Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 88 II 498



88 II 498

70. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. November 1962
i.S. Baumann und Streitgenossen gegen Dorfkorporation Dietfurt. Regeste

    Ehehafte (althergebrachte) Wasserrechte sind private Rechte an einem
öffentlichen Gewässer. Sie gelten als Dienstbarkeiten. Ihr Inhalt ist
grundsätzlich nach neuem Rechte zu beurteilen. Art. 17 Abs. 2 ZGB, SchlT
und Art. 737 ff. ZGB (Erw. 3).

    Gemäss Art. 730 ff. ZGB durch Vertrag als Dienstbarkeit eingeräumtes
Wassernutzungsrecht (Gegenstand: Grundwasser). Auslegung nach Treu und
Glauben (Erw. 4).

    Stillschweigender Vorbehalt und Lücke des Vertrages. Art. 18 OR und
Art. 2 ZGB (Erw. 5).

    Ersatzpflicht für den durch Überschreitung der Dienstbarkeit
angerichteten Schaden (Erw. 6).

    Unter welchen Voraussetzungen kann Ersatz für zukünftigen Schaden
verlangt werden? (Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Der Dietfurterbach, ein Zufluss der Thur auf dem Gebiete des
Kantons St. Gallen, ist ein öffentliches Gewässer im Sinne des Art. 664
Abs. 2 ZGB wie auch der kantonalen Gesetze "über Benützung von Gewässern"
vom 1. Januar 1894 und "über die Gewässernutzung" vom 5. Dezember 1960. An
diesem Gewässer besitzen die Kläger Wasserwerkanlagen, bestehend aus zwei
Stauwehren, aus den Druckleitungen und den Turbinen. Die aus dem Wasser
gewonnene Energie wird verwendet in der von Hans Baumann betriebenen
Schlosserei und in der mechanischen Werkstätte der Zweitkläger sowie in
der Sägerei des Erstklägers. Den Klägern stehen ehehafte Wasserrechte
zu, die unter die Kategorie der vor dem Jahre 1860 erstellten Werke im
kantonalen Wasserrechtskataster eingetragen sind.

    B.- Am 24. November 1939 gewährte der Rechtsvorgänger der Kläger,
Johannes Baumann sel., der Beklagten (Dorfkorporation Dietfurt) ein
Dienstbarkeitsrecht auf Aneignung und Ableitung des Wassers der auf seinem
Grundstück Parzelle 336 entspringenden Quelle. Die Quellfassung befand sich
am linken Ufer des Baches, etwa 300 Meter oberhalb des ersten Stauwehrs.
Für die Einräumung dieses Quellenrechtes bezahlte ihm die Beklagte einen
Betrag von Fr. 2000. -.

    C.- Die erwähnte Quelle ging in ihrer Ergiebigkeit zurück und versiegte
schliesslich. Namentlich mit Rücksicht hierauf bot Johannes Baumann Hand
zum Abschluss eines neuen Dienstbarkeitsvertrages vom 9. Dezember 1942,
dem zu entnehmen ist:

    "1.  Als Nachtrag zu dem am 24. November 1939... eingetragenen
Quellenrecht räumt Baumann Johannes... der Dorfkorporation Dietfurt
folgende Rechte als Ergänzung zum bestehenden Quellenrecht ein:

    a) Erstellen eines Sammelschachtes in der Nähe der bereits bestehenden
Brunnenstube, zwecks Fassung von Grundwasser im Grundstück Baumann,
mit Pumpwerk und Pumpenhaus in einer Grundfläche von ca. 20 m2, mit
Zuleitung vom Sammelschacht zur alten Brunnenstube;

    b) Erstellen eines unterirdischen Grundwasser-Sammelstranges vom
Sammelschacht in westlicher Richtung parallel zum Flusslauf, auf eine
Entfernung von ca. 100 m.

    . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

    3.

    In der seinerzeit ausgerichteten Entschädigung von Fr. 2000.-- sind
auch die im vorstehenden Vertrage eingeräumten Rechte eingeschlossen,
einschliesslich das Durchleitungsrecht für den Sammelstrang.

    4.

    Es wird besonders vereinbart, dass der auf eine Länge von ca. hundert
Meter vorgesehene Sammelstrang etappenweise erstellt werden wird, je nach
den Wasserbedürfnissen der Dorfkorporation. Einstweilen wird der Strang
nur ungefähr auf eine Länge von 25 Meter gelegt.

    . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

    Die auf Grund dieses zweiten Vertrages in Betrieb gesetzte Pumpe
hatte eine Förderleistung von 220 Minutenlitern.

    D.- Mit Gesuch vom 15. November 1949 bewarb sich die Beklagte
beim Regierungsrat des Kantons St. Gallen um eine Konzession zur
Entnahme von 2000 l/min aus dem Grundwasservorkommen. Die Kläger erhoben
Einsprache wegen drohender Schmälerung ihrer ehehaften Wasserrechte. Der
Regierungsrat verlieh der Beklagten jedoch mit Beschluss vom 17. Februar
1950 das nachgesuchte Recht zur Entnahme von maximal 2000 l/min und 200
000 m3 im Jahr, räumte der Konzessionärin das Enteignungsrecht ein und
legte ihr die Pflicht auf, Streitigkeiten mit Dritten, die sich aus der
Konzessionserteilung und dem Bau der Anlagen ergeben, auf eigene Kosten
ohne Beteiligung des Staates auszutragen.

    In der folgenden Zeit erstellte die Beklagte ein Pumpwerk mit einer
Förderleistung von maximal 600 l/min (zwei Pumpen von 400 bezw. 600 l/min
Leistung, von denen jedoch jeweilen nur eine im Betriebe steht).

    E.- Mit Klage vom 4. Oktober 1957 stellten die Kläger die
Rechtsbegehren:

    "1.  Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beklagte den
Klägern für den Schaden ersatzpflichtig ist, welcher ihnen durch die
Grundwasserentnahme am Dietfurtbach entsteht.

    2.  Es sei die Beklagte zu verpflichten, den Klägern jährlich zum
voraus, rückwirkend auf den Tag der Inbetriebnahme der Grundwasserfassung,
Fr. 600.-- für die Dauer der Wasserentnahme zu bezahlen."

    Zur Begründung machten die Kläger im wesentlichen geltend, bei
mittlerem Wasserstande werde ihren Anlagen so viel Wasser entzogen,
dass sie nicht mehr voll ausgenützt werden könnten. Sie seien gezwungen,
zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe Fremdstrom zu beziehen oder einen
Dieselmotor einzusetzen. Nach ihren Berechnungen müssten sie dafür
jährlich insgesamt Fr. 600.-- aufwenden. Diesen Betrag habe ihnen die
Beklagte rückwirkend zu ersetzen. Da die Beklagte durch die Konzession
berechtigt sei, die Wasserentnahme auf 2000 l/min zu erhöhen, hätten
die Kläger ein Interesse daran, ausserdem gerichtlich feststellen zu
lassen, dass die Beklagte für den ihnen daraus entstehenden Schaden
verantwortlich sei.

    Die Beklagte bestritt einerseits, dass die ehehaften Wasserrechte der
Kläger durch die Grundwasserentnahme beeinträchtigt würden. Anderseits
machte sie geltend, der Rechtsvorgänger der Kläger habe ihr durch den
zweiten Dienstbarkeitsvertrag vom 9. Dezember 1942 das dingliche Recht auf
unbeschränkten Bezug von Grundwasser in seiner Parzelle Nr. 336 eingeräumt.

    F.- Sowohl das Bezirksgericht Alttoggenburg wie auch, auf Berufung der
Kläger hin, das Kantonsgericht St. Gallen, mit Urteil vom 9. Februar 1962,
haben die Klage abgewiesen. Das Kantonsgericht führt zur Begründung seines
Urteils im wesentlichen aus: Durch das vom Bezirrksgericht eingeholte
Gutachten Strasser/Jäckli sei erwiesen, dass die Wasserentnahme durch
die Beklagte den Zufluss auf die Wasserwerke der Kläger beeinträchtige,
wenn auch in verhältnismässig geringfügigem Masse. Grundsätzlich wäre
die Beklagte daher zum Schadenersatze verpflichtet. Nun könne sie
sich aber auf die mit dem Rechtsvorgänger der Kläger abgeschlossenen
Dienstbarkeitsverträge berufen. Die Wasserentnahme sei darin in keiner
Weise beschränkt worden. Sie richte sich deshalb, was zudem "zweifelsfrei"
aus Ziff. 4 des zweiten Vertrages hervorgehe, nach den Bedürfnissen der
bezugsberechtigten Beklagten. Der Eingriff in die Wasserrechte der Kläger
sei somit nicht rechtswidrig.

