Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 I 334



90 I 334

51. Auszug aus dem Urteil vom 16. Dezember 1964 i.S. Affolter und
Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Luzern. Regeste

    Eigentumsgarantie; Natur- und Heimatschutz; rechtliches Gehör.

    1.  Beschwerderecht der Gemeinde gegen einen Erlass, der zu ihrem
Finanzvermögen gehörende Grundstücke betrifft (Erw. 1b).

    2.  Sind die betroffenen Grundeigentümer vor Erlass eines
Landschaftsschutzplanes anzuhören? (Frage offen gelassen; Erw. 2).

    3.  Freie Prüfung der gesetzlichen Grundlagen weitreichender
Landschaftsschutzmassnahmen (Erw. 3). Begriff der schützenswerten
"Landschaft" (Erw. 3 a) und der "Verunstaltung" (Erw. 3 b).
Verhältnismässigkeit von Landschaftsschutzmassnahmen (Erw. 3 c).

Sachverhalt

    Der Regierungsrat des Kantons Luzern erliess am 18. Dezember 1944 eine
Verordnung zum Schutze des Sempachersees und seiner Ufer. Diese untersagte
die Errichtung von Bauten und Anlagen, die das Seeufer verunzieren oder in
seiner landschaftlichen Wirkung beeinträchtigen; im Hinblick darauf schrieb
sie vor, dass alle Bauten und Anlagen in einer Entfernung von weniger als
100 m vom Seeufer vor der Erteilung der ordentlichen Baubewilligung durch
den Gemeinderat einer Bewilligung des kantonalen Baudepartements bedürfen.

    Im Laufe der Jahre erwies sich die Verordnung als ungenügend. Die
kantonale Seeuferschutz-Kommission, die dem kantonalen Baudepartement
und dem Regierungsrat in Seeuferschutz- und Bewilligungsfragen beratend
und begutachtend zur Seite steht, wurde 1962 beauftragt, den Entwurf zu
einer neuen Verordnung auszuarbeiten. Andererseits schlossen sich gegen 150
Eigentümer von Grundstücken am Sempachersee sowie die Einwohnergemeinderäte
von vier Seeufergemeinden zur "Interessengemeinschaft Sempachersee"
zusammen. Die kantonale Seeuferschutz-Kommission nahm am 30. Mai 1963
mit den Einwohnergemeinderäten der sieben am See gelegenen Gemeinden Eich,
Neuenkirch, Nottwil, Oberkirch, Schenkon, Sempach und Sursee Fühlung. Sie
holte zudem die Stellungnahme des Ornithologischen Vereins Sursee und
Umgebung, des Luzerner Naturschutzbundes sowie der Naturforschenden
Gesellschaft Luzern ein und trat mit der Interessengememschaft Sempachersee
in Verbindung.

    Am 16. Juni 1964 unterbreitete die Seeuferschutz-Kommission ihren
Entwurf dem Regierungsrat, der gestützt darauf am 20. Juli 1964 eine neue
Verordnung zum Schutze des Sempachersees und seiner Ufer mit zugehörigem
Zonenplan erlassen hat. Die Verordnung teilt in § 2 das geschützte Gebiet
in drei Zonen ein, deren Grenzen im Zonenplan festgelegt sind: in die
Wasserzone, welche die Seefläche umfasst, in die Sperrzone, die aus einem
Uferstreifen von 30 bis 300 m Breite besteht und in die zwei Pflanzen-
und Vogelschutzreservate eingelassen sind, und in die Schutzzone, die
sich landeinwärts daran anschliesst. § 4 der Verordnung untersagt in
der Wasserzone und der Sperrzone alle baulichen Anlagen (Abs. 1); der
Regierungsrat kann indes nach Anhörung der Seeuferschutz-Kommission
bauliche Anlagen zum Schutz des Ufers, Bootshäuser, Quai-, Hafen-,
Bade- und Fischereianlagen, landwirtschaftliche Anlagen sowie Camping-
und Rastplätze unter sichernden Bedingungen und Auflagen bewilligen,
sofern die Fischerei nicht beeinträchtigt und das Landschaftsbild
nicht gestört wird (Abs. 2). Die Verordnung wurde am 25. Juli 1964
im Kantonsblatt veröffentlicht. Sie ist am 1. August 1964 in Kraft
getreten. Am 15. September 1964 haben 121 Eigentümer von Grundstücken
in der Sperrzone staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des
Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie erhoben. Die Beschwerdeführer
sind nach Angaben der Beschwerde "mit verschwindend kleinen Ausnahmen"
Mitglieder der Interessengemeinschaft Sempachersee; es handelt sich um 119
Privatpersonen und um die Einwohnergemeinden Oberkirch und Schenkon. Sie
beantragen, es sei § 4 der Verordnung und der in § 2 erwähnte Zonenplan
aufzuheben; vor der neuen Inkraftsetzung sei der Zonenplan in einem
Planauflageverfahren gemeindeweise öffentlich bekanntzumachen und zur
Einsichtnahme aufzulegen, wobei den betroffenen Grundeigentümern eine
Frist für allfällige Einsprachen oder Abänderungsbegehren anzusetzen sei.

