eine höhere als
die vereinbarte und ausbezahlte Vergütung sei angemessen. Nach dem Gesetz
sind dem Reisenden nicht die üblichen, sondern die im einzelnen Falle
notwendigen Auslagen zu ersetzen. Um den dem Reisenden zukommenden Betrag
abschätzen zu können, muss der Richter folglich die Umstände des einzelnen
Falles möglichst genau kennen. Über diese Umstände enthält das angefochtene
Urteil keine Feststellungen. Von einer Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zur Ergänzung des Tatbestandes ist abzusehen, weil der Beklagte
es unterlassen hat, die massgebenden Tatsachen anzugeben und dafür Beweise
anzurufen, auf deren Abnahme er nach Art. 8 ZGB Anspruch hätte. Er hat
insbesondere, obwohl ihm das leicht möglich gewesen wäre, weder vorgebracht
noch irgendwie belegt, wie oft er sich auswärts verpflegen musste, welche
Auslagen ihm dabei in der Regel entstanden, welche Strecken er bei seiner
Reisetätigkeit zurückzulegen hatte, wieviel der Betrieb und der Unterhalt
seines Motorfahrzeugs kosteten und weshalb er sich veranlasst sah, das
zunächst benützte Motorrad durch einen Personenwagen zu ersetzen. Der
Hinweis auf die Richtlinien der Paritätischen Konsultativkommission für
das Arbeitsrecht der Handelsreisenden und der Antrag auf Einholung eines
Gutachtens können die fehlenden Angaben und Beweisanträge mit Bezug auf
die besondern Umstände seines Falles nicht ersetzen. Solche Vorbringen
wären um so nötiger gewesen, als die Tatsache, dass er die vereinbarten
Vergütungen während dreieinhalb Jahren unbeanstandet entgegennahm, eine
starke Vermutung dafür begründet, dass sie ausreichten.

    Die Nachforderung des Beklagten ist somit abzuweisen, weil er den
Beweis für das Ungenügen der ihm ausbezahlten Vergütungen nicht erbracht
hat.

Erwägung 13

    13.- Zum gleichen Ergebnis führt eine weitere Überlegung. Nach Art. 13
Abs. 4 HRAG wird die Vergütung für die Auslagen des Reisenden, soweit
sie nicht schon zum voraus bezahlt wurde, "auf Grund der Abrechnung des
Reisenden am Ende jedes Monats zur Zahlung fällig, sofern nicht eine
kürzere Frist vereinbart oder üblich ist." Ebenso sind dem Reisenden
nach Art. 14 Abs. 1 HRAG die Aufwendungen für den Betrieb und Unterhalt
eines auf Weisung des Dienstherrn benützten Motorfahrzeugs "auf Grund
regelmässiger Abrechnungen am Ende jedes Monats zu ersetzen". Diese
Bestimmungen wollen nicht bloss dem Reisenden zu einer raschen Befriedigung
seiner Ansprüche auf Ersatz der Reiseauslagen verhelfen, sondern auch für
einen baldigen Austrag allfälliger Meinungsverschiedenheiten über die
Höhe dieser Auslagen sorgen und verhüten, dass Forderungen auflaufen,
deren Berechtigung sich hinterher nur noch schwer prüfen lässt und
deren nachträgliche Geltendmachung den Dienstherrn in eine unangenehme
Lage versetzen kann. Dieses Bestreben des Gesetzes ist auch dann zu
beachten, wenn eine feste Auslagenvergütung vereinbart wurde. Eine solche
Vereinbarung bindet den Reisenden zwar nicht, wenn sie seine berechtigten
Interessen verletzt (Erw. 12 hievor). Trotz der bevorzugten Stellung, die
diese Regelung ihm einräumt, darf und muss ihm jedoch zugemutet werden, dem
vom Gesetz ebenfalls als schutzwürdig anerkannten Interesse des Dienstherrn
an einer klaren Lage in billiger Weise Rechnung zu tragen. Der Reisende
darf deshalb nicht beliebig lange schweigen, wenn er die vereinbarte
Vergütung als unzureichend erachtet. Vielmehr hat er den Dienstherrn
auf das Ungenügen dieser Vergütung aufmerksam zu machen, sobald er
genügende Erfahrungen darüber gesammelt hat, wie hoch sich die notwendigen
Reiseauslagen in Wirklichkeit belaufen. Das ergibt sich aus dem allgemeinen
Gebot des Handelns nach Treu und Glauben (Art. 2 Abs. 1 ZGB), das auch für
den Reisenden gilt, und entspricht dem Grundgedanken des Art. 4 Abs. 1
HRAG über die Treue- und Sorgfaltspflicht des Reisenden. Unterlässt der
Reisende den gebotenen Hinweis ohne zureichenden Grund und nimmt er die
vereinbarten Vergütungen während längerer Zeit vorbehaltlos entgegen,
so kann in der spätern Erhebung einer Nachforderung ein offenbarer
Rechtsmissbrauch im Sinne des Art. 2 Abs. 2 ZGB liegen. In diesem Sinne
ist die bisherige Rechtsprechung, die der Anwendung dieser Bestimmung im
Bereiche des HRAG sehr enge Grenzen setzte (vgl. BGE 79 II 211 lit. e,
81 II 630 ff., 86 II 102), zu ändern.

    Der Beklagte hat die vereinbarte Auslagenvergütung dreieinhalb Jahre
lang ohne Vorbehalt entgegengenommen. Er hat der Klägerin während dieser
langen Zeit nie gesagt, die Vergütung sei ungenügend, obwohl ihm eine
solche Beanstandung zumal angesichts der Lage des Arbeitsmarktes keine
ernsthaften Nachteile hätte verursachen können. Dass die Vergütung seine
notwendigen Auslagen nicht gedeckt habe, behauptete er erst, nachdem
er bei der Klägerin ausgetreten war und durch eine grob schuldhafte
Übertretung des eingegangenen Konkurrenzverbotes die hierauf gesetzte
Konventionalstrafe verwirkt hatte. Sein Vorgehen, das sich übrigens
mit jenem mehrerer anderer von der Klägerin zu Letter übergetretener
Reisender deckt, ist daher mit Treu und Glauben unvereinbar und offenbar
rechtsmissbräuchlich.

Erwägung 14

    14.- Mit der Konventionalstrafe von Fr. 5000.-- kann der Beklagte
den Betrag von Fr. 427.70 verrechnen, den ihm die Klägerin gemäss
Schlussabrechnung vom 21. Juli 1961 anerkanntermassen schuldet, wenn
dieser Betrag nicht in der Zwischenzeit ausbezahlt wurde.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts
des Kantons Obwalden vom 9. Juli 1964 aufgehoben, der Beklagte zur
Zahlung von Fr. 5000.-- nebst 5% Zins seit 16. August 1961 an die Klägerin
verurteilt und die Widerklage abgewiesen wird.