Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 I 281



89 I 281

43. Urteil vom 28. Juni 1963 i.S. Stucki gegen Rekurskommission des
Kantons Solothurn. Regeste

    Verwaltungsgerichtsbeschwerde: Erfordernis der Darstellung der
wesentlichen Tatsachen.

    Wehrsteuer für Einkommen: Besteuerung des Kapitalgewinns, den der
Inhaber eines Garagebetriebes beim Verkauf der Geschäftsliegenschaft
erzielt hat. War der Verkäufer zur Führung kaufmännischer Bücher
verpflichtet?

Sachverhalt

    A.- Albert Stucki betrieb in Solothurn eine Autogarage mit einer
Servicestation. Im Jahre 1959 verkaufte er die Geschäftsliegenschaft
mit Wohnhaus, Werkstatt, Tankstellenüberdachung und Garage. Er erzielte
dabei einen Kapitalgewinn, der gemäss Art. 43 WStB zur Sondersteuer
herangezogen wurde. Albert Stucki bestritt, diese Steuer zu schulden,
mit der Begründung, er sei nicht zur Führung kaufmännischer Bücher
verpflichtet gewesen. Die Veranlagung wurde jedoch bestätigt, zuletzt
durch Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 6. November 1962.

    B.- Gegen diesen Entscheid erhebt Albert Stucki
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, in welcher er an seinem Standpunkt festhält.

    Die kantonalen Behörden beantragen, auf die Beschwerde nicht
einzutreten, eventuell sie abzuweisen.

    Die eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der
Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die kantonalen Behörden beantragen Nichteintreten, weil
in der Beschwerdeschrift die nach Art. 90 Abs. 1 lit. b/Art. 107 OG
erforderliche Darstellung der wesentlichen Tatsachen fehle. Indes kann
der Beschwerdeschrift unschwer entnommen werden, auf welche Tatsachen der
Beschwerdeführer sich berufen will. Sie verweist auf die Einspracheschrift,
welche den Sachverhalt kurz darlegt, und enthält weitere Ausführungen
über den Tatbestand. Das genügt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Der in Frage stehende Kapitalgewinn unterliegt nach Art. 43
WStG der Sondersteuer, wenn der Beschwerdeführer verpflichtet war,
für seinen Garagebetrieb kaufmännische Bücher zu führen (Art. 21 Abs. 1
lit. d WStB). Das war der Fall, wenn Albert Stucki gehalten war, sich
in das Handelsregister eintragen zu lassen (Art. 957 in Verbindung
mit Art. 934 Abs. 1 OR und Art. 52 ff. HRegV). Dass er tatsächlich
nicht eingetragen war, ist unerheblich. Es kommt darauf an, ob er nach
der gesetzlichen Ordnung zur Eintragung verpflichtet gewesen wäre. Die
verwaltungsrechtliche Kammer kann diese Frage frei prüfen. Ein Entscheid
der zuständigen Registerbehörde darüber liegt nicht vor, so dass nicht zu
untersuchen ist, ob der Gerichtshof an einen solchen gebunden wäre. Das
Schreiben des Handelsregisteramtes Solothurn vom 23. Januar 1963, auf das
der Beschwerdeführer sich beruft, stellt keinen Entscheid dar, sondern
enthält bloss eine Meinungsäusserung.

    Nach Art. 934 Abs. 1 OR ist zur Eintragung im Handelsregister
verpflichtet, wer ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein anderes
nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt. Unter den
Begriff des Handelsgewerbes fällt insbesondere der Erwerb und die
Wiederveräusserung (in unveränderter oder veränderter Form) von
unbeweglichen oder beweglichen Sachen irgendwelcher Art (Art. 53
lit. A Ziff. 1 HRegV). Fabrikationsgewerbe sind Gewerbe, die durch
Bearbeitung von Rohstoffen und anderen Waren mit Hilfe von Maschinen
oder anderen technischen Hilfsmitteln neue oder veredelte Erzeugnisse
herstellen (lit. B daselbst). Andere nach kaufmännischer Art geführte
Gewerbe sind solche, die nicht Handels- oder Fabrikationsgewerbe sind,
jedoch nach Art und Umfang des Unternehmens einen kaufmännischen
Betrieb und eine geordnete Buchführung erfordern (lit. C ebenda). Die
in diesen Verordnungsbestimmungen bezeichneten Gewerbe sind von der
Eintragspflicht befreit, wenn ihre jährliche Roheinnahme eine bestimmte
Summe (Fr. 25'000.-- nach der alten und Fr. 50'000.-- nach der neuen,
seit 1. Januar 1955 geltenden Ordnung) nicht erreicht (Art. 54 HRegV).

