Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 90 II 393



90 II 393

45. Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. November 1964 i.S. Mayer gegen
Halter A.-G. Regeste

    Vorkaufsrecht und Kaufsrecht; zeitliche Rangordnung.

    Ausübung des Vorkaufsrechts durch bezügliche Erklärung.  Dass der
Vorkaufsberechtigte und der Verkäufer noch einen eigenen Kaufvertrag
abschliessen und beurkunden, ändert nichts daran, dass Ausübung des
Vorkaufsrechts vorliegt. (Erw. 2).

    Ein nach einem Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerktes Kaufsrecht
verliert mit dem Eigentumsübergang zufolge Ausübung des Vorkaufsrechts
seinen Charakter als Realobligation gemäss Art. 959 Abs. 2 ZGB, auch wenn
die Vormerkung des Kaufsrechts im Grundbuch ungelöscht weiter bestehen
bleibt (Erw. 3-4).

    Möglichkeit und Form der Übernahme des Kaufsrechts durch den Vorkäufer
(Erw. 5).

    (Art. 959, 964, 973, 975; 812 ZGB).

Sachverhalt

    A.- Am 25. Mai 1945 wurde im Grundbuch auf den Parzellen Kat. Nr. 1146,
91 und 95, welche mit andern zum Heimwesen Bergtal des Otto Wäger,
Landwirt in Wil, gehörten, ein nicht limitiertes Vorkaufsrecht zugunsten
des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Kat. Nr. 1421, damals Paul
Halter, vorgemerkt. Am 25. Februar 1954 liess Otto Wäger zugunsten
von Jakob Mayer ein Kaufsrecht für eine nichtausgemarchte Parzelle
von ca. 900 m2 des Grundstücks Kat. Nr. 95 (Gesamtfläche 11'853 m2)
zum Preise von Fr. 15.-/m2 im Grundbuch vormerken. Am folgenden Tag,
den 26. Februar 1954, verkaufte er das Heimwesen Bergtal, wozu ausser
den drei erwähnten Grundstücken in Wil auch die Parzellen Kat. Nr. 1400
und 1059 in der Gemeinde Bronschhofen gehörten, dem Emil Forrer zum
Preise von Fr. 160'000.--. Nachdem Paul Halter davon Kenntnis erhalten
hatte, erklärte er sofort, sein Vorkaufsrecht ausüben zu wollen. Am
13. März 1954 schlossen Wäger und Halter einen Kaufvertrag ab, der mit
den Bestimmungen des Vertrages Wäger/Forrer wörtlich übereinstimmte. Er
wurde im Grundbuch eingetragen und das Vorkaufsrecht zugunsten Halters
gelöscht. Die Vormerkung des Kaufsrechts zugunsten Mayers blieb bestehen
und wurde auch nicht gelöscht, als die Liegenschaften am 30. September
1958 auf die Familienaktiengesellschaft Paul Halter AG übertragen wurden.

    B.- Am 25. Oktober 1962 teilte Jakob Mayer der Paul Halter AG brieflich
mit, dass er das Kaufsrecht ausübe. Da sich die Paul Halter AG darauf
nicht einliess, hinterlegte Mayer am 30. November 1962 den Kaufpreis von
Fr. 13'500.-- bei der Kantonalbank in Wil und reichte am 23. Januar 1963
beim Bezirksgericht Wil eine Klage gegen die Paul Halter AG mit folgenden
Rechtsbegehren ein:

    1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass das Kaufsrecht des Klägers
an einer Bodenparzelle im Ausmass von ca. 900 m2 von Kat. Nr. 95 in Wil,
südlich anstossend an Kat. Nr. 1579, zum Preise von Fr. 15.- per m2 zu
Recht besteht.

    2. Es sei die Beklagte zu verpflichten, bei der Eigentumsübertragung
dieser Parzelle auf den Kläger mitzuwirken, insbesondere:

    a) die Parzelle durch den zuständigen Grundbuchgeometer vermessen
und vermarken zu lassen;

    b) die Anmeldung zur Abtrennung dieser Parzelle von Kat.  Nr. 95 und
zur Übertragung derselben in das Eigentum des Klägers beim Grundbuchamt
Wil zu unterzeichnen.

    3. Das Grundbuchamt Wil sei anzuweisen, den vom Kläger deponierten
Kaufpreis von Fr. 13'500.-- der Beklagten bei Eintragung des
Eigentumsüberganges auszuzahlen.

