Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 I 437



89 I 437

63. Urteil vom 23. Oktober 1963 i.S. Meier und Konsorten gegen
Einwohnergemeinden Schaffhausen und Neuhausen am Rheinfall sowie
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen. Regeste

    Anfechtung einer Gemeindeabstimmung über ein Bauprojekt wegen
behördlicher Beeinflussung der Willensbildung der Stimmberechtigten.

    1.  Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (Erw. 5).

    2.  Inwieweit dürfen Behörden und ihre Mitglieder am Abstimmungskampf
teilnehmen? (Erw. 6).

    3.  Ist eine Abstimmung zu kassieren, wenn

    -  im Streite der Meinungen mit unwahren Angaben gekämpft worden
ist? (Erw. 7 b).

    - die Behörden wenige Tage vor der Abstimmung bekannt gegeben haben,
dass die im Abstimmungskampf hauptsächlich gerügten Mängel des Projekts
verbessert werden können? (Erw. 7 a, c).

Sachverhalt

    A.- Im Jahre 1957 gründeten die schaffhausischen Einwohnergemeinden
Schaffhausen und Neuhausen am Rheinfall mit den zürcherischen Gemeinden
Feuerthalen und Flurlingen einen Gemeindeverband mit dem Zweck,
in Neuhausen eine gemeinsame Abwasserreinigungsanlage (Kläranlage)
zu bauen und zu betreiben. Als Standort derselben wurde das "Röti"
genannte Areal am rechten Rheinufer vorgesehen, das (von Schaffhausen
aus gesehen) bis zu der etwa 300 m oberhalb des Rheinfalls gelegenen
Eisenbahnbrücke reicht. Der grösste Teil dieses Areals gehört der
Schweiz. Industrie-Gesellschaft (SIG) und wird von ihr im Tausch gegen
anderes Land an den Kläranlage-Verband abgetreten. Nachdem ein Projekt für
die Kläranlage mit einem Kostenvoranschlag von rund 20 Millionen Franken
ausgearbeitet worden war, wurde es dem Grossen Stadtrat von Schaffhausen
sowie dem Einwohnerrat von Neuhausen unterbreitet zur Genehmigung und
zur Bewilligung der erforderlichen Kredite. Während der Einwohnerrat von
Neuhausen die Vorlage einstimmig annahm, schlugen einige Mitglieder des
Grossen Stadtrates von Schaffhausen anstelle der "Röti" das unterhalb des
Rheinfalls gelegene "Fischerhölzli" als Standort der Kläranlage vor. Sie
lehnten die "Röti" vor allem aus Gründen des Natur- und Heimatschutzes
ab, weil das dortige Projekt die Aufschüttung eines bis zu 35 m breiten
Landstreifens in den Rhein hinaus sowie die Aufschüttung eines 23 m hohen
Hügels auf dem hinter der Kläranlage gelegenen Grundstück der SIG vorsah;
ferner beanstandeten sie, dass das Areal in der "Röti" zu klein sei und
keinen Raum für eine spätere Erweiterung der Anlage biete. Der Grosse
Stadtrat entschied sich indes mit 37 gegen 6 Stimmen für das Projekt in
der "Röti" und bewilligte den dafür erforderlichen Kredit.

    Die Beschlüsse des Grossen Stadtrates von Schaffhausen und des
Einwohnerrates von Neuhausen unterlagen der Volksabstimmung, die auf
den 15./17. März 1963 festgesetzt wurde. Vor dieser wurde sämtlichen
Stimmberechtigten der beiden Gemeinden eine amtliche Botschaft zugestellt,
in welcher das Kläranlageprojekt unter Hinweis auf beigefügte Pläne
eingehend erläutert wurde. Die Botschaft der Stadt Schaffhausen erwähnt
auch die Meinungsverschiedenheiten über den Standort der Kläranlage
und enthält einen Auszug aus dem Bericht, mit dem die Mehrheit der
stadträtlichen Spezialkommission das Projekt in der "Röti" befürwortet
hatte und worin es u.a. hiess, die Kommissionsmehrheit habe "die Leitung
des Kläranlage-Verbandes ersucht, darnach zu trachten, dass der Vorbau
im Rheinbett durch weiteres Zurückschieben der Anlage in die Böschung
der Aufschüttung noch reduziert werden kann" (S. VIII/IX).

