Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 IV 137



90 IV 137

29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 31. August 1964 i.S. Rubi
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Regeste

    Art. 285 Ziff. 1, 286 StGB; Hinderung einer Amtshandlung.

    1.  Unter den Begriff der Amtshandlung fallen ausser dem Vollzug
einer bestimmten amtlichen Aufgabe auch alle notwendigen Begleithandlungen.

    2.  Hindern im Sinne dieser Bestimmungen heisst nicht notwendig,
eine Handlung einer Amtsperson überhaupt verunmöglichen.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    Rubi war Mieter einer in Itschnach bei Küsnacht gelegenen Liegenschaft,
bestehend aus einem Stall und einer kleinen Wiese, die er entgegen dem
Willen des Eigentümers als Reitbahn benutzte. Der Vermieter liess ihm dies
durch den Richter untersagen. Da Rubi sich über das Verbot hinwegsetzte,
ersuchte der Eigentümer den Gemeindeammann um eine amtliche Feststellung
des Sachverhalts gemäss § 448 der zürcherischen Zivilprozessordnung. Der
Gemeindeammann begab sich daraufhin in Begleitung eines Polizeisoldaten
auf die Liegenschaft und eröffnete Rubi, weshalb er gekommen sei. Rubi
geriet darob in Zorn und wies die beiden Amtspersonen aus dem Stall. Als
sie mit ihrem Personenwagen wegfahren wollten, hinderte Rubi sie daran,
indem er sich auf ein Pferd schwang und vor dem Wagen hin- und herritt.

    Das Obergericht des Kantons Zürich warf Rubi unter anderem vor,
er habe die Beamten gewaltsam an einer Amtshandlung gehindert. Die
Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten wurde abgewiesen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Nach Art. 285 Ziff. 1 StGB wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft,
wer einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die
innerhalb seiner Befugnisse liegt, hindert.

    Der Beschwerdeführer hat die beiden Amtspersonen nicht an
der Feststellung des Sachverhaltes, dessentwegen sie zu ihm kamen,
gehindert. Als sie ihn im Stalle aufsuchten, hatte der Gemeindeammann
bereits festgestellt, dass die Wiese immer noch als Reitbahn benutzt
wurde. Das schliesst eine strafbare Tätigkeit des Beschwerdeführers im
Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB jedoch nicht aus. Wie der Kassationshof am
5. Oktober 1956 i.S. Gautschi entschieden hat, fallen unter den Begriff
der Amtshandlung ausser dem Vollzug einer bestimmten amtlichen Aufgabe
auch alle notwendigen Begleithandlungen. Dazu gehörte im vorliegenden
Falle vor allem die Fahrt von Küsnacht nach Itschnach und zurück. Der
Gemeindeammann hat sich in amtlicher Eigenschaft zur Reitschule des
Beschwerdeführers begeben; dass er nach Küsnacht zurückkehren musste,
war eine Folge seines amtlichen Auftrages. Das gleiche gilt für den
Polizeisoldaten. Sie waren beide nicht als Privatpersonen unterwegs,
sondern befanden sich auf einer Dienstfahrt, als Rubi ihnen mit dem Pferd
den. Weg versperrte. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer sie an einer
Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse lag, gehindert hat. Dass
er ihre Abfahrt bloss verzögert hat, ändert nichts. Hindern im Sinne
von Art. 285 Ziff. 1 StGB heisst nicht notwendig, eine Handlung einer
Amtsperson überhaupt verunmöglichen (BGE 71 IV 102).