    Das Bundesgericht hat die Beschwerde nach Einholung einer
Vernehmlassung des Regierungsrates abgewiesen, soweit es darauf eingetreten
ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- ...b) Die Beschwerde wird auch im Namen der Einwohnergemeinden
Oberkirch und Schenkon erhoben, die durch ihre Gemeinderäte vertreten sind.
Die Einwohnergemeinde Oberkirch ist Eigentümerin der im Gemeindebann
Sursee gelegenen Parzelle Nr. 544, die Einwohnergemeinde Schenkon der
auf ihrem Gemeindegebiet liegenden Parzelle Nr. 372; beide Grundstücke
fallen in die Sperrzone. Der Regierungsrat spricht den Gemeinden das
Beschwerderecht ab. Soweit nicht ihre Autonomie oder ihr Bestand in Frage
stehen (was hier nicht behauptet wird), ist die Gemeinde nur insofern zur
Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde berechtigt, als der angefochtene
Erlass oder Entscheid sie in gleicher Weise wie einen Privaten trifft
(BGE 87 I 214 Erw. 2 mit Verweisungen; 88 I 108; 89 I 111 Erw. 1, 206
Erw. 1). Das ist, wie das Bundesgericht mit Urteil vom 25. Juni 1958
i.S. Birrwil (Erw. 3) erkannt hat, insbesondere dann der Fall, wenn der
betreffende Erlass oder Entscheid in Rechte eingreift, die der Gemeinde
als Grundeigentümerin zustehen. Dieser Schluss kann nicht in Zweifel
gezogen werden, soweit die Gemeinde als Eigentümerin von Grundstücken
auftritt, die zu ihrem Finanzvermögen gehören. Es fragt sich dagegen,
ob der Gemeinde auch insofern das Beschwerderecht zuzuerkennen sei, als
sie sich für die Rechte an einem Grundstück wehrt, das Verwaltungsvermögen
darstellt oder eine öffentliche Sache im Gemeingebrauch ist. Die Frage kann
indes offen bleiben, und es braucht demgemäss nicht untersucht zu werden,
wie der Fall hier liege, da die Einwohnergemeinden Oberkirch und Schenkon
keine andern Rügen erhoben haben als die übrigen Beschwerdeführer,
auf deren Einwendungen ohnehin einzutreten ist. Es kann denn auch
dahingestellt bleiben, ob die Gemeinderäte (wie der Regierungsrat annimmt)
zur Beschwerdeführung der Zustimmung der Gemeindeversammlung bedürften und
ob ihnen deshalb eine Nachfrist zur Beibringung entsprechender Vollmachten
anzusetzen sei (erwähntes Urteil i.S. Birrwil, Erw. 1).

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer beanstanden in formeller Hinsicht, dass dem
Erlass der Schutzverordnung und des Zonenplanes kein Einspracheverfahren
vorausging. Sie erblicken hierin einen Verstoss gegen das Willkürverbot,
eine formelle Rechtsverweigerung und eine Verletzung des Gebots von Treu
und Glauben. Diese Vorwürfe lassen sich in der Rüge der Verweigerung des
rechtlichen Gehörs zusammenfassen, die sie gleichfalls erhoben haben.