    G.- Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vorliegende Berufung an
das Bundesgericht eingereicht.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    1./2. - .....

Erwägung 3

    3.- Gegenstand des Rechtsstreites ist der Anspruch auf Schadenersatz
wegen Beeinträchtigung der ehehaften Wasserrechte der Kläger durch
die Ausübung des auf staatlicher Verleihung (Konzession) beruhenden
Wassernutzungsrechtes der beklagten Dorfkorporation. Die ehehaften
Wasserrechte sind private Rechte an einem öffentlichen Gewässer (vgl. BGE
39 I 76, 60 II 487 Erw. 3; LEEMANN, 2. Aufl., N. 62 zu Art. 664
ZGB; HAAB, N. 17, 23 und 27 zu Art. 664; P. LIVER, Die ehehaften
Wasserrechte in der Schweiz, in der Festschrift für Paul Gieseke,
S. 226/27). Nach Art. 45 des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes vom
22. Dezember 1916 werden Privatrechte Dritter durch die Verleihung
nicht berührt, und nach Art. 70 WRG sind Streitigkeiten zwischen dem
Beliehenen und andern Nutzungsberechtigten über den Umfang ihrer
Nutzungsrechte von den Gerichten zu entscheiden. Das sind reine
Zivilrechtsstreitigkeiten (vgl. GEISER/ABBÜHL/BÜHLMANN, Kommentar zum
eidg. WRG, Bemerkungen zu Art. 70; ZIHLMANN, Die Vorteilsausgleichung
unter Wassernutzungsberechtigten im schweizerischen Recht, Diss. 1959,
S. 29; M. A. MÜLLER, Die rechtliche Regelung des Grundwassers im Kanton
Thurgau, Diss. 1953, S. 74). Zivilrechtlichen Charakters sind auch die
Dienstbarkeiten, auf die sich die Beklagte ihrerseits beruft, und die
das angefochtene Urteil als Grund zur Rechtfertigung der die Wasserrechte
der Kläger schmälernden Wasserentnahme anerkennt.

    Und zwar geht der Streit im wesentlichen um Rechtsverhältnisse, die vom
Bundesrecht beherrscht sind, so dass sich die Berufung an das Bundesgericht
auch unter dem Gesichtspunkt des anwendbaren Rechtes als zulässig
erweist (Art. 43 OG). Die ehehaften (althergebrachten) Rechte der Kläger
entstammen freilich einer nicht mehr geltenden Rechtsordnung. Die in ihnen
enthaltenen Befugnisse erfüllen aber die Merkmale einer Dienstbarkeit.
Sie stellen sich somit als Rechte dar, wie sie auch unter der jetzt
geltenden Sachenrechtsordnung noch begründet werden können, und sind
daher den Dienstbarkeiten einzureihen (vgl. MUTZNER, 2. Auflage, N. 13 zu
Art. 17 Abs. 2 SchlT des ZGB; LIVER, aaO S. 244 sowie ZSR NF 71 I S. 339
ff.; BGE 63 I 110 ff.). Das hat zur Folge, dass sich ihr Inhalt nach den
Normen des ZGB, Art. 737 ff., bestimmt (vgl. Art. 17 Abs. 2 SchlT des ZGB;
BGE 85 II 180/81, 86 II 247 ff.). Für die Ermittlung des konkreten Inhaltes
muss allerdings bei den aus dem alten Recht stammenden Dienstbarkeiten
mitunter auf Begriffe und Normen des frühern Rechts zurückgegangen werden
(vgl. die soeben angeführten Entscheidungen und LIVER, N. 227 ff. zu
Art. 737 ZGB). Indessen hat Art. 1 Abs. 3 des st. gallischen Gesetzes
vom 1. Januar 1894 "über Benützung von Gewässern" eine einfache Regelung
getroffen, wonach "die zurzeit bestehenden Wasserwerksanlagen und die bis
anhin zu wirtschaftlichen Zwecken geübten Wasserbezugsrechte in ihrem
bisherigen Bestande gewährleistet bleiben". Die auf dieser Grundlage
den Klägern zustehenden Wassernutzungsrechte sind dem Grundsatze
nach unbestritten, und das Kantonsgericht stellt fest, dass sie durch
die Wasserentnahme der Beklagten, wenn auch in geringfügigem Masse,
beeinträchtigt werden. Die Klageabweisung beruht auf der Anerkennung
eines "privaten Rechtstitels" der Beklagten, wie er in den ihr vom
Rechtsvorgänger der Kläger eingeräumten Dienstbarkeiten enthalten
sei. Danach stehe der Beklagten ein unbeschränktes Recht auf Entnahme
von Grundwasser aus dem Grundstück Nr. 336 der Kläger zu, und zwar -
jedenfalls bis zur jährlichen Höchstmenge von 200 000 m3 gemäss der
regierungsrätlichen Konzession - ohne Rücksicht auf die ehehaften Rechte
der Kläger. Diese in den Jahren 1939 und 1942 vereinbarten Dienstbarkeiten
sind zweifellos nach eidgenössischem Privatrechte zu beurteilen.

