Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 91 II 226



91 II 226

34. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. März 1965 i.S. Muggler gegen
SECURA Versicherungsgesellschaft. Regeste

    Versicherung der (Kausal-)Haftpflicht des Halters eines Motorfahrzeuges
und zugleich, von Gesetzes wegen, der (Verschuldens-) Haftpflicht
eines Lenkers, dem jener den Wagen vermietet hat (Art. 63 Abs. 2 SVG und
ausdrückliche Ausdehnung der Versicherung "auf gewerbsmässige Ausmietung an
Selbstfahrer"). Grobfahrlässige Herbeiführung eines Verkehrsunfalles durch
den Lenker, wobei eine Person getötet und andere schwer verletzt werden.

    Durch seine Leistungen an die geschädigten Dritten erfüllt
der Versicherer, wie zu vermuten ist, sowohl die Haftpflicht des
Lenkers wie auch diejenige des Halters. Kann er gemäss Art. 65 Abs. 3
SVG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 VVG auch auf den schuldlosen
Halter zurückgreifen? Frage verneint. Es bestehen zwei voneinander
zu unterscheidende Versicherungsverhältnisse. Der Lenker ist
"Anspruchsberechtigter" im Sinne des Versicherungsvertragsrechtes nur
aus der seine eigene Haftpflicht deckenden Versicherung, nicht auch aus
der Versicherung der Haftpflicht des Halters.

Sachverhalt

    A.- Der Halter des Personenwagens "Pontiac", Albert Muggler,
Taxichauffeur in Zürich, vermietete ihn im Dezember 1960 dem Magnus
Ruoss. Dieser fuhr am 15. desselben Monats nachts in angetrunkenem Zustand
mit übersetzter Geschwindigkeit auf seiner linken Fahrbahnhälfte in Bäch,
Kanton Schwyz, in einen entgegenkommenden Personenwagen. Einer der Insassen
dieses Wagens starb an den erlittenen Verletzungen, zwei wurden schwer
verletzt. Das Bezirksgericht Höfe verurteilte Ruoss zu einer unbedingt
vollziehbaren Gefängnisstrafe.

    B.- Die Haftpflicht für den Wagen "Pontiac" war bei der SECURA
Versicherungsgesellschaft in Zürich versichert, und zwar erstreckte sich
die Versicherung nach ausdrücklicher Vereinbarung "auf gewerbsmässige
Ausmietung an Selbstfahrer". Die SECURA hat den Geschädigten bereits
Fr. 246'030.60 ausgerichtet, worunter Fr. 17'744.-- als Ersatz des
Versorgerschadens an die Hinterbliebenen des Getöteten.

    C.- Für 70% dieses Betrages = Fr. 12'420.80 will die SECURA (mit
Vorbehalt von Nachforderungen) mit der beim Bezirksgericht Zürich
angehobenen Klage auf den Halter Muggler zurückgreifen. Sie beruft sich
auf die grobfahrlässige Herbeiführung des Verkehrunfalles durch den Lenker
des Wagens, der, weil mitversichert, als Anspruchsberechtigter im Sinne
von Art. 14 Abs. 2 VVG zu gelten habe. Dem ihr daher zustehenden Recht,
ihre Versicherungsleistung zu kürzen, entspreche das Rückgriffsrecht
"gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherten" nach Art. 65 Abs.
3 SVG sowie "gegenüber dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten"
nach Art. 5 Abs. 2 der Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen.

    D.- Sowohl das Bezirksgericht Zürich wie auch das Obergericht des
Kantons Zürich, dieses mit Urteil vom 15. September 1964, haben die
Klage gutgeheissen.

