Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 I 45



88 I 45

8. Auszug aus dem Urteil vom 1. Juni 1962 i.S.
Immobilien-Aktiengesellschaft Pax gegen Obergerichtskommisslon Nidwalden.
Regeste

    Wehrsteuer: Die Bezugsverjährung (Art. 128 WStB) wird nicht
nur durch unmittelbar auf den Steuerbezug gerichtete Massnahmen
(Zahlungsaufforderungen, Betreibungshandlungen und dergleichen)
unterbrochen, sondern auch durch Festsetzung der Steuer im Veranlagungs-,
Einsprache- und Beschwerdeverfahren.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 128 WStB verjähren Wehrsteuerforderungen in fünf Jahren.
Der Lauf der Verjährung beginnt mit der Fälligkeit. Er wird durch jede
Einforderungshandlung unterbrochen; er ruht, solange der Steuerpflichtige
in der Schweiz nicht betrieben werden kann. Nach dieser Ordnung hat man es
mit einer Bezugsverjährung zu tun. Das Gesetz stellt auf die Einforderung
ab, was bedeutet, dass der Bezug der Steuer innert der Verjährungsfrist
eingeleitet werden muss. Ist dies der Fall, so beginnt mit jeder
Einforderungshandlung der Lauf der Verjährung von neuem (BGE 79 I 249).

    Gemäss Verfügungen des Eidg. Finanz- und Zolldepartements
vom 13. November 1948, 30. Januar 1950 und 13. Februar 1951
sind die Fälligkeitstermine für die hier in Frage stehenden
Wehrsteuerforderungen der 1. November 1949 (Jahressteuer 1949 und erste
Rate des Sonderzuschlages), der 1. September 1950 (zweite Rate des
Sonderzuschlages), der 1. November 1950 (Jahressteuer 1950), der 1. März
1952 (Jahressteuer 1951) und der 1. März 1953 (Jahressteuer 1952). Im
Mai 1954 wurden der Beschwerdeführerin die - mit Zahlungsaufforderungen
verbundenen - endgültigen Veranlagungen eröffnet; am 1. und 2. Juni 1955
wurde sie gemahnt, und im Mai 1959 wurden ihr die Einspracheentscheide
zugestellt. Das sind Einforderungshandlungen im Sinne des Art. 128
WStB. Durch sie wurde der Lauf der Verjährung für alle Steuerforderungen
rechtzeitig unterbrochen.

    a) Ohne weiteres klar ist, dass unmittelbar auf den Bezug der Steuer
gerichtete Massnahmen (Zahlungsaufforderungen, Betreibungshandlungen,
Sicherstellungsverfügungen und dergleichen) Einforderungshandlungen im
Sinne des Gesetzes darstellen (BGE 79 I 250). Die Beschwerdeführerin räumt
denn auch ein, dass durch die im Mai 1954 und Juni 1955 an sie gerichteten
Zahlungsaufforderungen die Bezugsverjährung unterbrochen worden ist.

    b) Dagegen spricht sie den Einspracheentscheiden diese Wirkung
ab. Sie ist der Meinung, Einforderungshandlungen im Sinne des Art.
128 WStB seien nur die Massnahmen für den Steuerbezug, wie sie im 8.
Abschnitt des Wehrsteuerbeschlusses vorgesehen sind (vorläufige Berechnung
der Steuer, Mahnung, Betreibung, Sicherstellungsverfügung), nicht aber
die Amtshandlungen, welche im Rahmen des im 6. und 7. Abschnitt geordneten
Veranlagungs- und Beschwerdeverfahrens vorgenomen werden. Diese Auffassung
ist unrichtig.

    Das Bundesgericht hat bereits früher festgestellt, dass die
provisorische Veranlagung (vorläufige Berechnung der Steuer, Art. 114
Abs. 4 WStB) den - ihr auch von der Beschwerdeführerin zuerkannten -
Charakter einer Einforderungshandlung hat, weil mit ihr die Bezahlung
der Steuer verlangt oder mindestens ermöglicht wird (BGE 79 I 251; 75 I
178 Erw. 3). Für die endgültige Veranlagung kann nichts anderes gelten;
sie ist denn auch in der Rechtsprechung gleich wie die provisorische
Veranlagung als Einforderungshandlung im Sinne des Gesetzes anerkannt
worden (BGE 75 I 178 Erw..3 am Ende). In der Tat dient sie ebenfalls der
Erhebung, Einforderung der Steuer, zumal mit ihr die Steuerschuld definitiv
festgesetzt wird. Wenn sie rechtskräftig geworden ist, so wird sie im
Zeitpunkt der Fälligkeit im ganzen Gebiet der Schweiz vollstreckbar und
bildet einen Rechtsöffnungstitel im Sinne des Art. 80 SchKG (Art. 117
Abs. 2 WStB), erlaubt also dem Fiskus, den Steueranspruch auf dem
Betreibungswege durchzusetzen. Mit ihr wird die Entrichtung der Steuer
mindestens ermöglicht, ja in der Regel verlangt; denn im allgemeinen wird
sie mit einer Zahlungsaufforderung verbunden, was auch hier geschehen ist -
weshalb die Beschwerdeführerin die ihr gegenüber getroffenen definitiven
Veranlagungen als Einforderungshandlungen gelten lässt.

    Wie die Veranlagungsverfügung, so hat aber auch die in einem
nachfolgenden Einsprache- oder Beschwerdeentscheid vorgenommene
Steuerfestsetzung den Charakter einer Einforderungshandlung gemäss
Art. 128 WStB. Durch eincn solchen Entscheid - der ebenfalls als
Rechtsöffnungstitel dient, wenn er rechtskräftig geworden ist - wird
wiederum dic Bezahlung der Steuer verlangt oder wenigstens ermöglicht; er
soll, wie die Veranlagungsverfügung, den Steuerpflichtigen zur Entrichtung
der festgesetzten Steuer veranlassen.

    Allerdings sind Veranlagung und Bezug der Steuer in getrennten
Abschnitten des Wehrsteuerbeschlusses geordnet; aber dies ändert nichts
daran, dass nicht nur die Bezugshandlung im engeren Sinne, sondern
auch die Veranlagung, Festsetzung der Steuer auf deren Einforderung
gerichtet ist. Übrigens lassen sich trotz der Trennung der beiden Verfahren
Überschneidungen des einen mit dem anderen nicht vermeiden. So sind unter
Umständen Zahlungsaufforderungen schon vor der Eröffnung der endgültigen
Veranlagung zu erlassen, insbesondere wenn es darum geht, den Eintritt
der Verjährung zu vermeiden. Ferner kann, wenn bestimmte Voraussetzungen
erfüllt sind, Sicherstellung auch vor der rechtskräftigen Feststellung
des Wehrsteuerbetrages verlangt werden (Art. 118 WStB).

    Die Einwendung der Beschwerdeführerin, die Verjährung der streitigen
Steueransprüche sei durch Zustellung der Einspracheentscheide vom 14. Mai
1959 nicht unterbrochen worden und sei daher eingetreten, erweist sich
mithin als unbegründet. Die Forderungen sind nicht verjährt.