Erwägung 4

    4.- Die Auslegung der Dienstbarkeitsverträge, d.h. die Ermittlung
von Sinn und Tragweite der Vereinbarungen an Hand ihres Wortlautes,
nach dem Sprachgebrauch und den für den Vertragszweck als wesentlich zu
betrachtenden Umständen, ist - beim Fehlen tatsächlicher Feststellungen
des Kantonsgerichts über einen wirklichen (gemeinsamen) Willen der
Vertragschliessenden - eine vom Bundesgericht frei zu überprüfende
Rechtsfrage (vgl. BGE 87 II 237 mit Hinweisen). Nach Ansicht des
Kantonsgerichts spricht nun der Vertragstext in zweifacher Hinsicht für
ein unbegrenztes Recht auf Grundwasserentnahme aus der Parzelle Nr. 336:
Einmal sei in den Verträgen keine Höchstmenge der Wasserentnahme festgelegt
worden, und sodann solle sich der Wasserbezug der Beklagten nach der
ausdrücklichen Bestimmung der Ziff. 4 des zweiten Vertrages je nach ihren
Wasserbedürfnissen richten. Diese Betrachtungsweise hält indessen einer
nähern Prüfung nicht stand.

    a) Freilich wird ein Wassernutzungsrecht gewöhnlich in bestimmter Weise
begrenzt und damit als "gemessene" Dienstbarkeit festgelegt. Wird aber
davon abgesehen, den Umfang der Bezugsberechtigung zum vornherein (etwa
in Minutenlitern) zu bestimmen, so wird die wasserrechtliche Dienstbarkeit
nicht ohne weiteres zu einer "ungemessenen". Vielmehr ist durch Auslegung
zu ermitteln, welcher Umfang der Bezugsberechtigung zukommt (vgl. LEEMANN,
N. 18 zu Art. 737 ZGB), und dies hat nach den Grundsätzen von Treu und
Glauben zu geschehen (BGE 87 II 95 mit Hinweisen; MERZ, N. 119 ff. zu
Art. 2 BGE mit Literaturangaben in N. 120). Unter diesem Gesichtspunkt
fällt hier vor allem in Betracht, dass den Vertragschliessenden fern lag,
den die Werkanlagen der Kläger speisenden Zufluss aus dem Dietfurterbach
aufzuteilen, also einen Teil davon der Beklagten zuzuweisen. In den
Verträgen ist dieser Zufluss nicht als Gegenstand der Dienstbarkeit
genannt, und es konnte eine solche Abzweigung an die Beklagte nach
Treu und Glauben gar nicht in Frage kommen, da der Rechtsvorgänger
der Kläger wie dann auch diese selbst ihre Anlagen in unvermindertem
Umfange weiterbetrieben haben und nach wie vor der vollen Ausnützung ihres
ehehaften Wasserrechtes bedürfen. Nicht nur die der Beklagten auf Grund des
Vertrages von 1939 zur Fassung und Ableitung überlassene Quelle, sondern
auch das durch den "Nachtrag" von 1942 ihr in entsprechender Weise zur
Verfügung gestellte Grundwasser ist somit in den Vertragstexten angesichts
der erwähnten Begleitumstände als ein von jenem Zufluss getrenntes und ihn
nicht beeinflussendes Wasservorkommen zu verstehen und ohne Zweifel auch
beiderseits so verstanden worden. Gerade daraus erklärt es sich, dass man
keine Veranlassung fand, die der Beklagten eingeräumte Bezugsberechtigung
zahlenmässig zu umgrenzen. Übrigens war die Quelle, der Gegenstand des
ersten Vertrages, wohl von Anfang an wenig ergiebig, so dass das nur auf
sie bezogene Recht keiner weitern Begrenzung bedurfte. Und was das nach
dem Versiegen der Quelle als neuer Gegenstand der Nutzung bezeichnete
Grundwasser betrifft, so ist nicht aus dem Auge zu lassen, dass es
im wesentlichen einfach für jene Quelle Ersatz zu bieten hatte. Das
Kantonsgericht beachtet nicht in gebührender Weise den Zusammenhang des
zweiten mit dem ersten Vertrage, als dessen Nachtrag jener ausdrücklich
bezeichnet worden ist. Die "Ergänzung" der Bezugsberechtigung auf das
Grundwasser war eben wegen des Versiegens der Quelle nötig geworden. Bei
dieser Sachlage kann die Beklagte das Grundwasser der Parzelle Nr. 336
nicht in unbeschränktem Masse, sondern nur zum Bezug von ungefähr so
viel Wasser in Anspruch nehmen, wie sie anfänglich aus der Quelle hatte
gewinnen können. Diese einschränkende Auslegung liegt besonders deshalb
nahe, weil die Ersatzberechtigung laut Ziff. 3 des zweiten Vertrages durch
die seinerzeit für das Quellenrecht bezahlte Vergütung von Fr. 2000.--
bereits abgegolten war.