    E.- Mit vorliegender Berufung hält Muggler am Antrag auf Abweisung
der Klage fest, während die SECURA die Bestätigung des angefochtenen
Urteils beantragt.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Als Halter des Motorfahrzeugs, bei dessen Betrieb sich der
Verkehrsunfall vom 15. Dezember 1960 ereignete, haftet der Beklagte kausal
(nach Art. 58 Abs. 1 und 4 SVG), und neben ihm der Lenker aus Verschulden
(nach Art. 41 ff. OR). Die für die Motorfahrzeuge vorgeschriebene
Haftpflichtversicherung erstreckt sich nach Art. 63 Abs. 2 SVG auf die
Personen, für die der Halter nach diesem Gesetze verantwortlich ist,
also im vorliegenden Fall eben auf den Lenker, dem der Beklagte den Wagen
vermietet hatte. Da der Lenker den Unfall grobfahrlässig herbeigeführt hat,
besteht kein Zweifel, dass die Klägerin berechtigt wäre, ihm gegenüber
die Versicherungsleistung gemäss Art. 14 Abs. 2 VVG zu kürzen. Hätte
der Lenker selber den Schaden gedeckt, um hierauf die nach dem Gesagten
von Gesetzes wegen auch für ihn bestehende Haftpflichtversicherung in
Anspruch zu nehmen, so könnte ihm also die Klägerin Art. 14 Abs. 2 VVG
entgegenhalten, und eine Kürzung seines Versicherungsanspruches um 70% wäre
bei der Schwere seines Verschuldens nicht übersetzt. Und dementsprechend
könnte die Klägerin, wenn sie mit ihren Zahlungen an die Geschädigten nur
gerade die Haftpflicht des Lenkers erfüllt hätte, auf ihn gemäss Art. 65
Abs. 3 SVG im gleichen Masse Rückgriff nehmen. In diesem Falle wäre die
Haftpflicht des Halters, also des Beklagten, gar nicht in Anspruch genommen
worden; die Leistungen der Klägerin wären nicht für ihn erfolgt, und daher
könnte sie für diese Leistungen von vornherein nicht auf ihn zurückgreifen.

    In der Berufungsschrift nimmt nun der Beklagte den Standpunkt ein,
die Leistungen der Klägerin seien in der Tat nur für den schuldigen
Mieter erfolgt. Da dieser den Schaden verursacht habe, sei nur ihm
der vertragliche Anspruch auf Befreiung von den Schadenersatzansprüchen
Dritter zugestanden. Sei aber somit die vertragliche Leistung der Klägerin
nur zu Gunsten des Lenkers Ruoss erfolgt, so könnte ein Rückgriff auf den
Beklagten nicht aus Versicherungsrecht, speziell nicht aus Art. 14 Abs. 2
VVG, sondern nur gemäss Art. 51 Abs. 2 OR in Frage kommen, wofür aber
bei der Schuldlosigkeit des Halters einerseits und dem groben Verschulden
des Lenkers anderseits die Voraussetzungen nicht gegeben seien.

    Demgegenüber erklärt die Klägerin mit Recht, sie habe ihre
Leistungen an die geschädigten Dritten auch zur Befreiung des Halters,
also des Beklagten, erbracht. Dessen Kausalhaftpflicht ist keine bloss
subsidiäre, sondern steht auf gleicher Linie wie diejenige des Lenkers
aus Verschulden. Durch die Leistungen des Versicherers an geschädigte
Dritte wird der eine wie der andere Haftpflichtige zugleich befreit. Es
ist daher ohne weiteres anzunehmen, der Versicherer wolle für Rechnung
beider bei ihm versicherten Haftpflichtigen leisten. Dies auch dann,
wenn der geschädigte Dritte sein unmittelbares Forderungsrecht gegen den
Versicherer (gemäss Art. 65 Abs. 1 und 2 SVG) einfach auf die "für das
Motorfahrzeug" bestehende Haftpflichtversicherung stützt, ohne sich des
nähern zur Haftpflicht des Halters und des Lenkers auszusprechen. Die
Klägerin hat übrigens ihre (den geschädigten Dritten eigentlich nicht
berührende) dahingehende Willensmeinung bereits in ihrem Briefwechsel
mit dem Vertreter der Geschädigten zum Ausdruck gebracht, indem sie die
Angelegenheit mit den Worten "Muggler/Diverse" überschrieb (so z.B. im
Briefe vom 28. September 1962).

