Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 89 IV 31



89 IV 31

9. Urteil des Kassationshofes vom 28. Februar 1963 i.S. Steinemann gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen. Regeste

    1.  Art. 3 lit. h, 35 Abs. 1 und 3 MFV (Fassung gemäss BRB vom 5.
Februar 1957), Art. 23 Abs. 1 und 2, 25 BRB über landwirtschaftliche
Motorfahrzeuge und Anhänger sowie gewerbliche Arbeitsmaschinen und
Ausnahmefahrzeuge vom 18. Juli 1961.

    Zum Begriff der Arbeitsmaschine nach altem und neuem Recht; allenfalls
notwendige Führerausweise zum Führen von Hebekranen (Erw. I).

    2.  Art. 5 Abs. 1 MFG, Art. 25 Abs. 1 BRB vom 18. Juli 1961.

    Fahrten auf öffentlichen Strassen mit Arbeitsmaschinen, für die keine
Fahrzeugausweise bestehen (Erw. II).

    3.  Art 54 Abs. 1 MF V.

    Verletzung des Verbotes durch Beförderung von Lasten mit nach vorn
ausladenden Hebekranen (Erw. III Ziff. 1).

    4.  Art. 100 Ziff. 2 Abs. 1 SVG.

    Arbeitgeber und Vorgesetzter können und müssen zugleich bestraft
werden, wenn beide zur Begehung der Straftat des Motorfahrzeugführers
vorsätzlich oder fahrlässig beigetragen haben (Erw. III Ziff. 2).

Sachverhalt

    A.- Steinemann ist Inhaber einer Kesselschmiede in Flawil. Am 12. Mai
1959 erteilte ihm die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons St. Gallen
gestützt auf Art. 21 der kantonalen Verordnung zum MFG die Bewilligung
"zum Überführen" seines 2500 kg schweren Demag-Mobilkranes V/25 im
Gebiete des Kantons bis Ende 1959. Die Bewilligung war namentlich an die
Bedingungen geknüpft, dass der Führer den Führerausweis der Kategorie d
(schwere Motorwagen) besitzen, der Kranarm nach hinten gerichtet sein und
der Kranhaken am Fahrzeug fest verankert werden müsse. Die Beförderung
von Lasten mit nach vorne gerichtetem Hebearm des Kranes auf öffentlichen
Strassen wurde ausdrücklich untersagt.

    Am 21. Juni 1960 verzeigte die Kantonspolizei St. Gallen
Steinemann unter anderem wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 21 Abs. 1
der kantonalen Verordnung vom 24. November 1953 über den Motorfahrzeug-
und Fahrradverkehr. Sie warf ihm unter Hinweis auf eine Mitteilung der
kantonalen Motorfahrzeugkontrolle vom 14. Juni 1960 vor, der in der
Bewilligung erwähnte Mobilkran werde dauernd zur Beförderung von Lasten
auf öffentlichen Strassen eingesetzt, obschon die Bewilligung für das
Jahr 1960 nicht erneuert worden sei. Solche Fahrten würden auch mit
einem zweiten Mobilkran der Marke "Demag" (Mod. 58) ausgeführt, den
Steinemann von der Firma Fehr in Dietlikon (Zürich) seit 6. Mai 1960
gemietet habe, der die zürcherischen Kontrollschilder ZH 20135 trage
und für den der zürcherische Fahrzeugausweis für das Jahr 1959 in Zürich
erneuert worden sei. Die Anzeige richtete sich auch gegen die im Betriebe
Steinemanns arbeitenden Kranführer Wolf und Greiner. Sie wies darauf hin,
Wolf und Greiner besässen nur den Führerausweis der Kategorie a (leichte
Motorwagen), statt jenen der Kategorie d (schwere Motorwagen).

    Am 16. September 1960 sagte Steinemann vor dem Bezirksamt
Untertoggenburg aus, es treffe zu, dass die Bewilligung für den Demag
V/25 und der Fahrzeugausweis für den Demag der Firma Fehr Ende 1959
nicht erneuert worden seien. Das sei nicht absichtlich, sondern aus
Vergesslichkeit geschehen und nach der Aufdeckung sogleich in Ordnung
gebracht worden. Er könne nicht bestreiten, dass mit den beiden Kranen
Waren über die öffentlichen Strassen, insbesondere über die Staatsstrasse
(Wilerstrasse), getragen oder geschleppt worden seien und noch würden. Wenn
ihm dies nicht mehr gestattet werde, könne er den Betrieb schliessen;
bis zur Verlegung des Betriebes lasse sich diesbezüglich nichts ändern.