    Das kantonale Recht enthält keine Bestimmungen über die
Anhörung der betroffenen Grundeigentümer im Falle des Erlasses von
Heimatschutzvorschriften und zugehörigen Zonenplänen. Es kann sich deshalb
nur fragen, ob der Regierungsrat unmittelbar auf Grund des Art. 4 BV zu
einer Anhörung der Beteiligten verpflichtet gewesen sei. Das Bundesgericht
hat mit Urteil vom 11. September 1963 i.S. Basler Terraingesellschaft AG
(abgedruckt in ZBl 1964 S. 216 ff.) erkannt, dass die Anhörungspflicht dem
Grundsatze nach wohl in Verwaltungssachen, nicht aber mit Bezug auf die
materielle Rechtssetzung im Sinne des Erlasses genereller und abstrakter
Normen Platz greift. Es hat es dabei offen gelassen, ob ein Zonenplan
ein allgemein verbindlicher Erlass oder eine Summe von Einzelverfügungen
sei, sondern hat ungeachtet der Zuordnung des Planes zu der einen oder
andern Gruppe mit Rücksicht auf die fehlende Abstraktheit des dort
geprüften städtischen Bebauungsplanes geschlossen, dass der betroffene
Grundeigentümer einen Anspruch darauf habe, im Planfestsetzungsverfahren
angehört zu werden. Der hier angefochtene regionale Landschaftsschutzplan
fasst grosse Landstriche zu einer Einheit zusammen; er trifft wesentlich
weniger Abstufungen und ist damit auch entsprechend abstrakter als der
vorerwähnte städtische Bebauungsplan. Es fragt sich deshalb, ob die mit
Bezug auf diesen gezogenen Folgerungen sich ohne weiteres auf einen Plan
der vorliegenden Art übertragen liessen. Darüber hinaus fragt es sich, ob
sich die durch das genannte Urteil eingeleitete Rechtsprechung angesichts
der dagegen angemeldeten Bedenken aufrecht erhalten lasse. Wie sich im
Folgenden ergibt, können jedoch beide Fragen im vorliegenden Zusammenhang
offen bleiben.

    Die als Sachbearbeiterin des Regierungsrates amtende kantonale
Seeuferschutz-Kommission unterbreitete den Entwurf der Verordnung und
des Zonenplanes im Massstab 1: 5000 am 30. Mai 1963 den Gemeinderäten
der Seeufergemeinden zur Stellungnahme. Die beschwerdeführenden
Einwohnergemeinden Oberkirch und Schenkon brachten mit Eingaben vom 27. und
28. Juni 1963 ihre Einwendungen vor. Die Seeuferschutz-Kommission trat
darüber hinaus mit der Interessengemeinschaft Sempachersee in Verbindung
und gab ihr den Verordnungsentwurf bekannt. Der Vorstand der Vereinigung
bezog in einer Besprechung vom 19. Dezember 1963 sowie in Eingaben vom
28. Dezember 1963 und 12. Mai 1964 zur Vorlage Stellung. Die erstgenannte
Eingabe setzte sich eingehend mit den einzelnen Bestimmungen des Entwurfes
und insbesondere auch mit dem hier streitigen § 4 auseinander. Eine
der wichtigsten Einwendungen des Vorstandes richtete sich dagegen,
dass in der Sperrzone nur "dem öffentlichen Interesse dienende" Anlagen
zugelassen werden sollten. Dieser Beanstandung wurde durch Streichung
des bemängelten Zusatzes Rechnung getragen. Da die Interessengemeinschaft
die Einwohnergemeinden Oberkirch und Schenkon zu ihren Mitgliedern zählt,
denen der Zonen-. plan ausgehändigt worden war, war ihr auch der Plan
zugänglich. Aus den Eingaben des Vorstandes geht denn auch hervor,
dass er über die Tragweite der Vorlage genau im Bilde war. Die in der
Interessengemeinschaft vereinigten Grundeigentümer können demnach nicht
geltend machen, sie hätten keine Gelegenheit gehabt, sich über den Inhalt
der Vorlage zu unterrichten und dazu Stellung zu nehmen, wie sie sich
auch nicht darüber beklagen können, dass ihre Einwendungen nicht geprüft
worden seien. Es standen ihnen damit alle Möglichkeiten offen, die sie
im Einspracheverfahren wahrnehmen wollen. Sollte der Regierungsrat beim
Erlass der Schutzverordnung und des Zonenplanes zu einer Anhörung der
beteiligten Grundeigentümer verpflichtet gewesen sein, so wäre er mithin
den Mitgliedern der Interessengemeinschaft gegenüber wenn auch nicht der
Form, so doch der Sache nach dieser Obliegenheit nachgekommen. Die Rüge
der Gehörsverweigerung geht, soweit von ihrer Seite erhoben, schon aus
diesem Grunde fehl.

