Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 I 273



88 I 273

43. Auszug aus dem Urteil vom 23. November 1962 i.S.
Milchverwertungs-Genossenschaft Wohlenschwil gegen Steuerrekurskommission
des Kantons Aargau. Regeste

    Wehrsteuer: Berechnung des steuerbaren Reinertrags einer Genossenschaft
des Obligationenrechtes mit einfacher Buchführung.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Die Genossenschaften des Obligationenrechts unterliegen nach
dem Wehrsteuerbeschluss u.a. einer Steuer auf dem Reinertrag,
für dessen Berechnung Art. 49 (betreffend die Aktiengesellschaften,
Kommanditaktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung)
anwendbar sein soll (Art. 50 Abs. 1 lit. a und Abs. 2). Nach Art. 49
ist Grundlage der Ermittlung des Reinertrags der Saldo der Gewinn- und
Verlustrechnung (Abs. 1 lit. a). Er wird erhöht um Posten, die vor der
Berechnung des Saldos ausgeschieden worden sind, obwohl ihnen der Charakter
geschäftsmässig begründeter Unkosten, Abschreibungen oder Rückstellungen
abgeht (lit. b und c).

    Art. 49 WStB stellt auf das Ergebnis eines nach dem System der
doppelten Buchführung erstellten Rechnungsabschlusses ab, wie ihn das
Zivilgesetz u.a. für Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften
und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (abweichend von den allgemeinen
Mindestvorschriften über kaufmännische Buchführung, Art. 957 f. OR)
zwingend vorschreibt (Art. 651, 662 ff., 698 Ziff. 3, 764 Abs. 2, 805
OR). Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass die Besteuerung nicht nur die
auf der eigentlichen Betriebstätigkeit beruhenden, sondern grundsätzlich
alle Vermehrungen erfasst, die das Geschäftsvermögen in der massgebenden
Geschäftsperiode erfahren hat. Der Reinertrag im Sinne des Art. 49 WStB ist
also nicht ein blosser Betriebsgewinn, sondern ein Vermögensstandsgewinn
(BGE 71 I 406).

    Einfache Genossenschaften des Obligationenrechts sind (im Gegensatz
zu den Kredit- und konzessionierten Versicherungsgenossenschaften,
die unter den für die Aktiengesellschaft geltenden Bilanzvorschriften
stehen) zur doppelten Buchführung nur dann verpflichtet, wenn eine solche
nach Art und Umfang des Geschäfts erforderlich ist. Sonst können sie
sich mit einer einfachen Buchhaltung begnügen, bei welcher am Schluss
des Geschäftsjahres nicht eine Gewinn- und Verlustrechnung, sondern eine
blosse Betriebsrechnung erstellt wird (Art. 858, 957 f. OR). In diesem Fall
lässt sich das Geschäftsergebnis, auf das es nach Art. 49 WStBankommt,
nicht einfach auf Grund der Betriebsrechnung ermitteln; denn diese gibt
nur ein unvollständiges Bild der finanziellen Lage des Geschäfts, da sie
nur die Einnahmen und Ausgaben in bezug auf das Betriebskapital erfasst,
dagegen nicht die ausserhalb des engern Geschäftsbetriebs stehenden
Geschäftsvorfälle, insbesondere nicht die Änderungen im Bestand der
dauernden Anlagen (Liegenschaften, Maschinen usw.); zur Berechnung
des gesamten Geschäftserfolges müssen daher Inventar und Bilanz
mitberücksichtigt werden (vgl. HIS, Obligationenrecht, IV. Abteilung,
N. 45 zu Art. 957, N. 6 ff. zu Art. 958). Es sind die aus Betriebsrechnung,
Inventar und Bilanz sich ergebenden Vermögensstände am Anfang und am Ende
des Geschäftsjahres einander gegenüberzustellen. Die dabei festgestellte
Vermehrung oder Verminderung des gesamten Geschäftsvermögens entspricht
dem Betrage, der bei doppelter Buchführung als Saldo der Gewinn-
und Verlustrechnung auszuweisen gewesen wäre. Sie bildet nach Art. 49
Abs. 1 lit. a WStB die Grundlage für die Berechnung des massgebenden
Geschäftserfolges (Urteil vom 21. März 1947, Erw. 2, wiedergegeben in
ASA Bd. 16 S. 43).

    Wird ein Objekt des Anlagevermögens am Ende des Geschäftsjahres
mit einem niedrigeren Werte als am Anfang bilanziert, so hat man es mit
einer Abschreibung zu tun. Daran ändert es nichts, dass der Wertabstrich
bei der einfachen Buchhaltung in der Betriebsrechnung nicht eingetragen
wird. Er unterliegt auch in diesem Fall, wie sonst, der Überprüfung auf
geschäftsmässige Begründetheit (Art. 49 Abs. 1 lit. c WStB).