    Am 12. April 1961 erklärten gewisse Zeugen vor der nämlichen
Amtsstelle, dass mit den beiden Kranen im Betrieb Steinemann noch immer
Bleche, Tanks usw. über die Strasse, ja sogar bis auf den Lagerplatz nach
dem Botsberg getragen würden.

    Am 29. April 1961 büsste das Bezirksamt Untertoggenburg die Kranführer
Wolf, Greiner und Hatberger in Anwendung von Art. 5 Abs. 2, 58 Abs. 1
MFG und Art. 35, 54 MFV mit je Fr. 20.-. Diese Bussenverfügung wurde
rechtskräftig.

    B.- Gegen Steinemann traf das Bezirksamt am 1. Mai 1961
eine Überweisungsverfügung. Es überwies ihn dem Gerichtspräsidium
Untertoggenburg unter anderem "wegen wiederholter und fortgesetzter
Übertretung des MFG und SVG gemäss Art. 5 Abs. 2 und 61 Abs. 3 MFG,
Art. 95 Abs. 1 SVG, Art. 54 MFV, Art. 21 kant. Vo. zum MFG". Der dieser
Überweisung zugrunde liegende Sachverhalt wurde zusammenfassend dahin
umschrieben, die Untersuchung habe ergeben, dass der Angeklagte sich als
verantwortlicher Betriebsinhaber schuldig machte "der Übertretung des MFG,
begangen dadurch, dass er die beiden Mobilkrane pro 1960 nicht rechtzeitig
im Sinne von Art. 21 der kant. Vo. zum MFG löste, diese von Arbeitern,
die den erforderlichen Führerausweis der Kat. d (schwere Motorwagen)
nicht besitzen, führen und damit in gesetzwidriger Weise Lasten über
öffentliche Strassen tragen oder schleppen liess".

    Am 28. Januar 1962 erklärte die Gerichtskommission Untertoggenburg
Steinemann "der wiederholten Ruhestörung, des fortgesetzten Fahrenlassens
von Motorfahrzeugen durch Personen, die keinen gültigen Führerausweis
besitzen, und des fortgesetzten Warentransportes mit nach vorne ausladenden
Hebekranen" schuldig und verurteilte ihn zu Fr. 300.-- Busse. Von den
übrigen Anklagen, die Gegenstand des Verfahrens bildeten, sprach es
ihn frei, unter anderem auch von der Anklage des "verspäteten Lösens
eines Kranhebers" gemäss Art. 21 der kantonalen Verordnung über den
Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr.

    Steinemann erklärte die Berufung an das Kantonsgericht St. Gallen. Er
beantragte diesem, ihn vollständig freizusprechen.

    Das Kantonsgericht sprach Steinemann am 27. Juni 1962 von der Anklage
der wiederholten Ruhestörung frei, erklärte ihn dagegen schuldig "des
fortgesetzten Fahrenlassens von Personen, die keinen gültigen Führerausweis
besitzen, und des fortgesetzten Warentransportes mit nach vorne ausladenden
Hebekranen". Es verurteilte ihn "in Anwendung von Art. 5 Abs. 2, 9 Abs. 3,
61 Abs. 3 und 58 Abs. 1 MFG, Art. 95 Ziff. 1 Abs. 3, 96 Ziff. 1 Abs. 3
und Ziff. 3, Art. 100 Ziff. 1 und 2 SVG sowie Art. 35 und 54 MFV und
Art. 333 StGB" zu Fr. 250.-- Busse.

    C.- Steinemann führt gegen das Urteil des Kantonsgerichtes
Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne der Art. 268 ff. BStP. Er beantragt,
es sei in dem in der Begründung umschriebenen Umfange aufzuheben und die
Sache sei zu neuer Entscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.

    Steinemann führte gegen das gleiche Urteil auch kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde. Sie wurde vom Kassationsgericht des Kantons St.
Gallen am 27. Dezember 1962 abgewiesen.

