Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 IV 143



88 IV 143

35. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 24. November 1962
i.S. François gegen Bezirksgericht Zürich und Tribunal de police du canton
de Genève. Regeste

    Art. 264 BStP.

    Bei Antragsdelikten steht dem Verletzten sowohl im Falle eines
negativen wie eines positiven Kompetenzkonfliktes zwischen den
beteiligten Kantonen die Befugnis zu, die Anklagekammer zur Bestimmung
des Gerichtsstandes anzurufen (Änderung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Art. 264 BStP räumt das Recht, wegen des Gerichtsstandes die
Anklagekammer des Bundesgerichtes anzurufen, ausser den beteiligten
Kantonen bloss dem Beschuldigten ein. Über den Gesetzeswortlaut
hinausgehend, hat jedoch die Rechtsprechung die genannte Befugnis auch dem
Antragsteller zuerkannt (BGE 78 IV 250), sie aber - wie beim Strafanzeiger
und dem Strafkläger (BGE 71 IV 58, 73 IV 62, 86 IV 134) - auf den Fall
des negativen Kompetenzkonfliktes beschränkt. Da ein solcher Konflikt
hier nicht besteht, wäre nach der bisherigen Praxis auf das Gesuch
mangels Legitimation des Gesuchstellers nicht einzutreten. Indessen
ist nicht zu sehen, warum die Gesuchsberechtigung des Antragstellers
davon abhängen sollte, ob es sich um einen negativen oder um einen
positiven Kompetenzkonflikt unter den beteiligten Behörden handle.
Wie die Anklagekammer in BGE 78 IV 250 f. auseinandergesetzt hat, wurde
dem Antragsteller die Legitimation nach Art. 264 BStP als Ersatz dafür
zugestanden, dass er infolge der durch die Praxis eingeführten Änderung des
Rechtsmittelsystems (BGE 73 IV 54) des Rechtes verlustig ging, kantonale
Vor- und Zwischenentscheide wegen Verletzung der Art. 346 ff. StGB mit
der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde anzufechten. Nachdem aber
Art. 270 Abs. 1 BStP bei Antragsdelikten den Verletzten als Antragsteller
vorbehaltlos zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert erklärt, ist es nur
folgerichtig, ihm auch im Rahmen des Art. 264 BStP die Befugnis, an die
Anklagekammer zu gelangen, uneingeschränkt, d.h. sowohl im Falle eines
negativen wie eines positiven Kompetenzkonfliktes zuzugestehen (ebenso
COUCHEPIN, Les conflits de compétence, ZStR 1948 S. 115). Auf das Gesuch
des Antragstellers ist daher einzutreten.