    Die Beschwerde weist freilich darauf hin, dass nicht alle
Beschwerdeführer Mitglieder der Interessengemeinschaft sind; eine
"verschwindend kleine Ausnahme" soll ausserhalb ihrer Reihen stehen. Um
den Anforderungen des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG zu genügen, hätte die
Beschwerdeschrift sich näher über diesen Punkt auszusprechen gehabt. Das
ist nicht geschehen. Der betreffende Vorbehalt kann deshalb nicht gehört
werden.

Erwägung 3

    3.- Der angefochtene § 4 der Schutzverordnung beinhaltet
öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen. Solche sind mit der
Eigentumsgarantie nur vereinbar, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage
beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und, sofern sie in der Wirkung
einer Enteignung gleichkommen, gegen Entschädigung erfolgen (BGE 89 I
384 mit Verweisungen, 467).

    Die Beschwerdeführer bestreiten, dass § 4 der Schutzverordnung
über eine gesetzliche Grundlage verfüge. Angesichts der Tragweite der
angefochtenen Bestimmung, die ausgedehnte Gebiete mit einem Bauverbot
belegt, ist das Bundesgericht in der Prüfung dieser Frage grundsätzlich
frei (BGE 89 I 467/68). Im Ingress der Verordnung beruft sich der
Regierungsrat auf Art. 702 ZGB, § 99 EG ZGB, § 9 des kantonalen Gesetzes
betreffend die Fischerei sowie §§ 49 und 50 des kantonalen Gesetzes über
Jagd und Vogelschutz. In der Vernehmlassung nennt er in diesem Zusammenhang
ferner § 2 des kantonalen Wasserrechtsgesetzes und § 18 des kantonalen
Gesetzes über den Gewässerschutz. Wie sich im folgenden ergeben wird,
ermächtigt schon § 99 EG ZGB allein den Regierungsrat zum Erlass des §
4 der Schutzverordnung. Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden,
ob auch die weiteren im Ingress und in der Vernehmlassung erwähnten
Bestimmungen die gesetzliche Grundlage dieser Vorschrift abzugeben
vermöchten.

    a) Nach § 99 Abs. 1 EG ZGB ist der Regierungsrat berechtigt, "auf
dem Verordnungswege zum Schutz und zur Erhaltung von historischen und
Kunstdenkmälern, Altertümern, Naturdenkmälern, Alpenpflanzen und andern
seltenen Pflanzen, zur Sicherung der Landschaften, Ortschaftsbilder und
Aussichtspunkte vor Verunstaltung und zum Schutze von Heilquellen die
nötigen Verfügungen zu treffen und Strafbestimmungen aufzustellen". Der
Begriff der "Landschaft" ist weiter als der des "Landschaftsbildes", den
Art. 96 Abs. 2 des schaffhausischen EG ZGB verwendet und von dem BGE 89 I
471 handelt. Die Berufung auf jenes Urteil geht daher in dieser Hinsicht
fehl. Während als "Landschaftsbild" im Sinne des schaffhausischen Rechts
nur ein zusammenhängendes, einen einheitlichen Anblick bietendes Objekt
von verhältnismässig begrenztem Umfang (wie etwa ein See- oder Flussufer,
ein Weiher mit Umgelände, eine Berg- oder Hügelkuppe) gilt, ist unter
einer "Landschaft" ein Gebiet zu verstehen, das eine gewisse Ausdehnung
aufweisen kann, dabei aber infolge bestimmter Eigenarten gleichwohl eine
Einheit bildet (ZBl 1964 S. 159). In diesem Sinne hat das Bundesgericht
in Anwendung der entsprechenden Begriffe des zürcherischen (§ 182 Abs. 2)
und des st. gallischen (Art. 123) EG ZGB unter anderem den Greifensee,
den Pfäffikersee und den Obersee mit Umgebung als "Landschaft" bezeichnet,
welche Objekte sich flächenmässig durchaus mit dem Sempachersee und seinen
Ufern vergleichen lassen. Aus der Zwecksetzung des § 99 Abs. 1 EG ZGB
ergibt sich andererseits, dass unter einer "Landschaft" im Sinne dieser
Bestimmung nur eine solche zu verstehen ist, die sich durch besondere
Vorzüge auszeichnet und die deshalb geschützt zu werden verdient (vgl. BGE
87 I 516/17, 88 I 230/31; MBVR Bd. 61 S. 371; ZBl 1963 S. 437 a). Das
Bundesgericht ist schon wiederholt davon ausgegangen, dass dem Sempachersee
ein besonderer Schönheitswert zukommt (Urteile vom 21. Dezember 1949 i.S.
Heuer, Erw. 1, vom 13. November 1957 i.S. Munzinger, vom 5. März 1958 i.S.
Heizmann). Die Beschwerdeführer ankennen denn auch ausdrücklich, dass der
Sempachersee einschliesslich seiner näheren Umgebung "zu den Landschaften
gehört, die unter dem Gesichtspunkt von § 99 EG ZGB schützens- und
sicherungswert sind".