    Bei dieser Sachlage kann der Klägerin nicht verwehrt werden, vom
Beklagten den Betrag einzufordern, den sie nach ihrer Ansicht über das
ihm aus Versicherung Geschuldete hinaus an die geschädigten Dritten
geleistet hat. Sofern ihr wirklich wegen des groben Verschuldens des
Lenkers ein Anspruch auf Kürzung der Versicherungssumme auch gegenüber
dem schuldlosen Halter zustehen sollte, kann sie diesen Anspruch,
wie es mit der vorliegenden Klage geschieht, rückgriffsweise geltend
machen. Die Einwendung des Beklagten, ein solcher Rückgriff sei nach Art.
51 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 72 Abs. 1 VVG nicht gerechtfertigt,
geht fehl. Der Rückgriff der Klägerin beruht gar nicht auf diesen
Bestimmungen. Er ist nichts anderes als eine Modalität der Ausübung des
in Frage stehenden Kürzungsanspruchs, ein Korrelat dazu, und beruht wie
dieser selbst auf dem Rechtsverhältnis der Haftpflichtversicherung und den
es ergänzenden Normen des Art. 65 Abs. 3 SVG. Da nach Abs. 1 und 2 daselbst
der geschädigte Dritte den ihm geschuldeten Schadenersatz im Rahmen der
vertraglichen Versicherungsdeckung unmittelbar beim Haftpflichtversicherer
einfordern kann, ohne dass dieser befugt wäre, ihm Einreden aus dem
Versicherungsvertrag oder aus dem VVG entgegenzuhalten, erwächst dem
Versicherer als Reflexwirkung seiner Zahlung an den Geschädigten ein
Recht des Rückgriffs auf den Versicherungsnehmer oder den Versicherten
in dem Umfange, als er im innern Versicherungsverhältnis zur Ablehnung
oder Kürzung der Versicherungsleistung befugt wäre (vgl. OFTINGER,
Haftpflichtrecht II/2 S. 771).

Erwägung 2

    2.- Für den Ausgang der Sache ist somit entscheidend, ob der
Klägerin ein Anspruch auf Kürzung der Versicherungsleistung gegenüber
dem Beklagten wirklich zusteht. Das Obergericht bejaht es aus folgenden
Erwägungen: Da die für Motorfahrzeuge bestehende Haftpflichtversicherung
auch die Haftpflicht derjenigen Personen deckt, für die der Halter
nach der Strassenverkehrsgesetzgebung verantwortlich ist, "ist jeder
Lenker, der das Fahrzeug mit Einwilligung des Halters führt, für seine
Haftpflicht versichert, gehört er also zu den ,Anspruchsberechtigten'
(vgl. Kommentar ROELLI zum VVG Bd. I Bem. 4 S. 225 in Verbindung mit
Bem. 3 a S. 207 ff.). Verursacht ein solcher Lenker auf grob fahrlässige
Weise einen Schadensfall, so ist deshalb der Versicherer nach Art. 14
Abs. 2 VVG zur Kürzung seiner Leistung berechtigt. Hieraus folgt, dass
der Klägerin als Versicherer für Entschädigungen, die sie infolge eines
vom Mieter grob fahrlässig verursachten Unfalles ausgerichtet hat, ein
Rückgriffsrecht nicht nur gegen den schuldhaften Mieter, sondern auch
gegen den schuldlosen Versicherungsnehmer und Halter zusteht."