    Sollte die Vermessung der Parzelle ein Ausmass von etwas weniger
als 900 m2 ergeben, so sei ein entsprechender Teil des deponierten
Kaufpreises (Fr. 15.- pro fehlenden m2) dem Kläger durch das Grundbuchamt
zurückzuzahlen; sollte das Ausmass etwas mehr als 900 m2 betragen, so
sei der Kläger zu verpflichten, der Beklagten die Kaufpreisdifferenz
(Fr. 15.- pro m2 Mehrmass) zu vergüten.

    4. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Kosten der
Vermessung, Vermarrkung und Verschreibung der Parzelle einschliesslich
Handänderungssteuer, von den Parteien gemeinsam je zur Hälfte zu tragen
seien. Eventuell seien diese Kosten nach richterlichem Ermessen auf die
Parteien zu verlegen.

    Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

    Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und stellte folgendes
Widerklagebegehren:

    Es sei widerklageweise gerichtlich festzustellen, dass dem Kläger und
Widerbeklagten kein Kaufsrecht gegenüber dem jeweiligen Eigentümer der
Liegenschaft Kat. Nr. 95, gegenwärtig der Beklagten und Widerklägerin,
zusteht, eine Bodenparzelle im Ausmasse von ca. 900 m2 südlich anstossend
an Kat. Nr. 1579 zum Preise von Fr. 15.- pro m2 käuflich zu erwerben,
und es sei demzufolge gerichtlich zu erkennen und das Grundbuchamt Wil
gerichtlich anzuweisen, die Vormerkung dieses Kaufsrechtes zu Gunsten des
Klägers und Widerbeklagten gemäss öffentlicher Beurkundung vom 25. Februar
1954 (Beleg Nr. 69/1954, VP Nr. 33) im Grundbuch der Politischen Gemeinde
Wil auf Kat. Nr. 95 zu löschen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

    C.- Das Bezirksgericht Wil wies die Klage ab und hiess die Widerklage
am 4./12. Juli 1963 gut. Die vom Kläger dagegen eingereichte Berufung
wurde vom Kantonsgericht von St. Gallen am 6. März 1964 abgewiesen. Dessen
Erwägungen lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen: Der Rechtsvorgänger
der Beklagten, Paul Halter, habe das fragliche Grundstück in Ausübung
des ihm zustehenden Vorkaufsrechts erworben. Infolge der zeitlichen
Priorität habe das Kaufsrecht Mayers zurückzutreten und sei infolge
Ausübung des Vorkaufsrechts gemäss Art. 959 Abs. 2 ZGB "automatisch"
dahingefallen. Der Eigentümer des Grundstücks Kat. Nr. 95 habe deshalb
jederzeit die Löschung des Kaufsrechts verlangen und gegebenenfalls mit
der Grundbuchberichtigungsklage gemäss Art. 975 ZGB erzwingen können. Der
Auffassung des Klägers, wonach Halter nur das Wahlrecht zugestanden habe,
entweder das Kaufsrecht löschen zu lassen und einen entsprechend höhern
Kaufpreis zu bezahlen oder das Grundstück mit der gleichen Belastung
zu übernehmen wie Forrer, könne nicht gefolgt werden. Im Verhalten der
Beklagten und ihres Rechtsvorgängers liege auch kein Verstoss gegen Treu
und Glauben. Der vom Kläger angebotene Beweis, dass Paul Halter beim
Abschluss des Kaufvertrages das Kaufsrecht übernommen habe, brauche nicht
abgenommen zu werden, da diese Abmachung, die einer Neubegründung des
Kaufsrechts gleichzustellen wäre, öffentlich zu beurkunden gewesen wäre.

    D.- Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende
Berufung eingereicht. Die Klagebegehren werden wiederholt und es wird die
Abweisung der Widerklage verlangt. Das Rechtsbegehren Nr. 2 wird mit dem
Eventualbegehren ergänzt, das Eigentum an der Parzelle von 900 m2 sei
dem Kläger zuzusprechen und es sei das Grundbuchamt Wil anzuweisen, die
Parzelle vermessen und vermarchen zu lassen, dafür ein Grundbuchblatt zu
eröffnen und den Kläger als Eigentümer einzutragen. Schliesslich wird
eventuell beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Auf die Begründung
ist in den rechtlichen Erwägungen zurückzukommen.