    b) § 99 Abs. 1 EG ZGB spricht von einer Sicherung der Landschaft
"vor Verunstaltung". Als Verunstaltung gilt nach der Rechtsprechung
ein Gegensatz zum Bestehenden, der erheblich stört (BGE 82 I 108, ZBl
1964 S. 537). Die Beschwerdeführer bestreiten, dass jedes Haus, das in
der Sperrzone errichtet werde, notwendigerweise und ungeachtet seiner
Grösse, Farbe und baulichen Ausgestaltung die Landschaft verunstalte. Sie
schliessen, dass sich das in § 4 Abs. 1 der Verordnung ausgesprochene
Verbot aller baulichen Anlagen in der Sperrzone daher nicht auf § 99
EG ZGB stützen lasse. Der Regierungsrat hält dem entgegen, bei einer
Zulassung einzelner der Landschaft gut angepasster Wohn- oder Ferienhäuser
müssten aus Gründen der rechtsgleichen Behandlung auch andere derartige
Bauten bewilligt werden; das hätte über kurz oder lang eine Anhäufung
von Bauten zur Folge, welche der Landschaft den Reiz der Ursprünglichkeit
nehmen und darüber hinaus die angestammte Pflanzenwelt (insbesondere den
das Landschaftsbild kennzeichnenden Schilfgürtel) gefährden würde. Diese
Betrachtungsweise ist, wie das Bundesgericht wiederholt erkannt hat, nicht
willkürlich; sie hält darüber hinaus auch einer freien Überprüfung stand
(vgl. BGE 89 I 477; Urteile vom 18. Juli 1941 i.S. Wettstein, Erw. 2,
vom 21. Dezember 1949 i.S. Heuer, Erw. 3 b, vom 12. Juni 1957 i.S. Jucker,
Erw. 6, vom 13. November 1957 i.S. Munzinger, Erw. 4, vom 25. Juni 1958
i.S. Birrwil, Erw. 5 a).

    c) Im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit polizeilicher
Eingriffe ermächtigt § 99 Abs. 1 EG ZGB den Regierungsrat nur zum Erlass
der "nötigen" Verfügungen zur Sicherung der Landschaft; diese dürfen nicht
über das hinausgehen, was erforderlich ist, um den Zweck zu erreichen,
durch den sie gedeckt sind (vgl. ZBl 1959 S. 104 c). Nach Ansicht der
Beschwerdeführer hätte es zur Sicherung der Landschaft vor Verunstaltung
genügt, wenn der Regierungsrat es beim Bewilligungssystem der alten
Schutzverordnung hätte bewenden lassen; es hätte dazu nicht des in §
4 Abs. 1 der neuen Verordnung eingeführten allgemeinen Verbots baulicher
Anlagen in der Sperrzone bedurft. Diese Einwendung ist unbegründet. Das
Bundesgericht hat in dem von den Beschwerdeführern angerufenen Urteil
BGE 89 I 463 b erkannt, dass eine Bestimmung, die, wie die alte
Schutzverordnung, der Behörde einen sehr ausgedehnten Spielraum des
Ermessens einräumt, diese nicht von der Einhaltung der das betreffende
Gebiet beschlagenden allgemeinen Rechtsgrundsätze (wie des Verbots der
Willkür und der rechtsungleichen Behandlung, des Gebots von Treu und
Glauben und des Grundsatzes der Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit
der Verwaltungsakte) entbindet. Wenn die Behörde unter der Herrschaft
des Bewilligungssystems eine Baute zuliesse, so hätte sie um der
Rechtsgleichheit willen alle weiteren unter gleichen oder ähnlichen
Voraussetzungen eingereichten Bewilligungsgesuche gutzuheissen, was zu der
erwähnten Anhäufung von Gebäuden führen würde. Um diese den Bestrebungen
des Landschaftsschutzes zuwiderlaufende Folge zu vermeiden, bliebe der
Behörde nichts anderes übrig, als von Anfang an jede Bewilligung zu
versagen. Die Bewilligungspraxis würde dergestalt ein Ergebnis zeitigen,
das dem in § 4 Abs. 1 der Schutzverordnung ausgesprochenen Verbot
gleichkäme. Das zeigt, dass der Regierungsrat mit der Aufnahme dieses
Verbotes nicht weiter gegangen ist, als es der Sache nach erforderlich war.