    Das Obergericht fügt bei, diese Lösung entspreche der herrschenden
Auffassung in Literatur und Rechtsprechung. Es beruft sich auf OFTINGER
(Haftpfllichtrecht II/2 S. 775), GRAF (Das zivilrechtliche Verschulden
des Automobilisten, Zürcher Diss. 1943, S. 83), LEUENBERGER (Der
Regress in der Haftpflichtversicherung, Berner Diss. 1955, S. 67/68
und 72), BUSSY (Schweiz. jur. Kartothek, Karte 908 Bem. 15 lit. c)
sowie auf Entscheidungen des Obergerichts des Kantons Thurgau
und des Appellationshofes des Kantons Freiburg (Entscheidungen in
privaten Versicherungsstreitigkeiten VIII Nr. 246 und XI Nr. 80). Zur
gegenteiligen Auffassung, wie sie z.B. KUHN (Schuldhafte Herbeiführung des
Versicherungsfalles, Zürcher Diss. 1941, S. 78) und BADERTSCHER/SCHLEGEL
(Strassenverkehrsgesetz S. 218) vertreten, bemerkt das Obergericht, das
in Frage stehende Rückgriffsrecht stütze sich nicht auf den - in der Tat
grobe Fahrlässigkeit auch des Halters voraussetzenden - Art. 14 Abs. 3
VVG, sondern auf Abs. 2 daselbst. Ob das danach bestehende Kürzungs-
bezw. Rückgriffsrecht der Billigkeit entspreche, sei eine müssige
Frage und brauche auch nicht im besondern Falle geprüft zu werden,
wo die gewerbsmässige Vermietung des Fahrzeugs ausdrücklich in die
Versicherung eingeschlossen ist und dafür eine höhere Prämie verlangt
wird. BUSSY (aaO) bezeichne diese Lösung als "nicht ganz gerecht". Es
sei aber zu bedenken, dass der Halter nach Art. 58 Abs. 4 SVG für das
Verschulden des Lenkers schlechthin einzustehen hat. Im übrigen stehe
der Halter dem Verschulden des von ihm gewählten Fahrzeugmieters näher
als der Versicherer. Vorbehalten bleibe dem Halter, seinerseits auf den
schuldigen Mieter zurückzugreifen.

    Diese Ausführungen erwecken in verschiedener Hinsicht Bedenken.

    a) Einmal lässt sich von einer herrschenden Ansicht weder im einen
noch im andern Sinne sprechen. Gewiss steht das angefochtene Urteil im
Einklang mit den von ihm angerufenen Entscheidungen anderer kantonaler
Gerichte (auch des Bezirksgerichts Arlesheim: VAS XI Nr. 19). Und zur
gleichen Ansicht bekennt sich OFTINGER (aaO) mit eingehender Begründung,
ebenso GRAF (aaO). Auf BUSSY (aaO) beruft sich das Obergericht dagegen zu
Unrecht; denn die erwähnte Bemerkung 15, c befasst sich gar nicht mit dem
Rückgriffsrecht des Versicherers, sondern bloss mit der Haftung des Halters
und eines von diesem verschiedenen Lenkers gegenüber dem Geschädigten. Auch
LEUENBERGER (aaO) ist nicht zu den Vertretern der Ansicht des Obergerichtes
zu zählen. Er bespricht zunächst andere Rückgriffsfragen (S. 59 bis 70
oben) und kommt dann im Abschnitt 5 (Der Regress des HVr gegen den Lenker,
S. 70 ff.) im Gegensatze zum angefochtenen Urteil zum Ergebnis, der
Versicherer könne auf den das Fahrzeug nicht selbst lenkenden Halter nur
dann zurückgreifen, wenn diesen selbst ein Verschulden trifft ("z.B. culpa
in eligendo, instruendo oder custodiendo in bezug auf den Lenker";
S. 73). Den Kürzungs- und Rückgriffsanspruch des Versicherers gegenüber
dem schuldlosen Halter verneint sodann, ausser den vom Obergericht
beispielsweise erwähnten Autoren KUHN (aaO) und BADERTSCHER/SCHLEGEL (aaO),
noch namentlich RINGWALD (Die Regressrechte des Versicherers nach dem MFG,
Schweizerische Versicherungszeitschrift 5/1937, S. 356).