    Im Abstimmungskampf wurden namentlich die Beanspruchung des Rheinbettes
und die knappen Platzverhältnisse in der "Röti" beanstandet. Angesichts
dieser Kritik und eines Appels des Heimatschutzes erklärte sich die SIG
in einem Schreiben vom 11. März 1963 an Walter Bringolf, Stadtpräsident
von Schaffhausen und Präsident des Kläranlage-Verbandes, bereit, von ihrem
Areal durch Zurückversetzung der Böschung weiteres Land unentgeltlich für
die Kläranlage abzutreten; dadurch werde es möglich, die Aufschüttung im
Rheinbett auf rund 15 m herabzusetzen, und die bisherige Landreserve für
einen allfälligen späteren Ausbau der Kläranlage erhöhe sich um rund 50%.

    Stadtpräsident Bringolf las dieses Schreiben am 12. März 1963 in einer
öffentlichen Versammlung in der Rathauslaube vor und erklärte dazu, dass
es zu einer Verbesserung des geplanten Werkes führe. Am 13. und 14. März
wurde das Schreiben in der Presse und in Flugblättern veröffentlicht
und besprochen.

    In der Urnenabstimmung vom 15./17. März 1963 wurden die behördlichen
Kreditvorlagen für die Kläranlage in der Stadt Schaffhausen mit 3734
gegen 3028 und in Neuhausen mit 1219 gegen 1162 Stimmen angenommen.

    Gegen diese Abstimmungen rekurrierten 7 in Schaffhausen und 5
in Neuhausen stimmberechtigte Bürger an den Regierungsrat des Kantons
Schaffhausen mit dem Antrag, die Krediterteilungsbeschlüsse aufzuheben. Zur
Begründung machten sie geltend, dass die Bekanntgabe des Schreibens der
SIG durch Stadtpräsident Bringolf eine unzulässige Beeinflussung der
Stimmberechtigten darstelle, dass die Vorlage nur durch die zuständigen
Behörden hätte geändert werden dürfen, dass die Stimmberechtigten über
ein Projekt abgestimmt hätten, das nun gar nicht ausgeführt werde, und
dass die Änderung so spät bekannt gemacht worden sei, dass eine Diskussion
darüber nicht mehr möglich gewesen sei, was umso schwerer wiege, als das
Schreiben der SIG irreführende Angaben enthalten habe.

    Der Regierungsrat wies die Beschwerden mit Entscheid vom 3. Juli 1963
ab, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Obwohl die Abstimmungsvorlage
sich nur auf den Kredit für die Kläranlage bezogen habe, sei anzunehmen,
dass die Stimmberechtigten auch über die bauliche Ausgestaltung der
Anlage im allgemeinen und über ihren Standort entschieden hätten, nicht
dagegen über die Detailpläne, deren Ausarbeitung Sache der ausführenden
Instanzen sei. Zu den Detailfragen gehöre auch der Landerwerb, so
dass der Tauschvertrag mit der SIG keinen wesentlichen Bestandteil
der Vorlage und seine Ergänzung im Schreiben vom 11. März 1963 keine
Änderung der Vorlage dargestellt hätten. Daran ändere auch der Umstand
nichts, dass die Aufschüttungen im Rhein und auf dem Land der SIG im
Abstimmungskampf besonders hervorgehoben worden seien. Da beim Projekt
"Röti" eine Ausführung ohne Aufschüttungen gar nicht zur Diskussion
gestanden sei, könne der Stimmbürger durch den Vorschlag weniger weit
gehender Aufschüttungen nicht in seiner freien Willensbildung getäuscht
oder sonstwie ungebührlich beeinflusst worden sein. Die zusätzliche
Landabtretung der SIG stelle insofern eine Verbesserung dar, als sie
erlaube, die Beanspruchung des Rheingebietes zu beschränken. Diese
Verbesserung habe einem von Gegnern und Befürwortern der Vorlage
geäusserten Wunsch entsprochen und im Abstimmungskampf eine wesentliche
Rolle gespielt. Von einer unzulässigen Einmischung der Behörden in
die freie Meinungsbildung des Stimmbürgers könne dabei nicht die Rede
sein. Wenn eine Behörde eine allseitig gewünschte Verbesserung eines zur
Abstimmung gelangenden Werkes vorschlage, so erfülle sie im Grunde nur
ihre Pflicht.