    D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragt, die
Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

    I.1. - Der Beschwerdeführer macht geltend, die beiden Demag-Mobilkrane
V/25 und V/35 seien Arbeitsmaschinen, und zwar gehörten sie im Sinne
von Art. 23 Abs. 2 lit. c des Bundesratsbeschlusses vom 18. Juli 1961
über landwirtschaftliche Motorfahrzeuge und Anhänger sowie gewerbliche
Arbeitsmaschinen und Ausnahmefahrzeuge (AS 1961 583 ff.) der Untergruppe
der "Arbeitskarren" an, weil sie sich nur mit einer 20 km/Std. nicht
überschreitenden Geschwindigkeit fortbewegen könnten. Daher habe gemäss
Art. 25 Abs. 4 lit. b dieses Bundesratsbeschlusses der Führerausweis
der Kategorie a für leichte Motorwagen die Kranführer Wolf, Greiner und
Hatberger berechtigt, sie im öffentlichen Verkehr zu führen.

    Die Vorinstanzen haben sich nicht darüber ausgesprochen, welcher
Gattung von Fahrzeugen die beiden Krane angehören. Das ist eine
Rechtsfrage, doch könnte das Bundesgericht sie nur beantworten, wenn die
tatsächlichen Merkmale dieser Krane festgestellt wären. Über diese Merkmale
schweigen sich die Urteile der Gerichtskommission Untertoggenburg und des
Kantonsgerichtes aus. Es steht dem Bundesgericht nicht zu, beweiswürdigend
die Akten daraufhin zu prüfen, welche Eigenschaften diese Krane aufweisen,
ob es insbesondere zutrifft, dass sie höchstens mit 20 km/Std. fahren
können. Angaben über die Geschwindigkeit scheinen übrigens in den Akten
zu fehlen. Die Sache muss daher zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückgewiesen werden, wenn auf die Behauptung des Beschwerdeführers
rechtlich etwas ankommt.

Erwägung 2

    I.2.- Der Beschwerdeführer ist nur wegen fortgesetzten Führenlassens
bis April 1961 bestraft worden. Der Bundesratsbeschluss vom 18. Juli 1961,
der am 1. August 1961 in Kraft trat (Art. 51), ist daher nicht unmittelbar
anwendbar. Er kann dem Beschwerdeführer aber auf Grund des Art. 2 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 333 Abs. 1 StGB zugute kommen, wenn er zu einem für ihn
milderen Urteil führt. Denn das Strassenverkehrsgesetz, auf Grund dessen
der BRB vom 18. Juli 1961 erlassen wurde, und dieser Bundesratsbeschluss
selbst enthalten keine von Art. 2 Abs. 2 StGB abweichende Regel.

    Ob der Beschwerdeführer nach neuem Recht besser wegkommt, ist
nicht durch abstrakte Vergleichung der Normen zu entscheiden, sondern
die Tat muss sowohl nach altem als auch nach neuem Recht beurteilt
werden, worauf die Ergebnisse miteinander zu vergleichen sind und
das mildere massgebend ist. Nach dieser konkreten Methode kann nichts
darauf ankommen, ob das mildere Ergebnis einer Änderung der Strafnorm
(Blankettstrafnorm) zu verdanken ist oder ob es darauf zurückgeht, dass die
Verwaltungsvorschrift, von der die Rechtmässigkeit oder Unrechtmässigkeit
der Tat abhängt, abgeändert wurde (Urteil des Kassationshofes vom 3. Juni
1955 i.S. Bourquin).