    E.- Die Berufungsbeklagte beantragt Abweisung der Berufung, eventuell
Rückweisung der Sache zur Ergänzung und Neubeurteilung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Auf das Eventualbegehren des Berufungsklägers zum Klagebegehren
Nr. 2 kann nicht eingetreten werden, da es erstmals im Berufungsverfahren
gestellt wurde. Neue Begehren sind jedoch gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. b
OG ausgeschlossen. Das gleiche gilt gemäss Art. 61 Abs. 1 OG für den
Eventualantrag der Berufungsbeklagten.

Erwägung 2

    2.- Der Berufungskläger vertritt in erster Linie den Standpunkt, Paul
Halter habe seinerzeit gar nicht das ihm zustehende Vorkaufsrecht ausgeübt,
sondern mit Wäger einen gewöhnlichen Kaufvertrag abgeschlossen. Daraus
ergebe sich, dass sich die Berufungsbeklagte nicht darauf berufen könne,
das Vorkaufsrecht zugunsten Paul Halters sei gemäss Art. 959 Abs. 2 ZBG
dem Kaufsrecht zugunsten des Berufungsklägers vorgegangen. Massgebend
seien vielmehr die Bestimmungen des zwischen Wäger und Halter
abgeschlossenen Kaufvertrags, die gleich lauteten wie diejenigen des
Kaufvertrags Wäger/Forrer, in welchem Forrer das Kaufsrecht zugunsten
des Berufungsklägers übernommen hatte. Das gleiche müsse demzufolge
auch für Paul Halter gelten. Dementsprechend sei das Kaufsrecht im
Liegenschaftsbeschrieb des Vertrages Wäger/Halter aufgeführt worden. Das
ihm zustehende Vorkaufsrecht hingegen habe Paul Halter nachher löschen
lassen.

    Diesen Überlegungen kann nicht gefolgt werden.

    a) Nach den tatbeständlichen Feststellungen der Vorinstanz kann gar
kein Zweifel darüber bestehen, dass Paul Halter seinerzeit das ihm an
den drei Grundstücken Kat. Nr. 1146, 91 und 95 zustehende Vorkaufsrecht
ausgeübt hat. Das Grundbuchamt Wil forderte ihn am 11. März 1954 auf,
innert 30 Tagen zu erklären, ob er sein Vorkaufsrecht ausüben wolle. Schon
am folgenden Tag antwortete er in bejahendem Sinn; am nächsten Tag wurde
der Kaufvertrag zwischen ihm und Wäger abgeschlossen. Am gleichen Tag
teilte das Grundbuchamt Forrer mit, dass Paul Halter das ihm zustehende
Vorkaufsrecht ausgeübt habe, weshalb der Vertrag Wäger/Forrer dahingefallen
sei.

    b) Mit dem Empfang der Ausübungserklärung durch Wäger wurde die
Kaufsobligation zwischen ihm und Halter begründet. Der Abschluss eines
öffentlich beurkundeten Kaufvertrages hinsichtlich der drei erwähnten
Grundstücke wäre in der Tat nicht nötig gewesen: Der Eigentumsübergang an
Paul Halter hätte im Grundbuch gestützt auf seine Ausübungserklärung,
den Vertrag Wäger/Forrer und die Einwilligung Wägers eingetragen
werden können. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, die durch die
Abgabe der Ausübungserklärung entstandene Kaufsobligation sei durch den
öffentlich beurkundeten Kaufvertrag hinfällig geworden. Es verhält sich
gerade umgekehrt: Weil eine Kaufsobligation entstanden war, schlossen die
Parteien - überflüssigerweise hinsichtlich der drei erwähnten Parzellen -
den Kaufvertrag ab. In der Praxis wird übrigens oft so vorgegangen. Das
ist sogar unerlässlich, wenn die Parteien nach der Ausübungserklärung
wesentliche ergänzende Vertragsbestimmungen vereinbaren, wie es zum
Beispiel bei der Ausübung eines nur summarisch umschriebenen Kaufsrechts
zu geschehen pflegt (vgl. dazu das Gutachten Prof. LIVERS, "Über die
öffentliche Beurkundung der zur Begründung und Ausübung eines Kaufsrechtes
erforderlichen Willenserklärungen". Der Bernische Notar, 1961, Nr. 3 S. 41
ff.; HOMBERGER, N. 30 zu Art. 959 ZBG). Vorliegend bestand übrigens noch
ein besonderer Grund zum Abschluss eines Kaufvertrags: Paul Halter erwarb
nicht nur die drei Parzellen, an denen ihm ein Vorkaufsrecht zustand,
sondern auch die beiden Grundstücke Kat. Nr. 1400 und 1059, die zum
Heimwesen Bergtal gehörten und ebenfalls Gegenstand des Kaufvertrags
Wäger/Forrer gebildet hatten. Das Eigentum an diesen beiden Parzellen
konnte Halter nur durch einen öffentlich beurkundeten Kaufvertrag erwerben.