    b) Aus Ziff. 4 des zweiten Dienstbarkeitsvertrages lässt sich nichts
ableiten, was dem Gesagten zuwiderliefe. Wenn danach der in Ziff. 1 lit. b
vorgesehene Sammelstrang von etwa 100 m Länge nicht auf einmal, sondern
etappenweise "je nach den Bedürfnissen der Dorfkorporation" angelegt
werden soll, so heisst dies in Verbindung mit dem Vorausgegangenen bloss,
es sei zunächst mit einem kleineren, auf 25 m bemessenen Sammelstrang zu
versuchen, der alsdann, wenn das Grundwasser sich als zu wenig ergiebig
erweisen sollte, nach und nach auf die Höchstlänge von etwa 100 m
verlängert werden dürfe. Diese Vertragsstelle ist als Teil des gesamten
Textes zu deuten und in sinnvoller Weise dahin zu verstehen, die Beklagte
solle durch Grundwasserbezug einen vollwertigen Ersatz für das wertlos
gewordene Quellenrecht erhalten; deshalb dürfe sie einen hiefür genügenden
Sammelstrang anlegen und - im Rahmen der Bedürfnisse, die das Quellenrecht
hätte decken sollen - von anfänglich 25 bis auf etwa 100 m verlängern.

    c) Dass die Beklagte selber nicht der Meinung war, der Vertrag von
1942 habe ihr ein unbeschränktes Wasserbezugsrecht eingeräumt, geht daraus
hervor, dass sie am 15. November 1949 die Erteilung einer Konzession
zur Entnahme von 2000 l/min aus dem Grundwasser des Dietfurterbaches
nachgesucht hat. Freilich hatte der Regierungsrat dieses Grundwasser am
20. September 1948 als öffentliches Gewässer erklärt. Demgegenüber hätte
aber die Bekla gte, die es seit 1942 teilweise gefasst und abgeleitet
hatte, sich auf die Eigentumsgarantie berufen können, sofern sie der
Ansicht war, ihr stehe ein unbeschränkter privatrechtlicher Anspruch auf
Ableitung dieses Wassers zu (vgl. BGE 55 I 401). Einen solchen Standpunkt
hat sie jedoch nicht eingenommen, sei es, dass sie einen privatrechtlichen
Anspruch gemäss dem Vertrage von 1942 überhaupt nicht für begründet
hielt und dieses Grundwasser schon nach dem kantonalen Gesetze vom
1. Januar 1894 als öffentliches Gewässer betrachtete, sei es, dass sie
die Konzessionserteilung nur insoweit für nötig hielt, als der Wasserbezug
über die bis 1948 abgeleiteten Mengen hinaus erhöht werden sollte.