Erwägung 3

    I.3.- Bis am 31. Juli 1961 war der Begriff der Arbeitsmaschine in
Art. 3 lit. h MFV umschrieben (aufgehoben auf 1. August 1961 durch Art. 50
Ziff. 1 und Art. 51 BRB vom 18. Juli 1961). Diese Bestimmung lautete:
"Arbeitsmaschinen sind Motorwagen, deren Kraftquelle vorzugsweise zu
einer Arbeitsverrichtung wie Fräsen, Sägen, Spalten, Walzen usw. verwendet
wird, daneben aber auch zur Fortbewegung der Maschine von Arbeitsplatz zu
Arbeitsplatz dient". Arbeitsmaschinen galten also als Motorwagen, d.h. als
Motorfahrzeuge der in Art. 2 Abs. 1 lit. a MFV umschriebenen Kategorie,
und zwar wurden sie gemäss Art. 2 Abs. 2 MFV in zwei Unterkategorien
eingeteilt. Wenn ihr Gesamtgewicht 3500 kg nicht überstieg, galten sie als
leichte Motorwagen, wenn ihr Gesamtgewicht grösser war, dagegen als schwere
Motorwagen. In jenem Falle durften sie also mit einem Führerausweis der
Kategorie a (für leichte Motorwagen) gemäss Art. 35 MFV (Fassung gemäss BRB
vom 5. Februar 1957 über Motor-Einachser, Motorkarren und Motorhandwagen,
AS 1957 125) geführt werden. In diesem Falle dagegen war ein Führerausweis
der Kategorie d (für schwere Motorwagen zum Gütertransport) nötig oder
ein solcher der Kategorie c (für schwere Motorwagen zum Personentransport,
Art. 35 Abs. 3 MFV). Ob die Arbeitsmaschine mit mehr als 20 km/Std. fahren
konnte oder nicht, war im allgemeinen unerheblich. Diese Grenze spielte
nur insofern eine Rolle, als Arbeitsmaschinen, deren Geschwindigkeit
20 km/Std. nicht übersteigen konnte und die zu Fahrten im Zusammenhang
mit der Bewirtschaftung eines Landwirtschaftsbetriebes verwendet wurden,
lediglich den "Verkehrsregeln" unterstanden (Art. 5 MFV, Fassung gemäss BRB
vom 5. Februar 1957). Die Demag-Mobilkrane des Beschwerdeführers dienten
indessen nicht zur Bewirtschaftung eines Landwirtschaftsbetriebes. Sie
wurden als gewerbliche Arbeitsmaschinen verwendet.

    Für solche spielte die Geschwindigkeitsgrenze von 10 km/Std. eine
Rolle. Konnte sie mit der gewerblichen Arbeitsmaschine nicht
überschritten werden, so waren nur die "Verkehrsregeln" anwendbar, ein
Führerausweis also nicht nötig (Art. 5 MFV, Fassung vom 5. Februar 1957).
Der Beschwerdeführer behauptet indessen nicht, dass die Demag-Mobilkrane
V/25 und V/35 höchstens mit 10 km/Std. fahren könnten.

    Schon unter der Herrschaft von Art. 3 lit. g MFV gab es noch sog.
Motorkarren. An Stelle dieser Norm galt vom 15. Februar 1957 an die
Umschreibung in Art. 5 Abs. 1 des BRB vom 5. Februar 1957, lautend:
"Motorkarren sind Motorfahrzeuge mit drei oder vier Rädern (ausgenommen
Traktoren) für die Güterbeförderung oder für das Schleppen von Anhängern im
Nahverkehr, deren Höchstgeschwindigkeit 20 km/Std. nicht übersteigen kann
und deren Gesamtgewicht 5000 kg nicht übersteigt". Motorkarren durften mit
einem Führerausweis der Kategorie h (für Motorkarren und Motor-Einachser),
aber unter anderem auch mit einem Führerausweis der Kategorie a gelenkt
werden (Art. 35 Abs. 1 lit. h, Abs. 3 MFV, Fassung vom 5. Februar 1957).

    Nach altem Recht genügte also der Führerausweis der Kategorie a
zum Führen der Demag-Mobilkrane V/25 und V/35, wenn diese Fahrzeuge als
Arbeitsmaschinen ein Gesamtgewicht von nicht über 3500 kg hatten oder wenn
sie die soeben erwähnten Merkmale eines Motorkarrens aufwiesen. Wenn die
Angaben des Polizeirapportes vom 31. März 1961 richtig sind, traf weder
das eine noch das andere zu, denn der Demag V/25 soll ein Gesamtgewicht
von 6800 kg haben, der Demag V/35 ein solches von 9040 kg.

Erwägung 4

    I.4.- Nach neuem Recht ist der Begriff der Arbeitsmaschine in Art. 23
Abs. 1 BRB vom 18. Juli 1961 wie folgt umschrieben: "Arbeitsmaschinen sind
Motorfahrzeuge, deren Kraftquelle vorwiegend zum Verrichten von Arbeit
(wie Fräsen, Sägen, Spalten, Walzen, Heben und Verschieben von Lasten,
Erdbewegungen, Schneeräumung usw.) verwendet wird, daneben aber auch für
die Fahrt von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz dient. Das Arbeitsgerät kann
auch durch einen andern als den für die Fahrt dienenden Motor angetrieben
werden."