    b) Grundlage des angefochtenen Urteils ist die nach Art.
63 Abs. 2 SVG Platz greifende Mitversicherung anderer Personen, für
die der Halter verantwortlich ist, wie nun eben des Lenkers, dem
er den Wagen im vorliegenden Fall vermietet hatte. Infolge dieser
Ausdehnung der Versicherung auf die persönliche Haftpflicht eines
solchen Lenkers ist dieser ebenfalls "Anspruchsberechtigter" im Sinne
des Versicherungsvertragsrechtes. Daraus folgert das Obergericht,
die für das in Frage stehende Motorfahrzeug zu beanspruchende Leistung
aus Haftpflichtversicherung sei schlechthin der Kürzung nach Art. 14
Abs. 2 VVG unterworfen und daher ein Rückgriff des Versicherers nicht
nur auf den Lenker, sondern auch auf den Halter gerechtfertigt. Diese
Betrachtungsweise wird jedoch der Eigenart der Haftpflichtversicherung
nicht gerecht und berücksichtigt nicht in gebührender Weise die sich aus
Art. 63 Abs. 2 SVG ergebenden versicherungsrechtlichen Beziehungen. Als
befürchtetes Ereignis ist bei der Haftpflichtversicherung nicht der Vorfall
(der tatsächliche Vorgang) anzusehen, der Personen- und Sachschäden mit
sich bringt, sondern die den Versicherten aus einem bestimmten Rechtsgrund
für jenen Vorfall und dessen Schadensfolgen treffende Haftpflicht. Diese
Art der Versicherung soll den Versicherten gegen die Folgen seiner
Haftpflicht, also gegen die ihm daraus erwachsende Beeinträchtigung seines
Vermögensstandes, schützen. Es handelt sich um eine Vermögensversicherung
als Unterart der Schadensversicherung (vgl. W. KOENIG, Schweizerisches
Privatversicherungsrecht, 2. A., S. 415 ff.; C. JAEGER, Komm., N. 2 zu
Art. 59 VVG; J. STREBEL, N. 40 zu Art. 48 MFG).

    Angesichts dieses Gegenstandes der Haftpflichtversicherung geht es nun
nicht an, die beiden nach Art. 63 Abs. 2 SVG nebeneinander bestehenden
Haftpflichtversicherungen, nämlich diejenige des Fahrzeughalters für
seine kausale Haftpflicht, also für die dadurch bedingte Beeinträchtigung
seines Vermögens, und die von Rechts wegen hinzutretende Versicherung
anderer Personen für deren Verschuldenshaftung, also für die daraus
ihnen erwachsende Vermögensbeeinträchtigung, als ein und dasselbe
Versicherungsverhältnis aufzufassen. Vielmehr sind auf einheitlicher
Rechtsgrundlage - nämlich infolge des Vertragsabschlusses durch den
Halter oder durch eine andere Person für ihn - zwei nach Gegenstand
und persönlicher Berechtigung verschiedene Haftpflichtversicherungen
entstanden: die eine deckt die Haftpflicht des Halters und schützt diesen
gegen den ihm drohenden Eingriff in sein Vermögen, während die andere die
persönliche Pflicht der in Art. 63 Abs. 2 genannten andern Personen deckt
und in entsprechendem Sinn ihrem Schutze dient. Das Gesetz unterscheidet
denn auch zwischen diesen beiden zu versichernden Haftpflichten nicht
nur in der soeben erwähnten Bestimmung, sondern auch in Art. 60 (vgl. im
übrigen J. STREBEL, Haftpflicht und Haftpflichtversicherung nach dem
Bundesgesetz über den Strassenverkehr, Schweizerische Zeitschrift für
Sozialversicherung Bd. 3/1959 S. 91 Ziff. 6, b). Die Versicherung des
Halters schliesst gewöhnlich er selbst für eigene Rechnung ab; die damit
verbundene Versicherung der genannten andern Personen ist dagegen der
Natur der Sache nach eine Versicherung für fremde Rechnung.