    B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellen Gerold Meier und
die 11 übrigen Stimmmbürger, welche den kantonalen Rekurs führten, den
Antrag, den Regierungsratsbeschluss vom 3. Juli 1963 aufzuheben und die
beiden Abstimmungen der Gemeinden Schaffhausen und Neuhausen vom 17. März
1963 zu annulieren. Die Begründung der Beschwerde ist, soweit wesentlich,
aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.

    C.- Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, der Stadtrat von
Schaffhausen und der Gemeinderat von Neuhausen am Rheinfall beantragen
Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid, mit dem
der Regierungsrat die Kassation der in den Gemeinden Schaffhausen und
Neuhausen durchgeführten Volksabstimmungen abgelehnt hat. Es handelt
sich somit um eine Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG; denn zu den
kantonalen Abstimmungen im Sinne dieser Bestimmungen gehören auch die
Gemeindeabstimmungen (BGE 89 I 85 Erw. 1 und dort angeführte frühere
Urteile).

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer machen vor allem geltend, die Behörden hätten
dadurch, dass sie das Schreiben der SIG wenige Tage vor der Abstimmung
bekannt gaben, die Willensbildung der Stimmbürger in unzulässiger
Weise beeinflusst. Daneben beschweren sie sich wegen Verweigerung des
rechtlichen Gehörs im kantonalen Rekursverfahren. Zu diesen beiden Rügen
sind sie legitimiert, da sie stimmberechtigte Einwohner der Gemeinden
Schaffhausen oder Neuhausen sind und am kantonalen Rekursverfahren
teilgenommen haben. Soweit sie dagegen das Projekt für eine Kläranlage in
der "Röti" als solches bemängeln und behaupten, die in Aussicht gestellte
Verbesserung bedeute für zwei benachbarte Industriebetriebe (Internationale
Verbandsstoff-Fabrik und Steril Catgut AG) eine Verschlechterung, fehlt
den Beschwerdeführern die Legitimation; denn damit rügen sie nicht eine
Verletzung des Stimmrechts oder eines andern ihnen persönlich zustehenden
Rechts, sondern machen sie allgemeine öffentliche Interessen sowie private
Interessen Dritter geltend.

Erwägung 3

    3.- In der Beschwerdebegründung wird unter Ziff. 4 als Verweigerung
des rechtlichen Gehörs gerügt, dass der Regierungsrat auf wesentliche
Vorbringen der Beschwerdeführer gar nicht eingetreten sei, doch werden
diese Vorbringen nicht angegeben, sodass in diesem Punkte auf die
Beschwerde nicht einzutreten ist (Art. 90 lit. b OG). Dagegen wird dem
Regierungsrat unter Ziff. 7 vorgeworfen, er habe es unterlassen, die Frage
der Unzulässigkeit der Beeinflussung der öffentlichen Meinung in letzter
Stunde vor der Abstimmung näher zu prüfen. Diese Rüge ist unbegründet. Der
Regierungsrat hat im angefochtenen Entscheid den betreffenden Einwand
zurückgewiesen und ausgeführt, dass und weshalb die Behörde nur ihre
Pflicht erfüllt habe und ihr Vorgehen nicht zu beanstanden sei.

Erwägung 4

    4.- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verwirkt ein
Stimmberechtigter das Recht zur Anfechtung einer Wahl oder Abstimmung
durch staatsrechtliche Beschwerde, wenn er es unterlässt, Fehler in
der Vorbereitung der Wahl oder Abstimmung sofort durch Einsprache oder
Beschwerde zu rügen, damit der Mangel noch vor der Wahl oder Abstimmung
behoben werden kann und diese nicht wiederholt zu werden braucht (BGE
89 I 86 Erw. 4 und dort angeführte frühere Urteile). Im Hinblick hierauf
könnte man sich fragen, ob die Beschwerdeführer, die in der wenige Tage
vor der Abstimmung erfolgten Bekanntgabe des Schreibens der SIG durch den
Stadtpräsidenten einen Kassationsgrund erblicken, sich nicht sofort an
den Regierungsrat hätten wenden sollen mit dem Begehren um Verschiebung
der Abstimmung. Die Frage kann offen bleiben, da die Beschwerde, wie die
nachstehenden Erwägungen ergeben, sich ohnehin als unbegründet erweist.