    Die Arbeitsmaschinen werden von Art. 23 Abs. 2 BRB vom 18. Juli 1961
in drei Kategorien eingeteilt. Sie gelten als schwere Arbeitsmaschinen,
wenn ihr Gesamtgewicht mehr als 3500 kg und ihre Höchstgeschwindigkeit
mehr als 20 km/Std. beträgt. Erreicht ihr Gesamtgewicht 3500 kg nicht,
übersteigt aber ihre Höchstgeschwindigkeit 20 km/Std., so werden
sie leichte Arbeitsmaschinen genannt. Die dritte Kategorie sind die
Arbeitskarren. Als solche gelten ohne Rücksicht auf das Gesamtgewicht alle
Arbeitsmaschinen, deren Höchstgeschwindigkeit 20 km/Std. nicht übersteigen
kann (Art. 23 Abs. 2 lit. c).

    Gemäss Art. 25 BRB vom 18. Juli 1961 bedürfen die Führer von
Arbeitsmaschinen im Verkehr eines Führerausweises und wird für jede der
drei Kategorien ein besonderer Ausweis ausgestellt (Ausweise Kategorien m,
n und o). Leichte Arbeitsmaschinen und Arbeitskarren können gemäss Art. 25
Abs. 4 lit. b unter anderem auch mit dem Führerausweis der Kategorie a
(für leichte Motorwagen) geführt werden.

    Nach neuem Recht dürfen also die Demag-Mobilkrane V/25 und V/35
mit dem Führerausweis der Kategorie a geführt werden, wenn entweder
ihre Höchstgeschwindigkeit 20 km/Std. nicht übersteigen kann oder wenn
ihr Gesamtgewicht weniger als 3500 kg beträgt. Wenn die eine oder die
andere Voraussetzung zutrifft, muss daher der Beschwerdeführer von der
Anklage des Führenlassens durch Personen ohne gültigen Führerausweis
freigesprochen werden, vorausgesetzt dass - was noch festzustellen sein
wird - Wolf, Greiner und Hatberger wirklich einen Führerausweis der
Kategorie a besassen.

    Andernfalls ist der Beschwerdeführer zu bestrafen. Bis am 30. November
1960 schrieb Art. 5 Abs. 2 MFG den Besitz eines Führerausweises vor,
und seither tut das Art. 10 Abs. 2 SVG (BRB vom 8. November 1960 über
die Gestaltung der Ausweise für Motorfahrzeuge und ihre Führer, Art. 4
Abs. 1). Anwendbare Strafnorm war bis am 30. November 1960 Art. 61 Abs. 3
MFG. Seit 1. Dezember 1961 untersteht die Tat dem Art. 95 Ziff. 1 Abs. 3
SVG (BRB vom 8. Nov. 1960 Art. 4 Abs. 1).

Erwägung 4

    II. Da Arbeitsmaschinen schon unter der Herrschaft von Art. 3 lit. h
MFV als Motorfahrzeuge galten, unterstanden sie der Bestimmung des
Art. 5 Abs. 1 MFG, wonach nur das mit einem Fahrzeugausweis versehene
Motorfahrzeug zum Verkehr zugelassen wurde. Nach dem neuen, seit dem
1. August 1961 geltenden Recht müssen Arbeitsmaschinen für die Fahrt auf
öffentlichen Strassen mit Fahrzeugausweis und hellblauen Kontrollschildern
versehen sein (Art. 25 Abs. 1 BRB vom 18. Juli 1961).

    Der Beschwerdeführer hat für den Demag-Mobilkran V/25 überhaupt
keinen Fahrzeugausweis besessen, und für den Demag-Mobilkran V/35 soll
nur ein zürcherischer Fahrzeugausweis bestanden haben, der nach 1959 weder
erneuert, noch durch einen st. gallischen Fahrzeugausweis ersetzt wurde. Er
hätte daher nach Art. 96 Ziff. 1 Abs. 1 SVG (in Kraft seit 1. Jan. 1960)
und Art. 100 Ziff. 2 Abs. 1 SVG (in Kraft seit 1. Nov. 1960) verfolgt
werden sollen. Das ist unterblieben.