    d) Nach der dem kantonalen Recht im angefochtenen Urteil gegebenen
Auslegung war die Einräumung eines Grundwasserbezugsrechtes durch
Dienstbarkeit im Jahre 1942 gültig. Wie dargetan, umfasst dieses
Recht aber nur ungefähr den Ertrag der Quelle, die den Gegenstand des
Vertrages und Grundbucheintrages von 1939 gebildet hatte. Dieser Ertrag
ist vom Kantonsgericht nicht festgestellt worden; dagegen ergibt sich
aus dem regierungsrätlichen Entscheid vom 7. Februar 1950 über die
Konzessionserteilung, dass die Beklagte zur Gewinnung des Grundwassers
(1942) eine Pumpe mit einer FÖrderleistung von 220 Minutenlitern in
Betrieb gesetzt hatte. Da die damalige Anlage unbeanstandet blieb, darf
angenommen werden, die erwähnte Wassermenge habe dem Gegenstand der
Dienstbarkeit entsprochen.

Erwägung 5

    5.- Diese Menge als unbedingtes Höchstmass des Bezuges bezeichnen,
hiesse nun allerdings den Vertragsbestimmungen einen genauen Sinn
beimessen, der ihnen beim Fehlen einer zahlenmässigen Festlegung
nicht zukommt. Es mochte den Vertragschliessenden, namentlich auch
dem Grundeigentümer, gleichgültig sein, ob das Grundwasser noch etwas
stärker ausgenützt werde, sofern nur der seine Werkanlagen speisende
Bachzufluss unberührt bleibe, den auch die Beklagte nicht anzutasten
beabsichtigte. Betrachtet man dies als stillschweigend vereinbarten
Vorbehalt, so überschreitet die Beklagte ihr Dienstbarkeitsrecht,
sobald sie mehr als 220 l/min Grundwasser herauspumpt und dadurch
jenen Zufluss schmälert. Die gleiche Rechtslage ergibt sich aber auch,
wenn man davon ausgeht, die Vertragschliessenden hätten gar nicht
damit gerechnet, dass bei Überschreitung eines gewissen Umfanges der
Grundwasserentnahme je nach dem Wasserstande des Dietfurteruaches jener
Zufluss geschmälert und damit die Ausnützbng des ehehaften Wasserrechtes
beeinträchtigt werden könnte. Es mag sein, dass man beim Abschluss
der Dienstbarkeitsverträge hinsichtlich der Quelle und des Grundwassers
über die hydrologischen Zusammenhänge (wie sie das gerichtliche Gutachten
darlegt) nicht Bescheid wusste und sich darüber keine Gedanken machte. Da
aber nach den gegebenen Verhältnissen nicht davon die Rede sein konnte,
der Beklagten einen Teil des für die Werkanlagen der Kläger benötigten
Wassers zu überlassen, ergibt sich bei dieser zweiten Betrachtungsweise
eine Lücke des Vertrages, die nach Treu und Glauben im Sinne des soeben
umschriebenen stillschweigenden Vorbehaltes auszufüllen ist (vgl. BECKER,
2. Aufl., N. 17 und 23 zu Art. 18 OR; MERZ, N. 145 und 152 zu Art. 2 ZGB).

Erwägung 6

    6.- Auf Unterlassung weiterer Beeinträchtigung ihrer ehehaften
Wasserrechte haben die Kläger nicht angetragen (was gemäss Art. 737 oder
auch auf Grund von Art. 679 ZGB hätte geschehen können; vgl. LIVER, N. 180
ff. zu Art. 737, und HAAB, N. 10 ff. zu Art. 679 ZGB), sondern sich auf
Geltendmachung von Schadenersatz nach Art. 41 ff. OR beschränkt. Dieser
Anspruch ist nach dem Gesagten begründet, sobald die Beklagte auch nur
zeitweilig durch Bezug von mehr als 200 l/min in das als Dienstbarkeit
zu betrachtende althergebrachte Wasserrecht der Kläger eingreift. Die
Beklagte kann die Schadenersatzpflicht nicht dadurch abwenden, dass sie die
Grundwasserentnahme im Jahresdurchschnitt auf jene Menge begrenzt. Vielmehr
darf der Zufluss zu den Anlagen der Kläger in keinem Zeitpunkt,
insbesondere nicht bei niedrigem Wasserstand des Dietfurterbaches, durch
Grundwasserbezug der Beklagten von mehr als den ihr eigentlich zustehenden
220 l/min beeinträchtigt werden; jede derartige Störung der den Klägern
zustehenden Wassernutzung verpflichtet die Beklagte zu Schadenersatz.