    Diese beiden auf demselben Vertragsabschluss beruhenden, jedoch die
Haftpflichten verschiedener Personen aus verschiedenen Rechtsgründen
betreffenden Versicherungen sind unter dem Gesichtspunkt des Art. 14
VVG gesondert, jede für sich, zu beurteilen. Bei der Versicherung
der Halterhaftpflicht ist der Halter der einzige Anspruchsberechtigte
(unter Umständen hat man es mit einer Mehrzahl von Haltern zu tun);
ein Lenker, dem die Haltereigenschaft abgeht, steht ausserhalb dieses
Versicherungsverhältnisses, er ist Anspruchsberechtigter nur bei der ihn
selbst betreffenden Lenkerversicherung. Art. 14 Abs. 2 VVG kommt daher dem
Halter gegenüber nur zur Anwendung, wenn er selbst als Versicherungsnehmer
und zugleich Anspruchsberechtigter (oder allenfalls ein mit ihm nicht
identischer Versicherungsnehmer) den seine Haftpflicht begründenden Vorfall
grobfahrlässig herbeigeführt hat. Das grobe Verschulden des Lenkers, dem
jener den Wagen vermietet hatte, rechtfertigt dagegen nur eine Kürzung
des Versicherungsanspruches aus der Lenkerversicherung und daher (nach
Erfüllung dieses Anspruches durch den Versicherer) nur einen Rückgriff
auf den Lenker. Gegenüber dem Halter fällt das grobe Verschulden des
Lenkers als eines aus der Halterversicherung nicht anspruchsberechtigten
Dritten nur unter den besondern Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3
VVG als Kürzungs- und allfälliger Rückgriffsgrund in Betracht. Diese
Voraussetzungen liegen hier, wie das Obergericht ebenfalls bemerkt,
nicht vor. Weder gehört der schuldige Lenker zu den Hausgenossen des
Beklagten, noch handelt es sich um eine Person, für deren Handlungen
jener (als Geschäftsherr, nach Art. 55 OR, vgl. ROELLI, Komm., Anm. 5 zu
Art. 14/15 VVG S. 230) einzustehen hat; namentlich aber ist nicht die Rede
von einem eigenen groben Verschulden des Beklagten in der Beaufsichtigung,
durch die Anstellung oder durch die Aufnahme des Lenkers. Der Beklagte
hat den Wagen einem mit Führerschein versehenen Selbstfahrer vermietet,
den er nicht zu beaufsichtigen hatte (vgl. zum Selbstverschuldensprinzip
des Art. 14 VVG ROELLI, Anm. 1 zu Art. 14/15, S. 202 Mitte; GUYER, Komm.,
zu Art. 14 VVG S. 47 oben: Das Verschulden anderer Dritter als der in
Abs. 3 genannten Personen berührt die Haftung des Versicherers nicht;
"Gerade gegen solche Vorfälle wird ja die Versicherung gesucht").

    c) Nichts Abweichendes ergibt sich aus Art. 33 VVG.  Freilich birgt
die gewerbsmässige Ausmietung an Selbstfahrer erhöhte Risiken in sich. Sie
bedarf daher der behördlichen Bewilligung (nach Art. 11 der Verordnung vom
20. November, 1959 über Haftpflicht und Versicherungen im Strassenverkehr),
und es wird üblicherweise in dem vom Versicherungsnehmer als Antragsteller
auszufüllenden Fragebogen ausdrücklich danach gefragt, ob dieses Risiko
in die Halter- (und damit auch in die Lenker-) versicherung einzubeziehen
sei. Das hat der Beklagte aber eben beim Abschluss seiner Versicherung
bejaht und auch die entsprechenden Prämienzuschläge bezahlt. Somit ist
die ihn für den Vorfall vom 15. Dezember 1960 treffende Haftpflicht auch
im innern Verhältnis zwischen ihm und der Klägerin versichert.

    d) Wäre der Lenker nicht mitversichert, bestünde also für seine
persönliche Verantwortlichkeit nach Art. 41 ff. OR gar keine oder nur eine
von der Halterversicherung getrennt abgeschlossene Versicherung, so könnte
von vornherein nicht die Rede davon sein, dass der Versicherungsanspruch
des Halters wegen des groben Verschuldens des Lenkers - beim Fehlen der
besonderen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 VVG - gekürzt werden könnte.
Die Ausdehnung der vom Halter (oder durch eine andere Person für ihn)
abzuschliessenden Versicherung auf die persönliche Verantwortlichkeit
gewisser anderer Personen (wie auch eines selbständigen Lenkers als
Wagenmieter) war nach der frühern Gesetzgebung nicht von Rechts wegen
vorgesehen. Nach Art. 48 des MFG vom 15. März 1932 hatte der Halter
nur seine eigene Haftpflicht zu versichern. Die damals in der Schweiz
gebräuchlichen Allgemeinen Bedingungen der Haftpflichtversicherung für
Motorfahrzeuge sahen dagegen in § 2 die Ausdehnung der Versicherung vor
"auf die persönliche Haftpflicht jedes Lenkers des Fahrzeuges, diejenigen
Fälle ausgenommen, in welchen das Fahrzeug ohne Verschulden des Halters
von einem Dritten eigenmächtig verwendet wird" (also mit Ausnahme der
Strolchenfahrten, für die auch heute besondere Regeln gelten, Art. 75
SVG). Weder mit dieser vertraglichen Ausdehnung des Versicherungsschutzes
noch mit der ihr entsprechenden Gesetzesänderung wurde aber beabsichtigt,
die rechtliche Stellung des Halters zu verschlechtern. Es wäre denn auch
widersinnig, der Mitversicherung der persönlichen Verantwortlichkeit
anderer Personen und insbesondere des Lenkers nachteilige Wirkungen auf
die Versicherung der Halterhaftpflicht zuzuschreiben. Wie der Botschaft
des Bundesrates zum Gesetzesentwurfe zu entnehmen ist (BBl 1955 II
S. 49), will die neue Vorschrift des Art. 63 Abs. 2 SVG lediglich den
Lenker, der vom Geschädigten auf Grund von Art. 41 OR belangt wird,
in bezug auf Versicherungsschutz nicht schlechter stellen als den
Halter. Das ist die einzige Folge dieser Regelung wie auch schon des
frühern § 2 der Allgemeinen Bedingungen (vgl. STIEFEL/KOENIG/MARTINOLI,
Autohaftpflichtversicherung, Bem. 2 ff. zu § 2 AVB). Für die Versicherung
der Halterhaftpflicht ist der (seinerseits gegen die Folgen seiner eigenen
Verschuldenshaftung versicherte) Lenker ein Dritter geblieben.