    Allerdings besass der Beschwerdeführer die von der
Motorfahrzeugkontrolle des Kantons St. Gallen ausgestellte "Bewilligung"
vom 12. Mai 1959. Sie betraf aber nur den Kran V/25, war nur zum
"Überführen" ausgestellt und galt nur bis 31. Dezember 1959. Der
Beschwerdeführer wurde wegen Nichterneuerung dieser Bewilligung bzw. wegen
Nichteinholens einer solchen für den Kran V/35 verfolgt und von der
Gerichtskommission Untertoggenburg freigesprochen. Das geschah in Anwendung
kantonalen Rechts, nämlich des Art. 21 der st.gallischen Verordnung
vom 24. November 1953 über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr,
der ausschliesslich Steuerfragen regelt. Dieser Freispruch wäre kein
Hindernis, den Beschwerdeführer nachträglich wegen Widerhandlung gegen
Art. 96 Ziff. 1 Abs. 1, 100 Ziff. 2 Abs. 1 SVG zu verfolgen. Aber eine
bezügliche Überweisung hat nicht stattgefunden. Zudem wäre die Verfolgung
möglicherweise absolut verjährt, da der Beschwerdeführer zwischen dem
14. Juni 1960 und seiner Einvernahme vom 16. September 1960 das Versäumte
nachgeholt haben will.

Erwägung 1

    III.1.- Hätte der Beschwerdeführer Fahrzeugausweise oder allenfalls
Tagesausweise (Art. 20 Verordnung vom 20. November 1959 über Haftpflicht
und Versicherungen im Strassenverkehr) eingeholt, so hätten darin
die Bedingungen, unter denen die beiden Mobilkrane öffentlich würden
verkehren dürfen, festgelegt werden können, wie es in der Bewilligung
vom 12. Mai 1959 geschehen war. Da ein gültiger Ausweis von Ende 1959 an
nicht mehr bestand, stellt der Beschwerdeführer sich auf den Standpunkt,
er habe die Bedingungen der Bewilligung vom 12. Mai 1959 beim Verkehr der
Krane auf der öffentlichen Strasse nicht mehr einzuhalten brauchen. Dass
er sie missachtet habe, ist ihm denn auch von den kantonalen Instanzen
nicht vorgeworfen worden. Diese sind der Auffassung, er habe Art. 54
MFV übertreten, indem er die Krane mit nach vorne ausladenden Hebearmen
auf der öffentlichen Strasse verkehren liess. Hiegegen wendet der
Beschwerdeführer in erster Linie ein, Art. 54 MFV sei unmöglich auf
Arbeitsmaschinen anwendbar, denn ihre Funktion sei eine andere als jene
eines Motorfahrzeuges und ihre Sicherheit werde durch die gesetzliche
Höchstgeschwindigkeit und andere Vorschriften des BRB vom 18. Juli 1961
gewährleistet.

    Arbeitsmaschinen galten schon unter der Herrschaft des Art. 3 lit. h
MFV als Motorwagen und folglich als Motorfahrzeuge. Sie unterstanden daher
schon damals dem Art. 54 MFV, der im Abschnitt über die Verkehrsregeln
"für Motorfahrzeuge" steht (Art. 37 ff. MFV). Darnach durfte die Ladung
weder Personen noch Sachen gefährden. Auch durfte sie die für das Fahrzeug
vorgesehene Breite und Höhe nicht übersteigen. Sie durfte das Fahrzeug
vorn nicht überragen. Ob der Beschwerdeführer diese Bestimmungen dadurch
übertreten hat, dass er die Krane mit nach vorn gestellten Hebearmen
verkehren liess, ist fraglich, denn die Hebearme gehören wohl nicht zur
"Ladung", sondern sind Bestandteile des Fahrzeuges. Darauf kommt jedoch
nichts an. Der Beschwerdeführer beförderte mit den nach vorn ausladenden
Hebearmen Lasten. Diese überragten das Fahrzeug zum mindesten nach
vorn, wenn vielleicht nicht in allen Fällen auch nach der Seite. Der
Beschwerdeführer bestreitet das denn auch nicht.