    Demgegenüber vermag sich die Beklagte auf kein über die
Dienstbarkeiten von 1939 und 1942 hinausgehendes Recht zu berufen. Die
ihr vom Regierungsrat erteilte Konzession lässt das ehehafte Recht
der Kläger als wohlerworbenes Privatrecht unberührt. Und gesetzliche
Rechte stehen der Beklagten am Grundwasser der Parzelle Nr. 336, das
den öffentlichen Gewässern gleichgestellt worden ist, nur insoweit zu,
als es das öffentliche Recht vorsieht, nämlich nach den neuen Gesetz des
Kantons St. Gallen vom 5. Dezember 1960 über die Gewässernutzung, Art. 7,
nur bis zu 50 l/min.

    Nach alledem ist das Klagebegehren 1 zu schützen durch die
Feststellung, dass die Beklagte für einen Schaden einzustehen hat, den
sie den Klägern durch Bezug von mehr als 220 l/min Grundwasser zufügt.

Erwägung 7

    7.- Das auf Leistung gehende Klagebegehren 2 umfasst bereits
entstandenen wie auch zukünftigen Schaden. In jener Hinsicht ist der
Sachverhalt nicht abschliessend festgestellt, und was den zukünftigen
Schaden belangt, so lässt er sich im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt
nicht beurteilen. Gewiss kann mitunter der Zuspruch von Ersatz zukünftigen
Schadens verlangt werden (vgl. BGE 86 II 45 mit Hinweisen). Voraussetzung
hiefür ist aber, dass das schadenstiftende Ereignis stattgefunden habe
und abgeschlossen sei; denn nur dann lässt sich die zukünftige Entwicklung
einigermassen sicher überblicken und der als Folge der unerlaubten Handlung
noch zu erwartende Schaden abschätzen. Hier steht jedoch eine zukünftige
Schädigung in Frage, die nicht infolge eines in der Vergangenheit
liegenden Ereignisses allenfalls eintreten wird, sondern vom zukünftigen
Verhalten der Beklagten abhängt. Es ist völlig ungewiss, ob und in welchem
Ausmasse der Wasserbezug der Beklagten die kritische Grenze von 220 l/min
übersteigen und welcher Schaden den Klägern daraus entstehen wird.

    Bei dieser Sachlage fällt das Klagebegehren 2 nur insoweit in
Betracht, als es sich auf den Schaden bezieht, den die Kläger allenfalls
auf die erwähnte Weise bereits erlitten haben bis zu dem Zeitpunkt,
der als Endpunkt der tatsächlichen Feststellungen nach der kantonalen
Prozessordnung zu gelten hat. Nach dem Expertenbefund hat die Beklagte im
Durchschnitt der Jahre 1950 bis 1955 nur ca. 89'790 m3 Wasser bezogen,
was ca. 170 l/min ausmacht. Da indessen die Förderleistung der beiden
Pumpen 400 bezw. 600 l/min beträgt, bleibt Raum für zeitweilige grosse
Abweichungen vom mittleren Jahresverbrauch, was die Kläger denn auch
behauptet haben. Es bleibt somit festzustellen, ob und in welchem Masse
im Lauf der Jahre die 220 l/min überschritten worden sind, und welcher
Schaden den Klägern allenfalls daraus erwachsen ist. In diesem Sinne
muss die Angelegenheit zur neuen Beurteilung des Begehrens 2 an das
Kantonsgericht zurückgewiesen werden (Art. 64 OG).

    Sollte die Dorfkorporation auf einen Bezug von mindestens zeitweilig
mehr als 220 l/min aus dem Grundwasser des Dietfurterbaches angewiesen
sein, so steht ihr laut regierungsrätlicher Ermächtigung, wie sie ihr
bei Erteilung der Konzession gewährt wurde, der Weg der Enteignung offen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des
Kantonsgerichts St. Gallen vom 9. Februar 1962 aufgehoben und durch
folgendes Urteil ersetzt wird:

Erwägung 1

    1.- Es wird festgestellt, dass die Beklagte für den Schaden
verantwortlich ist, der den Klägern dadurch entsteht, dass sie mehr als
220 Minutenliter Grundwasser bezieht.

Erwägung 2

    2.- Im übrigen wird die Sache zu ergänzender Tatsachenfeststellung und
zu neuer Beurteilung des Rechtsbegehrens 2 der Klage an das Kantonsgericht
St. Gallen zurückgewiesen.