    c) Aus der Tatsache, dass das Kaufsrecht zugunsten des Berufungsklägers
in der Liegenschaftsbeschreibung des Kaufvertrags Wäger/Halter aufgeführt
wurde, lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsklägers nicht
ableiten, Halter habe dieses Kaufsrecht "übernommen". Da es ohne
Zustimmung des Berechtigten oder gerichtliches Urteilnicht gelöscht
werden konnte, musste es in der Liegenschaftsbeschreibung aufgeführt
werden. Die Frage, ob es weiterhin bestand oder nicht, konnte dadurch
nicht präjudiziert werden. Ebensowenig lässt sich zugunsten des
Standpunkts des Berufungsklägers etwas aus dem Umstand ableiten, dass
das Vorkaufsrecht Paul Halters im Grundbuch gelöscht wurde, während
das Kaufsrecht weiterhin vorgemerkt blieb. Durch die Ausübung war das
Vorkaufsrecht gegenstandslos geworden. Art. 72 Abs. 2 GBV schreibt vor,
dass vorgemerkte Vorkaufsrechte von Amtes wegen zu löschen sind, wenn
der Berechtigte Eigentümer des Grundstücks geworden ist. Das Kaufsrecht
hingegen konnte nur mit Zustimmung Mayers gelöscht werden, obschon es
unwirksam geworden war (Art. 964 Abs. 1 ZGB; vgl. BGE 85 II 574).

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 959 Abs. 2 ZGB erhalten persönliche Rechte durch die
Vormerkung, wenn sie im Gesetz vorgesehen ist, Wirkung gegenüber jedem
später erworbenen Rechte. Das bedeutet in casu, dass das Kaufsrecht
des Berufungsklägers, das nach dem Vorkaufsrecht Halters im Grundbuch
vorgemerkt wurde, diesem gegenüber mit dem Eigentumsübergang unwirksam
wurde, d.h. seinen Charakter als Realobligation verlor und nur noch als
gewöhnliches obligatorisches Recht gegenüber Wäger (ohne "verstärkte
Wirkung") weiterbestand (vgl. HOMBERGER N. 41 ff. i.V. m. N. 30 zu
Art. 959 ZGB; HAAB N. 8 und 46 je a.e. zu Art. 681/82 ZGB). Damit wurde die
Vormerkung des Kaufsrechts im Grundbuch ungerechtfertigt. Halter und seine
Rechtsnachfolger konnten demzufolge jederzeit die Löschung verlangen und
gegen den Widerstand des Berechtigten mit der Grundbuchberichtigungsklage
nach Art. 975 ZGB durchsetzen (vgl. HOMBERGER N. 30 zu Art. 959 ZGB).