    e) Selbst von ihrem Standpunkt aus, der Lenker sei auch für die
Halterversicherung als Anspruchsberechtigter zu betrachten, hätte übrigens
die Vorinstanz den Art. 14 Abs. 2 VVG nicht ohne weiteres als Grund
eines Kürzungs- bezw. Rückgriffsanspruchs gegen den Beklagten anerkennen
dürfen. Denn nach verbreiteter Lehre wirkt sich zwar grobes Verschulden
des Versicherungsnehmers auch gegenüber allen Anspruchsberechtigten aus,
grobes Verschulden eines Anspruchsberechtigten dagegen nur zu seinem
eigenen Nachteil (ROELLI, Komm., Anm. 3 c und 5 zu Art. 14/15 VVG,
S. 222 und 232; KOENIG, Schweizerisc hes Privatversicherungsrecht, 2. A.,
S. 255; SCHUPPISSER, Die grobfahrlässige Herbeiführung des Versicheru
ngsfalles nach Art. 14 Abs. 2 VVG, Berner Diss. 1964, S. 16). Das
angefochtene Urteil hätte Veranlassung gehabt, sich mit dieser (aaO)
eingehend begründeten Lehrmeinung auseinanderzusetzen. Hier braucht dies
nicht zu geschehen, denn nach dem Gesagten kann das grobe Verschulden
des Lenkers dem Beklagten schon deshalb nicht schaden, weil der Lenker
ausserhalb des Rechtsverhältnisses der Halterhaftpflichtversicherung steht.

Erwägung 3

    3.- Gründe der Billigkeit, welche die Vorinstanz ebenfalls zur
Rechtfertigung der von ihr gewählten Lösung anbringen zu können glaubt,
sind in Wahrheit keine zu finden. Das Selbstverschuldensprinzip des
Art. 14 VVG entspricht durchaus der Billigkeit. Die Überlegung, der Halter
und Vermieter des Wagens stehe dem Verschulden des von ihm angenommenen
Mieters und Wagenlenkers näher als der Versicherer, ist unmassgeblich. Der
Versicherer steht der Herbeiführung des befürchteten Ereignisses (bezw. des
dieses mit sich bringenden Vorfalles) in aller Regel gänzlich fern, was
jedoch keinen Grund bildet, den Versicherungsschutz zu verneinen oder
zu vermindern. Das Verhalten des Beklagten aber war einwandfrei und das
mit der Wagenvermietung verbundene besondere Haftpflichtrisiko in die
Versicherung eingeschlossen.