Erwägung 5

    5.- Das politische Stimmrecht ist ein vom Bundesrecht gewährleistetes
verfassungsmässiges Recht. Es gibt dem Einzelnen unter anderm Anspruch
darauf, dass kein Wahl- oder Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das
nicht den freien Willen der Wählerschaft zuverlässig und unverfälscht zum
Ausdruck bringt (BGE 75 I 245 mit Verweisungen). Die Beschwerdeführer
machen geltend, die Behörden hätten das Abstimmungsergebnis durch
unzulässiges Eingreifen in den Abstimmungskampf beeinflusst. Ob das
Verhalten der Behörden unzulässig war und die Freiheit der Stimmbürger
beeinflusste, ist vom Bundesgericht frei zu prüfen. Es hat einzuschreiten,
wenn entweder positive, zur Sicherung der Freiheit der Stimmabgabe
aufgestellte Vorschriften verletzt worden sind oder sonst mit verwerflichen
Mitteln ein Einfluss auf die Stimmberechtigten ausgeübt worden ist (nicht
veröffentl. Urteil vom 4. Februar 1946 i.S. Oertli c. Regierungsrat des
Kt. Zürich, Erw. 3 a).

Erwägung 6

    6.- Dass Stadtpräsident Bringolf das Schreiben der SIG vom 11. März
1963 bekannt gegeben hat, beanstanden die Beschwerdeführer schon deshalb,
weil eine Behörde nicht in den Abstimmungskampf eingreifen dürfe. Sie
schliessen das e contrario aus den Bestimmungen der Stadtverfassung von
Schaffhausen, wonach den Abstimmungsvorlagen in wichtigen Fällen eine
erläuternde Botschaft beizufügen ist (Art. 9 Abs. 2 und Art. 12), und
behaupten, dass der gegenteilige Standpunkt grundlegend schweizerischer
Rechtsauffassung widerspreche. Die Rüge ist unbegründet. Daraus, dass
für wichtige Fälle eine erläuternde Botschaft vorgeschrieben ist, folgt
nicht, dass es im übrigen den Behörden verboten sei, ihre Vorlagen zur
Annahme zu empfehlen. Eine solche Empfehlung gilt nach schweizerischer
Rechtsauffassung nicht als unzulässig, sofern sie nicht mit verwerflichen
Mitteln, z.B. unter Verwendung öffentlicher Mittel, irreführender Angaben
usw. erfolgt. Selbst wenn der Behörde als solcher eine eigentliche Wahl-
und Abstimmungspropaganda nicht gestattet ist, kann doch dem einzelnen
Behördemitglied die Teilnahme am Wahl- und Abstimmungskampf und die freie
Meinungsäusserung nicht verboten werden (erwähntes Urteil i.S. Oertli
S. 6/7; USTERI, Ausübung des Stimm- und Wa.hlrechts, ZSR 1959 S. 419 a;
vgl. auch PICENONI, Die Kassation von Volkswahlen und Volksabstimmungen
S. 74/78). Der Umstand allein, dass Walter Bringolf, Stadtpräsident
von Schaffhausen und Präsident des Kläranlage-Verbandes, sich an einer
öffentlichen Versammlung für die Vorlage einsetzte und dabei das Schreiben
der SIG bekannt gab, stellt daher noch keine unzulässige Beeinflussung
der Stimmberechtigten dar.

