Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 IV 39



90 IV 39

10. Urteil des Kassationshofes vom 17. Januar 1964 i.S. Rawyler und Rüedi
gegen Streuli und Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen. Regeste

    Art. 13 UWG, 270 BStP.

    Die Aktionäre einer durch unlauteren Wettbewerb geschädigten
Aktiengesellschaft sind persönlich nicht unmittelbar geschädigt oder
gefährdet und daher nicht berechtigt, im eigenen Namen Strafantrag
zu stellen.

Sachverhalt

    A.- Die 1947 gegründete Sihi-Pumpen AG, Schaffhausen, deren Aktien
den beiden Verwaltungsräten Streuli und Rawyler je zur Hälfte gehörten,
hatte die Generalvertretung der Siemen und Hinsch m.b.H. in Itzehoe
(Deutschland), die (SIHI-)Pumpenaggregate herstellt. Ende März 1959 löste
diese Firma wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen Streuli und Rawyler
den Generalvertretungsvertrag fristlos auf, doch setzte sie die Geschäfte
mit der Sihi-Pumpen AG bis auf weiteres fort. Als es Streuli nicht
gelang, die Rawyler gehörenden Aktien käuflich zu übernehmen, gründete
er am 15. September 1959 ohne diesen anstelle der Sihi-Pumpen AG die
Pumpenbau Schaffhausen AG Am 1. Dezember 1959 nahm diese auf Grund eines
mit der Siemen & Hinsch m.b.H. geschlossenen Generalvertretungsvertrages
ihre Geschäftstätigkeit auf, und auf den gleichen Zeitpunkt stellte die
deutsche Firma die Belieferung der Sihi-Pumpen AG ein, worauf diese am
26. Januar 1960 ihre Liquidation beschloss.

    B.- Am 29. Februar 1960 stellte Rawyler zusammen mit Rüedi, dem jener
einen Teil seiner Aktien treuhänderisch abgetreten hatte, beim Verhöramt
Schaffhausen gegen Streuli Strafklage wegen unlauteren Wettbewerbs,
ungetreuer Geschäftsführung, Veruntreuung und Sachentziehung, ferner
gegen die beiden Angestellten der Sihi-Pumpen AG, die zur Pumpenbau
Schaffhausen AG übergetreten waren, Strafklage wegen Gehilfenschaft bzw.
Mittäterschaft bei den Streuli vorgeworfenen Handlungen.

    C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen stellte das
Strafverfahren gegen alle drei Beschuldigten mangels Beweises am 10. Juli
1961 ein. Gegen diesen Beschluss erhoben sowohl die Strafkläger wie die
Beschuldigten Widerspruch.

    Das Kantonsgericht Schaffhausen erklärte am 24. April 1962 beide
Widersprüche teilweise als begründet. Es sprach die Beschuldigten in einer
Reihe von Punkten frei, in andern hob es den Einstellungsbeschluss der
Staatsanwaltschaft auf und wies die Akten zur Ergänzung der Untersuchung
an das Verhöramt zurück.

    Gegen dieses Urteil legten die Strafkläger, soweit die Beschuldigten
freigesprochen wurden, Berufung ein. Das Obergericht des Kantons
Schaffhausen wies diese am 13. September 1963 ab.

    D.- Rawyler und Rüedi führen Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragen,
das Urteil des Obergerichts, soweit Streuli von der Anschuldigung des
unlauteren Wettbewerbes freigesprochen wurde, aufzuheben und die Sache
in diesem Punkt zur Bestrafung des Beschuldigten, eventuell zur Ergänzung
der Untersuchung, an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Unlauterer Wettbewerb wird nur auf Antrag verfolgt. Der Strafantrag
steht gemäss Art. 13 letzter Absatz UWG Personen und Verbänden zu, die
im Sinne des Art. 2 Abs. 1 UWG durch den unlauteren Wettbewerb in ihren
wirtschaftlichen Interessen geschädigt oder gefährdet sind. Gleich wie nach
Art. 28 Abs. 1 StGB aber nicht jeder, der durch eine strafbare Handlung
in seinen Interessen irgendwie beeinträchtigt wird, sondern bloss der
unmittelbar Verletzte Strafantrag stellen kann (BGE 86 IV 82), so ist
auch nach Art. 13 UWG nur antragsberechtigt, wer durch die unlautere
Wettbewerbshandlung in seinen rechtlich geschützten wirtschaftlichen
Interessen unmittelbar geschädigt oder gefährdet ist (BGE 83 IV 106).