    Auch nach dem seit 1. August 1961 in Kraft stehenden BRB vom
18. Juli 1961 gelten Arbeitsmaschinen noch als Motorfahrzeuge (Art. 23
Abs. 1). Art. 54 MFV blieb daher zunächst auf sie anwendbar und war es
auch noch im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Urteils. Der BRB
vom 18. Juli 1961 enthält keine Norm, die dem Beschwerdeführer günstiger
wäre. Art. 24 Abs. 1 bestimmt, soweit dieser Beschluss keine Ausnahme
vorsehe, unterständen die schweren Arbeitsmaschinen den Vorschriften über
schwere Lastwagen, die leichten Arbeitsmaschinen den Bestimmungen für
leichte Lastwagen und die Arbeitskarren den Regeln für die gewerblichen
Motorkarren. Gemäss Art. 27 Abs. 1 dürfen auf Arbeitsmaschinen nur
die notwendigen Betriebsstoffe, Werkzeuge und Arbeitsgeräte befördert
werden. Das ist eine die Art der Ladung beschränkende Bestimmung. An den
Vorschriften des Art. 54 MFV ändert sie nichts. Dass auch die Bestimmungen
über den Bau und die Ausrüstung der Arbeitsmaschinen (Art. 26 BRB vom
18. Juli 1961) und über die erzielbare Höchstgeschwindigkeit daran nichts
ändern, liegt auf der Hand. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat
wäre daher auch dann, wenn auf sie das seit 1. August 1961 geltende neue
Recht angewendet würde, nicht rechtmässig.

Erwägung 2

    III.2.- Der Beschwerdeführer macht geltend, er dürfe auch deshalb nicht
wegen fortgesetzten Warentransportes mit nach vorn ausladenden Hebekranen
bestraft werden, weil die Arbeiter, welche die Lasten beförderten, nicht
vom Beschwerdeführer, sondern vom Abteilungsleiter seines Betriebes
eingesetzt worden seien. Der Richter sei nach Art. 100 Ziff. 2 Abs. 1
SVG nicht frei, wahlweise den Arbeitgeber oder den Vorgesetzten des
Motorfahrzeugführers zu bestrafen. Wenn der Vorgesetzte die beanstandeten
Fahrten selbständig veranlasst und beaufsichtigt habe, sei er, nicht der
Arbeitgeber, verantwortlich.

    Art. 100 Ziff. 2 Abs. 1 SVG lautet: "Begeht ein Motorfahrzeugführer
im Interesse seines Arbeitgebers oder auf Veranlassung eines Vorgesetzten
eine nach diesem Gesetz strafbare Handlung, so untersteht der Arbeitgeber
oder Vorgesetzte, der die Widerhandlung veranlasst oder sie nicht nach
seinen Möglichkeiten verhindert hat, der gleichen Strafandrohung wie
der Führer". Diese Bestimmung sagt nicht, dass der Arbeitgeber nicht
strafbar sei, wenn die Voraussetzungen zur Bestrafung des Vorgesetzten
des Motorfahrzeugführers erfüllt seien. Anderseits lässt sie auch nicht
den Vorgesetzten straflos, wenn die Voraussetzungen zur Verurteilung
des Arbeitgebers erfüllt sind. Beide können und müssen zugleich
bestraft werden, wenn beide durch ein Tun oder Unterlassen zur Begehung
der strafbaren Handlung des Motorfahrzeugführers vorsätzlich oder
fahrlässig beigetragen haben. Art. 100 Ziff. 2 Abs. 1 SVG kennt nicht
eine Kaskadenhaftung wie z.B. Art. 27 StGB für die Verantwortlichkeit
der Presse.

    Wolf, Greiner und Hatberg haben die Lasten mit den beiden Mobilkranen
auf der öffentlichen Strasse im Interesse des Beschwerdeführers
befördert. Dieser ist daher strafbar, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig
die Widerhandlung veranlasst oder nicht nach seinen Möglichkeiten
verhindert hat.

    Die Gerichtskommission Untertoggenburg hat festgestellt, der
Beschwerdeführer habe das Führen der Kranfahrzeuge mit nach vorne
ausladenden Hebearmen ohne Zweifel mindestens einmal gesehen, wenn er
auch oft vom Betrieb abwesend gewesen sei. Das Kantonsgericht seinerseits
führt aus, die erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen seien
nicht erschüttert, der Beschwerdeführer habe davon Kenntnis gehabt,
wie die Krane verwendet wurden, und er habe in seiner Einvernahme vom
16. September 1960 deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht daran
denke, die verbotene Benützung der Krane abzustellen. Diese Feststellungen
binden den Kassationshof. Aus ihnen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer
bewusst und gewollt, also vorsätzlich, die Beförderung der Lasten mit
den nach vorn gerichteten Hebearmen der Krane auf öffentlicher Strasse
geduldet hat. Er ist hiefür zu Recht bestraft worden.

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise
gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichtes St. Gallen vom 27. Juni
1962 aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.