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass bei der Bekanntgabe des
Schreibens unrichtige Angaben über seinen Inhalt gemacht worden seien. Sie
beanstanden seine Bekanntgabe, weil sie nur wenige Tage vor der Abstimmung
erfolgte, weil das Schreiben eine irreführende Angabe enthalten habe,
und vor allem, weil die darin angebotene zusätzliche Landabtretung der
SIG zu einer Änderung des den Gegenstand der Abstimmungsvorlage bildenden
Projekts der Kläranlage führe.

    a) Die späte Bekanntgabe wäre nur zu rügen, wenn das Schreiben
absichtlich zurückgehalten worden wäre, um damit die Stimmberechtigten in
letzter Stunde zu beeinflussen. Das wird von den Beschwerdeführern nicht
behauptet, noch bestehen Anhaltspunkte dafür. Die SIG habe sich offenbar
erst angesichts des mit dem Abstimmungskampf zunehmenden Widerstands
gegen die Vorlage dazu entschlossen, für die Verbesserung des Projekts
weiteres Land abzutreten. Ihr Schreiben ist das Ergebnis einer am
Samstag 9. März 1963 stattgehabten Besprechung zwischen Bringolf und dem
Direktionspräsidenten der SIG; es wurde am Montag 11. März abgesandt und am
12. März abends in einer öffentlichen Versammlung bekannt gegeben. Wenn
es auch erst am Mittwoch in der Presse veröffentlicht wurde, bestand
doch noch Gelegenheit, die damit eingetretene Änderung der Sachlage
in der Öffentlichkeit zu erörtern, so dass sich die Stimmberechtigten,
die sich dafür interessierten, ein Urteil darüber bilden konnten.

    b) Dass die zusätzliche Landabtretung in bezug auf die Beeinträchtigung
des Landschaftsbildes eine Verbesserung des ursprünglichen Projekts
ermöglicht, weil die Aufschüttung in den Rhein hinaus vermindert und
diejenige auf dem Grundstück der SIG zurückversetzt werden kann, ist
nicht streitig. Als irreführend beanstanden die Beschwerdeführer dagegen
die im Schreiben der SIG enthaltene Bemerkung, durch die zusätzliche
Landabtretung erhöhe sich die Landreserve für einen späteren Ausbau der
Kläranlage um rund 50%. Ob und inwieweit diese Angabe unrichtig war,
erscheint indes als zweifelhaft. Die Beschwerdeführer machen keine
zahlenmässigen Angaben über das Ausmass der bisherigen und der neuen
Landreserve, noch geht dieses Ausmass klar aus den Akten hervor. Soweit die
zusätzliche Landabtretung zur Verminderung der Aufschüttung im Rheinbett
dient, kann von einer Erhöhung der Landreserve offenbar nicht die Rede
sein. Allein die SIG tritt nicht nur 2000 m2 durch Zurückversetzung der
Böschung ab, sondern überdies 4250 m2, zu deren späteren Abtretung sie
sich im Vertrag von 1960 nur unter der Bedingung verpflichtet hatte,
dass "dadurch keine Bauvorhaben der SIG tangiert werden". Inwieweit die
Landreserve erhöht wurde, kann indes dahingestellt bleiben. Selbst wenn
die SIG zu Unrecht von einer Erhöhung von 50% gesprochen haben sollte,
wäre dies kein Grund zur Kassation der Abstimmung. Eine Abstimmung oder
Wahl kann nicht immer dann als ungültig erklärt werden, wenn im Streite
der Meinungen mit unwahren Angaben gekämpft worden ist. Es muss sich
um eine schwerwiegende Irreführung handeln und die Willensbildung der
Stimmberechtigten dadurch beeinflusst worden sein (Urteil vom 3. Februar
1939 i.S. Thomann c. Regierungsrat des Kt. Zürich, besprochen in ZBl
1939 S. 250/51; PICENONI aaO S. 85/90). Diese Voraussetzungen treffen
hier nicht zu. Die Vorlage für die Kläranlage in der "Röti" wurde vor
allem wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die beiden
Aufschüttungen bekämpft. Eine allfällige unrichtige Angabe über die
Erhöhung der Landreserve erscheint daher nicht als schwerwiegend. Auch
ist nicht dargetan, dass die Frage der Landreserve im Abstimmungskampf
eine wesentliche Rolle spielte.