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer werfen Streuli vor, dass er im Herbst 1959,
als zwischen der Sihi-Pumpen AG und der Pumpenbau Schaffhausen AG ein
Wettbewerbsverhältnis bestanden habe, im Sinne von Art. 13 lit. d UWG
Massnahmen zur Herbeiführung von Verwechslungen der Waren und Leistungen
der beiden Firmen getroffen habe, indem er ein irreführendes Zirkular
an die Kunden versandt, Bureau und Werkstatt der Sihi-Pumpen AG auch
für die Pumpenbau Schaffhausen AG benutzt und die beiden Angestellten
der ersten Firma zugleich für die zweite beschäftigt habe, dass er die
Kundenkartei und Werkzeichnungen der Sihi-Pumpen AG sowie bei dieser
eingegangene Bestellungen, alles Geschäftsgeheimnisse dieser Firma,
im Sinne von Art. 13 lit. g UWG zugunsten der Pumpenbau Schaffhausen
AG verwertet habe und dass er im Sinne von Art. 13 lit. b UWG über die
eigenen Waren und Geschäftsverhältnisse unrichtige Angaben gemacht habe,
indem er Pumpen, die von der Sihi-Pumpen AG geliefert wurden, mit der
Firmenbezeichnung Pumpenbau Schaffhausen AG versehen und Kunden veranlasst
habe, Bestellungen nicht bei der Sihi-Pumpen AG, weil diese nicht mehr
liefern könne, sondern bei der neuen Firma aufzugeben.

    Danach waren die unlauteren Wettbewerbshandlungen, die Streuli
als Inhaber der Pumpenbau Schaffhausen AG begangen haben soll,
gegen die Sihi-Pumpen AG, deren Geschäftsbetrieb, Waren, Leistungen,
Geschäftsgeheimnisse usw. gerichtet. Im Sinne von Art. 2 Abs. 1 UWG
in ihrer Kundschaft, ihrem Kredit, ihrem Geschäftsbetrieb oder sonst in
ihren wirtschaftlichen Interessen unmittelbar geschädigt oder gefährdet
konnte daher nur die Sihi-Pumpen AG sein, nicht auch die Beschwerdeführer,
die als Aktionäre dieser Gesellschaft durch die eingeklagten Handlungen
in ihren persönlichen Interessen bloss mittelbar betroffen wurden. Sie
sind infolgedessen nicht berechtigt, im eigenen Namen Strafantrag zu
stellen. Da sie das Strafantragsrecht nicht namens der Sihi-Pumpen AG
ausgeübt haben, stellt sich auch nicht die Frage, ob und allenfalls
unter welchen Voraussetzungen auch einer Minderheit von Aktionären das
Recht, für die geschädigte Aktiengesellschaft Strafantrag zu stellen,
zuzuerkennen wäre.

    Den Beschwerdeführern fehlt somit die Eigenschaft eines Antragstellers.
Sie sind auch nicht Privatstrafkläger, denn die Staatsanwaltschaft war
am Verfahren beteiligt, indem sie die Einstellung des Strafverfahrens
verfügte (BGE 71 IV 111, 85 IV 110). Die Beschwerdeführer sind daher
gemäss Art. 270 Abs. 1 und 3 BStP zur Nichtigkeitsbeschwerde gegen den
die Einstellung bestätigenden Entscheid des Obergerichts nicht legitimiert.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.