    Auch die von OFTINGER (aaO S. 775/76) angeführte zusätzliche
Begründung der gegenteiligen Lösung vermag nicht durchzuschlagen. Dieser
Autor knüpft seine Argumentation an die Stellung des Fahrzeughalters
gegenüber den durch einen Verkehrsunfall geschädigten Personen an. Er
bemerkt, das Verhalten der Hilfspersonen des Halters belaste "nach
allgemeiner haftpflichtrechtlicher Regel den Halter", und hält dafür,
das müsse "auch hier zur Auswirkung kommen". Dabei lässt er aber die
Verschiedenheit des Zweckes und Rechtsinhaltes der Halterhaftpflicht
einerseits und der zum Schutz des Halters gegen die Folgen der ihm
daraus erwachsenden Beeinträchtigung des Vermögensstandes bestimmten
Haftpflichtversicherung anderseits unberücksichtigt. Die Regel des
Art. 58 Abs. 4 SVG gilt lediglich für das Haftpflichtrecht, das dem
Halter zum Schutze des Geschädigten die Kausalhaftung auferlegt. Es ist
ein Merkmal der Kausalhaftung, dass sie Haftung für fremdes Verhalten -
und zwar nicht bloss schuldhaftes - einschliesst (OFTINGER, aaO S. 490/91
und 497 sowie FN 198 daselbst). Nach dem das Rechtsverhältnis zwischen
Halter und Haftpflichtversicherer beherrschenden Versicherungsrecht ist
aber diese Haftung für Verschulden Dritter nicht von der Versicherung
ausgeschlossen. Vielmehr liesse sich aus einem solchen Verschulden ein
Kürzungs- und allfälliger Rückgriffsanspruch des Versicherers gegenüber
dem Halter nur unter den besonderen, nach dem Gesagten hier nicht gegebenen
Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 VVG herleiten.

    Damit steht im Einklang, dass Art. 100 VVG subsidiär auf die
Bestimmungen des OR, nicht der Spezialgesetze wie des SVG, verweist. Der
Zweck der vorliegenden Halter-Haftpflichtversicherung besteht gerade
darin, dem der strengen Kausalhaftung unterworfenen Halter eine Deckung
für die ihm insbesondere auch bei regelwidrigem Fahren eines Wagenmieters
erwachsende oder drohende Vermögensschädigung zu bieten. Für dieses
Rechtsverhältnis ist es bedeutungslos, dass der Wagenmieter seinerseits
gegen die Folgen seiner persönlichen Verantwortlichkeit ebenfalls
versichert ist.

Erwägung 4

    4.- Endlich lässt sich für den streitigen Rückgriff nichts daraus
herleiten, dass Art. 5 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen
einen Rückgriff der Gesellschaft "gegenüber dem Versicherungsnehmer und
dem Versicherten" vorsieht, während Art. 65 Abs. 3 SVG dem Versicherer ein
Rückgriffsrecht "gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherten"
einräumt. Jener Text lehnt sich an das Versicherungsvertrags- und
an das Strassenverkehrsrecht an, indem er den Rückgriff "insoweit"
Platz greifen lässt, "als sie" (die Gesellschaft) "nach diesem
Vertrag oder dem Versicherungsvertragsgesetz zur Ablehnung oder
Kürzung ihrer Leistungen befugt wäre, sowie insoweit, als in der
Strassenverkehrsgesetzgebung das Rückgriffsrecht vorgesehen ist". Der
hier angerufene Kürzungsgrund des Art. 14 Abs. 2 VVG ist, wie dargetan,
gegenüber dem Beklagten nicht gegeben. Übrigens wäre eine Bestimmung
des Versicherungsvertrages, welche den schuldlosen Halter, als
Versicherungsnehmer und einzigen Anspruchsberechtigten aus der seine
eigene Haftung betreffenden Versicherung, das grobe Verschulden des an
diesem Versicherungsanspruch unbeteiligten Lenkers wollte entgelten
lassen, ungültig. Denn nach der zwingenden Bestimmung des Art. 14
Abs. 4 VVG besteht der Versicherungsanspruch in vollem Umfange, wenn der
Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte das befürchtete Ereignis
leichtfahrlässig herbeigeführt oder sich einer leichten Fahrlässigkeit
im Sinne des vorgehenden Absatzes schuldig gemacht hat. Um so weniger
ist eine Kürzung (und ein entsprechender Rückgriff) zulässig, wenn dem
Versicherungsnehmer und zugleich einzigen Anspruchsberechtigten nicht
einmal leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 15. September 1964 aufgehoben und die Klage abgewiesen.