    Es ist zwar richtig, dass Forrer das erwähnte Kaufsrecht überbunden
worden war und dass Halter - da es sich um ein nicht limitiertes
Vorkaufsrecht handelte - verpflichtet war, die Grundstücke zu den
Bedingungen zu erwerben, die Forrer auf sich genommen hatte. Daraus folgt,
dass Halter vom Verkäufer Wäger verpflichtet werden konnte, entweder
die nach der Vormerkung seines Vorkaufsrechts neu auf die Grundstücke
gelegten Lasten zu übernehmen oder ihm einen um den Wert der gelöschten
Lasten erhöhten Kaufpreis zu bezahlen (HOMBERGER N. 42 zu Art. 959 ZGB
und dortige Zitate). Daraus, dass die damaligen Vertragsparteien weder
in der einen noch in der andern Richtung eine Abmachung getroffen haben,
lässt sich jedoch nichts zugunsten des Standpunkts des Berufungsklägers
ableiten; denn das soeben Ausgeführte bezieht sich nur auf das Verhältnis
zwischen dem Verkäufer Wäger und dem Vorkaufsberechtigten bezw. Erwerber
Halter. Auf die Rechtsfolge der Unwirksamkeit des Kaufsrechts, die mit
dem Eigentumsübergang nach Art. 959 Abs. 2 ZGB eintrat, konnte dieses
Verhältnis solange keinen Einfluss haben, als Halter sich nicht zur
"Übernahme" des Kaufsrechts verpflichtet hatte. Es wäre Sache des
Verkäufers Wäger gewesen, ihn gegebenenfalls dazu anzuhalten. Ob er
damit Erfolg gehabt hätte, mag dahingestellt bleiben; denn es ist wohl
möglich und sogar wahrscheinlich, dass der Preis von Fr. 15.- je m2, den
Mayer bei Ausübung des Kaufsrechts hätte entrichten müssen, den damals in
jener Gegend geltenden Baulandpreisen entsprach. Es ist deshalb fraglich,
ob damals von einem "Wert der gelöschten Belastung" hätte gesprochen
werden können; denn der Eigentümer hätte ja bei Ausübung des Kaufsrechts
den Kaufpreis für den Boden erhalten, ihn also nicht entschädigungslos
abtreten müssen. Aus diesem Grund hatte das Kaufsrecht vermutlich auf
die Festsetzung des Kaufpreises zwischen Wäger und Forrer gar keinen
Einfluss. Ob aber Wäger unter Berufung auf die von Mayer wegen der
Löschung des Kaufsrechts allfällig drohenden Schadenersatzansprüche eine
Erhöhung des Kaufpreises hätte verlangen können, scheint zum mindesten
zweifelhaft: Wäger führte seine Schadenersatzpflicht selber herbei,
dadurch, dass er dem Mayer zuerst ein Kaufsrecht einräumte und nachher
den Vorkaufsfall zugunsten Halters auslöste. Sei dem, wie ihm wolle:
Solange nicht nachgewiesen ist (darüber unter Ziff. 5 hienach mehr),
dass Halter bei der Ausübung des Vorkaufsrechts oder später das Kaufsrecht
zugunsten Mayers "übernommen" hatte, bleibt es bei der gesetzlichen Folge
des Art. 959 Abs. 2 ZGB.

    Die Auffassung des Berufungsklägers, Halter sei verpflichtet
gewesen, eine ausdrückliche Erklärung darüber abzugeben, dass er das
Kaufsrecht nicht "übernehmen" wolle, lässt sich mit dieser Bestimmung
nicht vereinen. Die sonst zutreffenden Ausführungen HOMBERGERS, N. 42
zu Art. 959 ZGB, könnten in dieser Beziehung missverstanden werden, weil
dort die Rede davon ist, dass der "Vorkäufer von seinem Rechte (scil. auf
Löschung) Gebrauch" macht. Das ist indessen nicht so zu verstehen, dass der
Vorkäufer verpflichtet ist, die Löschung zu verlangen, ansonst anzunehmen
wäre, er "übernehme" die ihm nachgehende Belastung. Die Unwirksamkeit der
nachgehenden Belastung tritt vielmehr von Gesetzes wegen ein, sofern die
Parteien nicht eine andere Abmachung treffen.

Erwägung 4

    4.- Steht fest, dass die Vormerkung des Kaufsrechts seit Erwerb des
Grundstücks durch Halter ungerechtfertigt geworden ist, so kann auch
der Zeitablauf an diesem Sachverhalt nichts ändern; denn der Anspruch
auf Berichtigung des Grundbuchs entsprechend der materiellen Rechtslage
ist unverjährbar. Es könnten ihm nur guter Glaube eines Dritterwerbers,
nachträgliche Heilung des Mangels oder Ersitzung entgegengehalten werden.
Alle drei Einwände kommen vorliegend nicht in Betracht. Freilich beruft
sich der Berufungskläger auf seinen guten Glauben und macht geltend,
sein Kaufsrecht sei während neun Jahren unangefochten im Grundbuch
vorgemerkt gewesen. Allein, der Schutz des guten Glaubens nach Art. 973
ZGB gilt nur für Dritterwerber, ganz abgesehen davon, dass er sich nicht
auf persönliche Rechte bezieht (HOMBERGER N. 7 zu Art. 973 ZGB).