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer hat in seinem Garagebetrieb einerseits Waren
(Benzin, Rohöl, Schmierstoffe, Frostschutzmittel usw.) im Detail verkauft
und anderseits Reparaturen vorgenommen. Ob die Tätigkeit, die er in der
Reparaturwerkstatt ausgeübt hat, nach Art und Umfang die Eintragungspflicht
begründet hätte, kann offen gelassen werden. Auf jeden Fall war er deshalb
zur Eintragung verpflichtet, weil er ausserdem ein Handelsgewerbe im
Sinne der Bestimmungen über das Handelsregister betrieben und dabei
die genannten Mindestumsätze erreicht hat. Nach seinen eigenen Angaben
hat er in den Jahren 1950-1959 allein schon beim Verkauf von Benzin
und Rohöl Umsätze erzielt, die das Minimum übersteigen. Der Vertrieb
dieser Treibstoffe und auch anderer Waren, z.B. von Schmierstoffen -
jedenfalls soweit sie nicht bei Arbeiten in der Werkstatt gebraucht
wurden - und von Frostschutzmitteln, ist offensichtlich Handel im Sinne
von Art. 934 Abs. 1 OR und Art. 53 lit. A Ziff. 1 HRegV. Dass damit
vielfach kleine Dienstleistungen gegenüber dem Kunden (Einfüllen in
Behälter usw.) verbunden waren, ändert daran nichts. Ob auch der Vertrieb
von Batterien, Reifen und dgl. zur Handelstätigkeit zu zählen sei, kann
dahingestellt bleiben.

    Der Beschwerdeführer wendet ein, den grössten Teil (durchschnittlich
rund 70%) des Bruttogewinns habe ihm die Werkstatt eingetragen, welche
daher die Servicestation an wirtschaftlicher Bedeutung weit übertroffen
habe; mithin handle es sich in der Hauptsache um einen handwerklichen
Kleinbetrieb, so dass die Eintragspflicht nach der Rechtsprechung (BGE 75
I 76 ff.) zu verneinen sei. Dieser Betrachtungsweise kann nicht zugestimmt
werden. Wäre entscheidend, welcher Betriebsteil wirtschaftlich wichtiger
war, so wäre zum mindesten zweifelhaft, ob allein auf den Bruttogewinn
abgestellt werden könnte und nicht auch andere Faktoren zu berücksichtigen
wären, so der Nettogewinn und vor allem der Umsatz - von dem nach der
eigenen Darstellung des Beschwerdeführers durchschnittlich bloss rund 40%
auf die Werkstatt entfallen wären. Indes kann es nach der gesetzlichen
Ordnung überhaupt nicht darauf ankommen, ob der eine Geschäftszweig als
Hauptgewerbe und der andere als blosses Nebengewerbe anzusprechen sei. Das
Unternehmen des Beschwerdeführers war wirtschaftlich und organisatorisch
eine Einheit, was insbesondere darin zum Ausdruck kam, dass eine einzige
Buchführung bestand, in der alle Geschäftsvorfälle zusammengefasst
wurden. Da auf jeden Fall die eine Tätigkeit des Beschwerdeführers, der
Warenvertrieb, nach Art und Umfang die Eintragspflicht begründete, war das
ganze Unternehmen eintragspflichtig (vgl. BGE 70 I 207 Erw. 3). Selbst
wenn der andere Betriebsteil, die Werkstatt, als Hauptbetrieb anzusehen
wäre und an sich die Voraussetzungen der Eintragspflicht nicht erfüllte,
fiele die Entscheidung nicht anders aus. Auf die Ausführungen in BGE 75
I 76 ff. lässt sich der abweichende Standpunkt, den der Beschwerdeführer
vertritt, nicht stützen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.