    § 4 der Schutzverordnung ist im übrigen insofern vom Grundsatz der
Verhältnismässigkeit geprägt, als er das in Abs. 1 ausgesprochene Verbot
in Abs. 2 mit einem Erlaubnisvorbehalt verbindet. Danach können in der
Sperrzone bestimmte bauliche Anlagen (nicht aber Wohn- und Ferienhäuser)
bewilligt werden, sofern sie die Fischerei nicht beeinträchtigen und
das Landschaftsbild nicht stören. Es handelt sich zur Hauptsache um
Anlagen, die ihrem Wesen und ihrer Bestimmung nach sich leicht in
die Landschaft einpassen lassen (wie landwirtschaftliche Anlagen,
bauliche Anlagen zum Schutze des Ufers, Fischereianlagen), oder deren
Zahl aus Gründen des Bedarfs von vornherein beschränkt ist (Quai-,
Hafen- und Badeanlagen, Camping- und Rastplätze), so dass nicht mit einer
untragbaren Anhäufung solcher Einrichtungen zu rechnen ist (vgl. erwähntes
Urteil i.S. Jucker, Erw. 6). Abs. 2 ergänzt auf diese Weise Abs. 1,
ohne dazu in Widerspruch zu stehen. Ein weiteres Zugeständnis an den
Grundsatz der Verhältnismässigkeit liegt in der allgemeinen Härteklausel
des § 12 der Schutzverordnung. Danach kann der Regierungsrat dann,
wenn ausserordentliche Verhältnisse vorliegen und die Anwendung der
Zonenvorschriften nicht zumutbar wäre, nach Anhörung des zuständigen
Gemeinderates und der Seeuferschutz-Kommission Ausnahmen bewilligen,
soweit dadurch das Ufer- und Landschaftsbild nicht gestört wird.
Trotz seiner unbestimmten Fassung räumt § 12 der Schutzverordnung damit
dem Ermessen der Behörde keinen weiteren Spielraum ein, als es bei dem
von den Beschwerdeführern befürworteten Bewilligungssystem der Fall
wäre. Hier wie dort ist die Handhabung des behördlichen Ermessens an die
auf diesem Gebiete massgebenden allgemeinen Rechtsgrundsätze gebunden
(vgl. BGE 89 I 463 b). Vom Standpunkt der Wahrung der Freiheit und Rechte
des Einzelnen aus, der auch der Grundsatz der Verhältnismässigkeit dient,
ist die in der Schutzverordnung getroffene Regelung mithin der von den
Beschwerdeführern vorgeschlagenen Lösung mindestens ebenbürtig,

    d) Nach § 99 Abs. 2 EG ZGB sind die Gemeinden nur insoweit berechtigt,
Heimatschutzbestimmungen zu erlassen, als der Regierungsrat erklärt,
von seinem Verordnungsrecht keinen Gebrauch machen zu wollen. Das Gesetz
räumt dem Regierungsrat auf diesem Gebiet somit den Vortritt ein. Wenn es
dem Regierungsrat mit dem Schutz des Sempachersees und seiner Ufer ernst
war, so konnte er nicht zugunsten der Gemeinden auf die Ausübung seiner
Befugnisse verzichten. Das Gebiet des Sempachersees ist eine Einheit;
es war daher folgerichtig, zu seinem Schutze einheitliche Bestimmungen
zu erlassen. Dass sich die sieben Seeufergemeinden über eine einheitliche
Regelung hätten verständigen können, ist umso unwahrscheinlicher, als sie
auch der Schutzverordnung gegenüber verschieden Stellung genommen haben...