    Dem Berufungskläger nützt auch der weitere Einwand nichts, das
Löschungsbegehren der Berufungsbeklagten verstosse wider Treu und
Glauben (venire contra factum proprium). Die Berufungsbeklagte und ihr
Rechtsvorgänger, Paul Halter, waren nicht verpflichtet, die Löschung des
Kaufsrechts durchzusetzen, sofern sie sich überhaupt über den formellen
Weiterbestand der Vormerkung Rechenschaft gegeben hatten. Sie durften
sich in Anbetracht der gegebenen Rechtslage darauf verlassen, dass der
Berufungskläger seinerseits nicht mehr den Versuch machen werde, das
Kaufsrecht auszuüben. Wie schon früher erwähnt, bedeutet der Umstand,
dass das Kaufsrecht in der Liegenschaftsbeschreibung des Vertrags
Wäger/Halter vom 13. März 1954 enthalten war, keineswegs, dass es von
Paul Halter anerkannt werde. Das gleiche ist zu sagen vom Umstand, dass
dieses Kaufsrecht auch in der Liegenschaftsbeschreibung des Vertrags
zwischen Paul Halter und der Paul Halter AG vom Jahre 1958 aufgeführt
werden musste. Dazu kommt noch, dass die Vormerkung in diesem Zeitpunkt
längstens ihre Wirkung eingebüsst hatte und nicht wieder aufleben konnte,
selbst wenn die Paul Halter AG der Auffassung gewesen wäre, sie sei damit
belastet. Vgl. HOMBERGER N. 23 zu Art. 973 ZGB: "Eingetragene, aber nicht
bestehende Lasten... können gegenüber einem Erwerber, der sie auf Grund
des Grundbuchs als rechtsbeständig angenommen und das Grundstück dennoch
erworben hat, nicht geltend gemacht werden".

Erwägung 5

    5.- Endlich macht der Berufungskläger auch noch geltend, Paul
Halter habe sich seinerzeit mündlich verpflichtet, das Kaufsrecht zu
"übernehmen". Die Vorinstanz hat es abgelehnt, den Beweis für diese
Behauptung abzunehmen, mit der Begründung, das Kaufsrecht hätte zu
seinem Weiterbestehen neu begründet werden müssen, wozu ein öffentlich
beurkundeter Kaufsrechtsvertrag zwischen Mayer und Halter, eventuell die
Bestellung eines Kaufsrechts zugunsten Mayers im Vertrag Wäger/Halter
nötig gewesen wäre. Diese Auffassung trifft indessen nicht ganz zu.

    Die "Übernahme" des Kaufsrechts durch Halter hätte durch Abgabe
einer Nachgangserklärung zuhanden Mayers erfolgen können. In analoger
Anwendung von Art. 812 ZGB muss angenommen werden, eine solche Erklärung
sei formlos gültig (vgl. LEEMANN, N. 17 zu Art. 812 ZGB). Könnte der
Berufungskläger den Beweis für seine Behauptung erbringen, so müsste an
und für sich der Weiterbestand seines Kaufsrechts angenommen werden;
denn die Berufungsbeklagte könnte sich nicht auf ihren guten Glauben
berufen, da die Vormerkung formell bestand, als sie die Liegenschaft
erwarb. Der Beweisantrag des Berufungsklägers ist jedoch aus einem andern
Grund unerheblich: Nach seiner Darstellung soll Paul Halter mit Wäger
"vereinbart" haben, er werde das Kaufsrecht "respektieren". Sollte
das zutreffen, so handelte es sich um einen wesentlichen Punkt des
Kaufvertrages zwischen Wäger und Halter, der demzufolge der öffentlichen
Beurkundung bedürftig gewesen wäre. Den Akten ist zu entnehmen, dass Paul
Halter sich auf den fraglichen Grundstücken u.a. deswegen ein Vorkaufsrecht
sicherte, weil er Nachbar war und ihre Überbauung verhindern wollte. Es
war deshalb für ihn sehr wesentlich, ob die Parzelle Kat. Nr. 95 überbaut
werden konnte oder nicht. Eine im Kaufvertrag Wäger/Halter nicht vorhandene
dahingehende, ausdrückliche Übernahmevereinbarung wurde nicht dadurch
ersetzt, dass die Kaufsrechtsvormerkung in der Liegenschaftsbeschreibung
des Kaufvertrags Wäger/Forrer in derjenigen des Vertrags Wäger/Halter
einfach stehen blieb.

    Die Abweisung des klägerischen Beweisantrages durch das Kantonsgericht
ist deshalb zu Recht erfolgt.

Entscheid:

Denmach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts St.
Gallen, II. Zivilkammer, vom 6. März 1964 bestätigt.