    c) Während die Abstimmungsvorlage der Gemeinde Neuhausen auch die
Genehmigung des Projekts für die Kläranlage zum Gegenstand hatte, wurde
den Stimmberechtigten der Stadt Schaffhausen nur die Bewilligung des dafür
erforderlichen Kredites beantragt. Die Parteien sind jedoch darüber einig,
dass die Stimmberechtigten auch in Schaffhausen über die sich aus der
Vorlage ergebende bauliche Ausgestaltung und insbesondere über den Standort
der Kläranlage entschieden haben. Sodann nehmen die Beschwerdeführer mit
dem Regierungsrat an, dass bei der Ausführung einer Anlage wie der hier in
Frage stehenden in Einzelheiten von dem den Stimmberechtigten vorgelegten
Projekt abgewichen werden dürfe. Als unzulässig erachten sie es dagegen,
dass die Behörden in der Zeit zwischen der Vorlage und der Abstimmung
irgendwelche Änderungen am Projekt ins Auge fassen und bekannt geben, zumal
wenn diese Änderungen wie hier für die Willensbildung der Stimmberechtigten
entscheidend seien; solche Änderungen müssten den Stimmberechtigten auf dem
verfassungsmässigen Wege, d.h. in einer neuen Vorlage unterbreitet werden.
Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden.

    Wenn die Behörden befugt sind, nach der Abstimmung in Einzelheiten
von dem dort gutgeheissenen Projekt abzuweichen, so dürfen sie sich
auch schon vorher mit solchen Änderungen befassen. Insbesondere haben
sie auch nach der Fertigstellung einer Vorlage das Recht und die Pflicht,
die Frage zu prüfen, ob das Projekt sich in Einzelheiten verbessern lasse,
und zwar auch und gerade in Einzelheiten, die nach der Veröffentlichung der
Vorlage bemängelt werden. So verhält es sich aber hier. Die Vorlage für
die Kläranlage in der "Röti" stiess vor allem wegen der Beeinträchtigung
des Landschaftsbildes durch Aufschüttungen im Rheinbett und auf dem
Grundstück der SIG auf Widerstand. Wenn die Behörden das Projekt in dieser
Beziehung zu verbessern suchten, die Möglichkeit dazu in der zusätzlichen
Landabtretung der SIG fanden und diese den Stimmberechtigten bekannt
gaben, so kann ihnen daraus kein Vorwurf gemacht werden. Ein Vergleich der
Pläne in der Botschaft mit den Plänen für die Ausführung bestätigt die
dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Annahme, dass infolge der
zusätzlichen Landabtretung nicht die Grundzüge, sondern nur Einzelheiten
des Projekts geändert wurden. Als Einzelheiten erscheinen insbesondere auch
die Verminderung der Aufschüttung im Rheinbett und die Zurückversetzung
derjenigen auf dem Grundstück der SIG. Freilich mögen gerade diese
Änderungen am ursprünglichen Projekt für viele Stimmberechtigte
entscheidend gewesen sein. Indessen hatte schon die Botschaft erwähnt,
dass die Mehrheit der stadträtlichen Spezialkommission die Leitung des
Kläranlage-Verbandes ersucht hat, danach "zu trachten, dass der Vorbau
im Rheinbett durch weiteres Zurückschieben der Anlage in die Böschung
der Aufschüttung noch reduziert werden kann". Nachdem dies durch die
von der SIG angebotene zusätzliche Landabtretung möglich geworden war,
hatten die Stimmberechtigten das Recht, hievon unterrichtet zu werden.

    Die Beschwerdeführer wenden zu Unrecht ein, die Stimmberechtigten
hätten nach Bekanntgabe des Schreibens der SIG nicht mehr gewusst, ob sie
über das ursprüngliche oder über ein abgeändertes Projekt abzustimmen
hätten. Sie haben sich mit der Annahme der Vorlage für die Ausführung
des ihnen vorgelegten Projektes, d.h. am Standort "Röti" mit den beiden
Aufschüttungen, entschieden. Inwieweit für ihren Entscheid die Erwartung
massgebend war, dass durch die infolge der zusätzlichen Landabtretung
der SIG mögliche Verminderung der einen und Zurückversetzung der andern
Aufschüttung das ursprüngliche Projekt verbessert werden könne, ist
unerheblich, da diese Erwartung nicht auf irreführenden Angaben beruhte,
sondern durchaus begründet war.

    Der Vorwurf, die Willensbildung der Stimmberechtigten sei durch die
Bekanntgabe des Schreibens der SIG vom 11. März 1963 in unzulässiger
Weise beeinflusst worden, erweist sich somit als unbegründet.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.